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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- XII ZB 107/09
- vom
- 28. Oktober 2009
- in der Familiensache
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- Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2009 durch die
- Richter Dose, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Klinkhammer und Schilling
- beschlossen:
- Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats
- - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom
- 25. Mai 2009 wird auf Kosten der Antragsgegnerin verworfen.
- Wert: 1.191.042 €
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- Gründe:
- I.
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- Der auf Zahlung von Zugewinnausgleich gerichtete Antrag der Antragsgegnerin (Ehefrau) wurde durch Urteil des Amtsgerichts vom 18. November
- 2008, der Ehefrau zugestellt am 20. November 2008, abgewiesen.
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- Mit einem am 5. Dezember 2008 eingegangenen Antrag begehrte die
- Ehefrau, "ihr für die beigefügte Berufung … Prozesskostenhilfe zu gewähren";
- die Berufung sollte "erst nach bewilligter Prozesskostenhilfe zugestellt werden".
- Die Erfolgsaussichten lägen vor; das werde die noch anzufertigende Berufungsbegründung ergeben. Dem Prozesskostenhilfeantrag war eine formgerechte und vom Verfahrensbevollmächtigten der Ehefrau unterzeichnete Berufungsschrift beigefügt. Auf Antrag der Ehefrau wurde die Frist zur Begründung
- der Berufung bis zum 20. Februar 2009 verlängert.
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- Mit Beschluss vom 23. Februar 2009, der Ehefrau zugestellt am 27. Feb-
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- ruar 2009, versagte das Oberlandesgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Mit einem am 27. März 2009 eingegangenen Fax-Schreiben legte die
- Ehefrau gegen diesen Beschluss Beschwerde ein. In der Begründung verweist
- die Ehefrau auf "das Dilemma", das darin liege, dass sie "die Berufungsbegründung nicht veranlassen kann, weil über die Prozesskostenhilfe nicht endgültig
- entschieden ist", und deshalb "das OLG auch nur die in vielen Punkten vollkommen falsche Darstellung des Amtsgerichts" kenne. Im Folgenden setzte
- sich die Ehefrau sodann "zur Begründung der Beschwerde …, ohne die Berufungsbegründung vorwegnehmen zu wollen", mit dem vom Amtsgericht festgestellten Sachverhalt und dessen Würdigung durch das Amtsgericht auseinander.
- Nach einem Hinweis des Oberlandesgerichts (auf § 567 ZPO) nahm die
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- Ehefrau mit einem am 7. April 2009 eingegangenen Schriftsatz die Beschwerde
- gegen den die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Oberlandesgerichts zurück und beantragte nunmehr, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen
- Stand im Hinblick auf die Berufungsfrist und die Berufungsbegründungsfrist zu
- gewähren. Gleichzeitig erklärte sie, Berufung einzulegen und dazu die sich
- (daran im selben Schriftsatz) anschließende Berufungsbegründung zu überreichen.
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- Das Oberlandesgericht hat der Ehefrau Gelegenheit gegeben, zu Bedenken Stellung zu nehmen, die gegen die nachgesuchte Wiedereinsetzung in
- den vorigen Stand in die Berufungsbegründungsfrist bestünden. Nachdem die
- Ehefrau in ihrer Stellungsnahme erneut Wiedereinsetzung in die Berufungsund Berufungsbegründungsfrist beantragt hatte, hat das Oberlandesgericht die
- Berufung als unzulässig verworfen und die Anträge auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Ehefrau mit der Rechtsbeschwerde.
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- II.
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- Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 ZPO
- statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des
- § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Entgegen ihrer Auffassung wird die Ehefrau
- durch die angefochtene Entscheidung in ihrem Verfahrensgrundrecht auf effektiven Rechtsschutz nicht verletzt. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs
- zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung ist deshalb nicht erforderlich.
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- 1. Das Oberlandesgericht geht zutreffend und von der Rechtsbeschwerde unangegriffen davon aus, dass die Ehefrau bereits mit der ihrem Gesuch auf
- Prozesskostenhilfe beigefügten Berufungsschrift rechtzeitig und auch sonst
- wirksam Berufung eingelegt hat. Das Gesuch der Ehefrau auf Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist war deshalb gegenstandslos.
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- 2. Ebenso zutreffend geht das Oberlandesgericht davon aus, dass die
- Ehefrau die bis zum 20. Februar 2009 verlängerte Frist zur Berufungsbegründung nicht gewahrt hat und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in
- diese Frist nicht vorliegen.
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- Zwar war die Ehefrau zunächst gehindert, ihre Berufung zu begründen.
- Mit der Zustellung der Entscheidung über die von ihr begehrte Prozesskostenhilfe am 27. Februar 2009 war dieses Hindernis jedoch entfallen. Die Ehefrau
- hätte deshalb innerhalb der von § 234 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO für den Antrag
- auf Wiedereinsetzung vorgeschriebenen Monatsfrist jedenfalls gemäß § 236
- Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. ZPO die Berufung begründen müssen. Das hat die Ehefrau nicht getan.
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- a) Die erst am 7. April 2009 eingegangene Berufungsbegründung wahrt
- die von § 236 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 234 ZPO vorgeschriebene
- (Monats-) Frist zur Nachholung der versäumten Prozesshandlung auch dann
- nicht, wenn man der Ehefrau einen diese Frist verlängernden Überlegungszeitraum von drei bis vier Tagen einräumt (vgl. dazu etwa BGH Beschluss vom
- 20. Januar 2009 - VIII ZA 21/08 - WuM 2009, 186, 187).
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- b) Der zuvor am 27. März 2009 - und damit innerhalb der Monatsfrist eingegangene Schriftsatz der Ehefrau ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht als Berufungsbegründung anzusehen. Zwar kann ein Schriftsatz, der sich - wie hier - gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe für das
- Berufungsverfahren wendet, zugleich eine Berufungsbegründung darstellen,
- sofern er den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügt. Eine solche Bestimmung seines Schriftsatzes muss der Berufungskläger nicht ausdrücklich
- hervorheben. Es genügt, dass sich eine entsprechende Bestimmung aus dem
- Zusammenhang und den Begleitumständen ergibt. Da im Allgemeinen keine
- Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist verbundenen
- prozessualen Nachteile in Kauf nehmen will, ist anzunehmen, dass eine inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechende Beschwerde gegen einen die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein anderer Wille des Berufungsklägers
- anzunehmen ist (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 18. Juni 2007 – XII ZB 31/07 FamRZ 2007, 1726, 1727 f.). Letzteres ist hier indes der Fall. Zwar mag für sich
- genommen unschädlich sein, dass der am 27. März 2009 eingegangene
- Schriftsatz der Ehefrau nur als "Beschwerde" gegen den die Prozesskostenhilfe
- ablehnenden Beschluss des Oberlandesgerichts überschrieben ist und keine
- ausformulierten Anträge enthält. Entscheidend ist jedoch, dass die Ehefrau in
- dieser Beschwerdeschrift darlegt, dass sie derzeit - vor der endgültigen Entscheidung über die Prozesskostenhilfe - eine "Berufungsbegründung nicht ver-
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- anlassen kann" und deshalb die weiteren Ausführungen der Beschwerdeschrift
- zur Begründung der Beschwerde, aber "ohne die Berufungsbegründung vorwegnehmen zu wollen", erfolgen. Damit wird unmissverständlich klargestellt,
- dass in diesem Schriftsatz gerade noch keine Berufungsbegründung liegt, diese
- vielmehr einem späteren Schriftsatz vorbehalten bleiben soll. An dieser eigenen
- Beurteilung muss sich die Ehefrau festhalten lassen.
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- Dose
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- Weber-Monecke
- Klinkhammer
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- Wagenitz
- Schilling
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- Vorinstanzen:
- AG Syke, Entscheidung vom 18.11.2008 - 4 F 294/97 OLG Celle, Entscheidung vom 25.05.2009 - 19 UF 208/08 -
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