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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 318/03
  4. vom
  5. 28. August 2003
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen Beihilfe zur versuchten schweren räuberischen Erpressung
  9. -2-
  10. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. August 2003 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
  11. 1.
  12. Auf die Revision des Angeklagten D.
  13. wird das Urteil
  14. des Landgerichts Paderborn vom 11. April 2003
  15. a)
  16. soweit es ihn betrifft,
  17. aa) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Nötigung schuldig ist,
  18. bb) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben;
  19. b)
  20. soweit es den Mitangeklagten Ü.
  21. betrifft,
  22. aa) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Mitangeklagte Ü.
  23. im Fall II. 2 der gefährlichen
  24. Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter
  25. Nötigung schuldig ist,
  26. bb) in den Aussprüchen über die im Fall II. 2 verhängte Einzelstrafe und die Gesamtfreiheitsstrafe mit den zugehörigen Feststellungen
  27. aufgehoben.
  28. 2.
  29. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
  30. -3-
  31. Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  32. 3.
  33. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
  34. Gründe:
  35. Das Landgericht hat den Angeklagten D.
  36. wegen Beihilfe zur ver-
  37. suchten schweren räuberischen Erpressung (Fall II. 2) zu einer Freiheitsstrafe
  38. von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Den nicht revidierenden Mitangeklagten Ü.
  39. hat es wegen versuchter Brandstiftung (Fall
  40. II. 1), versuchter schwerer räuberischer Erpressung (Fall II. 2) sowie wegen
  41. Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt.
  42. 1. Das Rechtsmittel hat, soweit es den Angeklagten D.
  43. betrifft, mit
  44. der Sachrüge in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im
  45. übrigen ist es aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
  46. Die Verurteilung des Angeklagten D.
  47. im Fall II. 2 wegen Beihilfe zur
  48. versuchten schweren räuberischen Erpressung hält der rechtlichen Prüfung
  49. nicht stand. Die in §§ 253, 255 StGB vorausgesetzte rechtswidrige Bereicherungsabsicht hat das Landgericht beim Haupttäter, dem Mitangeklagten Ü.
  50. ,
  51. nicht festgestellt. Die Strafkammer hat bei der rechtlichen Würdigung der Tat
  52. nicht bedacht, daß der Mitangeklagte den Geschädigten K.
  53. K.
  54. überfiel,
  55. -4-
  56. um von diesem die Herausgabe von Geld zu erzwingen, welches der Tilgung
  57. einer noch nicht beglichenen, im Wege der Erbfolge auf die Mutter des Mitangeklagten und/oder ihn selbst übergegangenen, titulierten Schmerzensgeldforderung des verstorbenen Vaters des Mitangeklagten gegen K.
  58. K.
  59. dienen
  60. sollte (zur Vererblichkeit des Schmerzensgeldanspruchs vgl. BGH NJW 1995,
  61. 783). Es fehlt deshalb an dem für die Erpressung erforderlichen normativen
  62. Tatbestandsmerkmal der Rechtswidrigkeit der Bereicherung (vgl. BGHR StGB
  63. § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 6; BGH, Beschluß vom 21. März 2002
  64. - 4 StR 48/02), da das mit der Handlung des Mitangeklagten Ü.
  65. verfolgte
  66. Endziel der Rechtsordnung entsprach. Dieses wird nicht dadurch rechtswidrig,
  67. daß zu seiner Verwirklichung rechtswidrige Mittel angewendet werden (vgl.
  68. BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 7). Daher hat sich der Mitangeklagte Ü.
  69. insoweit nur der versuchten Nötigung gemäß §§ 240, 22, 23
  70. StGB schuldig gemacht. Darüber hinaus hat er tateinheitlich eine gefährliche
  71. Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB begangen. Der Angeklagte
  72. D.
  73. hat zu dieser Tat Beihilfe geleistet.
  74. Der Schuldspruch kann vom Revisionsgericht geändert werden (§ 354
  75. Abs. 1 StPO). Das Landgericht hat auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage rechtsfehlerfrei dargelegt, daß der Angeklagte vom Mitangeklagten in den
  76. Tatplan eingeweiht war und wußte, daß der Mitangeklagte, den er zum Tatort
  77. fuhr und dort wieder abholte, bei dem Überfall auf K.
  78. K.
  79. sich "eines
  80. Schlag- oder Stichinstruments bedienen wollte" (UA 14).
  81. Der Angeklagte hätte sich gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht
  82. anders als geschehen verteidigen können, zumal der Tatvorwurf der Beihilfe
  83. -5-
  84. zur - tateinheitlich begangenen - gefährlichen Körperverletzung nach § 224
  85. Abs. 1 Nr. 2 StGB von der Anklage erfaßt war.
  86. Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich.
  87. 2. Gemäß § 357 StPO ist im Fall II. 2 die Änderung des Schuldspruchs
  88. auch auf den Mitangeklagten Ü.
  89. als Haupttäter zu erstrecken. Dies hat zur
  90. Folge, daß die insoweit gegen ihn verhängte Einzelstrafe und die Gesamtfreiheitsstrafe aufzuheben sind.
  91. Hingegen folgt der Senat nicht dem Antrag des Generalbundesanwalts,
  92. gemäß § 357 StPO die Aufhebung auch auf die im Fall II. 1 gegen den Mitangeklagten Ü.
  93. verhängte Einzelstrafe zu erstrecken. Zwar erfolgte die allein
  94. vom Mitangeklagten begangene Tat im Fall II. 1 ebenfalls vor dem Hintergrund
  95. des bestehenden Schmerzensgeldanspruchs gegen K.
  96. K.
  97. . Gleichwohl
  98. fehlt es an der für eine Anordnung des § 357 StPO erforderlichen Nämlichkeit
  99. der Tat (BGH bei Kusch NStZ 1996, 327 m.w.N.), da die Fälle II. 1 und II. 2
  100. nicht nur materiell-rechtlich sondern auch prozessual selbständige Taten im
  101. -6-
  102. Sinne des § 264 StPO darstellen. Der Senat ist trotz des insoweit entgegenstehenden Aufhebungsantrags des Generalbundesanwalts nicht gehindert, im Beschlußwege zu entscheiden (BGHR StPO § 349 Abs. 5 Entscheidung 1).
  103. Tepperwien
  104. Kuckein
  105. Athing
  106.   !#"
  107. ist wegen Urlaubs gehindert
  108. zu unterschreiben.
  109. Tepperwien
  110. Sost-Scheible