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- BUNDESGERICHTSHOF
- IM NAMEN DES VOLKES
- URTEIL
- X ZR 18/05
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- Verkündet am:
- 7. November 2006
- Potsch
- Justizangestellte
- als Urkundsbeamtin
- der Geschäftsstelle
- in dem Rechtsstreit
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- Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2006 durch die Richter Scharen, Keukenschrijver, die
- Richterin Mühlens und die Richter Asendorf und Dr. Kirchhoff
- für Recht erkannt:
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- Auf die Revision der Beklagten wird das am 12. Januar 2005 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn aufgehoben.
- Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
- auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
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- Von Rechts wegen
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- Tatbestand:
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- Die Beklagte ist die frühere Ehefrau des Inhabers des U.
- Kurierdienst U.
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- S.
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- (nachfolgend: Kurierdienst), der im Mai 2001 bei
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- einem Motorradunfall schwer verletzt wurde und in der Folgezeit für einige Monate unter der Betreuung der Beklagten stand. Bei der Klägerin wurden danach,
- allerdings nicht durch die Beklagte persönlich, sondern durch Fahrer des Kurierdiensts, Reparaturen am Fuhrpark des Kurierdiensts in Auftrag gegeben; der
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- Werklohn hierfür ist nicht bezahlt worden. Die Klägerin hat in einem anderen
- Verfahren zunächst den dauerhaft geschäftsunfähigen U. S.
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- als Inha-
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- ber des Kurierdiensts, gegen den Vollstreckungsbescheid ergangen ist, und
- sodann in dem vorliegenden Verfahren die Beklagte als vollmachtlose Vertreterin auf Zahlung der Reparaturkosten in Anspruch genommen. Das Amtsgericht
- hat die Beklagte zur Zahlung des Werklohns nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht
- zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
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- Entscheidungsgründe:
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- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
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- I. Das Berufungsgericht hat gemeint, dass die Beklagte als vollmachtlose
- Vertreterin für die Werklohnforderung einzustehen habe, denn sie habe den
- Kurierdienst weitergeführt. Die Betreuung habe bei der Auftragserteilung nicht
- fortgewirkt. Dass die Klägerin bereits einen Vollstreckungsbescheid gegen den
- Inhaber des Kurierdiensts erwirkt habe, stehe der Annahme der vollmachtslosen Vertretung, aus der die Beklagte für die Forderung einzustehen habe, nicht
- entgegen.
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- II. Dies rügt die Revision mit Erfolg als fehlerhaft. Sie stützt sich darauf,
- dass die Fahrer des Kurierdiensts die Reparaturaufträge in Untervollmacht für
- den Kurierdienst erteilt hätten. Damit sei dessen Inhaber als Geschäftsherr verpflichtet worden. Die Beklagte habe keinen Vertrag ohne Vertretungsmacht ge-
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- schlossen. Die für den Fuhrpark des Kurierdiensts zuständigen Mitarbeiter seien von U. S.
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- noch vor dessen Unfall bevollmächtigt worden, Aufträge
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- im Zusammenhang mit dem Fuhrpark zu erteilen. Im Übrigen stehe auch der
- bereits erwirkte Vollstreckungsbescheid einer Inanspruchnahme der Beklagten
- entgegen.
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- III. 1. Der bisher festgestellte Sachverhalt trägt die Verurteilung der Beklagten nicht.
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- a) Die Haftung der Beklagten aus § 179 BGB, von der die Vorinstanzen
- ausgegangen sind, setzt ein Handeln des Vertreters beim Vertragsschluss ohne
- Nachweis der Vertretungsmacht voraus. Das vom Berufungsgericht in Bezug
- genommene Ersturteil hat als unstreitig festgestellt, dass die Beklagte die Reparaturaufträge nicht persönlich erteilt hat. Daraus, dass die Beklagte den Betrieb des Kurierdiensts weitergeführt hat, wie dies tatrichterlich festgestellt ist,
- folgt noch kein Handeln der Beklagten als Vertreterin. Fehlt es aber schon an
- einem solchen Handeln, kommt eine Haftung der Beklagten nach § 179 BGB
- nicht in Betracht (vgl. MünchKomm./Schramm, BGB, 4. Aufl., Rdn. 19; AnwK/
- Ackermann, Rdn. 8, je zu § 179 BGB).
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- b) Allerdings hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung über die
- Revision die Gegenrüge erhoben, ihr unter Zeugenbeweis gestellter Vortrag im
- Schriftsatz vom 1. Juni 2004 (Bl. 46) sei übergangen worden, dass die Beklagte
- die Fahrer H.
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- , K.
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- und Kn.
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- beauftragt habe, die Reparaturauf-
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- träge zu erteilen. Diese Rüge konnte noch in der mündlichen Verhandlung erhoben werden (Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 557 Rdn. 12). Die Beklagte hat dies jedenfalls mit der Behauptung bestritten, sie habe keine Weisungen an die Fahrer erteilt (Bl. 75). Der Vortrag der Klägerin war erheblich,
- denn er konnte im Fall des Nachweises seiner Richtigkeit ein Auftreten der Be-
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- klagten als vollmachtslose Vertreterin begründen, das dann darin gelegen hätte,
- dass die Beklagte für U. S.
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- den Fahrern Vollmacht zur Erteilung der
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- Reparaturaufträge erteilt hätte, ohne ihrerseits für das Unternehmen ihres
- Ehemanns vertretungsberechtigt gewesen zu sein. Das Berufungsgericht ist
- dem nicht nachgegangen; es hat es vielmehr zu Unrecht als Haftungsgrundlage
- ausreichen lassen, dass die Beklagte den Betrieb weitergeführt habe.
- c) Insoweit kommt zugunsten der Klägerin auch die sich aus § 179
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- Abs. 1 BGB ergebende Beweislastumkehr (vgl. BGHZ 99, 50, 52) nicht zum
- Tragen, weil es nicht um den Nachweis der Vertretungsmacht, sondern um den
- eines Vertreterhandelns geht. Hierfür ist aber derjenige beweispflichtig, der den
- Vertreter wegen fehlender Vollmacht in Anspruch nimmt (vgl. Bamberger/Roth/
- Habermeier, BGB, 2003, § 179 Rdn. 37). Dieser Beweis ist zwar angetreten,
- bisher aber nicht geführt.
- 2. Für eine Haftung der Beklagten aus anderen Rechtsgründen, insbe-
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- sondere eine Sachwalterhaftung (jetzt § 311 Abs. 3 BGB), fehlt es an tatsächlichen Anhaltspunkten. Eine Haftung der Beklagten nach § 25 Abs. 1 Satz 1
- HGB scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte das Geschäft als fremdes
- für seinen bisherigen Inhaber fortgeführt und nicht unter Lebenden erworben
- hat.
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- 3. Auf die zum Anlass der Zulassung der Revision genommene Frage
- der Wirksamkeit der Zustellung des Vollstreckungsbescheids an U. S.
- kommt es für die Entscheidung jedenfalls derzeit nicht an. Nachdem auch die
- Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht von der Beantwortung
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- dieser Frage nicht beeinflusst wird und deshalb ein Hinweis des Senats hierzu
- eine Bindung des Berufungsgerichts oder eine Festlegung des Senats nicht
- herbeiführen könnte, sieht der Senat davon ab, sich zu ihr zu äußern.
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- Scharen
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- Keukenschrijver
- Asendorf
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- Mühlens
- Kirchhoff
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- Vorinstanzen:
- AG Heilbronn, Entscheidung vom 02.07.2004 - 14 C 2058/04 LG Heilbronn, Entscheidung vom 12.01.2005 - 7 S 31/04 -
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