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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 3 StR 203/14
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- 21. August 2014
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen Totschlags durch Unterlassen u.a.
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- Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 3. auf dessen Antrag - am
- 21. August 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
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- 1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 8. November 2013, soweit es sie betrifft,
- a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte des
- Totschlags durch Unterlassen schuldig ist,
- b) im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
- 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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- Gründe:
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- Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zur Körperverletzung
- und wegen Totschlags durch Unterlassen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf
- Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen
- Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat den aus der Beschlussformel
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- ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift
- des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Der Schuldspruch wegen Beihilfe zur Körperverletzung hat keinen Bestand.
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- a) Die 23-jährige Angeklagte und der 28-jährige, der rechten Szene zuzurechnende Mitangeklagte waren eng befreundet und hatten zueinander ein
- "Bruder-Schwester-Verhältnis" entwickelt. Der Mitangeklagte wusste, dass die
- Beziehungen der Angeklagten zu ihrem Vater, dem späteren Tatopfer
- L.
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- , seit Jahren zerrüttet waren. Aus ihren wiederholt geschilderten, sie
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- quälenden bild- und bruchstückhaften Erinnerungen schloss er, dass L.
- die Angeklagte als Kind sexuell missbraucht haben müsse.
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- Am Abend des 30. September 2012 kehrte der Mitangeklagte nach
- mehrwöchiger beruflicher Abwesenheit mit der Bahn an seinen Wohnort zurück. Von unterwegs bat er die Angeklagte, ihn am Bahnhof abzuholen, und
- eröffnete ihr, er habe für sie "ein einmaliges, nur heute gültiges Angebot". Die
- Angeklagte begleitete den Mitangeklagten in seine Wohnung. Im Verlauf eines
- Gesprächs über die Lebenssituation der in psychotherapeutischer Behandlung
- befindlichen Angeklagten präzisierte der Mitangeklagte sein "Angebot" dahin, er
- werde L.
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- aufsuchen, um die Frage eines möglichen sexuellen Miss-
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- brauchs "ein für alle Mal zu klären". Hierzu solle sie ihn in ihrem Pkw an dessen
- etwa 25 km entfernten Wohnort bringen. Die Angeklagte zögerte zunächst,
- denn sie rechnete mit Tätlichkeiten des Mitangeklagten gegen ihren Vater und
- damit, hierfür gegebenenfalls auch selbst zur Verantwortung gezogen zu werden, was sie als Gefährdung ihrer beruflichen Zukunft empfand. Auf den Hinweis des Mitangeklagten, er könne auch auf andere Weise dorthin gelangen,
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- willigte sie schließlich ein. Auf der Fahrt beschrieb sie dem Mitangeklagten die
- örtlichen Gegebenheiten. Sie wusste auch, dass der Mitangeklagte, wie häufig,
- sogenannte Schlaghandschuhe mit Verstärkungen im Handrückenbereich bei
- sich hatte.
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- Die Angeklagte ließ den Mitangeklagten gegen 22.30 Uhr auf Höhe des
- Nachbargrundstücks aussteigen und parkte ihren Pkw etwa 50 m von
- L.
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- s Wohnhaus entfernt an zuvor verabredeter Stelle. Der Mitangeklagte
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- überstieg das verschlossen geglaubte Hoftor des Anwesens, klopfte an der
- Haustür und gab sich als Freund der Tochter zu erkennen, worauf L.
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- ihn
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- einließ. Vom Mitangeklagten nunmehr mit dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs der Tochter konfrontiert, reagierte L.
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- aggressiv und versuchte,
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- den Mitangeklagten aus dem Haus zu drängen. Hierauf zog der Mitangeklagte
- die Schlaghandschuhe über und schlug L.
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- wiederholt wuchtig mit der
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- Faust ins Gesicht, so dass dieser zu Boden ging und regungslos liegen blieb.
- Anschließend versetzte er L.
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- mit den getragenen, durch Innenkappen
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- aus Stahl verstärkten Schuhen mehrere Fußtritte in die Seite. Den Tod des Opfers nahm er bei seinem Handeln billigend in Kauf.
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- In der Annahme, L.
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- damit noch keine tödlichen Verletzungen
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- beigebracht zu haben, verließ der Mitangeklagte sodann das Haus, begab sich
- zur Angeklagten und stellte ihr die Frage, ob sie ihren Vater "noch einmal sehen" wolle. Als die Angeklagte dies mit den Worten verneinte "Nee, definitiv
- nicht", kündigte er ihr an, er werde "die Sache jetzt klären", und entfernte sich
- in Richtung des Anwesens von L.
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- . Aufgrund der Worte des Mitange-
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- klagten befürchtete die Angeklagte nunmehr, dieser sei entschlossen, ihren
- Vater zu töten, fand sich damit aber ab. Obwohl ihr dies möglich und zumutbar
- gewesen war, unternahm sie nichts, um den Mitangeklagten von der von ihr für
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- möglich gehaltenen Tötung ihres Vaters abzuhalten. Einer Aufforderung der
- nicht unerheblichen Einfluss auf ihn besitzenden Angeklagten, von weiteren
- Tathandlungen Abstand zu nehmen, hätte sich der Mitangeklagte gebeugt.
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- Der Mitangeklagte überstieg erneut das Hoftor, drang in das Haus ein
- und nahm in der Küche ein Brotmesser mit etwa 20 cm langer Klinge an sich,
- um den weiterhin reglos Daliegenden nun durch einen Stich in die Brust zu töten. Zwei erste Stiche rutschten ab, beim dritten, nun wuchtig geführten Stich
- drang das Messer auf volle Klingenlänge ein und perforierte u.a. den Herzbeutel und die rechte Herzkammer. L.
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- verstarb kurze Zeit danach an Ver-
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- bluten.
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- b) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht danach angenommen, die
- Angeklagte sei wegen ihres vorangegangenen gefahrerhöhenden Handelns zur
- Abwendung der von ihr billigend in Kauf genommenen Tötung ihres Vaters
- durch den Angeklagten verpflichtet gewesen und habe sich deshalb eines Totschlags durch Unterlassen schuldig gemacht (§ 212 Abs. 1, § 13 Abs. 1 StGB).
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- Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet demgegenüber die
- Verurteilung der Angeklagten auch wegen einer in Tatmehrheit hierzu stehenden Beihilfe zur Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 26 StGB), denn das Landgericht ist zu Feststellungen, die einen solchen Schuldspruch tragen könnten,
- ausschließlich in Anwendung des Zweifelssatzes gelangt. Es hat - im Einzelnen
- dargelegte - "gewichtige Anhaltspunkte" dafür gesehen, dass beide Angeklagte
- die Tötung L.
-
- s von Anfang an gemeinsam geplant, vorbereitet und ar-
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- beitsteilig durchgeführt haben, hat dies letztlich jedoch "nicht mit der erforderlichen Sicherheit" feststellen können. Hätte die Angeklagte indes von vornherein
- mit zumindest bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt, so läge insgesamt ein ein-
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- heitliches Geschehen vor, das den Schuldspruch auch wegen eines Körperverletzungsdelikts ausschlösse. Das Landgericht wäre deshalb gehalten gewesen,
- in (doppelter) Anwendung des Zweifelssatzes umgekehrt auch hier von der der
- Angeklagten günstigeren Fallgestaltung auszugehen.
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- c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. Dies führt zum
- Wegfall der für die Beihilfetat bemessenen Einzelstrafe und der Gesamtstrafe.
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- 2.
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- Auch
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- die
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- wegen
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- Tötung
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- durch
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- Unterlassen
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- verhängte
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- (Einzel-)Freiheitsstrafe hat keinen Bestand.
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- Das Landgericht hat bei deren Bemessung den Strafrahmen des § 212
- Abs. 1 StGB zu Grunde gelegt und von dessen Milderung nach § 13 Abs. 2,
- § 49 Abs. 1 StGB abgesehen. Dabei ließ es sich "entscheidend von der Überlegung leiten, dass die Angeklagte den schweren Taterfolg in Gestalt des Todes eines Menschen unschwer hätte verhindern können". Dies begegnet
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- durchgreifenden rechtlichen Bedenken, denn das Landgericht hat damit das
- strafbegründende Unterlassen selbst zugleich als Grund für die Versagung der
- Strafmilderung herangezogen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Oktober 1997
- - 4 StR 487/97, NStZ 1998, 245).
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- VRiBGH Becker ist wegen
- Urlaubs gehindert, seine
- Unterschrift beizufügen.
- Pfister
- Mayer
-
- Pfister
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- Hubert
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- Spaniol
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