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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 343/16
  4. vom
  5. 6. Dezember 2016
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
  9. Menge u.a.
  10. ECLI:DE:BGH:2016:061216B4STR343.16.0
  11. -2-
  12. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6. Dezember 2016
  13. gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
  14. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
  15. Essen vom 26. Februar 2016 wird als unbegründet verworfen.
  16. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
  17. Gründe:
  18. 1
  19. Das Landgericht hat den Angeklagten im ersten Rechtsgang wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei
  20. Fällen und Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
  21. nicht geringer Menge in zwei Fällen (Fälle 1 bis 4 der Anklage) unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Dorsten vom 27. Mai 2014 in
  22. der Fassung des Berufungsurteils des Landgerichts Essen vom 5. September
  23. 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und wegen unerlaubten
  24. Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen
  25. (Fälle 6, 10, 11, 13 und 15/16 der Anklage) sowie wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren
  26. verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat die Verurteilung des
  27. -3-
  28. Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
  29. geringer Menge im Fall 2 der Anklage sowie die Gesamtstrafen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und die weiter gehende Revision verworfen.
  30. Das Landgericht hat im zweiten Rechtsgang das Verfahren in der Hauptverhandlung hinsichtlich Fall 2 der Anklage nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt und
  31. aus den verbleibenden bereits rechtskräftigen Einzelstrafen für die Fälle 1, 3, 4,
  32. 6, 10 und 11 der Anklage unter Einbeziehung der Strafe aus dem oben genannten Urteil eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und aus den ebenfalls
  33. rechtskräftigen Einzelstrafen für die Fälle 13 und 15/16 sowie für das Waffendelikt eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren gebildet. Hiergegen
  34. wendet sich der Angeklagte mit seiner auf mehrere Verfahrensrügen und die
  35. ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
  36. 2
  37. 1. Die Rüge, das Landgericht habe gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO verstoßen, weil eine Mitteilung über ein vor der Hauptverhandlung geführtes Gespräch der Vorsitzenden mit dem Staatsanwalt unterblieben sei, das die Möglichkeit einer Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO hinsichtlich
  38. Fall 2 der Anklage zum Gegenstand gehabt habe, greift nicht durch.
  39. 3
  40. Der Senat lässt offen, ob der Rechtsprechung des 2. Strafsenats des
  41. Bundesgerichtshofs, wonach Gespräche von Richtern mit der Staatsanwaltschaft über eine Teileinstellung des Verfahrens in der Hauptverhandlung nach
  42. § 154 Abs. 2 StPO Transparenz- und Dokumentationsregeln unterliegen, die
  43. den aus § 243 Abs. 4 und § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO zu entnehmenden Vorgaben entsprechen, zu folgen ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2015 – 2 StR
  44. 139/14, NStZ 2016, 171 Rn. 18 f. mit ablehnenden Anmerkungen Schneider,
  45. NStZ 2016, 174 und Niemöller, JR 2016, 146, 148 ff.). Wie sich aus den dienstlichen Erklärungen der Beteiligten ergibt, hat der Vertreter der Staatsanwalt-
  46. -4-
  47. schaft im Vorfeld der Hauptverhandlung auf eine entsprechende Anfrage der
  48. Vorsitzenden hin lediglich in Aussicht gestellt, in der Hauptverhandlung hinsichtlich Fall 2 der Anklage einen Antrag nach § 154 Abs. 2 StPO zu stellen. Eine für
  49. eine Verständigung gemäß § 257c StPO typische Verknüpfung von Handlungsbeiträgen der Verfahrensbeteiligten unter Einschluss des Angeklagten lag danach nicht vor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. April 2016 – 2 BvR 1422/15,
  50. NStZ 2016, 422, 424 mwN; Niemöller, JR 2016, 146, 148 f.; Schneider, NStZ
  51. 2016, 174, 175). Auch wurde das den Besprechungsgegenstand bildende prozessuale Verhalten nicht in einen Konnex zum Verfahrensergebnis gebracht
  52. (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2883/10, NStZ 2013, 295
  53. Rn. 85).
  54. 4
  55. Dessen ungeachtet kann ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf
  56. der unterbliebenen Mitteilung beruht (zum Maßstab vgl. BGH, Beschluss vom
  57. 18. Juli 2016 – 1 StR 315/15 Rn. 17 ff. mwN). Eine für das Verfahrensergebnis
  58. oder den Prozessverlauf relevante Einwirkung auf das Aussageverhalten des
  59. Angeklagten konnte die Mitteilung nicht mehr haben, denn mit Ausnahme von
  60. Fall 2 der Anklage waren schon zu Beginn der Hauptverhandlung alle weiteren
  61. Schuldsprüche und Einzelstrafen rechtskräftig. Dies hatte zur Folge, dass auch
  62. die zugrunde liegenden Feststellungen, zu denen auch die strafzumessungsrelevanten Feststellungen zur Person zählen, bindend geworden und nur noch
  63. ergänzende Feststellungen möglich waren (vgl. BGH, Beschluss vom 8. April
  64. 2015 – 4 StR 585/14, NStZ 2015, 600 f.). Nach der noch vor der Sacheinlassung des Angeklagten erfolgten Teileinstellung, auf die der Angeklagte keinen
  65. Einfluss nehmen konnte und deshalb auch nicht angehört zu werden brauchte
  66. (vgl. BGH, Beschluss vom 12. April 1994 – 4 StR 765/93, NStZ 1995, 18 bei
  67. Kusch; Meyer-Goßner, StPO, 59. Aufl., § 154 Rn. 16), waren schließlich alle
  68. Schuldsprüche und alle Einzelstrafen rechtskräftig. Auch die Kontrolle durch die
  69. -5-
  70. Öffentlichkeit, die verhindern soll, dass „sachfremde das Licht der Öffentlichkeit
  71. scheuende Umstände auf das Gericht und damit auf das Urteil Einfluss gewinnen“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 2055/14, NStZ
  72. 2015, 172, 173 mwN), ist gewahrt geblieben. Die Strafkammer hat in der
  73. Hauptverhandlung noch vor der von der Vorsitzenden angeregten Teileinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO den Tenor und die Feststellungen aus dem
  74. Urteil im ersten Rechtsgang sowie den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom
  75. 3. November 2015 in die Hauptverhandlung eingeführt. Damit waren die maßgeblichen Gesichtspunkte für die sich anschließende Teileinstellung offengelegt
  76. und der gerichtliche Entscheidungsprozess auch für die nicht über das Vorgespräch informierte Öffentlichkeit durchschaubar (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni
  77. 2015 – 2 StR 139/14, NStZ 2016, 171, 174).
  78. 5
  79. 2. Die Rüge, das Landgericht habe § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO verletzt,
  80. weil der Angeklagte vor seiner Sacheinlassung nicht über sein Schweigerecht
  81. belehrt worden sei, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Wie sich bereits aus dem Revisionsvortrag selbst ergibt, war dem Angeklagten sein Schweigerecht bekannt
  82. (vgl. BGH, Urteil vom 8. April 1981 – 3 StR 88/81, NStZ 1983, 208, 210 bei
  83. Pfeiffer; Meyer-Goßner, StPO, 59. Aufl., § 243 Rn. 39). Die Auffassung der Revision, dass in der erneuten Hauptverhandlung im zweiten Rechtsgang „eine
  84. besondere, möglicherweise sogar erweiterte Hinweispflicht“ bestand, wonach
  85. der Angeklagte an seine Entscheidung zur Ausübung des Schweigerechts im
  86. ersten Rechtsgang nicht gebunden sei, findet im Gesetz keine Stütze.
  87. 6
  88. 3. Die weiteren Verfahrensrügen bleiben aus den vom Generalbundesanwalt genannten Gründen erfolglos.
  89. -6-
  90. 7
  91. 4. Die Sachrüge erschöpft sich, soweit eine fehlerhafte Anwendung des
  92. § 31 BtMG geltend gemacht wird, in urteilsfremdem Vorbringen. Eine zulässige
  93. Aufklärungsrüge ist nicht erhoben. Auch im Übrigen hat die Überprüfung des
  94. Urteils aufgrund des Revisionsvorbringens keinen Rechtsfehler zum Nachteil
  95. des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
  96. Sost-Scheible
  97. Roggenbuck
  98. Bender
  99. Cierniak
  100. Quentin