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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 3 StR 200/00
  4. vom
  5. 6. September 2000
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen Mordes
  9. -2-
  10. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 6. September
  11. 2000 einstimmig beschlossen:
  12. Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
  13. Hannover vom 9. Dezember 1999 wird als unbegründet verworfen,
  14. da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben
  15. hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
  16. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
  17. Ergänzend zu der Begründung der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
  18. Gegen die Annahme des Mordmerkmals der Grausamkeit bestehen
  19. keine rechtlichen Bedenken.
  20. Nach den Feststellungen des Landgerichts, die sich auf die für zutreffend erachtete Einlassung der Angeklagten in ihrer verantwortlichen Vernehmung vom 3. Juni 1999 stützen, hat die Angeklagte ihre dreieinhalbjährige Tochter Anfang Mai 1999 schlafend in der
  21. Wohnung zurückgelassen, eingesperrt und sich zu einem Bekannten begeben. Innerhalb der nächsten zwei bis drei Tage hat
  22. sie sich entschlossen, nicht mehr in die Wohnung zurückzukehren,
  23. wobei ihr bewußt war, daß ihre Tochter irgendwann verhungern
  24. oder verdursten würde (UA S. 5). Als ihr nach ein paar Tagen bewußt war, daß mit dem Kind etwas passiert sein müsse, ist sie erst
  25. -3-
  26. recht nicht in ihre Wohnung zurückgekehrt, um nach ihm zu sehen
  27. (UA S. 10). Nach einer Woche hat sie daran gedacht, daß ihre
  28. Tochter jetzt tot sein müßte. Ihr war klar, daß sie ihr Kind ganz erbärmlich hatte verhungern lassen. Am 27. Mai 1999 war ihr dann
  29. klar, daß ihre Tochter nicht mehr leben würde (UA S. 10). Tatsächlich ist diese aufgrund eines langandauernden Verhungerns qualvoll gestorben.
  30. Bei der Wertung, die Tat sei aus gefühlloser und unbarmherziger
  31. Gesinnung der Angeklagten heraus erfolgt, hat das Landgericht
  32. darauf abgestellt, daß die Angeklagte im Verlauf der Wochen auf
  33. Fragen nach ihrer Tochter wiederholt mit unzutreffenden, den Aufenthalt des Kindes verschleiernden Antworten reagiert und unrichtige Angaben gemacht hat, um zu erklären, warum sie nicht in ihre
  34. Wohnung gehen konnte. Sie hat sich zur Überzeugung des Landgerichts deshalb mehrfach gedanklich mit der Situation ihrer
  35. Tochter auseinandergesetzt und sich dabei immer wieder gegen ihre Tochter entschieden (UA S. 14). Es ist nicht zu besorgen, das
  36. Landgericht könnte bei der Wertung außer Acht gelassen haben,
  37. -4-
  38. daß sich die Angeklagte im gesamten Tatzeitraum im Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung (Alkoholintoxikation in Verbindung mit einer
  39. Persönlichkeitsstörung und einer Alkoholabhängigkeit) befunden
  40. hatte.
  41. RiBGH Dr. Miebach ist
  42. urlaubsbedingt abwesend
  43. und deshalb an der Unterschrift gehindert.
  44. Rissing-van Saan
  45. Rissing-van Saan
  46. Pfister
  47. Winkler
  48. von Lienen