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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VIII ZR 6/04
  5. Verkündet am:
  6. 16. Februar 2005
  7. Kirchgeßner,
  8. Justizhauptsekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. BGB §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, 569 Abs. 3 Nr. 1,
  18. 573 Abs. 2 Nr. 1
  19. Kündigt der Vermieter ein Wohnraummietverhältnis nach §§ 543 Abs. 1, Abs. 2
  20. Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB wegen Zahlungsverzugs des Mieters
  21. fristlos und hilfsweise auch fristgemäß, läßt der nachträgliche Ausgleich der Rückstände innerhalb der Frist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zwar die fristlose Kündigung
  22. unwirksam werden, nicht dagegen auch ohne weiteres die fristgemäße Kündigung.
  23. Die nachträgliche Zahlung ist jedoch bei der Prüfung, ob der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB),
  24. zu berücksichtigen.
  25. BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - VIII ZR 6/04 - LG Berlin
  26. AG Schöneberg
  27. -2-
  28. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  29. vom 26. Januar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die
  30. Richter Ball, Dr. Leimert, Dr. Wolst und Dr. Frellesen
  31. für Recht erkannt:
  32. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 65
  33. des Landgerichts Berlin vom 28. November 2003 aufgehoben.
  34. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  35. über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  36. Von Rechts wegen
  37. Tatbestand:
  38. Die Beklagte mietete von der Klägerin ab dem 1. Januar 1991 eine ZweiZimmer-Wohnung in B.
  39. , K.
  40. straße
  41. . Die monatliche
  42. Miete betrug zuletzt einschließlich eines Heizkostenvorschusses 580,88 €.
  43. Die Beklagte blieb die Mieten für die Monate Juli 2002 in Höhe von
  44. 580,29 €, für Oktober 2002 in Höhe von 580,88 € und für November 2002 in
  45. Höhe von 0,88 € schuldig. Daraufhin kündigte die Klägerin das Mietverhältnis
  46. mit Schreiben vom 13. November 2002 unter Berufung auf die Zahlungsrückstände in Höhe von 1.162,05 € fristlos, vorsorglich fristgemäß.
  47. -3-
  48. Nach Zugang des Kündigungsschreibens zahlte die Beklagte ohne
  49. Zweckbestimmung am 19. November 2002 Beträge von 580,88 € und von 50 €.
  50. Die Miete für Dezember 2002 zahlte die Beklagte nicht.
  51. Mit der Klage hat die Klägerin zunächst Zahlung eines Betrages in Höhe
  52. von 1.112,05 € sowie Räumung und Herausgabe der Mietwohnung verlangt
  53. und die fristlose, hilfsweise die fristgemäße Kündigung wiederholt. Nach Begleichung der Mietrückstände durch das für die Beklagte zuständige Sozialamt haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des Zahlungsantrags übereinstimmend für erledigt erklärt. Im übrigen hat die Klägerin ihren Antrag dahingehend abgeändert, daß Räumung und Herausgabe der Mietwohnung zum
  54. 31. Dezember 2003 verlangt werde.
  55. Das Amtsgericht und das Landgericht haben die Klage insoweit abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin
  56. zunächst ihr auf Räumung und Herausgabe gerichtetes Begehren weiterverfolgt. Nachdem die Beklagte aus der Wohnung ausgezogen ist, hat die Klägerin
  57. den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Dem hat die Beklagte widersprochen.
  58. Entscheidungsgründe:
  59. I.
  60. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in GE 2004, 237 veröffentlicht ist,
  61. hat zur Begründung ausgeführt:
  62. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der
  63. Wohnung nicht zu. Zwar seien die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1
  64. Nr. 3 Buchst. a BGB im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom
  65. 13. November 2002 erfüllt gewesen. Die fristlose Kündigung sei jedoch durch
  66. die Zahlung des Sozialamtes innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2
  67. -4-
  68. BGB unwirksam geworden. Auch im Rahmen der ordentlichen Kündigung könne sich die Beklagte auf diese Zahlung berufen. Es wäre rechtsmißbräuchlich,
  69. wenn die Klägerin trotz der Schonfristzahlung aus der hilfsweise fristgemäß erklärten Kündigung vorgehen könnte. Nicht nachzuvollziehen sei, warum der
  70. Mieter in derartigen Fällen gegenüber einer ordentlichen Kündigung weniger
  71. geschützt werden sollte als gegenüber einer fristlosen Kündigung. Die Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB diene nicht nur dazu, dem Mieter im Rahmen
  72. einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung eine längere Kündigungsfrist
  73. zu geben, sondern beseitige die Wirksamkeit der Kündigung selbst. Insofern
  74. bedeute es einen Wertungswiderspruch, wenn eine nachträgliche vollständige
  75. Zahlung der Mietzinsrückstände eine Kündigung nicht insgesamt unwirksam
  76. machen würde.
  77. II.
  78. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  79. 1. Die von der Klägerin abgegebene Erledigungserklärung ist, auch wenn
  80. die Beklagte dieser nicht zugestimmt hat, in der Revisionsinstanz jedenfalls
  81. dann zu berücksichtigen, wenn das erledigende Ereignis - wie hier - außer
  82. Streit steht (BGH, Urteil vom 28. Juni 1993 - II ZR 119/92, NJW-RR 1993, 1123
  83. unter I; Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 91 a Rdnr. 7; Zöller/Vollkommer, ZPO,
  84. 25. Aufl., § 91a Rdnr. 39).
  85. 2. Da die Beklagte der Erledigungserklärung der Klägerin widersprochen
  86. hat, ist nunmehr darüber zu entscheiden, ob der Rechtsstreit in der Hauptsache
  87. erledigt ist. Dies setzt voraus, daß der Räumungsantrag, den die Klägerin in der
  88. Revisionsinstanz weiterverfolgt hat, vor dem Auszug der Beklagten zulässig
  89. und begründet war (BGHZ 106, 359, 366 f.). Entgegen der Ansicht des Beru-
  90. -5-
  91. fungsgerichts war der Räumungsantrag unter Zugrundelegung der bisherigen
  92. Feststellungen nicht unbegründet.
  93. Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, daß die
  94. von der Klägerin erklärte fristlose Kündigung vom 13. November 2002 mit der
  95. Zahlung der Mietrückstände durch das Sozialamt nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB
  96. unwirksam geworden ist. Dies führt jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht ohne weiteres dazu, daß die Beklagte die Zahlungen innerhalb der Schonfrist auch der wegen der Zahlungsrückstände hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB entgegenhalten kann.
  97. Hat der Vermieter dem Mieter wegen Zahlungsverzugs sowohl fristlos
  98. nach §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB als auch hilfsweise ordentlich nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB gekündigt, ist streitig, ob eine
  99. Zahlung der Rückstände innerhalb der Frist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB ohne
  100. weiteres auch der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung entgegensteht
  101. (dafür: Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 573 Rdnr. 32; Sternel, Mietrecht Aktuell, 3. Aufl., Rdnr. 1130; Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, 2. Aufl.,
  102. § 573 Rdnr. 19; Franke, ZMR 1992, 81; Scholl, WuM 1993, 99; Asper, WuM
  103. 1996, 315; dagegen: OLG Stuttgart, WuM 1991, 526; OLG Karlsruhe, WuM
  104. 1992, 517; Staudinger/Rolfs, BGB (2003), § 573 Rdnr. 38; Soergel/Heintzmann,
  105. BGB, 12. Aufl., § 564 b a.F. Rdnr. 32; Reick in Bamberger/Roth, BGB, § 573
  106. Rdnr. 29; Grapentin in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., IV Rdnr. 64; Lammel, Wohnraummietrecht, 2. Aufl., § 573
  107. Rdnr. 52; Kossmann, Handbuch der Wohnraummiete, 6. Aufl., § 78 Rdnr. 6).
  108. Diese Frage ist zu verneinen. Dies folgt aus dem Wortlaut (a), der historischen Auslegung (b), der systematischen Stellung (c) und dem Sinn und
  109. Zweck der gesetzlichen Regelung (d).
  110. -6-
  111. a) Nach § 543 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird, beziehungsweise wird unwirksam, wenn der Mieter unverzüglich die Aufrechnung erklärt. Die Vorschrift des
  112. § 543 BGB bezieht sich lediglich auf die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund. § 569 BGB konkretisiert dies für Mietverhältnisse über Wohnraum
  113. und schützt den Mieter auch dann, wenn der Vermieter innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs befriedigt
  114. wird (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Dem Wortlaut nach bezieht sich diese Privilegierung nur auf eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs. Eine entsprechende Regelung oder Verweisung fehlt dagegen bei den Bestimmungen über
  115. die ordentliche Kündigung in §§ 573 f. BGB. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf die ordentliche Kündigung, soweit diese auf eine schuldhafte nicht unerhebliche vertragliche Pflichtverletzung
  116. des Mieters in Gestalt von Zahlungsrückständen gestützt wird, ist aus dem Gesetzeswortlaut deshalb nicht herzuleiten.
  117. b) Die historische Auslegung spricht gegen eine erweiternde Anwendung
  118. des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Ein Nachholrecht des Mieters bei einer fristlosen
  119. Kündigung wegen Zahlungsverzugs wurde bereits in § 3 Abs. 3 des Mieterschutzgesetzes vom 1. Juni 1923 (RGBl. S. 353) verankert und durch das Erste
  120. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29. Juli 1963 (BGBl. I,
  121. 505) in § 554 BGB a.F. wieder aufgegriffen. Demgegenüber war die ordentliche
  122. Kündigung des Vermieters mit Aufhebung des Mieterschutzgesetzes zum
  123. 31. Dezember 1965 an keine Kündigungsgründe mehr gebunden, der Mieter
  124. konnte sich lediglich auf die sogenannte Sozialklausel des § 556 BGB a.F. berufen. Erst mit dem 1. Wohnraumkündigungsschutzgesetz vom 25. November
  125. 1971 (BGBl. I 1839) wurde die ordentliche Kündigung des Vermieters an bestimmte Voraussetzungen - unter anderem die nicht unerhebliche schuldhafte
  126. Verletzung der vertraglichen Pflichten durch den Mieter - geknüpft. Zielsetzung
  127. -7-
  128. dieser Regelung war es, den Mieter auch gegen eine ordentliche fristgemäße
  129. Kündigung durch den Vermieter in gewissem Rahmen zu schützen, nicht dagegen, eine Angleichung an die Vorschriften über die fristlose Kündigung zu erreichen. Eine Bezugnahme auf § 554 BGB a.F. fehlt; dies gilt auch für das
  130. 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz vom 18. Dezember 1974 (BGBl. I, 3603).
  131. Selbst wenn dem Gesetzgeber dabei unterstellt werden könnte, er habe es
  132. übersehen, die Schonfristzahlung auch für die ordentliche Kündigung zu regeln
  133. (so Scholl, WuM 1993, 99, 100; Franke, ZMR 1992, 81, 82), trägt dieser Gedanke heute nicht mehr. Auch im Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001
  134. (BGBl. I, 1149) hat der Gesetzgeber keine anderweitige Regelung getroffen. Da
  135. zwischenzeitlich die Rechtsentscheide des OLG Stuttgart (WuM 1991, 526) und
  136. des OLG Karlsruhe (WuM 1992, 517) ergangen waren, die eine Heilungswirkung einer nachträglichen Zahlung gegenüber einer fristgemäßen Kündigung
  137. verneint haben, kann nicht mehr von einem erneuten gesetzgeberischen Versehen ausgegangen werden. Vielmehr spricht die insofern unveränderte Neufassung dafür, daß der Gesetzgeber angesichts der eindeutigen Rechtsentscheide keinen davon abweichenden Regelungsbedarf gesehen hat.
  138. c) Die systematische Stellung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB spricht ebenfalls gegen eine erweiternde Auslegung. Die Vorschrift enthält eine Ausnahme
  139. von dem in §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB geregelten
  140. Grundsatz, daß eine auf einen Zahlungsrückstand des Mieters in bestimmter
  141. Höhe gestützte fristlose Kündigung des Vermieters wirksam ist. Die Stellung der
  142. Norm als Ausnahme von dem gesetzlichen Grundsatz spricht für eine restriktive
  143. Handhabung der Vorschrift und damit gegen eine Erweiterung auch auf die
  144. fristgemäße Kündigung. Zudem enthält § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB keinen etwa
  145. den §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB nachgebildeten Tatbestand, nach dem eine Kündigung mit Zahlungsrückständen des Mieters begründet werden kann. Vielmehr knüpft § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB abweichend da-
  146. -8-
  147. von an eine schuldhafte und nicht unerhebliche Pflichtverletzung des Mieters
  148. an, die nach allgemeiner Ansicht auch bei ausbleibenden Mietzahlungen bejaht
  149. werden kann.
  150. d) Auch der Zweck der gesetzlichen Regelung legt nahe, die Wirkungen
  151. der Schonfristzahlung auf die fristlose Kündigung zu beschränken.
  152. aa) Die Schonfristzahlung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB dient der im allgemeinen Interesse liegenden Vermeidung von Obdachlosigkeit (vgl. die Gesetzesbegründung
  153. im Entwurf
  154. zum
  155. Mietrechtsreformgesetz,
  156. BT-Drucks.
  157. 14/4553, S. 64). Diese Gefahr besteht bei einer ordentlichen Kündigung, die an
  158. die Fristen des § 573 c Abs. 1 BGB von drei bis neun Monaten gebunden ist, in
  159. geringerem Maße. Der Mieter hat je nach Dauer des Mietverhältnisses einen
  160. wesentlich längeren Zeitraum zur Verfügung, um sich angemessenen Ersatzwohnraum zu beschaffen.
  161. bb) § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB knüpft zudem schon rein begrifflich an andere Kriterien an als die Vorschriften der §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 569 Abs. 3
  162. Nr. 1 bis 3 BGB. Eine fristgemäße Kündigung wegen schuldhaft begründeter
  163. Zahlungsrückstände ist zulässig, weil der Mieter damit in nicht unerheblicher
  164. Weise vertragliche Pflichten, hier sogar seine Hauptleistungspflicht nach § 535
  165. Abs. 2 BGB, verletzt hat. Die einmal eingetretene Pflichtverletzung kann nicht
  166. durch die bloße nachträgliche Zahlung wieder geheilt werden (Senat, Urteil vom
  167. 23. September 1987 - VIII ZR 265/86, WuM 1988, 125 unter II 2 a).
  168. cc) Ferner setzt § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Gegensatz zur fristlosen
  169. Kündigung wegen Zahlungsverzuges ein Verschulden des Mieters voraus, worauf die Revision zu Recht hinweist. Während der Mieter beim Zahlungsverzug
  170. für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen hat und sich nicht deswegen
  171. auf § 286 Abs. 4 BGB bzw. § 285 BGB a.F. berufen kann (Staudinger/
  172. -9-
  173. Emmerich (2003), § 543 Rdnr. 56; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 286
  174. Rdnr. 39; Schmidt-Futterer/Blank, aaO, § 543 Rdnr. 90), entlastet ihn im Rahmen des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB eine unverschuldete Zahlungsunfähigkeit
  175. (Soergel/Heintzmann, aaO, § 564 b a.F. Rdnr. 32; Grapentin in Bub/Treier,
  176. aaO, IV Rdnr. 64; Palandt/Weidenkaff, aaO, § 573 Rdnr. 16; Reick in Bamberger/Roth, aaO, § 573 Rdnr. 28). Damit begünstigt § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB den
  177. Mieter bei einer ordentlichen Kündigung und eröffnet ihm im Gegensatz zur
  178. fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs die Möglichkeit, sich auf unvorhersehbare wirtschaftliche Engpässe zu berufen. Im Rahmen des Verschuldens
  179. kann zudem eine nachträgliche Zahlung des Mieters zu seinen Gunsten berücksichtigt werden, weil sie ein etwaiges Fehlverhalten in einem milderen Licht
  180. erscheinen läßt (OLG Stuttgart, WuM 1991, 526; OLG Karlsruhe, WuM 1992,
  181. 517; Soergel/Heintzmann, aaO, § 564 b a.F. Rdnr. 32; Krenek in Müller/
  182. Walther, Miet- und Pachtrecht (August 2004), § 573 Rdnr. 21; vgl. auch Sternel,
  183. Mietrecht, 3. Aufl., IV Rdnr. 49; a.A. Scholl, WuM 1993, 99 m.Nachw.). Auch
  184. wenn der Mieter wegen der Regelung des § 574 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht die
  185. Möglichkeit hat, eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach §§ 574 Abs. 1
  186. Satz 1, 574 a BGB zu verlangen, so sind seine Interessen aufgrund der obigen
  187. Erwägungen hinreichend geschützt, ohne daß es eines Rückgriffs auf die
  188. Schonfristklausel des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB oder des vom Berufungsgericht
  189. für diese Fälle zusätzlich herangezogenen Gesichtspunktes von Treu und
  190. Glauben bedarf.
  191. e) Soweit schließlich angenommen wird, die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung sei ohnehin unwirksam, da sie unter einer Bedingung - nämlich
  192. der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung - erklärt worden sei (LG Wiesbaden, WuM 1998, 284; Buchmann, WuM 1996, 78; Beuermann, WuM 1997,
  193. 151), überzeugt dies nicht. Zwar ist eine Kündigung grundsätzlich bedingungsfeindlich, solange die Wirkung der Kündigung nicht an das bloße Verhalten der
  194. - 10 -
  195. Gegenpartei geknüpft wird (Schmidt-Futterer/Blank, aaO, § 542 BGB Rdnr. 16).
  196. Wird dagegen der Zahlungsrückstand des Mieters zum Anlaß genommen, fristlos und hilfsweise fristgemäß zu kündigen, so ist auch die ordentliche Kündigung unbedingt erklärt mit der Einschränkung, daß die Wirksamkeit dieser Kündigung erst nachrangig zu prüfen ist (Schmidt-Futterer/Blank, aaO; offengelassen in: BVerfG, Beschluß vom 15. August 1996, NJW-RR 1996, 1479).
  197. III.
  198. Auf die Revision der Klägerin ist daher das Berufungsurteil aufzuheben.
  199. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht
  200. zurückzuverweisen, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist
  201. (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat, von seinem
  202. Standpunkt aus folgerichtig, bisher keine Feststellungen dazu getroffen, aus
  203. welchen Gründen die Beklagte ein Verschulden an den eingetretenen Zahlungsrückständen trifft.
  204. Dr. Deppert
  205. Ball
  206. Dr. Wolst
  207. Dr. Leimert
  208. Dr. Frellesen