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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 1 StR 75/18
- vom
- 7. März 2018
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
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- ECLI:DE:BGH:2018:070318B1STR75.18.0
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- Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. März 2018 gemäß § 349
- Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
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- 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 12. Oktober 2017 in den Strafaussprüchen zu den Taten 15 bis 23 sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.
- 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
- 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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- Gründe:
- I.
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs eines Schutzbefohlenen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes in
- 23 Fällen, wegen des sexuellen Missbrauchs eines Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes sowie wegen zwei
- weiterer Fälle des sexuellen Missbrauchs eines Schutzbefohlenen in Tateinheit
- mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes und mit Vergewaltigung zu
- einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt.
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- Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen
- Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349
- Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 5. Februar 2018 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
- StPO.
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- Das Landgericht hat u.a. folgende Feststellungen getroffen:
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- Die Geschädigte ist die im Juli 1997 geborene Tochter des Angeklagten,
- welche nach der Trennung und Scheidung der Eheleute im Jahr 2002 bei ihrer
- Mutter und deren neuem Lebensgefährten lebte. Da dieser aber schon sehr
- bald gewalttätig gegenüber der Geschädigten wurde, ohne dass die Mutter einschritt, hielt sich die Geschädigte jedes zweite Wochenende beim Angeklagten
- und dessen neuer Lebensgefährtin auf. Erstmals im Frühjahr 2002, regelmäßig
- ab Januar 2003 bis März 2009 kam es zu zahlreichen sexuellen Übergriffen
- des Angeklagten, welche anfangs vor allem mit seiner Neigung verbunden waren, sich durch Riechen, Knabbern und Lecken an den Füßen seiner Tochter
- sexuell zu erregen und sich in der Folge jeweils selbst zu befriedigen.
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- Von Mitte 2009 bis Ende März 2011 kam es zu den neun (im Strafausspruch aufgehobenen) Taten, bei denen der Angeklagte die Geschädigte
- veranlasste, sich im Schlafzimmer in seiner Wohnung nackt auszuziehen, worauf er sie dann im Genitalbereich leckte und teilweise seinen erigierten Penis
- zwischen ihre Oberschenkel schob, teilweise sie veranlasste, ihn mit der Hand
- manuell zu befriedigen sowie in mindestens einem Fall außerdem versuchte,
- den ungeschützten vaginalen Geschlechtsverkehr durchzuführen, was die Geschädigte jedoch verhinderte. Mindestens in einem weiteren dieser Fälle manipulierte er zudem an den Brustwarzen seiner Tochter.
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- In der Folge kam es noch zu weiteren Taten, bei denen der Angeklagte
- auch den Geschlechtsverkehr mit der Geschädigten durchführte, wobei er ihr in
- einem Fall gegen ihren Willen seinen erigierten Penis in den Mund schob.
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- II.
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- 1. Die Strafaussprüche der Taten 15 bis 23 erweisen sich als rechtsfehlerhaft. Im Rahmen der Strafzumessung im Einzelnen für diese Taten hat der
- Tatrichter pauschal berücksichtigt, dass der Angeklagte zusätzlich verschiedene Varianten sexueller Handlungen vornahm, nämlich mindestens zweimal den
- Penis zwischen die Schenkel der Geschädigten schob und beischlafähnliche
- Bewegungen durchführte, dass er einmal zum vaginalen Geschlechtsverkehr
- ansetzte, die Geschädigte zweimal den Angeklagten mit der Hand befriedigen
- musste und er mindestens einmal die Geschädigte mit Massageöl am Körper
- einölte und ihre Brustwarzen stimulierte. Für diese Taten hat das Landgericht
- jeweils Einzelstrafen in Höhe von zwei Jahren und drei Monaten verhängt. Zu
- welchen Zeitpunkten es im Zeitraum Mitte 2009 bis Ende März 2011 zu diesen
- Vorfällen kam und bei welchen der neun Taten welche zusätzlichen sexuellen
- Handlungen ausgeführt wurden, hat das Landgericht nicht festgestellt. Dies
- begegnet schon deshalb durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil der Senat
- nicht ausschließen kann, dass die Strafkammer hinsichtlich jeder Tat bei der
- Strafzumessung sämtliche Strafschärfungsgesichtspunkte eingestellt hat. Vielmehr ist das Tatgericht nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, der konkreten Strafzumessung in erster Linie die Schwere der konkreten Tat und den
- Grad der persönlichen Schuld des Täters zu Grunde zu legen (st. Rspr.; vgl.
- BGH, Urteil vom 4. August 1965 – 2 StR 282/65, BGHSt 20, 264, 266; Beschluss vom 29. April 1987 – 2 StR 500/86, NStZ 1987, 405). Selbst wenn es
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- der Strafkammer nicht möglich gewesen sein sollte, die erschwerend berücksichtigten zusätzlichen sexuellen Handlungen konkreten Taten zuzuordnen,
- widerspricht es den vorgenannten Grundsätzen der Strafzumessung, diese zusätzlichen Handlungen bei der Strafzumessung pauschal für sämtliche neun
- Taten zu berücksichtigen; insoweit bedarf es keiner zusätzlichen Erwähnung,
- dass beispielsweise die Einzelstrafe für die Tat mit dem Ansetzen zum vaginalen Geschlechtsverkehr anders zu bemessen ist als bei Taten ohne diesen erschwerenden Umstand.
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- Der neue Tatrichter wird daher ergänzende Feststellungen zu den Zeitpunkten der einzelnen Taten zu treffen haben, ebenso bedarf es ergänzender
- Feststellungen, was der Inhalt der jeweiligen Tat war.
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- 2. Infolge der Aufhebung der Einzelstrafen in den vorgenannten Fällen
- war auch der Gesamtstrafenausspruch aufzuheben.
- Raum
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- Graf
- Bär
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- Fischer
- Hohoff
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