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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 3 StR 517/16
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- 7. März 2017
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen versuchter räuberischer Erpressung u.a.
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- ECLI:DE:BGH:2017:070317B3STR517.16.0
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- Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 7. März
- 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
- 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom
- 19. September 2016 im Strafausspruch aufgehoben; jedoch
- bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
- Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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- Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter räuberischer
- Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Wohnungseinbruchdiebstahl zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten
- verurteilt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge
- gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel
- ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349
- Abs. 2 StPO.
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- 1. Nach den Urteilsfeststellungen brachen der Angeklagte und der
- gesondert verfolgte A.
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- nachts in das Haus des Geschädigten K.
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- ein,
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- um dort nach stehlenswerten Gegenständen zu suchen; sie nahmen irrtümlich
- an, dass sich niemand in dem Gebäude aufhielt. Nachdem der Angeklagte im
- Schlafzimmer den schlafenden K.
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- vorgefunden hatte, verließen beide
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- das Haus mit dem bis zu diesem Zeitpunkt bereits erbeuteten Diebesgut.
- Unmittelbar danach entschlossen sie sich auf Drängen von A.
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- jedoch,
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- wieder zurückzukehren, um auch das Schlafzimmer nach Bargeld oder anderen
- Wertsachen zu durchsuchen; sie kamen dahin überein, das Haus sofort wieder
- zu verlassen, falls K.
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- aufwachen sollte.
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- Während sie das Schlafzimmer durchsuchten, erwachte K.
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- . A.
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- versetzte ihm daraufhin einen Faustschlag ins Gesicht, durch den K.
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- eine
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- Platzwunde im Lippenbereich und Schmerzen im Gesicht erlitt. Als K.
- sich anschließend aufrichten wollte, trat A.
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- ihn so stark in den Rücken, dass
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- er aus dem Bett geschleudert wurde; dadurch zog sich K.
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- eine groß-
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- flächige, blutunterlaufene Hautabschürfung sowie schmerzhafte Hämatome
- und Prellungen im Thoraxbereich zu. A.
- bedrohlicher Weise Geld von K.
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- verlangte sodann wiederholt in
- . Er wandte sich auch an den
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- Angeklagten, der das Geschehen tatenlos mit angesehen hatte, und forderte
- ihn auf, "die Sache" zu Ende zu bringen, falls sie Geld haben wollten.
- Spätestens nachdem K.
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- einen Herzanfall vorgetäuscht hatte, weil er
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- hoffte, die Täter dadurch dazu zu bringen, von ihm abzulassen, entschloss sich
- der Angeklagte, sich an der weiteren Tatausführung zu beteiligen, um von
- K.
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- unter Anwendung von Gewalt Bargeld ausgehändigt zu bekommen.
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- Zu diesem Zweck rissen der Angeklagte und A.
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- K.
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- gemeinsam vom
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- Boden hoch und zerrten ihn gewaltsam die Treppe zum Erdgeschoss herunter;
- dabei fixierten sie ihn mit schmerzhaften Griffen und fügten ihm dadurch
- Hämatome an den Oberarmen zu. Als der Angeklagte den Geschädigten
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- K.
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- am Fuß der Treppe losließ, konnte dieser sich von A.
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- losreißen und
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- aus dem Haus fliehen.
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- 2. Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung stand. Insbesondere
- hat das Landgericht darin, dass der Angeklagte und A.
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- K.
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- gemeinsam
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- vom Boden hochrissen und anschließend die Treppe herunterzerrten, indem sie
- ihn mit schmerzhaften Griffen an den Armen fixierten und ihm dadurch Hämatome zufügten, zu Recht eine gefährliche Körperverletzung im Sinne des § 224
- Abs. 1 Nr. 4 StGB gesehen. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe
- lässt sich entnehmen, dass der Angeklagte insoweit vorsätzlich handelte.
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- Es stellt die Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung deshalb nicht in Frage, dass das Landgericht dem Angeklagten gemäß
- § 25 Abs. 2 StGB unter dem Gesichtspunkt sukzessiver Mittäterschaft "auch die
- vorangegangenen - noch massiveren - Körperverletzungshandlungen" von
- A.
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- zum Nachteil von K.
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- als eigene zugerechnet hat. Das stößt auf
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- durchgreifende rechtliche Bedenken, weil der Angeklagte den Entschluss,
- seinerseits
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- körperlich
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- auf
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- K.
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- einzuwirken,
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- erst
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- fasste,
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- Verletzungserfolge durch den Faustschlag ins Gesicht von K.
-
- als
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- die
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- und den
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- Fußtritt in dessen Rücken bereits eingetreten und die betreffenden Körperverletzungshandlungen von A.
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- damit beendet waren (vgl. dazu BGH, Urteile
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- vom 18. Oktober 2007 - 3 StR 248/07, NStZ 2009, 34; vom 16. Juni 2016
- - 3 StR 124/16, juris Rn. 23). Nach Beendigung der Tat kommt eine sukzessive
- Mittäterschaft jedoch nicht mehr in Betracht (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urteil
- vom 16. Juni 2016 - 3 StR 124/16, juris Rn. 23).
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- 3. Der Strafausspruch kann demgegenüber nicht bestehen bleiben. Die
- Strafkammer ist bei der Strafzumessung zutreffend von dem durch die §§ 255,
- 249 Abs. 1 i.V.m. § 38 Abs. 2 StGB normierten Strafrahmen ausgegangen und
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- hat das Vorliegen eines minder schweren Falles im Sinne der §§ 255, 249
- Abs. 2 StGB mit rechtlich nicht zu beanstandenden Erwägungen verneint. Eine
- Strafrahmenverschiebung gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB hat sie indes
- nicht mit tragfähiger Begründung abgelehnt. Sie hat zwar nicht verkannt, dass
- die Entscheidung über die Strafrahmenwahl beim Versuch aufgrund einer
- Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und der Tatumstände im weitesten
- Sinne zu treffen ist, bei der vor allem den versuchsbezogenen Gesichtspunkten, namentlich der Nähe zur Tatvollendung und der Gefährlichkeit des
- Versuchs besonderes Gewicht zukommt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss
- vom 17. Februar 2014 - 3 StR 7/14, NStZ-RR 2014, 136, 137). Letztlich hat die
- Strafkammer der Strafrahmenwahl jedoch dieselben Erwägungen zugrunde
- gelegt, mit denen sie auch das Vorliegen eines minder schweren Falles
- abgelehnt hat; wesentlich versuchsbezogene Umstände hat sie demgegenüber
- nicht näher erörtert. So hat sie im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der
- Angeklagte und A.
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- "bereits mehrfach und mit massiver Gewalt auf den
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- betagten, unter Todesangst leidenden Geschädigten eingewirkt und ihn - trotz
- bereits zuvor gemachter Beute und der Annahme, der Geschädigte habe einen
- Herzanfall erlitten - gewaltsam in das Erdgeschoss verbracht" hatten, "um von
- ihm dort (weiteres) Geld zu erlangen". Dies vermag die Annahme der
- Strafkammer, dass der Versuch "bereits weit fortgeschritten" gewesen sei, nicht
- zu tragen.
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- 4. Im Hinblick auf die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf
- Folgendes hin:
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- Es ist zwar aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, die tateinheitliche
- Verwirklichung der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB)
- strafschärfend zu berücksichtigen. Zu beachten ist gemäß dem oben Gesagten
- aber, dass die Gewalthandlungen, die A.
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- zum Nachteil von K.
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- vornahm, bevor sich der Angeklagte zum Mitwirken entschloss, diesem nicht als
- eigene Körperverletzungshandlungen zuzurechnen sind.
- Becker
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- RiBGH Dr. Schäfer ist erkrankt
- und daher gehindert zu unterschreiben.
- Becker
- Tiemann
-
- Gericke
-
- Hoch
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