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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. XII ZB 33/00
  4. vom
  5. 27. August 2003
  6. in der Familiensache
  7. Nachschlagewerk: ja
  8. BGHZ:
  9. nein
  10. BGHR:
  11. ja
  12. FGG § 20 Abs. 1 und Abs. 2
  13. Zur Beschwerdeberechtigung eines privatrechtlich organisierten Versorgungsträgers
  14. in einem Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG, wenn er geltend macht, ein bei
  15. ihm entstandenes (bisher dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich überlassenes) Anrecht sei nun nach § 1 Abs. 2 VAHRG auszugleichen, weil nach Erlaß der
  16. Ausgangsentscheidung die Möglichkeit der Realteilung eingeführt worden sei.
  17. BGH, Beschluß vom 27. August 2003 - XII ZB 33/00 - OLG Koblenz
  18. AG Mainz
  19. -2-
  20. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. August 2003 durch die
  21. Vorsitzende
  22. Richterin
  23. Dr.
  24. Hahne
  25. und
  26. die
  27. Richter
  28. Gerber,
  29. Sprick,
  30. Weber-Monecke und Prof. Dr. Wagenitz
  31. beschlossen:
  32. Auf die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluß des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des
  33. Oberlandesgerichts Koblenz vom 26. Januar 2000 aufgehoben.
  34. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch
  35. über die Kosten der weiteren Beschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
  36. Beschwerdewert: 6.295
  37.  
  38.  
  39. 
  40. Gründe:
  41. I.
  42. Die am 6. Juni 1958 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf Antrag
  43. der früheren Ehefrau (Antragstellerin) durch Urteil vom 8. Juli 1986 geschieden
  44. (insoweit rechtskräftig seit 8. Juli 1986), nachdem das Verfahren über den Versorgungsausgleich abgetrennt worden war.
  45. Mit Beschluß vom 22. Dezember 1987 hat das Amtsgericht, das eine
  46. Ehezeit vom 1. Juni 1958 bis 30. Juni 1985 zugrunde legt, den Versorgungsausgleich dahingehend geregelt, daß von dem Versicherungskonto des frühe-
  47. -3-
  48. ren Ehemannes (Antragsgegner) bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 2) Rentenanwartschaften der gesetzlichen
  49. Rentenversicherung auf eine monatliche Rente in Höhe von 493,40 DM, bezogen auf den 30.06.1985, auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der
  50. BfA übertragen wurden. Darüber hinaus wurden zum Ausgleich der Anwartschaften des Antragsgegners aus seiner betrieblichen Altersversorgung bei der
  51. Pensionskasse für Arbeitnehmer des Zweiten Deutschen Fernsehens (Pensionskasse; weitere Beteiligte zu 1) im Wege des erweiterten Splittings nach
  52. § 3 b Nr. 1 VAHRG vom Versicherungskonto des Antragsgegners bei der BfA
  53. auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der BfA weitere Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich
  54. 56,00 DM, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30.06.1985, übertragen. In
  55. den Gründen des Beschlusses wurde ausgeführt, daß der verbleibende Rest
  56. der Rentenanwartschaften des Antragsgegners gegenüber der Pensionskasse
  57. in den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu verweisen sei.
  58. Der Entscheidung lag zugrunde, daß nach den Auskünften der Versorgungsträger beide Ehegatten in der Ehezeit Anwartschaften in der gesetzlichen
  59. Rentenversicherung erworben hatten, die für den Antragsgegner mit monatlich
  60. 1.276,00 DM und für die Antragstellerin mit monatlich 289,20 DM, jeweils bezogen auf das Ende der Ehezeit, von der BfA mitgeteilt wurden. Daneben stand
  61. dem Antragsgegner ein Rentenanspruch aus betrieblicher Altersversorgung
  62. gegenüber der Pensionskasse für seine Tätigkeit beim ZDF ab 1. Juli 1963 zu,
  63. den diese zum Ende der Ehezeit zuletzt auf jährlich 12.522,77 DM bezifferte.
  64. Schließlich hat die Antragstellerin noch Anwartschaften aus einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworben, die sich nach Auskunft der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL; weitere Beteiligte zu 3) auf monatlich 27,84 DM beliefen.
  65. -4-
  66. Seit dem 10. März 1994 bezieht der Antragsgegner eine Invalidenrente
  67. der Pensionskasse in Höhe von monatlich 2.647,05 DM zum Zeitpunkt Dezember 1997. Die Antragstellerin bezieht seit dem 1. April 1997 ebenfalls eine Versorgung, nämlich eine Altersrente für Schwerbehinderte in Höhe von damals
  68. monatlich 1.830,68 DM. Sie beantragte am 7. April 1997 die Durchführung des
  69. schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs. Zu diesem Zweck holte das Amtsgericht - Familiengericht - neue Auskünfte bei den Versorgungsträgern ein. Diese
  70. ergaben für den Antragsgegner eine auf die Ehezeit entfallende Anwartschaft
  71. der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 1.272,18 DM, wobei die auf die Ehezeit entfallende Anwartschaft auf Zusatzleistung aus der Höherversicherung monatlich 30,10 DM beträgt, und für die Antragstellerin eine
  72. Anwartschaft der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von damals monatlich 400,51 DM, zwischenzeitlich 405,44 DM, und eine Anwartschaft bei der
  73. VBL in Höhe von monatlich 29,82 DM (einschließlich einer - qualifizierten - Versicherungsrente nach § 44 a a.F. VBLS). Zur betrieblichen Altersversorgung
  74. des Antragsgegners wies die Pensionskasse mit Schreiben vom 13. Juli 1998
  75. auf eine Totalrevision des Versorgungsausgleichs hin. Sie legte eine Berechnung des versicherungsmathematischen Sachverständigen Dr. H.
  76. vor,
  77. aus der sich ergab, daß sie nach der Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts
  78. über den Versorgungsausgleich in ihrer Versorgungssatzung die Realteilung
  79. eingeführt hat; zugleich wurde darin der geänderte Versorgungsausgleich unter
  80. Berücksichtigung der Realteilung im Einzelnen errechnet.
  81. In mündlicher Verhandlung, zu der die Beschwerdeführerin nicht geladen
  82. wurde, erkannte der Antragsgegner in Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs ab dem 1. Juli 1999 eine monatliche Ausgleichsrente in
  83. Höhe von 1.026,03 DM an. Im Anschluß daran schlossen die Parteien einen
  84. Vergleich über die Anrechnung der zu zahlenden Ausgleichsrente auf einen
  85. titulierten Unterhaltsanspruch. Sodann entschied das Amtsgericht durch Be-
  86. -5-
  87. schluß, daß der Antragsgegner verpflichtet wird, der Antragstellerin eine monatlich im voraus fällige Ausgleichsrente von 1.026,03 DM ab 01.07.1999 zu zahlen. Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen für die Durchführung
  88. des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs seien seit dem 1. April 1997 gegeben; der Antragsgegner habe die beantragte monatliche Ausgleichsrente anerkannt, wobei sich beide Parteien über die Verrechnung mit dem titulierten
  89. Unterhalt einig gewesen seien; die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs sei der Realteilung vorzuziehen zur Vermeidung einer Härte
  90. auf Seiten des Antragsgegners wegen des gegen ihn titulierten Unterhaltsanspruches der Antragstellerin.
  91. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beschwerdeführerin, der sich
  92. die Antragstellerin unselbständig anschloß, hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin, mit der sie nach wie vor die Abänderung der Entscheidung
  93. über den Versorgungsausgleich und Durchführung der Realteilung anstrebt.
  94. II.
  95. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
  96. 1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, daß die Beschwerdeführerin
  97. als privatrechtlicher Versicherungsträger nicht beschwerdeberechtigt sei, da sie
  98. durch die Anordnung einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente nicht unmittelbar
  99. in eigenen Rechten beeinträchtigt werde. Im übrigen lasse sich den Akten kein
  100. Antrag der Beschwerdeführerin nach § 10 a VAHRG entnehmen. Dies hält
  101. rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
  102. -6-
  103. 2. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts hat die beschwerdeführende Pensionskasse - nach § 1 Abs. 3 ihrer Satzung ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit i.S.v. § 53 VVG und als solcher privatrechtlich organisiert (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Oktober 1986 - IVb ZB 120/83 - FamRZ
  104. 1987, 52 ff. und vom 10. September 1997 - XII ZB 31/96 - FamRZ 1997, 1470,
  105. 1471) - vor dem Amtsgericht einen Antrag nach § 10 a Abs. 1 Nr. 3 VAHRG
  106. gestellt.
  107. a) Die Pensionskasse hat im Jahre 1989 für den Versorgungsausgleich
  108. die Realteilung der bei ihr bestehenden Anrechte eingeführt. Nach der ausdrücklichen Regelung in § 30 b Nr. 5 der Versorgungssatzung kann die Realteilung auch im Rahmen eines Abänderungsverfahrens nach § 10 a VAHRG
  109. erfolgen, so daß es nicht darauf ankommt, daß die Ehezeit hier bereits am
  110. 30. Juni 1985 endete und über den Versorgungsausgleich schon durch Beschluß des Amtsgerichts vom 22. Dezember 1987 entschieden war. Eine Abänderung nach § 10 a Abs. 1 Nr. 3 VAHRG kommt (u.a.) dann in Betracht, wenn
  111. durch nachträgliche Änderung einer Versorgungssatzung eine Realteilung möglich wird (vgl. etwa Senatsbeschluß vom 22. Oktober 1997 - XII ZB 81/95 FamRZ 1998, 421 ff.).
  112. b) Ein Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG erfordert nach der
  113. ausdrücklichen Regelung in § 10 a Abs. 1 VAHRG einen verfahrenseinleitenden
  114. Antrag. Dabei handelt es sich lediglich um eine Verfahrensvoraussetzung, nicht
  115. aber um einen Sachantrag (vgl. etwa Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht
  116. 3. Aufl. § 10 a VAHRG Rdn. 54). Auf ein Abänderungsverfahren finden über
  117. § 11 Abs. 1 VAHRG die Vorschriften des FGG Anwendung. Diese sehen in der
  118. Regel für verfahrenseinleitende Anträge keine besondere Form vor. Zwar regelt
  119. § 11 FGG, daß Anträge zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
  120. des zuständigen Gerichts oder eines Amtsgerichts erfolgen können. Dies
  121. -7-
  122. schließt aber nicht aus, daß ein verfahrenseinleitender Antrag bei dem zuständigen Gericht auch schriftlich gestellt werden kann, da § 11 FGG lediglich den
  123. Zweck hat, den Beteiligten die Antragstellung zu erleichtern (Keidel/Kuntze/
  124. Winkler/Schmidt FGG 15. Aufl. § 12 Rdn. 12 f. m.w.N.). Anders als § 253 Abs. 2
  125. ZPO kennt das FGG keine bestimmten Anforderungen an den Inhalt eines
  126. Schriftsatzes, mit dem die Einleitung eines Verfahrens beantragt wird. Die Antragsschrift muß lediglich erkennen lassen, wer Antragsteller ist und welches
  127. Rechtsschutzziel angestrebt werden soll (Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt aaO
  128. § 12 Rdn. 21 m.w.N.). Damit genügt jedes prozessuale Verhalten, das ein Verlangen nach Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich
  129. erkennen läßt.
  130. So liegt der Fall hier. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Stellungnahme
  131. vom 13. Juli 1998 zu erkennen gegeben, daß sie durch eine Totalrevision des
  132. Versorgungsausgleichs die Durchführung der Realteilung der bei ihr bestehenden Anwartschaften erstrebt, und hat diese Realteilung in der beigefügten
  133. gutachterlichen Stellungnahme sogar vorgerechnet. Da eine Realteilung im
  134. Rahmen der Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nicht
  135. erreicht werden kann, konnte das Vorbringen der Beschwerdeführerin nur als
  136. Abänderungsantrag nach § 10 a VAHRG verstanden werden. Die versicherungsmathematische Berechnung, die die Beschwerdeführerin vorgelegt hat,
  137. trägt auch ausdrücklich die Überschrift: "Abänderung nach § 10 a VAHRG".
  138. c) Die Beschwerdeführerein war für den Antrag nach § 10 a VAHRG
  139. auch antragsberechtigt, § 10 a Abs. 4 VAHRG.
  140. d) Im Hinblick auf die Subsidiarität des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs gegenüber anderen Ausgleichsformen (ständige Rechtsprechung
  141. des Senats, vgl. etwa BGHZ 84, 158, 192 sowie Senatsbeschlüsse vom
  142. -8-
  143. 22. Oktober 1986 - IVb ZB 59/84 - FamRZ 1987, 149, 150 und vom 22. Oktober
  144. 1997 aaO 423; vgl. auch Soergel/Lipp BGB Stand: Frühjahr 2000 vor § 1587 f
  145. Rdn. 3; Staudinger/Eichenhofer BGB 13. Aufl. § 1587 f Rdn. 6; MünchKomm/
  146. Eißler BGB 3. Aufl. § 1587 f Rdn. 6 ff., alle m.w.N.) ist über einen Abänderungsantrag nach § 10 a VAHRG, der in einem Verfahren auf Durchführung des
  147. schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs gestellt wird, in der Regel vorrangig
  148. zu entscheiden (vgl. OLG Celle FamRZ 1992, 690, 691; Erman/v.Maydell BGB
  149. 10. Aufl. § 1587 f Rdn. 2; Borth FamRZ 1996, 714, 716; zu einer - hier nicht gegebenen - Ausnahmekonstellation, in der eine Auswirkung der Abänderungsentscheidung auf den schuldrechtlichen Ausgleich ausgeschlossen war, vgl.
  150. dagegen OLG München FamRZ 1993, 574). Zu einer Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs kann es damit in der Regel nur kommen,
  151. soweit der Abänderungsantrag abgelehnt wird.
  152. 3. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichtes war die beschwerdeführende Pensionskasse auch beschwerdebefugt. Die Befugnis zur Erstbeschwerde ergibt sich aus § 20 FGG.
  153. Zwar geht das Oberlandesgericht zunächst zutreffend davon aus, daß
  154. sich die Beschwerdebefugnis für einen antragsberechtigten Versorgungsträger
  155. nicht schon daraus ergibt, daß dem mit dem Antrag verfolgten Begehren nicht
  156. entsprochen worden ist. § 20 FGG verlangt nämlich, daß der Beschwerdeführer
  157. über die Ablehnung seines Antrages hinaus unmittelbar in seinen Rechten betroffen wird (allgemeine Meinung, vgl. etwa Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl aaO
  158. § 20 Rdn. 109 mit Fn. 552; Keidel/Kuntze/Winkler/Weber aaO § 53 b Rdn. 8 a).
  159. Zum Verfahren über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich hat
  160. der Senat bereits mehrfach entschieden, daß ein Versorgungsträger i. S. des
  161. § 20 FGG in seiner Rechtsstellung betroffen sein kann, wenn bei ihm beste-
  162. -9-
  163. hende Anwartschaften auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten übertragen
  164. werden, bei ihm zu dessen Gunsten ein Versicherungsverhältnis begründet
  165. oder überhaupt ein bei ihm bestehendes Rechtsverhältnis inhaltlich verändert
  166. wird (Senatsbeschlüsse vom 4. Oktober 1990 - XII ZB 129/88 - NJW-RR 1991,
  167. 258, 259; vom 22. Februar 1989 - IVb ZB 209/87 - FamRZ 1989, 602, 603; vom
  168. 18. Januar 1989 - IVb ZB 208/87 - FamRZ 1989, 369, 370; vom 12. Oktober
  169. 1988 - IVb ZB 185/87 - FamRZ 1989, 41 m.w.N.). So liegt es hier.
  170. Für eine Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG im Rahmen der Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich ist anerkannt, daß privatrechtlich
  171. organisierte Versorgungsträger beschwerdeberechtigt sein können, wenn bei
  172. ihnen bestehende Anrechte in den Ausgleich einbezogen werden, so daß die
  173. Versorgungsträger materiell Beteiligte sind. Die Beschwerdeberechtigung ergibt
  174. sich bei jedem als unrichtig gerügten Eingriff in die Rechtsstellung des Versorgungsträgers, auch bei einer unrichtigen Ausgleichsform (Johannsen/Henrich/
  175. Sedemund-Treiber aaO § 621 e ZPO Rdn. 9 a; vgl. auch Johannsen/Henrich/
  176. Hahne aaO § 1 VAHRG Rdn. 33; MünchKomm/Finger ZPO 2. Aufl. § 621 e
  177. Rdn. 14; MünchKomm/Gräper BGB aaO § 1 VAHRG Rdn. 95; Zöller/Philippi
  178. ZPO 22. Aufl. § 621 e Rdn. 14 i.V.m. § 621 a Rdn. 31 f; Stein/Jonas/Schlosser
  179. ZPO 21. Aufl. § 621 e Rdn. 7). Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich der
  180. Versorgungsausgleich im konkreten Fall zu Lasten des Versorgungsträgers
  181. auswirken würde. Denn wegen der Ungewißheit des zukünftigen Versicherungsverlaufes läßt sich bei den privatrechtlich organisierten Versorgungsträgern eine Rechtsbeeinträchtigung ebensowenig feststellen wie bei den öffentlichrechtlich organisierten, auch wenn die privatrechtlich organisierten Versorgungsträger keine Überwachungsfunktion hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der
  182. Verwaltung trifft (Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber aaO § 621 e ZPO
  183. Rdn. 9 a).
  184. - 10 -
  185. Ob Versorgungsträger im Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG
  186. grundsätzlich in gleichem Maße beschwerdeberechtigt sind wie im Ausgangsverfahren (so etwa Zöller/Philippi aaO § 621 a Rdn. 33), braucht hier nicht entschieden werden. Jedenfalls gilt dies nach Auffassung des Senats für Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG dann entsprechend, wenn der privatrechtlich organisierte Versorgungsträger geltend macht, für das bei ihm bestehende
  187. Anrecht, das bisher dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich überlassen
  188. war, sei nachträglich die Möglichkeit der Realteilung eingeführt worden, so daß
  189. das Anrecht nun nach § 1 Abs. 2 VAHRG auszugleichen sei. Mit der durch das
  190. Gesetz über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs
  191. vom 8. Dezember 1986 (BGBl. I 2317) mit Wirkung vom 1. Januar 1987 eingefügten Bestimmung des § 10 a VAHRG wollte der Gesetzgeber gerade auch
  192. dem Interesse der beteiligten Versicherungsträger und Träger der Versorgungslast Rechnung tragen und ihnen die Möglichkeit eröffnen, im Abänderungsverfahren (u.a.) die Realteilung zu beantragen (vgl. die Begründung zu
  193. dieser Vorschrift BT-Drucks. 10/5447 S. 18 und BT-Drucks. 10/6369 S. 22).
  194. Wenn dem betroffenen Träger die Befugnis, die Ablehnung eines Antrages
  195. nach § 10 a VAHRG auf Durchführung der Realteilung mit der Beschwerde
  196. überprüfen zu lassen, verweigert wird, würden die vom Gesetzgeber berücksichtigten Belange der Versorgungsträger nicht hinreichend zur Geltung gebracht.
  197. Der Senat hat allerdings bereits entschieden, daß ein privatrechtlich organisierter Träger der betrieblichen Altersversorgung, bei dem ein verlängerter
  198. schuldrechtlicher Versorgungsausgleich in Betracht kommen kann, am Verfahren über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich nicht materiell beteiligt ist und mit der Beschwerde nicht geltend machen kann, das bei ihm bestehende Anrecht sei zu Unrecht nicht gemäß § 3 b VAHRG öffentlich-rechtlich
  199. ausgeglichen worden (Senatsbeschlüsse vom 18. Januar 1989 - IVb ZB
  200. - 11 -
  201. 208/87 - FamRZ 1989, 369 ff. und vom 22. Februar 1989 - IVb ZB 209/87 FamRZ 1989, 602 f.). Dies steht der hier vertretenen Auffassung zur Beschwerdebefugnis im Rahmen eines Abänderungsverfahrens nach § 10 a VAHRG
  202. aber nicht entgegen. Hier geht es nicht um einen Versorgungsträger, bei dem
  203. ggf. später ein verlängerter schuldrechtlicher Versorgungsausgleich in Betracht
  204. kommen kann, sondern um einen privatrechtlich organisierten Versorgungsträger, dessen Versorgungsordnung nach rechtskräftiger Entscheidung über den
  205. Versorgungsausgleich die Realteilung i. S. des § 1 Abs. 2 VAHRG eingeführt
  206. hat. Da diese - jedenfalls in der Regel - einem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorgeht und zu einem eigenständigen Anspruch des Ehegatten gegen den Versicherungsträger führt, wird dadurch ein ggf. späterer, nach dem
  207. Tod des ausgleichsverpflichteten Ehegatten gegenüber dem Versicherungsträger entstehender Anspruch auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vermieden, was im berechtigten Interesse sowohl des ausgleichsberechtigten Ehegatten als auch des Versicherungsträgers liegen kann.
  208. 4. Die angefochtene Entscheidung kann nach alldem keinen Bestand
  209. haben. Da für die Frage, ob vorliegend konkret ein Härtefall angenommen werden kann, weitere tatrichterliche Ermittlungen erforderlich sind, ist eine abschließende Entscheidung durch den Senat nicht möglich. Die Sache muß an
  210. das Beschwerdegericht zurückverwiesen werden, damit es in der Sache entscheiden kann.
  211. Die Zurückverweisung gibt zugleich Gelegenheit, über die Berechnung
  212. der Anwartschaft der früheren Ehefrau auf (qualifizierte) Versicherungsrente bei
  213. der VBL eine aktuelle Auskunft einzuholen, weil - wie der Senat zwischenzeitlich entschieden hat - § 44 a der Satzung der VBL zumindest seit dem 1. Januar
  214. 2001 unwirksam ist (Senatsbeschluß vom 23. Januar 2002 - XII ZB 139/00 FamRZ 2002, 608, 609 m. N. zur Maßgeblichkeit des im Zeitpunkt der Ent-
  215. - 12 -
  216. scheidung geltenden Rechts auch hinsichtlich der Höhe des Versorgungsausgleichs); im übrigen ist diese Regelung durch die mit Wirkung vom 1. Januar
  217. 2001 in Kraft getretene und durch die 1. Satzungsänderung geänderte Neufassung der Satzung der VBL - veröffentlicht in BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003 überholt (zur Notwendigkeit, Änderungen von Versorgungsordnungen bei der
  218. Wertermittlung zu berücksichtigen, vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 1986
  219. - IVb ZB 32/86 - FamRZ 1986, 976, 978).
  220. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:
  221. Die weitere Beschwerde rügt zu Recht, entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichtes könne nicht von einer "aufgrund einer vom Gericht genehmigten
  222. Vereinbarung der Parteien erfolgten Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs" ausgegangen werden. Eine eventuelle Vereinbarung nach
  223. § 1587 o BGB scheitert hier bereits daran, daß die Parteien nicht ohne Beteiligung des betroffenen Versorgungsträgers zu dessen Lasten vereinbaren können, an Stelle der in der Versorgungssatzung vorgesehenen Realteilung den
  224. schuldrechtlichen Versorgungsausgleich durchzuführen.
  225. Im übrigen kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob das Amtsgericht
  226. den Antrag der Beschwerdeführerin nach § 10 a VAHRG hier abgelehnt oder
  227. übergangen hat. Ausdrücklich abgelehnt wurde der Antrag im Tenor des amtsgerichtlichen Beschlusses nicht, jedoch spricht die Begründung dafür, daß das
  228. Begehren der Beschwerdeführerin zurückgewiesen werden sollte, wobei allerdings nicht erläutert wird, woraus sich auf Seiten des Antragsgegners eine
  229. Härte ergeben soll. Soweit das Amtsgericht an eine Fallgestaltung entsprechend § 5 VAHRG gedacht haben sollte, dürfte dies bereits deswegen ausscheiden, da die Antragstellerin bereits seit 1. April 1997 eine Altersrente für
  230. Schwerbehinderte bezieht (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 5 VAHRG
  231. Rdn. 6). Schließlich war die von der Beschwerdeführerin geschaffene Möglich-
  232. - 13 -
  233. keit der Realteilung schon zuvor Gegenstand der Rechtsprechung des Senats
  234. (Senatsbeschluß vom 10. September 1997 aaO 1470 ff.). Danach hat das Familiengericht die von einem Versorgungsträger geschaffene Realteilung daraufhin zu überprüfen, ob die maßgebende Regelung bestimmte Mindestanforderungen erfüllt, die sich aus dem Charakter als Form des öffentlich-rechtlichen
  235. Versorgungsausgleichs ergeben, und ob das Ergebnis im Einzelfall angemessen erscheint. Insoweit hat der Senat weiter entschieden, daß die von einem
  236. privatrechtlich organisierten Versorgungsträger eingeführte Realteilung vom
  237. Gericht nicht schon deswegen zu verwerfen ist, weil die maßgebliche Regelung
  238. - wie im vorliegenden Fall - keine den Unterhaltsfall (§ 5 VAHRG) berücksichtigende Härtefallregelung vorsieht. Jedoch kann das Familiengericht dann, wenn
  239. im Zeitpunkt seiner Entscheidung solche Härtefälle tatsächlich vorliegen, im
  240. Rahmen der ihm obliegenden Angemessenheitsprüfung von einem Ausgleich
  241. durch Realteilung absehen, weil in dem zu entscheidenden Einzelfall das Fehlen einer Härteregelung zu einer unangemessenen Benachteiligung führt. In
  242. diesem Fall ist so zu entscheiden, als ob die Möglichkeit der Realteilung nicht
  243. bestünde (Senatsbeschluß vom 10. September 1997 aaO 1471). Dies setzt
  244. - 14 -
  245. aber voraus, daß tatsächliche Umstände festgestellt oder ersichtlich sind, die
  246. die Anwendung der Realteilung im konkreten Fall als mit den Grundsätzen von
  247. Treu und Glauben nicht vereinbar erscheinen lassen.
  248. Hahne
  249. Gerber
  250. Weber-Monecke
  251. Sprick
  252. Wagenitz