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8.5 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. XI ZR 330/00
  4. vom
  5. 26. Juni 2001
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
  9. Richter Nobbe und die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. van Gelder
  10. und Dr. Joeres
  11. am 26. Juni 2001
  12. beschlossen:
  13. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Beweisaufnahme in der ersten Instanz entstandenen Kosten; diese werden der Klägerin
  14. auferlegt.
  15. Streitwert:
  16. bis zum 11. Juni 2001:
  17. 300.000 DM
  18. seit dem 12. Juni 2001:
  19. 84.000 DM
  20. Gründe:
  21. I.
  22. Die Klägerin hat sich mit der Vollstreckungsabwehrklage gegen
  23. die Zwangsvollstreckung aus einem vollstreckbaren Schuldversprechen
  24. in einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde gewandt. Dem lag
  25. folgender Sachverhalt zugrunde:
  26. Mit notarieller Urkunde vom 14. September 1994 hatte die Klägerin als Sicherheit für ein ihr gewährtes Darlehen der Beklagten eine
  27. Grundschuld von 300.000 DM bestellt, für den Grundschuldbetrag die
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  29. persönliche Haftung übernommen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterworfen. Nach der mit der Urkunde verbundenen Zweckerklärung dienten die Grundschuld und das
  30. abstrakte Schuldversprechen zur Sicherung aller bestehenden und
  31. künftigen Ansprüche der Beklagten aus der Geschäftsverbindung. Insbesondere sollten auch Ansprüche aus von Dritten im Rahmen der
  32. banküblichen Geschäftsverbindung erworbenen Forderungen gesichert
  33. sein.
  34. Das Darlehen, das Anlaß der Grundschuldbestellung war, wurde
  35. im November 1999 vollständig zurückgezahlt. Der Streit der Parteien
  36. drehte sich im wesentlichen um die Frage, ob die Grundschuld und das
  37. abstrakte
  38. Schuldversprechen
  39. aus
  40. der
  41. notariellen
  42. Urkunde
  43. vom
  44. 14. September 1994 wegen Zahlungsansprüchen aus drei notariellen
  45. Bauträgerverträgen vom Juni 1996 valutieren. Mit diesen Verträgen, die
  46. ihrerseits eine Vollstreckungsunterwerfung enthielten, hatte die Klägerin drei im Rahmen eines größeren Bauvorhabens erst noch zu errichtende Eigentumswohnungen erworben. Die Bauträgerin hatte bereits
  47. zuvor, im Dezember 1995, ihre Kaufpreisforderungen aus sämtlichen
  48. Bauträgerverträgen des Objekts an die Beklagte abgetreten.
  49. Die Klägerin hat in erster Instanz, gestützt auf angebliche Mängel
  50. der erworbenen Wohnungen sowie des Gemeinschaftseigentums, die
  51. Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhoben. Darüber hinaus hat sie
  52. eingewandt, die Beklagte müsse sich Zahlungen an ein anderes Kreditinstitut auf die abgetretenen Kaufpreisforderungen anrechnen lassen. Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen.
  53. Mit der Berufung hat die Klägerin ihre erstinstanzlichen Einwendungen
  54. nicht mehr weiterverfolgt, sondern in erster Linie die Unwirksamkeit des
  55. Vollstreckungstitels sowie die Verjährung der gesicherten Forderungen
  56. -4-
  57. geltend gemacht. Auch im Berufungsverfahren ist die Klage erfolglos
  58. geblieben. Im Revisionsrechtszug haben die Parteien - die Beklagte
  59. durch ihren zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten - den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte die
  60. vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde vom 14. September
  61. 1994 am 30. August 2000 an die Klägerin herausgegeben hatte.
  62. II.
  63. Nachdem die Parteien den Rechtstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war gemäß § 91 a Abs. 1 Satz 1
  64. ZPO über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung
  65. des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden. Die Erledigungserklärung der Beklagten brauchte nach § 91 a Abs. 1 Satz 1 in
  66. Verbindung mit § 78 Abs. 3 ZPO nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt abgegeben zu werden (vgl.
  67. BGHZ 123, 264, 266; BGH, Beschluß vom 10. März 1999 - XII ZR
  68. 321/97, WM 1999, 1286).
  69. Die Kosten des Rechtsstreits waren - mit Ausnahme der durch die
  70. erstinstanzliche Beweisaufnahme entstandenen Kosten - der Beklagten
  71. aufzuerlegen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Hierbei kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht die von
  72. der Klägerin in Zweifel gezogene Wirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfung in der notariellen Urkunde vom 14. September 1994 sowie
  73. die Verjährungsfrage zutreffend beurteilt hat. Denn die Unzulässigkeit
  74. der Zwangsvollstreckung ergab sich auf der Grundlage des unstreitigen
  75. Parteivortrags in der Berufungsinstanz jedenfalls aus folgendem:
  76. -5-
  77. Die Beklagte hatte unter dem 14. September 1999 die Geschäftsverbindung mit der Klägerin gekündigt, den Restsaldo hinsichtlich des
  78. im Jahre 1994 gewährten Darlehens mitgeteilt und zur Rückzahlung der
  79. Gesamtverbindlichkeiten eine Frist bis 15. Dezember 1999 gesetzt. Die
  80. Klägerin entgegnete am 19. Oktober 1999, das Darlehen werde dann
  81. getilgt, wenn ihr Zug um Zug die Löschungsbewilligung sowie die vollstreckbare Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde ausgehändigt würden. Mit Schreiben vom 4. November 1999 erwiderte die
  82. Beklagte, daß "bei einer vollständigen Kreditrückzahlung mit dem Eingang des Ablösebetrages Zug um Zug die eingetragene Buchgrundschuld abgetreten und die vollstreckbare Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde übersandt" werde. Die Klägerin tilgte daraufhin am 11. November 1999 die restliche Darlehensverbindlichkeit.
  83. Die Auslegung dieser Parteierklärungen, die in der Berufungsinstanz - wie die Revision zu Recht gerügt hat - rechtsfehlerhaft unterblieben ist, hätte der erkennende Senat aufgrund des feststehenden
  84. Sachverhalts und mangels in Betracht kommender weiterer Feststellungen nachholen können (st.Rspr., vgl. BGHZ 65, 107, 112). Sie ist deshalb der nach § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO zu treffenden Kostenentscheidung zugrunde zu legen. Danach aber war zwischen den Parteien eine
  85. Vereinbarung zustande gekommen, die die Klägerin der von der Beklagten betriebenen Zwangsvollstreckung mit Erfolg entgegenhalten
  86. konnte. Die Klägerin konnte und durfte das Schreiben vom 4. November
  87. 1999 - zumal vor dem Hintergrund der seinerzeit in erster Instanz anhängigen Vollstreckungsabwehrklage - nämlich so verstehen, daß die
  88. Beklagte nach Tilgung des Darlehens vom 14. September 1994 wegen
  89. weiterer Ansprüche nicht mehr aus der Grundschuld und dem abstrakten Schuldversprechen vollstrecken wollte. Das darin liegende Ange-
  90. -6-
  91. bot, das der Sache nach eine Haftungsfreigabe hinsichtlich der abgetretenen Kaufpreisforderungen bzw. eine Einschränkung der mit der
  92. notariellen Urkunde vom 14. September 1994 verbundenen Sicherungsabrede darstellte, wurde von der Klägerin durch Begleichung der
  93. restlichen Darlehensschuld konkludent angenommen.
  94. Mit dieser Auslegung stimmt der vom Landgericht Ingolstadt in
  95. einem Parallelprozeß zwischen den Parteien erteilte Hinweis überein,
  96. daß die Beklagte aufgrund ihres Schreibens vom 4. November 1999
  97. und der anschließenden Darlehenstilgung zur Herausgabe der notariellen Urkunde vom 14. September 1994 verpflichtet sei. Die Beklagte
  98. hat diesem Hinweis in jenem Rechtsstreit zu Recht durch Abgabe eines
  99. Anerkenntnisses Rechnung getragen. Indes erschöpft sich die Bedeutung der Vereinbarung, die außerhalb der anhängigen Vollstreckungsabwehrklage wirksam unmittelbar zwischen den Parteien getroffen werden konnte, nicht in der prozeßerledigenden Wirkung der auf ihrer
  100. Grundlage erfolgten Titelherausgabe. Die Abrede begründete für die
  101. Klägerin auch eine Einwendung im Sinne des § 767 ZPO, die der
  102. Zwangsvollstreckung aus der Urkunde entgegenstand. Das gilt unabhängig davon, ob man in einer solchen Absprache eine sog. vollstrekkungsbeschränkende Vereinbarung sieht (vgl. BGH, Urteil vom 2. April
  103. 1991
  104. - VI ZR
  105. 241/90,
  106. WM 1991,
  107. 1097,
  108. 1099 f.;
  109. OLG
  110. Köln
  111. NJW-RR 1995, 576; OLG Karlsruhe NJW-RR 1999, 941, 942) oder ihr
  112. - als Einschränkung der schuldrechtlichen Zweckbindung - ausschließlich
  113. materiellrechtliche
  114. Bedeutung
  115. beimißt
  116. (vgl.
  117. OLG
  118. Hamm
  119. JurBüro 1999, 382, 383).
  120. Aufgrund der im November 1999 geschlossenen Vereinbarung
  121. war die Vollstreckungsabwehrklage danach begründet. Dies hat das
  122. Berufungsgericht verkannt. Der Revision der Klägerin hätte daher,
  123. -7-
  124. wenn die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend in der
  125. Hauptsache für erledigt erklärt hätten, mit der Kostenfolge aus § 91
  126. Abs. 1 ZPO stattgegeben werden müssen. Die Kosten der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme wären allerdings gemäß § 96
  127. ZPO der Klägerin aufzuerlegen gewesen, weil deren zugrunde liegende
  128. Behauptungen und Beweisanträge insgesamt ohne Erfolg geblieben
  129. sind. Es entspricht danach billigem Ermessen, der Klägerin die durch
  130. die Beweiserhebung verursachten Kosten aufzuerlegen.
  131. Nobbe
  132. Siol
  133. van Gelder
  134. Bungeroth
  135. Joeres