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21 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VIII ZR 251/05
  5. Verkündet am:
  6. 25. Oktober 2006
  7. Ermel,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGB § 556a Abs. 1
  16. Rechnet der Vermieter preisfreien Wohnraums über Betriebskosten in gemischt genutzten Abrechnungseinheiten nach dem Flächenmaßstab ab, ohne einen Vorwegabzug der auf Gewerbeflächen entfallenden Kosten vorzunehmen, so trägt der Mieter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass diese Kosten zu einer erheblichen
  17. Mehrbelastung der Wohnraummieter führen und deshalb ein Vorwegabzug der auf
  18. die Gewerbeflächen entfallenden Kosten geboten ist (im Anschluss an Senatsurteil
  19. vom 8. März 2006 - VIII ZR 78/05, NJW 2006, 1419).
  20. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2006 - VIII ZR 251/05 - LG Berlin
  21. AG Schöneberg
  22. -2-
  23. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  24. vom 27. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers und Dr. Frellesen sowie die Richterinnen Hermanns und Dr. Hessel
  25. für Recht erkannt:
  26. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 63
  27. des Landgerichts Berlin vom 19. August 2005 aufgehoben.
  28. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  29. über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  30. Von Rechts wegen
  31. Tatbestand:
  32. 1
  33. Die Beklagten sind seit dem Jahr 1994 Mieter einer Wohnung in Berlin.
  34. Im Erdgeschoss des Anwesens sind Wohnräume mit einer Gesamtfläche von
  35. 473 m2 an einen Verein vermietet, der die Räume Behinderten zu Wohnzwecken überlässt (betreutes Wohnen). Der Kläger ist seit Dezember 2000 zum
  36. Zwangsverwalter des Grundstücks bestellt. Gemäß § 3 Nr. 1 des Mietvertrags
  37. haben die Beklagten neben der Miete monatliche Vorschusszahlungen auf die
  38. Betriebskosten sowie auf die Heiz- und Warmwasserkosten zu leisten. Nach § 4
  39. Nr. 1 des Vertrags sind die Miete und die Nebenkosten monatlich im Voraus,
  40. spätestens am dritten Werktag des Monats, an den Vermieter zu zahlen. Bis
  41. Oktober 2002 betrug die Miete einschließlich Vorschusszahlungen 523,96 €.
  42. -3-
  43. 2
  44. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2002 rechnete der Kläger über die Betriebskosten für das Jahr 2001 ab. Die anteilige Umlage der Gesamtkosten auf
  45. die Wohnung der Beklagten erfolgte nach dem Flächenmaßstab; einen Vorwegabzug für die Kosten, die auf das im Erdgeschoss des Hauses betriebene
  46. Wohnheim für Behinderte entfielen, nahm der Kläger nicht vor. Die Abrechnung
  47. ergab eine Nachforderung in Höhe von 762,80 €. In einem Schreiben vom
  48. 10. Oktober 2002 erklärte der Kläger eine Erhöhung des von den Beklagten zu
  49. zahlenden Betriebskostenvorschusses um 63,74 € ab November 2002. Die Beklagten zahlten weder den Nachforderungsbetrag aus der Betriebskostenabrechnung noch die Erhöhungsbeträge für den Betriebskostenvorschuss.
  50. 3
  51. Mit seiner am 8. Oktober 2004 bei Gericht eingegangenen und am
  52. 19. November 2004 zugestellten Klage hat der Kläger von den Beklagten unter
  53. anderem Zahlung von 3.506,41 € nebst Zinsen begehrt. Dieser Betrag setzt
  54. sich aus der restlichen Betriebskostenforderung für das Jahr 2001 in Höhe von
  55. 758,28 € (762,80 € abzüglich eines vom Kläger verrechneten Guthabens), einer
  56. Betriebskostennachforderung für 2002 von 694,41 €, den Erhöhungsbeträgen
  57. für den Betriebskostenvorschuss für den Zeitraum November 2002 bis September 2004 - insgesamt 1.466,02 € - und der Miete einschließlich Vorauszahlungen für Oktober 2004 von 587,70 € zusammen. Am 18. Oktober 2004 zahlten
  58. die Beklagten 523,96 € Miete für den Monat Oktober 2004. In Höhe dieses Betrages hat der Kläger die Klage zurückgenommen und beantragt, den Beklagten
  59. insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
  60. 4
  61. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung hat der
  62. Kläger sein Zahlungsbegehren nur noch hinsichtlich der Betriebskostennachforderung für das Jahr 2001 und der Erhöhungsbeträge für den Betriebskostenvorschuss - insgesamt in Höhe von 2.288,04 € nebst Zinsen - weiterverfolgt. In
  63. der mündlichen Berufungsverhandlung haben die Parteien in Bezug auf die Be-
  64. -4-
  65. triebskostenvorschüsse für die Monate Januar 2004 bis Oktober 2004
  66. (637,40 €) den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils der
  67. Klage in Höhe von 1.650,64 € nebst Zinsen stattgegeben und den Beklagten
  68. hinsichtlich des zurückgenommenen sowie des übereinstimmend für erledigt
  69. erklärten Teils der Klageforderung die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Mit
  70. ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagten die
  71. Wiederherstellung des erstinstanzlichen klageabweisenden Urteils.
  72. Entscheidungsgründe:
  73. 5
  74. Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
  75. I.
  76. 6
  77. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in GE 2005, 1553 veröffentlichten Entscheidung ausgeführt:
  78. 7
  79. Die Beklagten schuldeten aufgrund der Betriebskostenabrechnung für
  80. das Jahr 2001 eine Nachzahlung in Höhe von 758,28 €. Die Abrechnung sei
  81. nicht wegen eines fehlenden Vorwegabzugs für das im Haus befindliche Wohnheim für Behinderte unwirksam. Zwar sei das Mietverhältnis mit dem Verein,
  82. der das Wohnheim betreibe, als gewerbliches Mietverhältnis anzusehen. Jedoch sei es bei der Abrechnung von Betriebskosten nicht geboten, die auf gewerblich genutzte Flächen entfallenden Kosten stets vorweg von den Gesamtkosten abzuziehen und lediglich die verbleibenden Kosten auf die Wohnflächen
  83. zu verteilen. Im vorliegenden Fall habe es eines Vorwegabzugs der Gewerbefläche nicht bedurft, weil keine Anhaltspunkte dafür gegeben seien, dass das
  84. Wohnheim
  85. anteilig
  86. höhere
  87. Betriebskosten
  88. verursache.
  89. Der
  90. Verein
  91. -5-
  92. überlasse den Bewohnern die Räume zu Wohnzwecken. Bei einer genutzten
  93. Fläche von 473 m2 durch - nach Angaben des Klägers - etwa 20 Bewohner sei
  94. nicht ersichtlich, dass sich die anteilige Belegung von einer sonstigen Nutzung
  95. zu Wohnzwecken erheblich unterscheide. Für eine Nutzung durch wesentlich
  96. mehr Bewohner lägen keine Hinweise vor; sie seien auch von den Beklagten
  97. nicht vorgetragen. Der Umstand, dass die Bewohner aufgrund ihrer Behinderungen in den Räumen betreut würden, gebe keinen Anlass zu einer anderen
  98. Beurteilung. Vor allem sei nicht ersichtlich, dass die Unterbringung in der Art
  99. eines Hotel- oder Krankenhausbetriebs erfolge.
  100. 8
  101. Der Kläger könne für die Zeit von November 2002 bis Dezember 2003
  102. den Erhöhungsbetrag der Vorschusszahlungen von insgesamt 892,36 € verlangen. Aufgrund der Mieterhöhungserklärung des Klägers vom 10. Oktober 2002
  103. hätten sich die von den Beklagten geschuldeten Betriebskostenvorschüsse gemäß § 560 Abs. 4 BGB um monatlich 63,74 € ab November 2002 erhöht. Die
  104. Erhöhungserklärung sei den Beklagten gemeinsam mit der Betriebskostenabrechnung für 2001 zugegangen. Die Beklagten seien dem Vorbringen des Klägers, beide Erklärungen am 15. Oktober 2002 zugestellt zu haben, nicht hinreichend entgegengetreten. Da die Abrechnung den Beklagten nach dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils unstreitig zugegangen sei und sie diese
  105. auch in Ablichtung mit der Klageerwiderung eingereicht hätten, könnten sie den
  106. Erhalt der auf die Abrechnung Bezug nehmenden Erhöhungserklärung nicht mit
  107. Nichtwissen bestreiten.
  108. 9
  109. Soweit der Kläger die Klage in Höhe des von den Beklagten gezahlten
  110. Teilbetrags von 523,96 € zurückgenommen habe, entspreche es billigem Ermessen, die Kosten den Beklagten aufzuerlegen, weil sie sich mit der Mietzahlung in Verzug befunden hätten (§ 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO). Allein aufgrund
  111. ständiger verspäteter Zahlungen in der Vergangenheit bestünden keine An-
  112. -6-
  113. haltspunkte für eine einvernehmliche Abänderung der vertraglichen Fälligkeitsvereinbarung. Auch hinsichtlich der teilweisen Erledigung der Hauptsache in
  114. Bezug auf die Erhöhung der Betriebskostenvorschüsse für 2004 seien die
  115. Kosten gemäß § 91a ZPO den Beklagten aufzuerlegen, weil die Klage ohne die
  116. durch Zeitablauf eingetretene Abrechnungsreife begründet gewesen wäre.
  117. II.
  118. 10
  119. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
  120. 11
  121. 1. Die Revision hat Erfolg, soweit das Berufungsgericht einen Anspruch
  122. des Klägers auf Zahlung der restlichen Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2001 von 758,28 € bejaht hat. Die Annahme des Berufungsgerichts, es habe eines Vorwegabzugs der auf das im Erdgeschoss des
  123. Hauses betriebene Wohnheim für Behinderte entfallenden Betriebskosten nicht
  124. bedurft, beruht auf einer unzureichenden Tatsachenfeststellung.
  125. 12
  126. a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem
  127. Mietvertrag mit dem Betreiber des Wohnheims um ein gewerbliches Mietverhältnis handelt. Dies wird von den Parteien nicht beanstandet. Weiter hat das
  128. Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass die auf gewerbliche Mietverhältnisse entfallenden Betriebskosten nicht stets vorweg von den anteilig auf die
  129. Mieter von Wohnraum umzulegenden Gesamtkosten abzuziehen sind. Wie der
  130. Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, ist bei der Abrechnung
  131. des Vermieters von preisfreiem Wohnraum über Betriebskosten in gemischt
  132. genutzten Abrechnungseinheiten - soweit die Parteien, wie hier, nichts anderes
  133. vereinbart haben - ein Vorwegabzug der auf Gewerbeflächen entfallenden Kosten für alle oder einzelne Betriebskostenarten jedenfalls dann nicht geboten,
  134. wenn diese Kosten nicht zu einer ins Gewicht fallenden Mehrbelastung der
  135. -7-
  136. Wohnraummieter führen (Urteil vom 8. März 2006 - VIII ZR 78/05, NJW 2006,
  137. 1419, unter II A 1 a aa). Das gilt entgegen der Auffassung der Revision auch im
  138. Anwendungsbereich des - für den Abrechnungszeitraum 2001 bereits geltenden
  139. (vgl. Art. 229 § 3 Abs. 9 EGBGB) - § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach die Betriebskosten grundsätzlich nach dem Flächenmaßstab umzulegen sind (Senat,
  140. aaO, unter II A 2 b). Hieran hält der Senat fest.
  141. b) Die bisherigen Tatsachenfeststellungen tragen aber nicht die Annah-
  142. 13
  143. me des Berufungsgerichts, ein Vorwegabzug der auf das Wohnheim entfallenden Betriebskosten sei nicht geboten gewesen, weil das Wohnheim keine erheblich höheren Kosten verursache. Das Revisionsgericht kann die Feststellung
  144. der Voraussetzungen eines unbestimmten Rechtsbegriffs - wie hier die Erheblichkeit einer Mehrbelastung - zwar nur beschränkt darauf überprüfen, ob der
  145. Tatrichter wesentliche Umstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt
  146. hat, Erfahrungssätze verletzt oder Verfahrensfehler begangen hat (Senat, aaO,
  147. unter II A 1 a aa (2) m.w.Nachw.). Ein solcher Rechtsverstoß liegt hier indessen
  148. vor.
  149. 14
  150. aa) Nicht zu beanstanden ist es allerdings, dass das Berufungsgericht
  151. die Notwendigkeit eines Vorwegabzugs hinsichtlich verbrauchsabhängiger Betriebskosten verneint hat. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts werden die von dem Betreiber des Wohnheims gemieteten Räume im Erdgeschoss Behinderten zu Wohnzwecken überlassen. Hinsichtlich der
  152. tatsächlichen Nutzungsart besteht somit im vorliegenden Fall kein Unterschied
  153. zwischen dem gewerblichen Mietverhältnis und den Wohnraummietverhältnissen. Unter diesen Umständen ist es entgegen der Auffassung der Revision unerheblich, wie viele Behinderte im Erdgeschoss wohnen und ob durch diese
  154. Bewohner verhältnismäßig höhere verbrauchsabhängige Betriebskosten verursacht werden als durch die übrigen Mieter. Da alle Bewohner zur Entstehung
  155. -8-
  156. der verbrauchsabhängigen Gesamtkosten in unterschiedlichem Maße beitragen
  157. - etwa durch unterschiedlichen Wasser- und Energieverbrauch -, sind Ungenauigkeiten bei der Verteilung verbrauchsabhängiger Betriebskosten nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Flächenmaßstab (§ 556a Abs. 1 Satz 1 BGB) auch
  158. bei Wohnraummietverhältnissen im Regelfall nicht zu vermeiden; solche Ungenauigkeiten müssen vom Mieter - im Interesse einer Vereinfachung der Abrechnung - grundsätzlich hingenommen werden (Senat, aaO). Dies gilt auch für den
  159. hier vorliegenden Fall, in dem die gewerblich vermieteten Räume ausschließlich
  160. zu Wohnzwecken genutzt werden. Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf
  161. hingewiesen, dass es hinsichtlich des Vorwegabzugs von verbrauchsabhängigen Betriebskosten keinen Unterschied machen kann, ob ein Vermieter Mietverträge mit den einzelnen Bewohnern unmittelbar abschließt oder ob ein Zwischenmieter eingeschaltet ist.
  162. 15
  163. bb) Zu Recht rügt die Revision jedoch, dass das Berufungsgericht unter
  164. Verstoß gegen § 286 ZPO das Vorbringen der Beklagten übergangen hat, dass
  165. ein Vorwegabzug jedenfalls hinsichtlich bestimmter verbrauchsunabhängiger
  166. Betriebskosten - Feuer- und Gebäudehaftpflichtversicherung sowie Grundsteuer - geboten sei, weil diese durch den Betrieb des Behindertenwohnheims wesentlich erhöht würden und deren Berücksichtigung in der Abrechnung deshalb
  167. zu einer erheblichen Mehrbelastung der übrigen Mieter führe. Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen. Sein Urteil lässt auch nicht erkennen, dass sich das Berufungsgericht mit diesem Vorbringen, auf das die
  168. Beklagten im zweiten Rechtszug Bezug genommen haben, auseinandergesetzt
  169. hat. Auf diesem Rechtsfehler beruht das Berufungsurteil (§ 545 Abs. 1 ZPO),
  170. weil nicht auszuschließen ist, dass das Berufungsgericht die Erforderlichkeit
  171. des Vorwegabzugs - hinsichtlich der vorgenannten Betriebskostenarten - anders beurteilt hätte, wenn es das Vorbringen der Beklagten berücksichtigt hätte.
  172. -9-
  173. 16
  174. Dies wird das Berufungsgericht nachzuholen haben. Dabei wird es davon
  175. auszugehen haben, dass die Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für ihre
  176. Behauptung tragen, die gewerbliche Vermietung an den Betreiber des Behindertenwohnheims habe eine wesentliche Erhöhung der Versicherungskosten
  177. und der Grundsteuer verursacht und in der Betriebskostenabrechnung des Klägers zu einer erheblichen Mehrbelastung der Wohnungsmieter geführt. Da die
  178. Bestimmung des § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB einen Vorwegabzug von Gewerbeflächen nicht generell fordert (Senat, aaO, unter II A 2 b), ist es Sache des Mieters, die Tatsachen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, welche einen
  179. Vorwegabzug - aus Gründen der Billigkeit (§§ 315, 316 BGB; Senat, aaO, unter
  180. II A 1 a aa (2)) - ausnahmsweise geboten erscheinen lassen (Blank, LMK 2006,
  181. 178495; Lützenkirchen, BGH-Report 2006, 631; Schach, GE 2006, 478, 479).
  182. Hinsichtlich der hierfür erforderlichen Informationen kann der Mieter Auskunft
  183. vom Vermieter und Einsicht in die der Abrechnung zugrunde liegenden Belege
  184. verlangen (Lützenkirchen, aaO); soweit danach der Mieter weiterhin nicht in der
  185. Lage sein sollte, die für einen Vorwegabzug der Gewerbeflächen maßgebenden
  186. Tatsachen vorzutragen, während der Vermieter über die entsprechende Kenntnis verfügt und ihm nähere Angaben zumutbar sind, kommt zu Gunsten des
  187. Mieters eine Modifizierung seiner Darlegungslast nach den Grundsätzen über
  188. die sekundäre Behauptungslast (hier: des Vermieters) in Betracht (zur sekundären Behauptungslast: BGHZ 86, 23, 29; Senatsurteil vom 18. Mai 2005
  189. - VIII ZR 368/03, NJW 2005, 2395 unter II 3 b cc m.w.Nachw.; Zöller/Greger,
  190. ZPO, 25. Aufl., vor § 284 Rdnr. 34).
  191. 17
  192. 2. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung auch insoweit
  193. nicht stand, als die Beklagten verurteilt worden sind, an den Kläger die Erhöhungsbeträge des Betriebskostenvorschusses von 63,74 € für den Zeitraum
  194. von November 2002 bis Dezember 2003 - insgesamt 892,36 € - zu zahlen.
  195. - 10 -
  196. 18
  197. Gemäß § 560 Abs. 4 BGB kann jede Vertragspartei nach einer Abrechnung durch Erklärung in Textform eine Anpassung der vereinbarten Betriebskostenvorauszahlungen auf eine angemessene Höhe vornehmen. Zutreffend
  198. hat das Berufungsgericht angenommen, dass die vom Kläger mit Schreiben
  199. vom 10. Oktober 2002 erklärte Erhöhung des monatlich zu zahlenden Betriebskostenvorschusses nur wirksam geworden ist, wenn die Erklärung den Beklagten zugegangen ist (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB). Zu Recht rügt die Revision jedoch, dass das Berufungsgericht den Zugang der Erhöhungserklärung nicht
  200. rechtsfehlerfrei festgestellt hat (§ 286 ZPO).
  201. 19
  202. Der Kläger hat vorgetragen, das Erhöhungsschreiben sei am 15. Oktober
  203. 2002 durch einen Boten zusammen mit der Betriebskostenabrechnung für 2001
  204. in den Briefkasten der Beklagten eingeworfen worden. Das Berufungsgericht ist
  205. zwar davon ausgegangen, dass die Beklagten den Zugang des Erhöhungsschreibens bestritten haben. Es hat jedoch gemeint, die Beklagten könnten, da
  206. ihnen die Betriebskostenabrechnung für 2001 unstreitig zugegangen sei, den
  207. Erhalt "der weiteren aufeinander Bezug nehmenden Erklärung nicht einfach mit
  208. Nichtwissen bestreiten".
  209. 20
  210. Diese Begründung ist nicht tragfähig. Aus dem Umstand, dass die Beklagten die Betriebskostenabrechnung vom 8. Oktober 2002 erhalten haben,
  211. folgt nicht ohne weiteres, dass ihnen auch das nach dem bestrittenen Vortrag
  212. des Klägers ebenfalls am 15. Oktober 2002 in ihren Briefkasten eingeworfene
  213. Erhöhungsschreiben vom 10. Oktober 2002 zugegangen ist. Im Übrigen trifft es
  214. auch nicht zu, dass die den Beklagten zugegangene Betriebskostenabrechnung
  215. etwa auf das (weitere) Schreiben vom 10. Oktober 2002 Bezug nimmt. Die Beklagten waren deshalb entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht
  216. gehindert, den Zugang dieses Schreibens zu bestreiten. Das Berufungsgericht
  217. hätte daher den Zugang dieses Schreibens nicht bejahen dürfen, ohne den vom
  218. - 11 -
  219. Kläger angebotenen Beweis für den Einwurf auch dieses Schreibens in den
  220. Briefkasten der Beklagten zu erheben.
  221. 21
  222. 3. Vergeblich rügt die Revision, dass das Berufungsgericht den Beklagten auf Antrag des Klägers wegen des am 18. Oktober 2004 - vor Eintritt der
  223. Rechtshängigkeit - gezahlten und daraufhin vom Kläger zurückgenommenen
  224. Teils der Klageforderung in Höhe von 523,96 € gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3
  225. ZPO - in der seit dem 1. September 2004 geltenden Fassung (BGBl. I
  226. S. 2198) - die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat. Es entspricht billigem Ermessen (§ 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO), den Beklagten insoweit die Kosten des
  227. Rechtsstreits aufzuerlegen, weil die Beklagten dem Kläger Anlass zur Klage
  228. gegeben haben, der erst nach Klageeinreichung entfallen ist.
  229. 22
  230. Der Anspruch des Klägers auf die Oktobermiete war im Zeitpunkt der
  231. Zahlung fällig. Gemäß § 4 Nr. 1 des Mietvertrags sind die Miete und die Nebenkosten monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats, an
  232. den Vermieter zu zahlen. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen,
  233. dass der vertraglich vereinbarte Zeitpunkt der Fälligkeit nicht dadurch abgeändert worden ist, dass die Beklagten, wie sie vorgetragen haben, die Miete seit
  234. Vertragsbeginn jeweils in der Mitte des Monats gezahlt haben und der Vermieter dies hingenommen habe. Die Würdigung des Berufungsgerichts, die vom
  235. Revisionsgericht nur eingeschränkt auf das Vorliegen von Rechtsfehlern überprüfbar ist, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision
  236. geltend macht, der Fälligkeitszeitpunkt sei infolge der vorgenannten Umstände
  237. geändert worden, setzt sie lediglich ihre eigene Auffassung gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, ohne einen Rechtsfehler aufzuzeigen.
  238. 23
  239. Zu Unrecht meint die Revision, die Klage auf Zahlung der Miete für Oktober 2004 sei rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), weil der Kläger die Klage-
  240. - 12 -
  241. schrift bereits am 8. Oktober 2004 bei Gericht eingereicht habe, ohne die Beklagten zuvor zu mahnen. Wie sich aus den von den Beklagten selbst vorgelegten Mahnschreiben des Klägers vom 4. Juni 2003 und vom 9. Oktober 2003
  242. ergibt, hat der Kläger die Beklagten wiederholt aufgefordert, die weiteren laufenden Mietzahlungen bis zum dritten Werktag eines jeden Monats auf das Mietenkonto zu überweisen; zudem hat er in beiden Schreiben die Erhebung einer
  243. Klage wegen des eingetretenen Mietrückstandes angedroht. Bereits aus diesen
  244. Umständen folgt, dass die Beklagten nicht davon ausgehen durften, der Kläger
  245. gebe sich mit der ständig verspäteten Mietzahlung zufrieden, so dass sich die
  246. Klageerhebung nach Eintritt der Fälligkeit der Miete nicht als rechtsmissbräuchlich darstellt.
  247. 24
  248. 4. Mit Erfolg rügt die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht den
  249. Beklagten gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO hinsichtlich des im Berufungsrechtszug übereinstimmend für erledigt erklärten Anspruchs des Klägers auf
  250. Zahlung der Erhöhungsbeträge für den Betriebskostenvorschuss von Januar
  251. 2004 bis Oktober 2004 (637,40 €) die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat.
  252. Das Berufungsgericht ist bei seiner Kostenentscheidung davon ausgegangen,
  253. dass die Vorschusserhöhung gerechtfertigt ist, weil es eines Vorwegabzugs von
  254. Betriebskosten nicht bedurfte (oben 1.), und dass den Beklagten das Erhöhungsschreiben des Klägers vom 10. Oktober 2002 zugegangen ist (oben 2.).
  255. Da das Berufungsurteil insoweit der Aufhebung unterliegt, kann auch die hierauf
  256. beruhende Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO keinen Bestand
  257. haben.
  258. - 13 -
  259. III.
  260. 25
  261. Auf die Revision der Beklagten ist das Berufungsurteil daher aufzuheben,
  262. und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
  263. Ball
  264. Wiechers
  265. Hermanns
  266. Dr. Frellesen
  267. Dr. Hessel
  268. Vorinstanzen:
  269. AG Berlin-Schöneberg, Entscheidung vom 16.03.2005 - 6 C 482/04 LG Berlin, Entscheidung vom 19.08.2005 - 63 S 118/05 -