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4 years ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 455/16
  5. Verkündet am:
  6. 10. Oktober 2017
  7. Herrwerth
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. ECLI:DE:BGH:2017:101017UXIZR455.16.0
  13. -2-
  14. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  15. vom 10. Oktober 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die
  16. Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und
  17. Dr. Derstadt
  18. für Recht erkannt:
  19. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats
  20. des Oberlandesgerichts Koblenz vom 29. Juli 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten
  21. erkannt worden ist.
  22. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
  23. und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
  24. an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  25. Von Rechts wegen
  26. Tatbestand:
  27. 1
  28. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen
  29. der Kläger.
  30. 2
  31. Die Kläger schlossen am 3. September 2006 mit der Beklagten zwecks
  32. Finanzierung einer Immobilie einen Darlehensvertrag über 380.000 € mit einem
  33. für 15 Jahre festen Zinssatz von nominal 4,51% p.a. Zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten diente ein Grundpfandrecht. Die Beklagte belehrte die Kläger
  34. bei Abschluss des Darlehensvertrags über ihr Widerrufsrecht wie folgt:
  35. -3-
  36. 3
  37. -4Die Klägerin zu 1 verkaufte das Grundstück Anfang 2013 an einen Dritten. Die Kläger lösten daraufhin die Restdarlehenssumme ab. Die Beklagte forderte im März 2013 und erhielt ein Aufhebungsentgelt in Höhe von 48.226,95 €
  38. und ein Bearbeitungsentgelt in Höhe von 150 €.
  39. 4
  40. Mit Schreiben vom 30. Mai 2013 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen. Zugleich forderten sie die Beklagte auf, das Aufhebungsentgelt, das Bearbeitungsentgelt und
  41. "einen Nutzungsersatz" auf die von ihnen "erbrachten vertraglichen Leistungen
  42. […] innerhalb von 30 Tagen zu erstatten".
  43. 5
  44. Die Klage auf Rückzahlung des Aufhebungsentgelts und des Bearbeitungsentgelts in Höhe von insgesamt 48.376,95 € nebst Zinsen, außerdem auf
  45. Herausgabe mutmaßlich auf Zins- und Tilgungsleistungen der Kläger einschließlich des Aufhebungsentgelts und des Bearbeitungsentgelts gezogene
  46. Nutzungen in Höhe von 26.415,48 € nebst Zinsen und auf Ersatz vorgerichtlich
  47. verauslagter Anwaltskosten hat das Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung
  48. der Kläger hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage bis auf einen Teil
  49. des geltend gemachten Anspruchs auf Herausgabe mutmaßlich gezogener
  50. Nutzungen und der vorgerichtlich verauslagten Anwaltskosten stattgegeben. Mit
  51. ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die
  52. vollständige Zurückweisung der klägerischen Berufung.
  53. Entscheidungsgründe:
  54. 6
  55. Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
  56. -5I.
  57. 7
  58. Das
  59. Berufungsgericht
  60. (OLG Koblenz,
  61. Urteil
  62. vom
  63. 29. Juli
  64. 2016
  65. - 8 U 927/15, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das
  66. Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:
  67. 8
  68. Zwischen den Parteien sei im September 2006 ein Verbraucherdarlehensvertrag zustande gekommen, so dass den Klägern das Recht zugestanden
  69. habe, ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen
  70. zu widerrufen.
  71. 9
  72. Durch die Verwendung des Wortes "frühestens" bei der Beschreibung
  73. der Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist habe die Beklagte die
  74. Kläger über die Bedingungen des Widerrufs undeutlich unterrichtet. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung nach der maßgeblichen Fassung der BGB-Informationspflichten-Verordnung könne sich die Beklagte nicht berufen, weil die Widerrufsbelehrung der Beklagten dem Muster
  75. nicht vollständig entsprochen habe. Mangels ordnungsgemäßer Belehrung sei
  76. die Widerrufsfrist nicht angelaufen, so dass die Kläger den Widerruf noch 2013
  77. hätten erklären können.
  78. 10
  79. Dass die Parteien vor Ausübung des Widerrufsrechts einen Aufhebungsvertrag geschlossen hätten, stehe weder dem Widerruf der auf Abschluss des
  80. Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen noch einem Anspruch auf
  81. Erstattung des Aufhebungsentgelts entgegen. Durch diese Vereinbarung hätten
  82. die Parteien den Darlehensvertrag nicht beseitigt, sondern lediglich die Bedingungen für dessen Beendigung modifiziert. Einen selbständigen Rechtsgrund
  83. für das Behaltendürfen des Aufhebungsentgelts habe der Aufhebungsvertrag
  84. nicht geschaffen.
  85. -611
  86. Die Kläger hätten ihr Widerrufsrecht nicht verwirkt. Zwar sei eine Verwirkung auch ohne Rücksicht auf die Kenntnis und Willensrichtung des Berechtigten möglich, wenn der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung aus dem Verhalten des Berechtigten habe schließen dürfen, dass der Berechtigte sein Recht
  87. nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete mit einer Rechtsausübung durch den Berechtigten nicht mehr habe zu rechnen brauchen und
  88. sich entsprechend darauf habe einrichten dürfen. Diese Voraussetzungen seien
  89. indessen nicht gegeben. Der Umstand, dass dem Berechtigten das ihm zustehende Recht unbekannt gewesen sei, stehe einer Verwirkung jedenfalls
  90. dann entgegen, wenn die Unkenntnis des Berechtigten in den Verantwortungsbereich des Verpflichteten falle. Der Unternehmer, der gegen seine Pflicht verstoßen habe, dem Verbraucher eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu
  91. erteilen, dürfe nicht darauf vertrauen, er habe durch seine Belehrung die Widerrufsfrist in Lauf gesetzt. Gegen die Schutzwürdigkeit des Unternehmers spreche
  92. zudem, dass er den Schwebezustand durch eine Nachbelehrung beenden könne.
  93. 12
  94. Vom Vorliegen des Umstandsmoments sei auch nicht deshalb auszugehen, weil die Parteien eine Aufhebungsvereinbarung geschlossen hätten. Die
  95. beiderseitige vollständige Vertragserfüllung führe nicht zum Verlust des Widerrufsrechts und könne allein auch nicht ausreichen, um die Annahme der Verwirkung zu rechtfertigen. Hinzu komme, dass zwischen der Aufhebungsvereinbarung und dem Widerruf der Kläger lediglich ein Zeitraum von rund drei bis vier
  96. Monaten verstrichen sei. Dieser Zeitraum bleibe schon hinter der regelmäßigen
  97. Verjährungsfrist zurück. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten darauf,
  98. dass sie sich "auf den Bestand der Ablösung" habe verlassen dürfen, sei "zu
  99. diesem Zeitpunkt jedenfalls noch nicht begründet worden".
  100. 13
  101. Darüber hinaus sei weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass
  102. sich die Beklagte im Vertrauen auf den Bestand der Aufhebungsvereinbarung
  103. -7so eingerichtet habe, dass ihr durch die verspätete Durchsetzung des Rechts
  104. ein unzumutbarer Nachteil entstünde. Die Kläger hätten das Widerrufsrecht
  105. auch nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt. Auf die Motive, die sie zur Ausübung
  106. des Widerrufsrechts bewogen hätten, komme es nicht an.
  107. 14
  108. Auf der Grundlage des durch den Widerruf entstandenen Rückgewährschuldverhältnisses könnten die Kläger das Aufhebungsentgelt und das Bearbeitungsentgelt verlangen. Weiter schulde die Beklagte Herausgabe mutmaßlich auf Leistungen der Kläger gezogene Nutzungen, wobei wegen des Zustandekommens eines Immobiliardarlehensvertrags lediglich zu vermuten sei, dass
  109. die Beklagte Nutzungen in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem
  110. Basiszinssatz gezogen habe. Die Beklagte könne dem Herausgabeverlangen
  111. "keine Minderung […] um die behaupteten Refinanzierungskosten" entgegen
  112. halten. Den Klägern stünden Zinsen aus dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs zu, in dem sich die Beklagte aufgrund der Fristsetzung in dem Schreiben
  113. der Kläger vom 30. Mai 2013 seit dem 1. Juli 2013 befunden habe.
  114. II.
  115. 15
  116. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht
  117. in allen Punkten stand.
  118. 16
  119. 1. Das Berufungsgericht hat allerdings im Ausgangspunkt richtig erkannt,
  120. den Klägern sei gemäß § 495 Abs. 1 BGB zunächst das Recht zugekommen,
  121. ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen nach
  122. § 355 Abs. 1 und 2 BGB in der hier nach Art. 229 § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 22
  123. Abs. 2, §§ 32, 38 Abs. 1 Satz 1 EGBGB maßgeblichen, zwischen dem
  124. 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung zu widerrufen.
  125. -817
  126. 2. Ebenfalls zutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Widerrufsfrist sei bei Erklärung des Widerrufs am 30. Mai 2013 noch nicht abgelaufen gewesen.
  127. 18
  128. a) Die den Klägern erteilte Widerrufsbelehrung informierte, was das Berufungsgericht gesehen hat, mittels des Einschubs "frühestens" unzureichend
  129. deutlich über den Beginn der Widerrufsfrist (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 2016
  130. - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 18). Darüber hinaus enthielt der Einschub
  131. "Besonderer Hinweis: Ihr Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn der Vertrag
  132. vollständig erfüllt ist und Sie dem ausdrücklich zugestimmt haben" einen weiteren Belehrungsfehler. Selbst dann, wenn es sich - was das Berufungsgericht
  133. nicht festgestellt hat - bei dem Darlehensvertrag um einen Fernabsatzvertrag
  134. gehandelt hätte, wäre nach § 312d Abs. 5 Satz 1 BGB in der zwischen dem
  135. 8. Dezember 2004 und dem 3. August 2011 geltenden Fassung das Widerrufsrecht nach § 312d Abs. 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung
  136. ausgeschlossen gewesen und hätte allein das Widerrufsrecht nach § 495
  137. Abs. 1 BGB bestanden. Entsprechend konnte das Widerrufsrecht entgegen
  138. dem von der Beklagten erteilten Hinweis nicht nach § 312d Abs. 3 Nr. 1 BGB in
  139. der zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 3. August 2009 geltenden Fassung unter den dort genannten Voraussetzungen erlöschen.
  140. 19
  141. b) Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung
  142. kann sich die Beklagte nicht berufen. Sie hat das Muster, was der Senat durch
  143. einen Vergleich selbst feststellen kann (Senatsurteile vom 12. Juli 2016
  144. - XI ZR 564/15,
  145. BGHZ 211,
  146. 123
  147. Rn. 25
  148. und
  149. vom
  150. 11. Oktober
  151. 2016
  152. - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 26, zur Veröffentlichung bestimmt in
  153. BGHZ), einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, die über das nach § 14
  154. Abs. 3 BGB-InfoV in der zwischen dem 1. September 2002 und dem 10. Juni
  155. 2010 geltenden Fassung für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Erlaubte hinausgeht. Sie hat nicht nur unter der Überschrift "Finanzierte Geschäfte" den
  156. -9Gestaltungshinweis 9 nicht vollständig umgesetzt, da sie die Mustertexte für
  157. Darlehensverträge und den finanzierten Erwerb eines Grundstücks kombiniert
  158. hat (Senatsurteil vom 11. Oktober 2016, aaO, Rn. 27), sondern auch dem Gestaltungshinweis 8 zuwider einen Zusatz unter der Überschrift "Besonderer
  159. Hinweis" eingefügt, der eine unrichtige Information über das Erlöschen des Widerrufsrechts vermittelte.
  160. 20
  161. c) Das Berufungsgericht hat schließlich zutreffend gesehen, dass die auf
  162. Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen der Kläger
  163. auch noch nach dessen Aufhebung - streng genommen: nach dessen vorzeitiger Beendigung - widerrufen werden konnten. Zweck des Widerrufsrechts ist,
  164. dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, sich von dem geschlossenen Vertrag auf einfache Weise durch Widerruf zu lösen, ohne die mit sonstigen Nichtigkeits- oder Beendigungsgründen verbundenen, gegebenenfalls weniger
  165. günstigen Rechtswirkungen in Kauf nehmen zu müssen. Deshalb kann der
  166. Verbraucher seine auf Abschluss eines Verbrauchervertrags gerichtete Willenserklärung widerrufen, auch wenn die Parteien den Vertrag vor Ausübung
  167. des Widerrufsrechts einvernehmlich beendet haben, ohne sich - wie hier nicht zugleich über das Widerrufsrecht zu vergleichen (Senatsurteil vom 11. Oktober
  168. 2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 28).
  169. 21
  170. 3. Revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand halten aber die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht eine Verwirkung des Widerrufsrechts
  171. verneint hat. Dass die Beklagte davon ausging oder ausgehen musste, die Kläger hätten von ihrem Widerrufsrecht keine Kenntnis, schloss entgegen der
  172. Rechtsauffassung des Berufungsgerichts eine Verwirkung nicht aus (vgl. BGH,
  173. Urteile vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 53 und vom 16. März
  174. 2007 - V ZR 190/06, WM 2007, 1940 Rn. 8). Gleiches gilt für den Umstand,
  175. dass die Beklagte "die Situation selbst herbeigeführt hat", weil sie eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht erteilt hat. Gerade bei beendeten Ver-
  176. - 10 braucherdarlehensverträgen - wie hier - kann das Vertrauen des Unternehmers
  177. auf ein Unterbleiben des Widerrufs schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm
  178. erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht
  179. entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nachzubelehren (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 41).
  180. Das gilt in besonderem Maße, wenn die Beendigung des Darlehensvertrags auf
  181. einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht (Senatsurteil vom 11. Oktober
  182. 2016
  183. - XI ZR 482/15,
  184. WM 2016,
  185. 2295
  186. Rn. 30;
  187. Senatsbeschluss
  188. vom
  189. 12. September 2017 - XI ZR 365/16, n.n.v., Rn. 8). Da das Widerrufsrecht als
  190. Gestaltungsrecht anders als die aus dem Rückgewährschuldverhältnis resultierenden Ansprüche nicht verjährt (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014
  191. - IV ZR 260/11, WM 2015, 227 Rn. 34), kann aus den gesetzlichen Verjährungsfristen nicht auf ein "Mindestzeitmoment" zurückgeschlossen werden. Davon abgesehen läuft die maßgebliche Frist für das Zeitmoment mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags an, nicht, was die Ausführungen des
  192. Berufungsgerichts nahe legen, mit der "Ablösung des Darlehens" (Senatsurteil
  193. vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 37).
  194. 22
  195. 4. Zu Recht hat das Berufungsgericht dagegen angenommen, die Kläger
  196. hätten mit der Leistung des Aufhebungsentgelts und Bearbeitungsentgelts eine
  197. sich aus dem Darlehensvertrag ergebende Verpflichtung erfüllt, so dass diese
  198. Leistungen im Falle eines wirksamen Widerrufs des Darlehensvertrags nach
  199. § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung
  200. (künftig: aF) in Verbindung mit § 346 Abs. 1 BGB zurückzugewähren seien (Senatsurteil vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 32).
  201. 23
  202. 5. Indessen hält die Auffassung des Berufungsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand, Vorbringen der Beklagten zu den ihr entstandenen Refinanzierungskosten sei von vorneherein unbeachtlich. Wie der
  203. Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (Senatsurteil vom
  204. - 11 25. April 2017 - XI ZR 573/15, WM 2017, 1004 Rn. 37), kann die Bank zur Widerlegung der Vermutung, sie habe aus den auf einen Immobiliardarlehensvertrag erlangten Leistungen Nutzungen in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten
  205. über dem Basiszinssatz gezogen, dartun und nachweisen, sie habe diese konkreten Leistungen zur Erfüllung eigener Zahlungspflichten aus einem korrespondierenden Refinanzierungsgeschäft verwandt. Sie hat dann bei einer vollständigen Verwendung der Leistungen zu diesem Zweck Nutzungen nur in Höhe der von ihr ersparten Schuldzinsen und bei einer teilweisen Verwendung nur
  206. auf den überschießenden Teil Nutzungen aus ihrem Aktivgeschäft herauszugeben. Verwendet die Bank die empfangenen Leistungen dazu, eigene Verpflichtungen zurückzuführen, zieht sie Nutzungen gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2
  207. BGB in Form eingesparter Schuldzinsen, die sie an den Rückgewährgläubiger
  208. herauszugeben hat und die sie - sofern geringer als die vermuteten Nutzungen - der Vermutung konkret entgegensetzen kann (Senatsurteil vom 25. April
  209. 2017, aaO, Rn. 23).
  210. 24
  211. 6. Das Berufungsgericht, das den Klägern Verzugszinsen wie beantragt
  212. ab dem 1. Juli 2014 zuerkannt hat, hat schließlich übersehen, dass sich die Beklagte mit Ablauf des 30. Juni 2014 nach Maßgabe der mit Senatsurteil vom
  213. 21. Februar 2017 (XI ZR 467/15, WM 2017, 906 Rn. 23 ff.) aufgestellten
  214. Grundsätze mit der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus § 357 Abs. 1 Satz 1
  215. BGB aF in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB nicht in Schuldnerverzug befand.
  216. III.
  217. 25
  218. Das Berufungsurteil unterliegt, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil
  219. der Beklagten entschieden hat, wegen der rechtsfehlerhaften Ausführungen des
  220. Berufungsgerichts zur Verwirkung der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Insoweit
  221. stellt es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Da
  222. - 12 die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und
  223. Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1
  224. ZPO).
  225. 26
  226. Das Berufungsgericht wird sich mit dem Einwand der Beklagten zu befassen haben, der Ausübung des Widerrufsrechts der Kläger habe § 242 BGB
  227. entgegen gestanden (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15,
  228. BGHZ 211, 105 Rn. 40 und - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 37, vom
  229. 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 30 f. und vom 14. März
  230. 2017
  231. - XI ZR 442/16,
  232. WM 2017,
  233. 849
  234. Rn. 27 f.;
  235. Senatsbeschluss
  236. vom
  237. 12. September 2017 - XI ZR 365/16, n.n.v., Rn. 8).
  238. 27
  239. Sollte das Berufungsgericht meinen, der Darlehensvertrag habe sich
  240. aufgrund des Widerrufs der Kläger in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, wird es klarstellend zu berücksichtigen haben, dass die Kläger, wie der
  241. Senat mit Urteil vom heutigen Tage in der Sache XI ZR 449/16 entschieden hat,
  242. Mitgläubiger nach § 432 BGB der aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB resultierenden Ansprüche sind.
  243. - 13 28
  244. Schließlich wird das Berufungsgericht bei der Entscheidung über den
  245. geltend gemachten Zinsanspruch das Senatsurteil vom 21. Februar 2017
  246. (XI ZR 467/15, WM 2017, 906 Rn. 23 ff.) zu den Voraussetzungen des Verzugs
  247. des Rückgewährschuldners zu beachten haben.
  248. Ellenberger
  249. Grüneberg
  250. Menges
  251. Maihold
  252. Derstadt
  253. Vorinstanzen:
  254. LG Mainz, Entscheidung vom 14.07.2015 - 6 O 149/14 OLG Koblenz, Entscheidung vom 29.07.2016 - 8 U 927/15 -