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898 lines
39 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. 2 StR 344/14
  5. vom
  6. 24. März 2016
  7. in der Strafsache
  8. gegen
  9. wegen Betrugs
  10. ECLI:DE:BGH:2016:240316U2STR344.14.0
  11. -2-
  12. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung am
  13. 16. März 2016 in der Sitzung vom 24. März 2016, an der teilgenommen haben:
  14. Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
  15. Prof. Dr. Fischer,
  16. die Richter am Bundesgerichtshof
  17. Prof. Dr. Krehl,
  18. Dr. Eschelbach,
  19. Zeng,
  20. die Richterin am Bundesgerichtshof
  21. Dr. Bartel,
  22. Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
  23. am 16. März 2016,
  24. Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
  25. 24. März 2016
  26. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  27. Rechtsanwältin
  28. am 16. März 2016,
  29. Rechtsanwalt
  30. am 16. März 2016,
  31. Rechtsanwalt
  32. am 16. März 2016
  33. als Verteidiger,
  34. in der Verhandlung
  35. bei der Verkündung am
  36. in der Verhandlung
  37. in der Verhandlung
  38. in der Verhandlung
  39. Justizangestellte
  40. in der Verhandlung am 16. März 2016,
  41. Justizangestellte
  42. bei der Verkündung am 24. März 2016
  43. als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
  44. für Recht erkannt:
  45. -3-
  46. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
  47. Landgerichts Köln vom 5. März 2014 im Strafausspruch
  48. aufgehoben.
  49. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
  50. Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  51. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
  52. Von Rechts wegen
  53. Gründe:
  54. 1
  55. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 42 Fällen, davon
  56. in 18 Fällen wegen tateinheitlich begangenen zweifachen Betrugs, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Kompensationsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit Verfahrensbeanstandungen und der Sachrüge. Das Rechtsmittel hat
  57. in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet.
  58. I.
  59. 2
  60. 1. Nach den Feststellungen vertrieb der Angeklagte über seine Firma P.
  61. GmbH (künftig: P.
  62. ), deren Geschäftsführer er war, analo-
  63. ge Werbebeamer, deren Verkehrswert je nach Gerätetyp zwischen ca. 1.800 €
  64. -4-
  65. und 2.700 € betrug. Um die nur schwer verkäuflichen Produkte besser vermarkten zu können, hatte der Angeklagte am 15. März 2005 für die P.
  66. Kooperationsvertrag
  67. (im Folgenden: G.
  68. mit
  69. der
  70. Firma
  71. einen
  72. G.
  73. ) abgeschlossen. Danach war die Firma des Ange-
  74. klagten berechtigt, für die G.
  75. Leasingverträge zu vermitteln und zu diesem
  76. Zweck schriftliche Leasinganträge potentieller Leasingnehmer einzureichen.
  77. Nach den Bestimmungen des Kooperationsvertrags hatte die Firma P.
  78. dafür einzustehen, dass mit den Leasingnehmern keine von den Bestimmungen
  79. des Leasingvertrags abweichenden mündlichen oder schriftlichen Vereinbarungen getroffen werden. Die G.
  80. verpflichtete sich bei erfolgreicher Vermittlung
  81. eines Leasingvertrags dazu, die Werbebeamer von der Firma P.
  82. zu er-
  83. werben und den Kaufpreis in Höhe von – je nach Modell – etwa 8.000 € an sie
  84. zu zahlen.
  85. 3
  86. Um eine möglichst hohe Anzahl von Leasingverträgen vermitteln und
  87. eine entsprechende Anzahl von Werbebeamern an die G.
  88. verkaufen zu
  89. können, setzte der Angeklagte Mitarbeiter seiner Firma ein, die er zuvor geschult hatte und die seinen Vorgaben entsprechend die Anwerbung von Kunden
  90. übernahmen. Die Mitarbeiter suchten gezielt und ohne vorherige Anmeldung
  91. Kleingewerbetreibende auf und erklärten diesen, sie könnten die Werbebeamer
  92. nebst Zubehör für einen Komplettpreis von etwa 8.000 € über einen Zeitraum
  93. von 48 Monaten bei einer monatlichen Leasingrate von 199 € leasen; nach Ablauf eines Jahres bestehe die Möglichkeit, von einer so genannten „RückkaufOption“ Gebrauch zu machen und das Gerät zu einem festgelegten Preis von in
  94. der Regel etwa 5.600 € an die P.
  95. zurückzugeben. Daneben miete die P.
  96. einen der acht Bildplätze des Werbebeamers zum Zwecke der Eigenwerbung an und zahle während des über 48 Monate laufenden Leasingvertrags
  97. eine Gesamtmiete von 2.040 €. Die Miete werde jeweils im Voraus gezahlt, und
  98. -5-
  99. zwar in Höhe von 50 % bei Inbetriebnahme des Beamers und zu weiteren 50 %
  100. nach Ablauf von sechs Monaten. Zur Erläuterung der entstehenden Kosten legten die Vermittler den Kunden eine so genannte Konditionenübersicht vor, wonach sich die anfallenden Kosten im ersten Jahr bei Ausübung der „RückkaufOption“ unter Berücksichtigung der Mietzahlungen auf nur 29 € belaufen sollten.
  101. In einer von den Kunden im Vertrauen auf die Erklärungen der Vermittler unterschriebenen Vereinbarung, dem so genannten „P.
  102. -Vertrag“, vermerkten
  103. die Vermittler als Zahlungsweise handschriftlich die Option „Leasingvermittlung
  104. gewünscht“.
  105. 4
  106. Dem Tatplan des Angeklagten entsprechend wiesen die Vermittler die
  107. Kunden bei Abschluss des P.
  108. -Vertrags nicht darauf hin, dass die Aus-
  109. übung der „Rückkauf-Option“ gegenüber der Firma P.
  110. nicht von der Ver-
  111. pflichtung befreit, die Leasingraten weiterzuzahlen. Die Kunden wurden außerdem nicht darauf hingewiesen, dass die Ausübung der „Rückkauf-Option“ den
  112. Nachweis des Eigentums voraussetzte; ein Hinweis auf dieses Erfordernis war
  113. lediglich in den auf der Rückseite des P.
  114. -Vertrags abgedruckten Allge-
  115. meinen Geschäftsbedingungen enthalten, wonach der Kunde bei „Inanspruchnahme der „Rückkauf-Option“ [...] der P.
  116. Marketing GmbH gegenüber
  117. den Nachweis zu erbringen“ habe, „dass sich die zur Zurückgabe anstehenden
  118. Vertragswaren in seinem Eigentum befinden“. Um Eigentümer des Beamers zu
  119. werden, mussten die Leasingnehmer den Beamer daher zunächst von der Leasinggesellschaft, der G.
  120. , erwerben. Die Ausübung der „Rückkauf-Option“
  121. und die Rückgabe des Werbebeamers an die P.
  122. Folge, dass die P.
  123. hatte darüber hinaus zur
  124. berechtigt war, die als Vorschuss für die gesamte vier-
  125. jährige Vertragslaufzeit gezahlte Miete in Höhe von 75 % zurückzufordern und
  126. mit der Auszahlung des Rückkaufpreises zu verrechnen. Auch hierauf wiesen
  127. die Vermittler die Kunden nicht hin. Anlässlich des Abschlusses des P.
  128. -
  129. -6-
  130. Vertrags machten die Vermittler die Leasingnehmer auch nicht auf die in den
  131. Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Bestimmung aufmerksam, wonach die Ausübung der „Rückkauf-Option“ frühestens ab dem 9. Monat nach
  132. Vertragsschluss und spätestens sechs Wochen vor Ablauf der Optionsfrist gegenüber der P.
  133. GmbH schriftlich und per Einschreiben anzu-
  134. zeigen war und die Optionsfrist ein Jahr nach Vertragsabschluss endete.
  135. 5
  136. Aufgrund des von den Kunden unterschriebenen P.
  137. -Vertrags stell-
  138. te der Angeklagte für jeden Kunden eine Leasinganfrage bei der G.
  139. , ohne
  140. dabei jedoch auf die mit den Kunden vereinbarte „Rückkauf-Option“ hinzuweisen. Nachdem die G.
  141. positiv über die Anfrage entschieden hatte, übersand-
  142. te der Angeklagte den Leasingvertrag an den jeweiligen Kunden oder ließ den
  143. Vertrag von einem Vertriebsmitarbeiter dem Kunden persönlich zur Unterschrift
  144. vorlegen. Nach den Bestimmungen des Leasingvertrags hatten die Kunden bei
  145. einer Vertragslaufzeit von vier Jahren an die G.
  146. monatliche Leasingraten
  147. von in der Regel 199 € zu zahlen. Die mit der Firma P.
  148. vereinbarte
  149. „Rückkauf-Option“ war ebensowenig Gegenstand des mit der G.
  150. abge-
  151. schlossenen Leasingvertrags wie der vierjährige Mietvertrag über einen der
  152. Bildplätze des Beamers. Die Leasingnehmer, die auf die mündlichen Zusagen
  153. der Vermittler vertrauten, unterschrieben den Leasingvertrag. Dabei erkannte
  154. ein Teil der Leasingnehmer nicht, dass es sich dabei um einen eigenständigen
  155. Leasingvertrag mit der G.
  156. handelte. Alle Leasingnehmer gingen zudem da-
  157. von aus, sie könnten die „Rückkauf-Option“ gegenüber der Firma P.
  158. aus-
  159. üben, ohne dass ihnen weitere Kosten entstünden. Tatsächlich waren die Leasingnehmer jedoch verpflichtet, einen Betrag in Höhe von etwa 99 % des Geldwerts der nach einem Jahr noch offenen Leasingforderungen an die G.
  160. zu
  161. zahlen, wenn sie das Eigentum an dem Gerät erwerben wollten, um von der
  162. „Rückkauf-Option“ gegenüber der P.
  163. Gebrauch zu machen.
  164. -7-
  165. 6
  166. Den von den Kunden unterzeichneten Leasingvertrag reichte der Angeklagte bei der G.
  167. P.
  168. ein, die anschließend den Kaufpreis für den Beamer an die
  169. zahlte. Die Mitarbeiter der G.
  170. , die die Auszahlungen freigaben,
  171. hatten dabei jeweils keine Kenntnis von der mit den Leasingnehmern vereinbarten „Rückkauf-Option“; sie gingen entsprechend den Bestimmungen des Kooperationsvertrags vielmehr davon aus, dass mit den Leasingnehmern keine
  172. mit dem Leasingvertrag in Widerspruch stehenden Nebenabreden getroffen
  173. worden waren.
  174. 7
  175. 2. Das Landgericht hat die Taten als Betrug zum Nachteil der Leasingnehmer sowie als Betrug zum Nachteil der G.
  176. 8
  177. Der G.
  178. gewertet.
  179. sei durch die im Kooperationsvertrag enthaltene Verpflichtung
  180. zur Zahlung des Kaufpreises an die P.
  181. den. Der Wert des der G.
  182. ein Vermögensschaden entstan-
  183. zustehenden und gegen die Leasingnehmer ge-
  184. richteten Anspruchs auf Zahlung der Leasingraten über einen Zeitraum von
  185. 48 Monaten übersteige zwar die Höhe des an die P.
  186. zu zahlenden Kauf-
  187. preises für die Werbebeamer. Der Anspruch auf Zahlung der Leasingraten sei
  188. aber nur im ersten Jahr bis zur Ausübung der „Rückkauf-Option“ durch die Leasingnehmer werthaltig gewesen; aufgrund bestehender Gegenrechte der Leasingnehmer und des damit verbundenen signifikanten Ausfallrisikos seien die
  189. Leasingforderungen dagegen für die letzten drei Jahre wirtschaftlich wertlos.
  190. Das Landgericht hat den Wert der Leasingforderungen daher mit 25 % des
  191. Nominalwerts angesetzt und unter Berücksichtigung eines geringfügigen Restwerts der Werbebeamer nach Ablauf des Leasingvertrags einen Gefährdungsschaden von in der Regel etwa 5.500 € angenommen.
  192. 9
  193. Daneben sei den Leasingnehmern durch Abschluss des von der P.
  194. vermittelten Leasingvertrages mit der G.
  195. und der daraus folgenden
  196. -8-
  197. Verpflichtung zur Zahlung der Leasingraten über einen Zeitraum von zumindest
  198. zwölf Monaten ebenfalls ein Vermögensschaden entstanden. Die Leasingnehmer hätten zwar Gegenleistungen in Form der Nutzungsmöglichkeit des Beamers, des Anspruchs auf Zahlung des Rückkaufpreises und auf Zahlung des
  199. Mietzinsanspruchs erhalten. Aufgrund der bei Ausübung der „Rückkauf-Option“
  200. entstehenden Kosten für den Erwerb des Gerätes von der G.
  201. und des antei-
  202. lig gekürzten Mietzinsanspruchs errechne sich aber jeweils ein Negativsaldo,
  203. der auf Seiten der Leasingnehmer einen Gefährdungsschaden in Höhe von
  204. etwa 3.100 € begründe.
  205. 10
  206. Soweit das Landgericht nicht sicher festzustellen vermochte, dass ein
  207. Leasingnehmer bei Abschluss des Leasingvertrags im Vertrauen auf die Zusagen der Vermittler davon ausgegangen ist, er könne die „Rückkauf-Option“
  208. ohne zusätzliche Kosten ausüben, hat es die Tatvorwürfe gemäß § 154a Abs. 2
  209. StPO auf den Betrug zum Nachteil der G.
  210. beschränkt. In gleicher Weise hat
  211. es eine Beschränkung auf die Betrugstaten zum Nachteil der G.
  212. vorge-
  213. nommen, wenn auf Seiten des Leasingnehmers kein bleibender Schaden entstanden ist, weil dieser die Zahlung der Leasingraten frühzeitig eingestellt hatte.
  214. Soweit der G.
  215. durch die Zahlung der Leasingraten im Ergebnis kein blei-
  216. bender Schaden entstanden ist, hat das Landgericht gemäß § 154a Abs. 2
  217. StPO eine Beschränkung auf die Betrugstaten zum Nachteil der Leasingnehmer
  218. vorgenommen. Im Ergebnis ist das Landgericht daher von fünf Fällen des Betrugs zum Nachteil der Leasingnehmer, 19 Fällen des Betrugs zum Nachteil der
  219. G.
  220. und 18 Fällen des Betrugs sowohl zum Nachteil der Leasingnehmer als
  221. auch der G.
  222. ausgegangen.
  223. -9-
  224. II.
  225. 11
  226. Die Revision des Angeklagten führt aufgrund der Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.
  227. 12
  228. 1. Die Besetzungsrüge (§ 338 Nr. 1b StPO) ist unbegründet.
  229. 13
  230. a) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
  231. 14
  232. Die zur Entscheidung des Verfahrens berufene 9. Große Strafkammer
  233. war nach dem Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Bonn für das Geschäftsjahr 2013 neben dem Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden mit Richter am Landgericht Dr. W.
  234. als Beisitzer besetzt. Mit Präsi-
  235. diumsbeschluss vom 20. September 2013 wurde unter anderem bestimmt, dass
  236. Richter am Landgericht Dr. W.
  237. mit Wirkung zum 1. Oktober 2013 zur
  238. 23. Zivilkammer wechsele und bis zum Abschluss eines einzelnen laufenden
  239. Verfahrens formal Mitglied der 9. Großen Strafkammer bleibe. An der am
  240. 1. Oktober 2013 beginnenden Hauptverhandlung nahm daher Richter am
  241. Landgericht Wu.
  242. als Beisitzer teil, welcher durch den Präsidiumsbeschluss
  243. zum Nachfolger bestimmt wurde.
  244. 15
  245. Nach Bekanntgabe der Gerichtsbesetzung zu Beginn der Hauptverhandlung am 1. Oktober 2013 und nach Einsichtnahme in den Präsidiumsbeschluss
  246. vom 20. September 2013 rügte der Angeklagte die Besetzung der Richterbank,
  247. weil der Präsidiumsbeschluss vom 20. September 2013 gegen § 21e Abs. 3
  248. Satz 1 GVG verstoße. Er enthalte keine Begründung für den Beisitzerwechsel
  249. zwischen der 23. Zivilkammer und der 9. Großen Strafkammer; ein kausaler
  250. Zusammenhang zu dem Änderungsbedarf der durch das wegen Mutterschutzes
  251. und Elternzeit absehbare Ausscheiden einer Beisitzerin der 25. Zivilkammer
  252. - 10 -
  253. ausgelöst werde, sei weder dargetan noch sonst ersichtlich. Es fehle daher an
  254. zwingenden sachlichen Gründen für den im laufenden Geschäftsjahr erfolgenden Richterwechsel.
  255. 16
  256. Aufgrund dieses Besetzungseinwands fasste das Präsidium des Landgerichts Bonn am 7. Oktober 2013 einen weiteren Beschluss, in dem es die unterjährige Änderung des Geschäftsverteilungsplans damit begründete, dass ein
  257. Fall dauernder Verhinderung vorliege, nachdem eine bisher in der 25. Zivilkammer tätige Beisitzerin zum November 2013 aufgrund Mutterschutzes und
  258. anschließender Elternzeit ausscheide. Die Geschäftslage der mit rund 600 laufenden Verfahren erheblich belasteten 25. Zivilkammer dulde keine Vakanzen.
  259. Da die Tätigkeit in der für Arzthaftungssachen zuständigen Kammer besondere
  260. fachliche und soziale Fähigkeiten erfordere, habe das Präsidium als Nachfolgerin die besonders erfahrene und langjährig als stellvertretende Vorsitzende in
  261. der 23. Zivilkammer tätige Richterin am Landgericht Gr. bestimmt. Durch deren Wechsel in die 25. Zivilkammer sei der stellvertretende Vorsitz in der
  262. 23. Zivilkammer zu besetzen gewesen, für den das Präsidium den bisher in der
  263. 9. Strafkammer tätigen Richter am Landgericht Dr. W.
  264. als besonders ge-
  265. eignet angesehen habe; zur Sicherung der Kontinuität der Rechtsprechung und
  266. unter Berücksichtigung der speziellen Zuständigkeit der 23. Zivilkammer habe
  267. es das Präsidium für erforderlich erachtet, den Wechsel bereits zum 1. Oktober
  268. 2013 vorzunehmen, um eine Einarbeitung des neuen stellvertretenden Vorsitzenden zu ermöglichen. Dadurch sei schließlich eine Umbesetzung der
  269. 9. Großen Strafkammer bereits zum 1. Oktober 2013 veranlasst gewesen, weil
  270. die besonders starke Belastung der 9. Großen Strafkammer ebenfalls keine
  271. Vakanz zugelassen habe. Durch die Zuweisung des für die Tätigkeit in einer
  272. Wirtschaftsstrafkammer besonders geeigneten Richters am Landgericht Wu.
  273. und die damit bewirkte kurzfristige Überbesetzung der sich an der Grenze zur
  274. - 11 -
  275. Überlastung bewegenden 9. Großen Strafkammer habe die zügige Verhandlung weiterer Sachen begünstigt und damit dem in Strafsachen geltenden Beschleunigungsgebot Rechnung getragen werden sollen, zumal Richter am
  276. Landgericht Dr. W.
  277. durch die Abfassung eines Urteils in einer Umfangs-
  278. sache mit einem Teil seiner Arbeitskraft gebunden gewesen sei. Darüber hinaus sei auch berücksichtigt worden, dass ein Proberichter allein in der 23. Zivilkammer sinnvoll eingesetzt werden könne und auch deshalb ein eingearbeiteter
  279. stellvertretender Vorsitzender in der 23. Zivilkammer erforderlich gewesen sei,
  280. welcher dem Proberichter als „Ansprechpartner“ zur Verfügung stehe.
  281. 17
  282. b) Die Besetzungsrüge hat keinen Erfolg. Das Tatgericht war infolge der
  283. Änderung des Geschäftsverteilungsplans durch den Präsidiumsbeschluss vom
  284. 20. September 2013 vorschriftsgemäß besetzt.
  285. 18
  286. aa) Zwar enthielt der Präsidiumsbeschluss vom 20. September 2013
  287. nicht die von Rechts wegen erforderliche Dokumentation der für die Änderung
  288. des Geschäftsverteilungsplans maßgeblichen Gründe (vgl. hierzu BGH, Urteil
  289. vom 9. April 2009 - 3 StR 376/08, NJW 2010, 625, 626). Eine fehlende Dokumentation kann jedoch bis zum Zeitpunkt des Beschlusses, mit dem gemäß
  290. § 222b Abs. 2 StPO über den Besetzungseinwand entschieden wird, nachgeholt werden (BVerfG, Beschluss vom 18. März 2009 - 2 BvR 229/09, NJW
  291. 2009, 1734, 1735; BGH, Beschluss vom 9. April 2009 - 3 StR 376/08, BGHSt
  292. 53, 268, 276 f.; BGH, Urteil vom 21. Mai 2015 - 4 StR 577/14, NStZ-RR 2015,
  293. 288, 289). Dies ist hier durch den Beschluss des Präsidiums vom 7. Oktober
  294. 2013, in welchem das Präsidium die Erwägungen für die unterjährige Änderung
  295. des Geschäftsverteilungsplans niedergelegt hat, rechtzeitig geschehen.
  296. 19
  297. bb) Die unterjährige, weitreichende Änderung des Geschäftsverteilungsplans war mit § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG noch zu vereinbaren. Nach dieser als
  298. - 12 -
  299. Ausnahmevorschrift eng auszulegenden Norm darf der Geschäftsverteilungsplan im Laufe des Geschäftsjahres geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder
  300. infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter unerlässlich
  301. ist. Nachträgliche, auf die Vorschrift des § 21e Abs. 3 GVG gestützte Änderungen der Geschäftsverteilung unterliegen dabei im Revisionsverfahren einer umfassenden inhaltlichen Rechtmäßigkeitskontrolle (vgl. BVerfG, Beschluss vom
  302. 16. Februar 2005 - 2 BvR 581/03, NJW 2005, 2689, 2690; BGH, Urteil vom
  303. 21. Mai 2015 - 4 StR 577/14, NStZ-RR 2015, 288).
  304. 20
  305. Die Annahme des Präsidiums, es liege infolge des am 13. November
  306. 2013 beginnenden Mutterschutzes einer Richterin und der anschließenden Elternzeit ein Fall dauernder Verhinderung im Sinne des § 21e Abs. 3 Satz 1
  307. GVG vor, der in Ansehung der besonderen Belastung eine Vakanz nicht gestatte, ist nicht zu beanstanden. Eine dauernde Verhinderung liegt vor, wenn ein
  308. Richter – wie hier – aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für längere
  309. oder der Dauer nach ungewisse Zeit verhindert ist (BGH, Urteil vom 9. Oktober
  310. 2002 - 5 StR 42/02, NJW 2003, 150, 154 [länger als 3 Monate]). Angesichts der
  311. Belastungssituation der von dem Ausfall betroffenen 25. Zivilkammer konnte
  312. der erforderliche Ausgleich auch nicht bis zum Ende des Geschäftsjahres zurückgestellt werden (vgl. zu dieser Voraussetzung Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl.,
  313. § 21e Rn. 112).
  314. 21
  315. Bei der gemäß § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG zulässigen Änderung der Geschäftsverteilung während des laufenden Geschäftsjahres durfte das Präsidium
  316. alle Umstände berücksichtigen, die der Gewährleistung einer geordneten
  317. Rechtspflege dienten (BGH, Beschluss vom 19. April 2000 - 3 StR 32/00,
  318. BGHR GVG § 21e Abs. 3 Änderung 4). Das Präsidium durfte namentlich be-
  319. - 13 -
  320. sondere Belastungen der Spruchkörper und besondere Kenntnisse und Fähigkeiten der in Frage kommenden Richter in seine Erwägungen einbeziehen
  321. (BGH, Urteil vom 12. April 1978 - 3 StR 58/78, BGHSt 27, 397, 398) und war
  322. nicht auf die Umbesetzung des unmittelbar von der Überlastung betroffenen
  323. Spruchkörpers beschränkt (SK-StPO/Velten, 4. Aufl., § 21e GVG Rn. 41).
  324. Ebenso war es zulässig, bei der Änderung der Geschäftsverteilung zu berücksichtigen, dass durch einen Wechsel eines Beisitzers der 9. Großen Strafkammer die zügige Bearbeitung anhängiger Sachen begünstigt und auf diese Weise
  325. dem Beschleunigungsgebot Rechnung getragen werden konnte (vgl. BVerfG,
  326. Beschluss vom 18. März 2009 - 2 BvR 229/09, NJW 2009, 1734 f.). Schließlich
  327. begegnet es keinen Bedenken, dass das Präsidium die Zuweisung eines Proberichters zur 25. Zivilkammer und zur 9. Großen Strafkammer nicht in Betracht
  328. gezogen hat. Um den Belangen einer geordneten Rechtspflege Rechnung zu
  329. tragen, kann das Präsidium auch auf die erforderliche Ausbildung des richterlichen Nachwuchses Rücksicht nehmen (BGH, Urteil vom 12. April 1978 - 3 StR
  330. 58/78, BGHSt 27, 397, 398 f.; vgl. auch KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 338
  331. Rn. 30), sofern sich die Änderung der Geschäftsverteilung nicht ausschließlich
  332. auf diese Erwägung stützt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. August 1976 - 5 StR
  333. 314/76, BGHSt 26, 382, 383). Die ergänzende Berücksichtigung dieses Umstandes im Präsidiumsbeschluss vom 7. Oktober 2013 war daher zulässig.
  334. 22
  335. Der Beschluss des Präsidiums vom 20. September 2013 führte auch
  336. nicht zu einer Änderung der Geschäftsverteilung, mit der ein Richter einem
  337. Spruchkörper in unzulässiger Weise nur für ein bestimmtes Verfahren zugewiesen worden ist (vgl. Senatsurteil vom 21. Mai 1963 - 2 StR 84/63, BGHSt 18,
  338. 386, 387 ff.; vgl. auch KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 388 Rn. 37). Die Zuweisung
  339. des Richters am Landgericht Wu.
  340. zur 9. Großen Strafkammer erfolgte nicht
  341. - 14 -
  342. nur mit Blick auf das vorliegende Verfahren, sondern betraf auch alle weiteren
  343. bei der Strafkammer anhängigen und künftig eingehenden Strafsachen.
  344. 23
  345. 2. Der Schuldspruch weist keinen den Angeklagten beschwerenden
  346. Rechtsfehler auf.
  347. 24
  348. a) Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen
  349. Betrugs zum Nachteil der G.
  350. 25
  351. .
  352. aa) Die Vorlage der Leasingverträge gegenüber den zuständigen Mitarbeitern der G.
  353. enthielt die schlüssige Erklärung des Angeklagten, die vermit-
  354. telten Verträge entsprächen den Vereinbarungen des abgeschlossenen Kooperationsvertrags und enthielten keine mit den Leasingnehmern getroffene Nebenabreden, die der Durchführung des Leasingvertrags entgegenstehen. Gegenstand schlüssiger Erklärungen können auch Negativtatsachen sein (BGH,
  355. Urteil vom 15. Dezember 2006 - 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165, 171). Hierzu
  356. zählen insbesondere Umstände, die als Geschäftsgrundlage zur Voraussetzung
  357. des Vertragsschlusses gemacht worden sind (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl.,
  358. § 263 Rn. 22a; Perron in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 263 Rn. 16e;
  359. NK-Kindhäuser, 4. Aufl., § 263 Rn. 132). Eine solche Negativtatsache war hier
  360. die der Durchführung des Leasingvertrags zuwiderlaufende Vereinbarung einer
  361. „Rückkauf-Option“, die der Angeklagte nicht offengelegt hat. Die G.
  362. ging
  363. davon aus, dass die von dem Angeklagten eingereichten Leasingverträge jeweils die Vorgaben des bestehenden Kooperationsvertrags erfüllten. Auch die
  364. Annahme des Leasingvertrags durch die G.
  365. erfolgte nach Maßgabe des
  366. Kooperationsvertrags; dieser war damit Geschäftsgrundlage für die Zusammenarbeit zwischen der Firma P.
  367. GmbH und der G.
  368. .
  369. - 15 -
  370. 26
  371. bb) Die Täuschung führte zu einem entsprechenden Irrtum bei den für
  372. die Genehmigung des Leasingvertrags zuständigen Mitarbeitern der G.
  373. , die
  374. aufgrund der Fehlvorstellung den Leasingvertrag abschlossen und aufgrund der
  375. dadurch ausgelösten, im Kooperationsvertrag enthaltenden Verpflichtung zum
  376. Erwerb des Beamers zugleich die Anweisung erteilten, den Kaufpreis für den
  377. Beamer an die Firma P.
  378. 27
  379. GmbH zu zahlen.
  380. cc) Die aus dem Kooperationsvertrag folgende Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung führte jeweils zu einem Vermögensschaden auf Seiten der G.
  381. 28
  382. .
  383. Nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung tritt ein Schaden ein, wenn die
  384. Verfügung zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwertes führt. Handelt es sich – wie hier – um einen Fall des
  385. Eingehungsbetrugs, hat ein Wertvergleich der gegenseitigen vertraglichen Ansprüche zu erfolgen. Ein Vermögensschaden liegt vor, wenn sich dabei ein Negativsaldo zum Nachteil des Getäuschten ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 55/12, NStZ 2013, 234, 236; Urteil vom 20. März 2013
  386. - 5 StR 344/12, NJW 2013, 1460). Von einem Schaden ist auch im Fall einer
  387. konkreten Vermögensgefährdung auszugehen, wenn zwar noch kein bleibender
  388. Vermögensschaden eingetreten ist, aber die Gefahr eines Vermögensverlusts
  389. so nahe liegt, dass sie bereits zum Zeitpunkt der Verfügung eine Minderung des
  390. Vermögens begründet (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08
  391. u.a., BVerfGE 126, 170, 221 ff.; BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 - 5 StR
  392. 181/06, BGHSt 51, 165, 177; Beschluss vom 2. April 2008 - 5 StR 354/07,
  393. BGHSt 52, 182, 188 f.).
  394. 29
  395. In Anwendung dieser Grundsätze hat das Landgericht einen Gefährdungsschaden der G.
  396. dass der G.
  397. angenommen und ist zutreffend davon ausgegangen,
  398. aufgrund des abgeschlossenen Leasingvertrages keine An-
  399. - 16 -
  400. sprüche erwachsen sind, die geeignet waren, die durch die Verpflichtung zur
  401. Zahlung des Kaufpreises für den Beamer eingetretene Vermögensminderung
  402. auszugleichen.
  403. 30
  404. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht den
  405. Wert der Leasingforderung der G.
  406. trotz einer Vertragsdauer von vier Jahren
  407. lediglich mit 25 % des Nominalwerts angesetzt hat, indem es nur die Leasingforderungen für das erste Jahr in voller Höhe berücksichtigt und den Ansprüchen der G.
  408. für den Rest der Vertragsdauer aufgrund des signifikanten Aus-
  409. fallrisikos keinen wirtschaftlichen Wert beigemessen hat.
  410. 31
  411. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass bei der Bestimmung des Geldwerts einer Forderung ein bestehendes Ausfallrisiko zu
  412. einer Abwertung des Nominalwerts der Forderung führen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 13. April 2012 - 5 StR 442/11, NStZ 2012, 698, 699; Senat, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 2 StR 422/12, NStZ 2013, 711, 712; vgl. auch
  413. BVerfG aaO, BVerfGE 126, 170, 225 ff.). Dabei können alle Umstände berücksichtigt werden, die eine Realisierung der Forderung zweifelhaft erscheinen
  414. lassen. Insbesondere die fehlende materiell-rechtliche Begründetheit und die
  415. sich daraus ergebende mangelnde Durchsetzbarkeit der Forderung sind für die
  416. Bewertung des Ausfallrisikos von Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom
  417. 19. August 2015 - 1 StR 334/15, StraFo 2016, 34, 35).
  418. 32
  419. Dass das Landgericht angenommen hat, angesichts der erfolgten Vereinbarung einer „Rückkauf-Option“ durch die für die Firma P.
  420. tätigen
  421. Vermittler, die den Bestimmungen des Leasingvertrags widersprach, sei die
  422. Durchsetzbarkeit des Anspruchs auf Zahlung der Leasingraten jedenfalls nach
  423. Ablauf des ersten Jahres aufgrund bestehender Gegenrechte der Leasingnehmer (§ 123, § 280 BGB) in einer Weise gefährdet gewesen, die es rechtfertige,
  424. - 17 -
  425. die Forderung ab diesem Zeitpunkt als wirtschaftlich wertlos einzustufen, begegnet keinen Bedenken. Denn es hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die begründete Gefahr bestand, dass sich die Leasingnehmer auf die „RückkaufOption“ berufen und zudem die Zahlung der Leasingraten für die letzten drei
  426. Jahre der Vertragslaufzeit verweigern könnten.
  427. 33
  428. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein zur Unwirksamkeit des Leasingvertrags führendes Anfechtungsrecht (§ 123, § 142 Abs. 1
  429. BGB) und ein auf Freistellung von der Verpflichtung zur Zahlung der Leasingraten gerichteter Schadensersatzanspruch des Leasingnehmers bestehen
  430. (§ 280 BGB i.V.m. § 241 Abs. 2, § 249, § 311 Abs. 2 BGB), wenn ein Vermittler
  431. mit Wissen und Willen des Leasinggebers (Vor-)Verhandlungen mit dem Leasingnehmer über den Abschluss eines Leasingvertrages führt und dabei
  432. schuldhaft den Leasingvertrag betreffende Aufklärungs- oder Hinweispflichten
  433. gegenüber dem Leasingnehmer verletzt. Diese Gegenrechte können dem Anspruch des Leasinggebers auf Zahlung der Leasingraten entgegenstehen, da
  434. sich der Leasinggeber die fehlerhafte Information des Vermittlers, der als Erfüllungsgehilfe nicht Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB ist, gemäß
  435. § 278 BGB zurechnen lassen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 26. August 2014
  436. - VIII ZR 335/13, juris Rn. 11, 15; vgl. auch Urteil vom 30. März 2011 − VIII ZR
  437. 94/10, NJW 2011, 2874, 2875; Urteil vom 18. September 2013 - VIII ZR 281/12,
  438. NJW-RR 2014, 622, 624). Eine Zurechnung kann insbesondere dann erfolgen,
  439. wenn sich der Leasinggeber – wie hier – zum Abschluss des Leasingvertrags
  440. der Hilfe des Vermittlers bedient und diesem Leasingformulare überlässt (vgl.
  441. BGH, Urteil vom 18. September 2013 - VIII ZR 281/12, NJW-RR 2014, 622,
  442. 624). Dass die Firma P.
  443. nach den Bestimmungen des Kooperationsver-
  444. trags nicht berechtigt war, „im oder für Namen der G.
  445. zu handeln und [...]
  446. nicht deren Erfüllungs- bzw. Verrichtungsgehilfe [ist]“, steht einer Zurechnung
  447. - 18 -
  448. nicht entgegen. Von der Verantwortlichkeit einer falschen Auskunftserteilung
  449. kann sich ein Leasinggeber in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht
  450. freizeichnen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. August 2014 - VIII ZR 335/13, juris
  451. Rn. 15). Vor diesem Hintergrund begegnet die Annahme, dass die Durchsetzbarkeit des Anspruchs der G.
  452. auf Zahlung der Leasingraten von vornherein
  453. gefährdet war, keinen Bedenken.
  454. 34
  455. Darüber hinaus hat das Landgericht die Forderungsabwertung auch indiziell damit begründet, dass es der G.
  456. in keinem einzigen Fall gelungen ist,
  457. gegen einen Leasingnehmer „ein obsiegendes obergerichtliches Urteil zu erstreiten“ (UA S. 391/394) und sie die Forderungen intern frühzeitig abgeschrieben hat (UA S. 392). Für die Bestimmung des wirtschaftlichen Werts einer Forderung ist auch von Bedeutung, inwieweit eine Forderung später tatsächlich
  458. durchgesetzt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 19. August 2015 - 1 StR
  459. 334/15, StraFo 2016, 34, 35).
  460. 35
  461. Dass sich einige Leasingnehmer nicht auf Gegenrechte berufen und die
  462. Leasingraten über das erste Jahr hinaus weiter gezahlt haben, ändert nichts am
  463. Eintritt eines Gefährdungsschadens zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die
  464. tatsächlich erfolgten Zahlungen führten lediglich zu einem geringeren Erfüllungsschaden auf Seiten der G.
  465. , den das Landgericht im Rahmen der Straf-
  466. zumessung berücksichtigt hat.
  467. 36
  468. Da die G.
  469. zwar das Eigentum an den Beamern erworben hatte, auf-
  470. grund der Besitzübergabe an die Leasingnehmer ihr Eigentum aber erst nach
  471. der Rückgabe des Beamers verwerten konnte, hat das Landgericht den Verkehrswert der Beamer erst nach Ende der Vertragslaufzeit als Vermögenszuwachs zugunsten der G.
  472. berücksichtigt. Das sachverständig beratene
  473. Landgericht ist dabei mit tragfähiger Begründung von einem „linearen Wertever-
  474. - 19 -
  475. lust ohne Restwert innerhalb der 48-monatigen Leasingzeit ausgegangen“ (UA
  476. S. 388).
  477. 37
  478. dd) Der Angeklagte nahm die fehlende Durchsetzbarkeit der Leasingforderungen und damit den Eintritt eines Vermögensschadens auf Seiten der
  479. G.
  480. billigend in Kauf. Zugleich handelte er in Drittbereicherungsabsicht zu-
  481. gunsten der von ihm geführten Firma P.
  482. , an die der Kaufpreis für den
  483. Beamer zu zahlen war.
  484. 38
  485. b) Darüber hinaus hat sich der Angeklagte wegen Betrugs zum Nachteil
  486. der Leasingnehmer strafbar gemacht.
  487. 39
  488. aa) Nach den Feststellungen spiegelten die von dem Angeklagten eingesetzten und geschulten Vermittler den Kleingewerbetreibenden bei Abschluss
  489. des „P.
  490. -Vertrages“ vor, den Beamer nach Ablauf eines Jahres aufgrund
  491. der vereinbarten „Rückkauf-Option“ unproblematisch und ohne zusätzliche Kosten an die P.
  492. zurückgeben zu können und im Gegenzug den festgelegten
  493. Rückkaufswert ausgezahlt zu erhalten. Zugleich wurden die Leasingnehmer
  494. über die bei Ausübung der „Rückkauf-Option“ erfolgende Kürzung des Mietzinsanspruchs um 75 % getäuscht. In den der Verurteilung zugrunde liegenden
  495. Fällen entstand aufgrund dessen bei den Leasingnehmern jeweils eine entsprechende Fehlvorstellung.
  496. 40
  497. Der Annahme einer Täuschungshandlung steht nicht entgegen, dass es
  498. für die Leasingnehmer bei sorgfältiger Lektüre der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des P.
  499. -Vertrags und des mit der G.
  500. abgeschlossenen
  501. Leasingvertrags erkennbar war, dass die vorzeitige Rückgabe des Beamers zu
  502. einer Kürzung des Mietzinsanspruchs führte und die Ausübung der „RückkaufOption“ den vorherigen Erwerb des Beamers voraussetzte, deren Eigentümerin
  503. - 20 -
  504. die G.
  505. war. Die Erkennbarkeit einer Täuschung schließt weder die Täu-
  506. schungshandlung noch eine irrtumsbedingte Fehlvorstellung aus (Senat, Urteil
  507. vom 5. März 2014 - 2 StR 616/12, NJW 2014, 2595, 2596 mwN). Dies gilt auch,
  508. soweit die Täuschung – wie hier – gegenüber einem Unternehmer erfolgt
  509. (Senat, Urteil vom 28. Mai 2014 - 2 StR 437/13, wistra 2014, 439, 441). Es besteht kein Anlass, im vorliegenden Fall von diesen Grundsätzen abzuweichen.
  510. Ein Fall, in dem die Täuschung ohne Weiteres erkennbar ist und fraglich erscheint, ob die Vermögensverfügung auf einer rechtlich relevanten Fehlvorstellung beruhen kann (vgl. hierzu Fischer, StGB, 63. Aufl., § 263 Rn. 56), liegt hier
  511. nicht vor.
  512. 41
  513. bb) Durch den Abschluss des Leasingvertrags mit der G.
  514. ist den
  515. Leasingnehmern ein Vermögensschaden entstanden. Diesen hat das Landgericht zutreffend aus der Differenz zwischen der vertraglichen Zahlungsverpflichtung des Leasingnehmers (Leasingforderung für vier Jahre) und dem Wert
  516. der infolge des abgeschlossenen Leasingvertrags erlangten Gegenleistungen
  517. errechnet.
  518. 42
  519. Bei der Berechnung des Gefährdungsschadens ist das Landgericht zugunsten des Angeklagten von der Ausübung der „Rückkauf-Option“ durch den
  520. Leasingnehmer ausgegangen, da sich in diesem Fall trotz der Kosten für den
  521. Erwerb des Beamers aufgrund der lediglich für ein Jahr zu zahlenden Leasingraten ein geringerer Schaden errechnet. Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht
  522. dabei auf Seiten der Leasingnehmer 25 % des Geldwerts der auf vier Jahre
  523. angelegten Leasingforderung sowie den für den Erwerb des Beamers an die
  524. G.
  525. zu zahlenden Geldbetrag als Negativposten im Rahmen der Gesamtsal-
  526. dierung angesetzt. Als infolge des abgeschlossenen Leasingvertrags entstandenen Vermögenszuwachs hat es den im P.
  527. -Vertrag festgelegten Rück-
  528. - 21 -
  529. kaufpreis zugunsten des Leasingnehmers berücksichtigt und des Weiteren den
  530. gegen die Firma P.
  531. GmbH gerichteten Mietzinsanspruch in
  532. den Wertvergleich einbezogen, die Forderung aufgrund der Verpflichtung zur
  533. Rückgabe des Beamers nach einem Jahr aber folgerichtig nur in Höhe von
  534. 25 % ihres Werts berücksichtigt. Ferner hat das Landgericht die Möglichkeit zur
  535. Nutzung des Beamers als Wertzuwachs auf Seiten des Leasingnehmers in die
  536. Berechnung des Vermögensschadens einbezogen. Im Hinblick darauf, dass der
  537. Leasingnehmer den Beamer nach Ausübung der „Rückkauf-Option“ an die Firma P.
  538. GmbH zurückzugeben hatte und den Beamer daher nur
  539. für die Dauer eines Jahres nutzen konnte, hat es den Nutzwert anteilig gekürzt
  540. und lediglich in Höhe von 25 % in die Saldierung eingestellt. Den wirtschaftlichen Wert der Nutzungsmöglichkeit des Werbebeamers hat die Strafkammer
  541. im Ausgangspunkt zutreffend nach dem Verkehrswert des Beamers bestimmt.
  542. 43
  543. Als rechtsfehlerhaft erweist sich jedoch die Bewertung nach dem objektiven Verkaufspreis des Beamers, den die sachverständig beratene Strafkammer
  544. – je nach Modell – mit einem Betrag zwischen etwa 1.800 € bis 2.700 € angesetzt hat. Da die Werbebeamer jeweils als Leasingobjekte vertrieben worden
  545. sind, hätte das Landgericht den Verkehrswert nicht nach dem objektiven Verkaufswert, sondern anhand des objektiven Leasingwerts bestimmen müssen,
  546. der den Verkaufswert erfahrungsgemäß übersteigt.
  547. 44
  548. Der Senat kann indes ausschließen, dass der Angeklagte durch diesen
  549. Rechtsfehler beschwert ist. Ein abweichender, über dem Verkaufswert liegender Leasingpreis hätte zwar im Rahmen der Gesamtsaldierung zugunsten der
  550. Leasingnehmer berücksichtigt werden müssen und gegebenenfalls zu einem
  551. niedrigeren Gefährdungsschaden geführt. Indem das Landgericht den ermittelten Verkehrswert um einen Sicherheitsaufschlag von 30 % erhöht hat (UA
  552. - 22 -
  553. S. 341), hat sich die fehlerhafte Berechnung hier jedoch nicht zum Nachteil des
  554. Angeklagten ausgewirkt.
  555. 45
  556. cc) Der Angeklagte, der wusste, dass die Leasingnehmer (faktisch) gezwungen waren, im Falle der Ausübung der „Rückkauf-Option“ eine Ablösesumme an die G.
  557. zu zahlen, nahm die Schädigung der Leasingnehmer billi-
  558. gend in Kauf.
  559. 46
  560. dd) Auch die erforderliche Absicht rechtswidriger Bereicherung eines
  561. Dritten lag vor. Die Täuschung des Angeklagten zielte auf eine Bereicherung
  562. der G.
  563. ab. Der Erfüllung des Betrugstatbestands steht nicht entgegen, dass
  564. es dem Angeklagten primär darauf ankam, die G.
  565. nach Annahme des Lea-
  566. singvertrags zur Zahlung des Kaufpreises an die von ihm geführte Firma P.
  567. GmbH zu veranlassen; denn hierfür war der Abschluss des
  568. Leasingvertrags notwendige Voraussetzung. Die Bereicherungsabsicht muss
  569. nicht das ausschließliche Motiv oder das letztendliche Ziel der Tathandlung
  570. sein; es genügt vielmehr, dass der Täter die Bereicherung (eines Dritten) als
  571. notwendigen Zwischenerfolg für einen dahinter liegenden weiteren Zweck
  572. erstrebt (vgl. Perron in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 263 Rn. 176;
  573. Hefendehl in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 263 Rn. 792).
  574. 47
  575. c) Nach den Feststellungen leistete der Angeklagte in jedem Einzelfall
  576. einen eigenständigen, die konkrete Tat fördernden Beitrag, indem er die Leasinganträge selbst an die G.
  577. weiterleitete (UA S. 39/378 f.). Anders als in
  578. Fällen, in denen sich der Tatbeitrag auf die Organisation und Aufrechterhaltung
  579. eines auf Betrug angelegten Geschäftsbetriebs beschränkt, liegt daher kein uneigentliches Organisationsdelikt vor (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Juli 2009
  580. - 2 StR 91/09, NStZ 2010, 88, 89; BGH, Beschluss vom 9. November 2011
  581. - 4 StR 252/11, juris Rn. 12). Die konkurrenzrechtliche Bewertung des Landge-
  582. - 23 -
  583. richts, das in 18 Fällen jeweils von einer tateinheitlichen Verwirklichung der Betrugstaten ausgegangen ist, durch die der Angeklagte sowohl die G.
  584. als
  585. auch die Leasingnehmer geschädigt hat, lässt ebenfalls keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler erkennen.
  586. 48
  587. 3. Der Strafausspruch hat hingegen keinen Bestand.
  588. 49
  589. Das Landgericht hat zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass
  590. „die angeklagten Taten ca. 9 Jahre zurückliegen“ und darüber hinaus ausgeführt, es habe die konventionswidrige Verfahrensverzögerung „gesondert im
  591. Rahmen eines Vollstreckungsabschlages“ berücksichtigt (UA S. 548). Dies lässt
  592. besorgen, dass es der Verfahrensdauer im Rahmen der Strafzumessung keine
  593. eigenständige Bedeutung beigemessen hat. Eine überdurchschnittlich lange
  594. Verfahrensdauer ist indes ungeachtet eines geringeren Strafbedürfnisses aufgrund des zeitlichen Abstands zwischen Tatbegehung und Urteil (vgl. Stree/
  595. Kinzig in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 46 Rn. 57, 57a) und eines gewährten Vollstreckungsabschlags bei der Strafzumessung zu berücksichtigen
  596. (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 142;
  597. Beschluss vom 16. Juni 2009 - 3 StR 173/09, StV 2009, 638, 639) und stellt
  598. einen bestimmenden Strafzumessungsgrund im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1
  599. StPO dar (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2008 - 3 StR 157/08, juris Rn. 7).
  600. 50
  601. Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich der aufgezeigte Rechtsfehler sowohl auf die Höhe der Einzelstrafen als auch auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe ausgewirkt hat. Da es sich um einen reinen Wertungsfehler
  602. handelt, bedarf es keiner Aufhebung von Feststellungen (vgl. KK-Gericke,
  603. StPO, 7. Aufl., § 353 Rn. 23). Ergänzende Feststellungen, die den bestehenden
  604. nicht widersprechen dürfen, sind möglich.
  605. - 24 -
  606. 51
  607. Unberührt von der Entscheidung des Senats bleibt der Ausspruch des
  608. Landgerichts zur Kompensation der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung (BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135, 138;
  609. Beschluss vom 8. Januar 2013 - 1 StR 641/12, juris Rn. 6). Der neue Tatrichter
  610. wird aber zu prüfen haben, ob die Kompensation im Hinblick auf die nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils verstrichene Zeit zu erhöhen sein wird.
  611. Fischer
  612. Krehl
  613. Zeng
  614. Eschelbach
  615. Bartel