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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 2 StR 390/17
  4. vom
  5. 27. Februar 2018
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
  9. ECLI:DE:BGH:2018:270218B2STR390.17.0
  10. -2-
  11. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. Februar 2018 gemäß § 206a Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
  12. beschlossen:
  13. 1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des
  14. Landgerichts Erfurt vom 4. April 2017 wird
  15. a) das Urteil aufgehoben und das Verfahren eingestellt,
  16. soweit der Angeklagte in den Fällen II.B.13, 16, 17 und
  17. II.C.32 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; im Umfang
  18. der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die
  19. notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse
  20. zur Last,
  21. b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert,
  22. dass der Angeklagte schuldig ist des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern in Tateinheit mit
  23. Vergewaltigung sowie des sexuellen Missbrauchs von
  24. Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerem sexuellen
  25. Missbrauch von Kindern in 36 Fällen und des sexuellen
  26. Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in sechs Fällen.
  27. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
  28. 3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines
  29. Rechtsmittels und die der Nebenklägerin insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
  30. -3-
  31. Gründe:
  32. 1
  33. Das Landgericht hat den Angeklagten, nach Übergang vom Sicherungsin das Strafverfahren, wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in
  34. Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern in Tateinheit mit
  35. Vergewaltigung, des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit
  36. mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern in 40 Fällen sowie des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch
  37. von Kindern in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren
  38. verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
  39. Im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
  40. 2
  41. 1. Soweit das Landgericht den Angeklagten in den Fällen II.B.13, 16 und
  42. 17 sowie II.C.32 der Urteilsgründe jeweils wegen sexuellen Missbrauchs von
  43. Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern verurteilt hat, fehlt es an der Verfahrensvoraussetzung einer darauf bezogenen Antragsschrift und demzufolge an einem entsprechenden Eröffnungsbeschluss, so dass das Urteil insoweit aufzuheben und das Verfahren gemäß
  44. § 206a Abs. 1, § 354 Abs. 1 StPO analog einzustellen ist.
  45. 3
  46. a) Dem Angeklagten war mit der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Antragsschrift vom 16. April 2015 zur Last gelegt worden, in der
  47. Zeit von August 2009 bis Oktober 2012 zum Nachteil der im März 1999 geborenen Nebenklägerin, die ihm zur Erziehung und zur Betreuung in der Lebensfüh-
  48. -4-
  49. rung anvertraut war, 56 sexuelle Übergriffe begangen zu haben. Dabei soll der
  50. Angeklagte 18 Übergriffe in der Zeit von August 2009 bis Juli 2010 in der gemeinsam mit der Nebenklägerin und deren Mutter bewohnten Wohnung in der
  51. E.
  52. Straße
  53. in G.
  54. , 20 Übergriffe in dem Zeitraum von Juli 2010 bis
  55. vermutlich Ende Juli 2012 in der ebenfalls gemeinsam genutzten Wohnung in
  56. der V.
  57. Straße
  58. in G.
  59. sowie weitere 18 Übergriffe vermutlich ab dem
  60. 1. August 2012 bis Oktober 2012 in einem Dönerladen in H.
  61. , der auch
  62. regelmäßig zur gemeinsamen Übernachtung genutzt worden sei, vorgenommen
  63. haben. Die Tatvorwürfe umfassten unter anderem folgende Einzeltaten:
  64. 4
  65. In der Zeit zwischen Juli 2010 bis vermutlich Ende Juli 2012 habe der
  66. Angeklagte in der gemeinsamen Wohnung in der V.
  67. Straße
  68. in G.
  69. die Nebenklägerin aufgefordert, mit ihren Händen an seinem Penis zu manipulieren, wobei das Kind dieser Aufforderung Folge geleistet habe (Fall II.B.13 der
  70. Urteilsgründe).
  71. 5
  72. An einem weiteren exakt nicht festgestellten Tag im selben Zeitraum habe die Nebenklägerin auf Aufforderung des Angeklagten in derselben Wohnung
  73. an diesem den Oralverkehr vollzogen (Fall II.B.16 der Urteilsgründe).
  74. 6
  75. Zumindest zu einer weiteren gleichartigen Handlung sei es im selben
  76. Tatzeitraum am genannten Ort gekommen, indem die Nebenklägerin nach Aufforderung durch den Angeklagten an diesem den Oralverkehr vollzogen habe
  77. (Fall II.B.17 der Urteilsgründe).
  78. 7
  79. Im Sommer 2012, vermutlich zwischen dem 1. August 2012 und Oktober
  80. 2012 habe der Angeklagte in seinem Dönerladen in H.
  81. die 13-jährige
  82. Nebenklägerin aufgefordert, mit ihrer Hand an seinem Penis zu manipulieren,
  83. -5-
  84. wobei die Nebenklägerin dieser Aufforderung Folge geleistet habe (Fall II.C.32
  85. der Urteilsgründe). Darüber hinaus habe er die Nebenklägerin im selben Zeitraum an der gleichen Örtlichkeit veranlasst, in vier Fällen an ihm den Oralverkehr zu vollziehen (Fälle II.C.33 bis 36 der Urteilsgründe), wobei die Nebenklägerin in zwei dieser Fälle zudem das Sperma des Angeklagten habe schlucken
  86. müssen.
  87. 8
  88. b) Das Landgericht hat dazu folgende Feststellungen getroffen:
  89. 9
  90. Kurze Zeit nach dem Einzug in die V.
  91. Straße übte der Angeklagte
  92. erstmals im Kinderzimmer den Geschlechtsverkehr mit der Nebenklägerin aus,
  93. wobei er kein Kondom benutzte und „sein Sperma auf den Bauch der Nebenklägerin spritzte“ (Fall II.B.13 der Urteilsgründe).
  94. 10
  95. In der Folge kam es in mindestens drei weiteren Fällen zum Geschlechtsverkehr zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin (Fälle II.B.15 bis 17 der Urteilsgründe). Als Vorspiel ging dem in mindestens einem
  96. Fall voraus, dass die Nebenklägerin, nach entsprechender Aufforderung durch
  97. den Angeklagten, mit ihren Händen an seinem Penis manipulierte. Der Angeklagte manipulierte mit den Händen an Brust und Scheide der Nebenklägerin,
  98. bevor er den Geschlechtsverkehr mit ihr vollzog.
  99. 11
  100. Der Angeklagte forderte die Nebenklägerin auf dem Matratzenlager in
  101. der H.
  102. straße
  103. in H.
  104. in mindestens fünf Fällen (Fälle II.C.32 bis 36
  105. der Urteilsgründe) auf, den Oralverkehr an ihm zu vollziehen. Die Nebenklägerin kam dem Ansinnen nach, wobei sie in zwei Fällen (Fälle II.C.35 und 36 der
  106. Urteilsgründe) das Sperma des Angeklagten schlucken musste.
  107. -6-
  108. 12
  109. c) Die auf diese Feststellungen gestützte Verurteilung des Angeklagten
  110. wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern in vier Fällen hat in den Fällen II.B.13,
  111. 16, 17 sowie II.C.32 der Urteilsgründe keinen Bestand. Zwar erfüllt die Antragsschrift in allen Fällen noch ihre Umgrenzungsfunktion. Jedoch weicht das vom
  112. Landgericht festgestellte Geschehen in diesen vier Fällen so weit von den in der
  113. Antragsschrift geschilderten geschichtlichen Vorgängen ab, dass es sich nicht
  114. mehr als die von der Antragsschrift bezeichnete Tat im Sinne des § 264 Abs. 1
  115. StPO darstellt. Das Urteil ist deshalb insoweit aufzuheben und das Verfahren
  116. einzustellen. Im Einzelnen:
  117. 13
  118. aa) Die Antragsschrift ist wirksam, da sie die notwendigen Angaben zur
  119. Bestimmung des Verfahrensgegenstandes enthält und damit ihrer Umgrenzungsfunktion genügt.
  120. 14
  121. (1) Eine Antragsschrift muss nach § 414 Abs. 2 Satz 2 StPO den Erfordernissen einer Anklageschrift genügen. Sie hat nach § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO
  122. die zur Last gelegte Tat sowie Zeit und Ort ihrer Begehung so genau zu bezeichnen, dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs dargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist; sie muss sich von anderen
  123. gleichartigen strafbaren Handlungen desselben Täters unterscheiden lassen
  124. (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 - 1 StR 412/11, BGHSt 57, 88, 91).
  125. 15
  126. Wann eine Tat als historisches Ereignis hinreichend umgrenzt ist, kann,
  127. wie bei einer Anklageschrift, nicht abstrakt, sondern nur nach Maßgabe der
  128. Umstände des jeweiligen Einzelfalls bestimmt werden (Senat, Beschluss vom
  129. 26. April 2017 – 2 StR 242/16, wistra 2018, 49, 50; Altvater in FS-BGH (2000),
  130. S. 495, 512 f.). Bei einer Vielzahl sexueller Übergriffe gegenüber Kindern, die
  131. -7-
  132. häufig erst nach längerer Zeit angezeigt werden, ist eine Individualisierung nach
  133. Tatzeit und exaktem Geschehensablauf oftmals nicht möglich. In diesen Fällen
  134. erfüllt eine Anklageschrift daher bereits dann ihre Umgrenzungsfunktion, wenn
  135. sie den Verfahrensgegenstand durch die Festlegung des zeitlichen Rahmens
  136. der Tatserie, die Nennung der Höchstzahl der nach dem Anklagevorwurf innerhalb dieses Rahmens begangenen Taten, das Tatopfer und die wesentlichen
  137. Grundzüge des Tatgeschehens bezeichnet (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober
  138. 2013 – 5 StR 297/13, NStZ 2014, 49; vom 11. Januar 1994 – 5 StR 682/93,
  139. BGHSt 40, 44, 46 f.; vom 29. Juli 1998 – 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 154 f.
  140. mwN).
  141. 16
  142. (2) Diesen Anforderungen wird die Antragsschrift noch gerecht. Sie legt
  143. dar, dass es in den genau bezeichneten Räumlichkeiten in den angegebenen
  144. Tatzeiträumen zu einer Vielzahl näher bestimmter sexueller Übergriffe des Angeklagten auf die Nebenklägerin gekommen ist. Indem an den verschiedenen
  145. Tatorten eine jeweils zweimalige Ausführung zugrunde gelegt wird, ist auch die
  146. Mindestzahl hinreichend bestimmt.
  147. 17
  148. bb) Hingegen ist die notwendige Identität zwischen der Antragsschrift
  149. und den ausgeurteilten Taten in den Fällen II.B.13, 16 und 17 sowie II.C.32 der
  150. Urteilsgründe nicht gewahrt.
  151. 18
  152. (1) Die Wahrung der Identität der prozessualen Tat trotz Veränderung
  153. des Tatbildes ist nach dem Kriterium der „Nämlichkeit“ der Tat zu beurteilen.
  154. Eine solche ist gegeben, wenn ungeachtet gewisser Differenzen bestimmte
  155. Merkmale die Tat weiterhin als einmaliges unverwechselbares Geschehen
  156. kennzeichnen (BGH, Urteil vom 28. Mai 2002 – 5 StR 55/02, Beck RS 2002,
  157. 4976). Das Tatbild bestimmend sind in der Regel der Ort und die Zeit des Vor-
  158. -8-
  159. gangs, das Täterverhalten, die ihm innewohnende Richtung und das Opfer beziehungsweise das Objekt, auf das sich der Vorgang bezieht (Senat, Urteil vom
  160. 21. Dezember 1983 – 2 StR 578/83, BGHSt 32, 215, 218).
  161. 19
  162. Können einzelne Sexualtaten einer Tatserie nur hinsichtlich des Tatorts
  163. und der Begehungsweise, nicht aber hinsichtlich der Tatzeit näher bestimmt
  164. werden, so erlangt die Art und Weise der Tatverwirklichung maßgebliche Bedeutung für die Individualisierung der zum Gegenstand einer Anklage bzw. der
  165. Antragsschrift und später des Eröffnungsbeschlusses gemachten Taten (BGH,
  166. Beschluss vom 27. September 2011 – 3 StR 255/11, NStZ 2012, 168, 169; Urteil vom 11. Januar 1994 – 5 StR 682/93, BGHSt 40, 44, 46). Ebenso wie in
  167. derartigen Fällen an die Individualisierung der Einzeltat in der Anklage- bzw.
  168. Antragsschrift einerseits und den Urteilsgründen andererseits keine zu strengen
  169. Anforderungen zu stellen sind, da ansonsten wegen der begrenzten Erinnerungsfähigkeit des regelmäßig einzigen Tatzeugen nicht mehr vertretbare Strafbarkeitslücken entstünden, dürfen auch Modifikationen und Ergänzungen, die
  170. das Tatbild im Vergleich von Urteil zur Anklage bzw. der Antragsschrift erfährt,
  171. keiner zu strengen Betrachtung unterworfen werden (BGH, Urteil vom 30. Juni
  172. 2005 – 3 StR 122/05, NStZ-RR 2005, 320).
  173. 20
  174. Weichen bei einer Serientat die Feststellungen des Gerichts hinsichtlich
  175. der Tatmodalitäten einzelner Taten gleichwohl so deutlich von den in der Anklage- bzw. Antragsschrift geschilderten geschichtlichen Vorgängen ab, dass
  176. mit ihnen andere als die zuvor bezeichneten Taten im Sinne von § 264 Abs. 1
  177. StPO beschrieben sind, kann sie das Gericht nicht ohne Erhebung einer Nachtragsanklage zum Gegenstand einer Verurteilung machen (BGH, Beschluss
  178. vom 18. Oktober 2016 – 3 StR 186/16, StraFo 2017, 26 f.; Urteil vom
  179. -9-
  180. 30. Oktober 2008 – 3 StR 375/08, StraFo 2009, 71 f.; Beschluss vom 29. März
  181. 2017 – 4 StR 516/16, juris Rn. 6).
  182. 21
  183. (2) Nach diesen Maßstäben weichen die Feststellungen des Landgerichts in den Fällen II.B.13, 16 und 17 sowie II.C.32 der Urteilsgründe hinsichtlich der konkreten Tatausführung so erheblich von den dem Angeklagten in der
  184. Antragsschrift zur Last gelegten Taten ab, dass mit ihnen andere als die angeklagten Taten ausgeurteilt sind.
  185. 22
  186. Nach der Antragsschrift war die Nebenklägerin an drei Orten über
  187. mehrere Jahre einer Vielzahl von sexuellen Übergriffen unterschiedlichster Art
  188. durch den Angeklagten ausgesetzt. Für denselben Tatort erfolgte die maßgebliche Individualisierung der Einzelfälle durch die Beschreibung der jeweils ausgeführten Sexualpraktiken, davon ausgehend, dass jede beschriebene Tatmodalität mindestens zweimal tatbestandlich verwirklicht worden war. Die Art und
  189. Weise der Tatausführung erlangte damit maßgebliche Bedeutung für die Individualisierung des Tatvorwurfs.
  190. 23
  191. (a) Vor diesem Hintergrund stellen die Feststellungen im Fall II.B.13 der
  192. Urteilsgründe, es sei im Kinderzimmer der Geschädigten in der V.
  193. Straße
  194. in G.
  195. zum Geschlechtsverkehr ohne Kondom gekommen, wobei
  196. der Angeklagte „sein Sperma auf den Bauch der Zeugin spritzte“, eine andere
  197. Art der Tatbegehung als die vorgeworfene Manipulation am Penis des Angeklagten dar. Während die Manipulation am Penis eine sexuelle Handlung der
  198. Nebenklägerin am Angeklagten beschreibt, stellen die Urteilsgründe mit dem
  199. Geschlechtsverkehr eine wesentlich gewichtigere sexuelle Handlung fest.
  200. Irgendwelche individuelle Merkmale der Tat, die deren Identität als unverwech-
  201. - 10 -
  202. selbares Geschehen gleichwohl belegen könnten, hat die Strafkammer nicht
  203. festgestellt.
  204. 24
  205. (b) Ebenso verhält es sich in den Fällen II.B.16 und 17 der Urteilsgründe.
  206. Die Feststellung, es sei in diesen Fällen zum Geschlechtsverkehr gekommen,
  207. weicht erheblich von dem in den Fällen II.B.16 und 17 zur Last gelegten Oralverkehr durch die Nebenklägerin ab. Während der Tatvorwurf wiederum die
  208. Vornahme von sexuellen Handlungen der Nebenklägerin an dem Angeklagten
  209. beschreibt, stellen die Urteilsgründe mit dem durchgeführten Geschlechtsverkehr wechselseitige sexuelle Handlungen dar. Sonstige individualisierende
  210. Merkmale, die die Unverwechselbarkeit gewährleisten könnten, hat die Strafkammer auch hier nicht festgestellt.
  211. 25
  212. (c) Auch im Fall II.C.32 der Urteilsgründe ist die Identität der Tat nicht
  213. gewahrt. Insofern stellt der festgestellte Oralverkehr in der H.
  214. H.
  215. straße
  216. in
  217. etwas anderes als die vorgeworfene Manipulation mit der Hand am
  218. Penis des Angeklagten dar. Zwar wird in beiden Fällen eine sexuelle Handlung
  219. der Nebenklägerin am Angeklagten beschrieben. Gleichwohl ist die gebotene
  220. Unverwechselbarkeit nicht mehr gewährleistet. Denn die Staatsanwaltschaft hat
  221. dem Angeklagten ursprünglich in dem Tatkomplex H.
  222. straße
  223. in H.
  224. mit den Fällen II.C.32 bis 36 zur Last gelegt, neben der Manipulation der Nebenklägerin an seinem Penis (Fall II.C.32) die Nebenklägerin an gleicher Örtlichkeit zum viermaligen Oralverkehr veranlasst zu haben (Fälle II.C.33 bis 36),
  225. wobei die Nebenklägerin in zwei dieser Fälle sein Sperma habe schlucken
  226. müssen. Die Feststellung der Strafkammer eines weiteren – fünften – Oralverkehrs im Fall II.C.32 der Urteilsgründe mit identischer Ausführung wie in den
  227. Fällen II.C.33 und 34 der Urteilsgründe wahrt die Identität der Tat nicht mehr.
  228. Die Staatsanwaltschaft wollte mit dem Vorwurf einer Manipulation am Penis des
  229. - 11 -
  230. Angeklagten neben den Fällen II.C.33 bis 36 der Urteilsgründe erkennbar für
  231. diesen Tatort keinen weiteren Oralverkehr zum Verfahrensgegenstand machen.
  232. Sonstige individualisierende Umstände, die die Unverwechselbarkeit der Tat
  233. gleichwohl gewährleisten, hat die Strafkammer nicht festgestellt.
  234. 26
  235. 2. Die auf die erhobene Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung
  236. des Urteils hat keinen weiteren Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
  237. 27
  238. 3. Mit Blick auf die vorgenommene Teileinstellung des Verfahrens gilt
  239. Folgendes:
  240. 28
  241. Die Einstellung des Verfahrens in den Fällen II.B.13, 16 und 17 sowie
  242. II.C.32 der Urteilsgründe führt zur Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall der insoweit verhängten Einzelstrafen. Trotz des Wegfalls von vier Einzelstrafen von jeweils drei Jahren kann der Ausspruch über die Gesamtstrafe bestehen bleiben. Im Hinblick auf die bestehen bleibenden 43 Einzelstrafen von
  243. sechs Monaten (Fälle 30, 31 der Urteilsgründe), von zehn Monaten (Fälle 1, 2,
  244. 9, 10 der Urteilsgründe), von zwei Jahren und sechs Monaten (Fälle 7, 8, 11, 12
  245. der Urteilsgründe), von drei Jahren (Fälle 3, 4, 15, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 26,
  246. 27, 33, 34, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43 der Urteilsgründe), von drei Jahren drei
  247. Monaten (Fälle 44, 45 der Urteilsgründe), von drei Jahren sechs Monaten (Fälle 5, 6, 24, 25, 35, 36 der Urteilsgründe), von vier Jahren (Fälle 28, 29, 46, 47
  248. - 12 -
  249. der Urteilsgründe) sowie der Einsatzstrafe von fünf Jahren (Fall 14 der Urteilsgründe) kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht bei Wegfall der
  250. vier Einzelstrafen von jeweils drei Jahren eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe
  251. verhängt hätte.
  252. Schäfer
  253. Appl
  254. Wimmer
  255. Bartel
  256. Schmidt