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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. X ZR 5/99
  5. Verkündet am:
  6. 3. Mai 2000
  7. Vondrasek
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter
  14. Dr. Melullis, Scharen, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens
  15. für Recht erkannt:
  16. Auf die Revision der Klägerin wird das am 1. Dezember 1998 verkündete Urteil des 8. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts
  17. in Jena aufgehoben.
  18. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung
  19. - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  20. Von Rechts wegen
  21. Tatbestand:
  22. Die Klägerin erstellte für die Beklagte, eine Stadt in Thüringen, aufgrund
  23. eines schriftlichen Vertrages vom 21. Dezember 1992 eine Basiskonzeption
  24. -3-
  25. zur Errichtung eines Erlebnis- und Freizeitbades (Anl. K 27). Diese Leistung ist
  26. bezahlt.
  27. 1993 legte die Klägerin der Beklagten ferner eine Ausarbeitung mit dem
  28. Titel "Erlebniscenter T..." vor. Sie betrifft eine Gesamtanlage, die neben dem
  29. Erlebnis- und Freizeitbad Hotels, Bungalows und Ferienwohnungen, Golfplatz,
  30. Sportanlage, Reiter- und Pony-Erlebnishof sowie ein Tiergehege umfassen
  31. sollte (Anl. K 29).
  32. Die Klägerin meint, auch hierfür Werklohn beanspruchen zu können. Die
  33. Umstände belegten, daß der Erste Bürgermeister der Beklagten ihr einen entsprechenden Auftrag erteilt habe.
  34. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Zahlungsklage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie weiterhin Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 326.600,-- DM nebst Zinsen begehrt.
  35. Die Beklagte ist diesem Begehren entgegengetreten.
  36. Entscheidungsgründe:
  37. Die zulässige Revision hat Erfolg.
  38. 1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Beklagte habe die
  39. Schaffung eines Erlebniscenters T... in ihrer Gemeinde beabsichtigt; die von
  40. der Klägerin vorgetragenen Umstände ließen jedoch nicht zwingend auf den
  41. -4-
  42. Abschluß eines Werkvertrages zur Erstellung einer Gesamtplanung für dieses
  43. Vorhaben schließen. Die Klägerin habe in Anbetracht des Vertrages vom
  44. 21. September 1992 nicht davon ausgehen können, daß die Beklagte sich
  45. formlos auf werkvertragliche Verpflichtungen habe einlassen wollen. Die von
  46. der Klägerin angeführten Schreiben der Beklagten vom 30. Juli und
  47. 30. September 1993 ließen den Schluß auf eine Vertragsannahme durch die
  48. Beklagte nicht zu. Naheliegend sei vielmehr, daß die Klägerin durch diese
  49. Schreiben lediglich habe legitimiert werden sollen, Gespräche zu führen bzw.
  50. Informationen und Angebote einzuholen. Auch aus der behaupteten späteren
  51. Verwertung des von der Klägerin erstellten Exposés im Rahmen des von der
  52. Beklagten angestrengten Genehmigungsverfahrens bezüglich Wasserfreizeitanlage und Golfplatz lasse sich keine konkludente Vertragsannahme ableiten. Aus den Darlegungen der Klägerin sei schon nicht zu entnehmen, welche Fassung gegenüber den Behörden überhaupt verwendet worden sein solle. Es sei daher nicht auszuschließen, daß die Beklagte auch im Frühjahr bis
  53. Mitte 1993 die bereits vergütete Basiskonzeption genutzt habe, zumal unklar
  54. geblieben sei, wann die Klägerin welche Art von relevanten Änderungen diesem Konzept hinzugefügt habe. Angesichts ihrer verhältnismäßig geringen
  55. Summe rechtfertige die von der Beklagten erbrachte Zahlung von 6.900,-- DM
  56. nur die Annahme, hiermit habe die Beklagte die Aufwendungen der Klägerin
  57. ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abgelten wollen. Schließlich spreche die
  58. Tatsache, daß eine von der Beklagten übersandte Vergütungsvereinbarung
  59. nicht unterzeichnet worden sei, ebenso gegen das Zustandekommen eines
  60. Werkvertrages wie das eigene Schreiben der Klägerin vom 4. Dezember 1993.
  61. -5-
  62. Zu Recht rügt die Revision diese Würdigung des Berufungsgerichts als
  63. verfahrensfehlerhaft, weil sie nicht alle relevanten Gesichtspunkte in sachgerechter Weise berücksichtige.
  64. Daß es zu einer Übereinkunft eines entgeltlichen Werkvertrages der
  65. Klägerin mit der durch den Ersten Bürgermeister vertretenen Beklagten gekommen sei, hat die Klägerin aus unstreitigen Hilfstatsachen sowie aus von ihr
  66. behaupteten Indizien hergeleitet. In einem solchen Fall hat der Tatrichter sie
  67. alle erschöpfend daraufhin zu würdigen, ob - ihre Richtigkeit unterstellt - einzelne Umstände oder die Umstände in ihrer Gesamtheit ihn von der Wahrheit
  68. der Haupttatsache überzeugen würden (vgl. BGH, Urt. v. 25.11.1992
  69. - XII ZR 179/91, NJW-RR 1993, 443 m.w.N.; Urt. v. 15.10.1992 - III ZR 57/91,
  70. MDR 1993, 801 m.w.N.). Auch ein Beweisantrag darf deshalb erst dann abgelehnt werden, wenn diese Prüfung zu dem Ergebnis führt, daß der Nachweis
  71. der in Frage stehenden Hilfstatsachen an der Überzeugungsbildung nichts ändern würde (BVerfG, Beschl. v. 28.02.1992 - 2 BvR 1179/91, NJW 1993, 254;
  72. BGH, Urt. v. 25.11.1992 - XII ZR 179/91, NJW-RR 1993, 443 m.w.N.). Diesen
  73. Erfordernissen genügt das angefochtene Urteil nicht.
  74. Die durch näher benannte Zeugen unter Beweis gestellte Behauptung
  75. der Klägerin in den Tatsacheninstanzen ging dahin, die Herren V. und F. hätten in unabhängig voneinander geführten Gesprächen mit dem Ersten Bürgermeister der Beklagten von diesem selbst erfahren, daß die Klägerin mit der
  76. Beklagten einen Vertrag geschlossen habe. Der Bürgermeister habe Herrn V.
  77. bei seinem ersten Besuch am 14. Juli 1993 sinngemäß gesagt, daß er die Klägerin beauftragt habe, Untersuchungen durchzuführen, ob das Gebiet um das
  78. Hotel T. in Verbindung mit einer Wasserfreizeitanlage touristisch genutzt wer-
  79. -6-
  80. den könne. In diesem Zusammenhang habe der Bürgermeister die Klägerin
  81. weiterhin beauftragt, Investoren und Betreiber für das Projekt zu suchen; es
  82. habe mehrere Besprechungen gegeben, bei denen der Bürgermeister eingeräumt habe, daß ein Vertrag bestehe und daß hieraus ein Honorar in Höhe von
  83. 300.000,-- DM für die Erstellung eines Exposés zu zahlen sei.
  84. Bei sachgerechter Erfassung ihres Inhalts kann diese Behauptung der
  85. Klägerin nicht - wie seitens des Berufungsgerichts geschehen - einfach damit
  86. abgetan werden, die Zeugen sollten lediglich das bekunden, was sich aus dem
  87. Wortlaut der Schreiben vom 30. Juli und 30. September 1993 ohnehin ergebe.
  88. In diesen Schreiben war nur davon die Rede, daß Gespräche geführt, Informationen und Angebote eingeholt werden sollten bzw. daß die Realisierung des
  89. Konzepts "Erlebniscenter T..." gemeinsam vollzogen werde. Auch das Berufungsgericht hat dieses Schreiben nicht anders gewertet. Die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin betraf dagegen Äußerungen des Ersten Bürgermeisters der Beklagten gegenüber bestimmten Dritten, es sei tatsächlich
  90. zum Abschluß eines Vertrages gekommen, der mit einem beachtlichen und das
  91. anläßlich des Vertrages vom 21. September 1992 vereinbarte weit übersteigenden Entgelt zu vergüten sei. Die unter Beweis gestellte Behauptung der
  92. Klägerin ist damit ein weiteres Indiz, welches ihr Vorbringen stützt, ein Werkvertrag sei stillschweigend zustande gekommen. Auch diese Behauptung der
  93. Klägerin hätte deshalb bei der vom Berufungsgericht vorgenommenen tatrichterlichen Würdigung des klägerischen Vorbringens auf seine Schlüssigkeit hin
  94. berücksichtigt werden müssen.
  95. Das Berufungsgericht wird daher die Schlüssigkeit der unter Beweis gestellten Darstellung der Klägerin erneut überprüfen müssen. Es wird dabei
  96. -7-
  97. auch das von der Revision ebenfalls als übergangen gerügte Gesprächsprotokoll vom 21. Januar 1994 und den Umstand berücksichtigen müssen, daß die
  98. von der Beklagten selbst stammende Anlage, die der mit der Bitte um Prüfung
  99. an die Klägerin gesandten Satzung beigefügt war, mit 260.000,-- DM zuzüglich
  100. Mehrwertsteuer eine Vergütung vorsah, die deutlich über dem später von der
  101. Beklagten tatsächlich gezahlten Betrag liegt. Wie die Revision ferner zu Recht
  102. ausführt, wird das Berufungsgericht bei der erneut vorzunehmenden Würdigung außerdem nicht wieder ohne weiteres in Zweifel ziehen können, daß es
  103. sich bei dem von der Beklagten im Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren verwendeten Exposé um das gemäß Anl. K 29 bzw. bei den verwendeten Unterlagen um solche gehandelt hat, die im Rahmen der Herstellung
  104. dieses Exposés gefertigt worden sind. Dem steht entgegen, daß das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, das Genehmigungsverfahren habe nicht
  105. nur die Wasserfreizeitanlage, sondern auch einen Golfplatz betroffen. Ein
  106. Golfplatz war noch nicht Gegenstand des am 21. September 1992 in Auftrag
  107. gegebenen und abgerechneten Basiskonzepts. Dieses hatte nur ein Erlebnisund Freizeitbad betroffen. Das legt es nahe, daß das Genehmigungsverfahren
  108. seitens der Beklagten mit einer Ausarbeitung der Klägerin betrieben wurde, die
  109. jedenfalls über das ursprünglich in Auftrag gegebene und bereits bezahlte
  110. Konzept hinausging.
  111. Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung wird insbesondere der Frage nachzugehen sein, ob die unstreitige Tatsache der Zusendung einer Satzung mit der Bitte um Überprüfung nicht jedenfalls dann als Teil einer zuvor
  112. bereits zustande gekommenen Einigung mit dem Inhalt eines Werkvertrages
  113. gewertet werden muß, wenn der Erste Bürgermeister der Beklagten in unabhängig voneinander geführten Gesprächen, wovon eines schon im Juli 1993
  114. -8-
  115. stattgefunden haben soll, erklärt hat, die Klägerin mit Untersuchungen über die
  116. touristische Nutzung eines Gebietes beauftragt zu haben mit der Folge, daß
  117. die Beklagte eine beträchtliche Summe schulde. Die Tatsache, daß die der zu
  118. überprüfenden Satzung beigefügte und sich über eine bestimmte Vergütung
  119. verhaltende Anlage nicht unterschrieben worden ist, ließe sich dann zwanglos
  120. dahin verstehen, daß lediglich über die Höhe der geschuldeten Vergütung, wie
  121. sie in der Anlage niedergelegt war, eine Einigung nicht getroffen sei. Dies würde dem Abschluß eines Werkvertrages nicht entgegenstehen angesichts der
  122. Regelung des § 632 BGB, nach welcher der Besteller gegebenenfalls die übliche Vergütung zu zahlen hat, wenn er ein Werk in Auftrag gibt, dessen Herstellung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Daß
  123. die Klägerin nach ihrer Darstellung über die aufgrund des Vertrages vom
  124. 21. September 1992 erfüllten und bereits vergüteten Leistungen hinaus Arbeiten erbracht hat, die üblicherweise aufgrund eines entgeltlichen Werkvertrages
  125. geleistet werden, zieht auch das angefochtene Urteil nicht in Zweifel.
  126. 2. Sollte das Berufungsgericht aufgrund der erneuten Prüfung wieder zu
  127. dem Ergebnis gelangen, daß der Klägerin ein werkvertraglicher Vergütungsanspruch nicht zusteht, wird das Berufungsgericht den hilfsweise geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin nicht mit der von ihm gegebenen Begründung verneinen können. Sie geht dahin, die geltend gemachten
  128. Arbeitsstunden seien keine Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB und die
  129. grundsätzlich als solche erstattungsfähigen Reise- und Übernachtungskosten
  130. seien so unsubstantiiert vorgetragen, daß auch eine Schätzung nicht möglich
  131. sei. Allein die Angabe von Kilometern bedeute noch nicht, daß finanzielle Aufwendungen entstanden seien, weil gegebenenfalls kostenlose Mitreisegele-
  132. -9-
  133. genheiten wahrgenommen bzw. die Reisekosten von anderen übernommen
  134. worden sein könnten.
  135. Dies beanstandet die Revision jedenfalls hinsichtlich der Reise- und
  136. Übernachtungskosten zu Recht mit ihrem Hinweis auf den unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin in den Tatsacheninstanzen über einzelne nach
  137. Ort, Zeit und Grund näher bezeichnete Besprechungen und Gespräche des
  138. Inhabers der Klägerin und seines Sohnes. Denn diese tatsächlichen Angaben
  139. der Klägerin erlauben die Ermittlung, wo, wann und warum die Klägerin für die
  140. Beklagte tätig war. Daraus läßt sich erkennen, welche Fahrtstrecken im Auftrag
  141. der Beklagten zurückgelegt werden mußten und inwieweit auswärtige Unterbringung notwendig war. Das bildet eine hinreichende Grundlage, den tatsächlichen Aufwand der Klägerin zu schätzen. Die Möglichkeit kostenloser Mitreisegelegenheiten und die Möglichkeit der Reisekostenübernahme durch Dritte
  142. ändert hieran nichts. Denn es ist nichts dafür festgestellt oder ersichtlich, daß
  143. die Klägerin tatsächlich in den Genuß derartiger kostenloser Vorteile gelangt
  144. ist. Hinsichtlich der geltend gemachten Arbeitsstunden trägt die Begründung
  145. des angefochtenen Urteils nur, wenn die Tätigkeit der Klägerin auf der Grundlage der Unentgeltlichkeit vereinbart war.
  146. 3. Soweit das Berufungsgericht schließlich eine ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten wegen Verwendung einer Leistung der Klägerin für
  147. ebenfalls nicht dargetan erachtet hat, beruht auch diese Auffassung des Berufungsgerichts auf einem Rechtsfehler. Wie zu 1. ausgeführt, legt bereits die
  148. Erwähnung eines Genehmigungsverfahrens für einen Golfplatz im angefochtenen Urteil nahe, daß entgegen der Meinung des Berufungsgerichts eine geänderte Fassung des Basiskonzepts der Behörde vorgelegt worden ist. Zu Recht
  149. - 10 -
  150. verweist die Revision außerdem jedenfalls auf das Schreiben des T. Landesverwaltungsamts - Außenstelle G. - vom 19. Juli 1993, das als Protokoll den
  151. Inhalt einer Beratung zur Grundlagenabklärung "Erlebniscenter T..." wiedergibt.
  152. Danach ging es bei der Beratung nicht nur um die Genehmigungsfähigkeit des
  153. Schwimmbades, sondern auch um die Genehmigungsfähigkeit der in dem
  154. Schreiben weiter genannten Projektbereiche des Erlebniscenters T.... Da im
  155. Schreiben von einer eingereichten Grobkonzeption die Rede und es unstreitig
  156. ist, daß die Klägerin auch Arbeiten für eine nicht nur das Schwimmbad umfassende Konzeption geleistet hat, legt auch das Schreiben des T. Landesverwaltungsamts ohne weiteres den Schluß nahe, daß jedenfalls im Rahmen der
  157. Beratung eine über die bezahlte Basiskonzeption hinausgehende Ausarbeitung
  158. der Klägerin von der Beklagten verwertet worden ist. Wenn eine Verwertung
  159. von Arbeiten der Klägerin festgestellt werden kann, die nicht bereits nach dem
  160. Auftrag vom 21. September 1992 vergütet worden sind, betrifft die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob die Ausarbeitung der Klägerin gegenüber
  161. der vergüteten Basiskonzeption einen "nennenswert" geänderten Inhalt hatte,
  162. - 11 -
  163. nicht den Tatbestand einer Bereicherung im Sinne des § 812 BGB; dieser Umstand berührt allein den Umfang der Bereicherung der Beklagten auf Kosten
  164. der Klägerin und damit die Frage der Höhe des geschuldeten Ausgleichs.
  165. Rogge
  166. Melullis
  167. Keukenschrijver
  168. Scharen
  169. Mühlens