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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VIII ZR 133/03
  5. Verkündet am:
  6. 24. März 2004
  7. Potsch,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  14. vom 24. März 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter
  15. Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Dr. Leimert und Wiechers
  16. für Recht erkannt:
  17. Auf die Rechtsmittel der Kläger werden das Urteil der Zivilkammer
  18. 62 des Landgerichts Berlin vom 31. März 2003 aufgehoben und
  19. das
  20. Urteil
  21. des
  22. Amtsgerichts
  23. Tempelhof-Kreuzberg
  24. vom
  25. 12. Dezember 2002 abgeändert.
  26. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.019,84 € nebst 5 %
  27. Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23. Oktober 2002 zu zahlen.
  28. Im übrigen werden die Klage abgewiesen und die Rechtsmittel der
  29. Kläger zurückgewiesen.
  30. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  31. Von Rechts wegen
  32. -3-
  33. Tatbestand:
  34. Die Kläger sind Mieter einer Drei-Zimmer-Mietwohnung in dem Mehrfamilienhaus der Beklagten in dem Anwesen O.
  35. straße
  36. in Berlin. In § 1
  37. des Mietvertrages vom 15. Februar 1993 heißt es: "Wohnfläche ca. 96 m2". In
  38. § 5 Ziff. 6 des Mietvertrages, der die Umlegung der Betriebskosten regelt, ist die
  39. Wohnfläche mit 96,00 m2 angegeben. Die Wohnfläche der vermieteten Wohnung beträgt tatsächlich nur 85,91 m2.
  40. Mit der Klage verlangen die Kläger zuletzt noch Rückzahlung der auf die
  41. Flächendifferenz entfallenden Miete für die Zeit von Juni 1998 bis Mai 2002 in
  42. Höhe von 2.040,24 €.
  43. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
  44. verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
  45. Entscheidungsgründe:
  46. I.
  47. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in GE 2003, 882 veröffentlicht ist,
  48. hat zur Begründung ausgeführt:
  49. Den Klägern stehe kein Anspruch auf Rückzahlung zuviel gezahlter Miete zu. Die Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag mit "ca. 96 m2" stelle keine
  50. Zusicherung dar, sondern sei lediglich eine unverbindliche Beschreibung des
  51. Objekts. Ein Mangel der Mietsache liege ebenfalls nicht vor. Es sei nicht ersichtlich, daß durch die Flächenabweichung die Gebrauchstauglichkeit der
  52. Räume in nicht nur unerheblicher Weise beeinträchtigt sei. Zudem sei die Flä-
  53. -4-
  54. chendifferenz von 10,51 % noch von der allgemein anerkannten Maßtoleranz
  55. von 10 % gedeckt.
  56. II.
  57. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
  58. Weist eine gemietete Wohnung tatsächlich eine Wohnfläche auf, die
  59. mehr als 10 % unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche liegt, stellt dieser
  60. Umstand einen Mangel der Mietsache nach § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. und
  61. einen Fehler nach § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. dar, der den Mieter zur Minderung berechtigt (Senat, Urteil vom 24. März 2004 - VIII ZR 295/03, zur Veröffentlichung bestimmt).
  62. Im vorliegenden Fall ist die Erheblichkeitsgrenze von 10 % überschritten.
  63. Eine darüber hinausgehende Maßtoleranz ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts im Interesse der Rechtssicherheit nicht anzuerkennen. Sie widerspräche der gesetzlichen Regelung des ohnehin schon als Ausnahme gefaßten
  64. § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB n.F. (§ 537 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.). Mit der Festlegung der Wesentlichkeitsgrenze auf 10 % steht einerseits fest, daß geringere
  65. Abweichungen eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit darstellen. Andererseits ergibt sich daraus, daß größere Differenzen in jedem Fall als erheblich
  66. anzusehen sind.
  67. Dem steht nicht entgegen, daß die Wohnfläche im Mietvertrag nur mit
  68. "ca. 96 m2" angegeben ist. Zwar läßt diese Formulierung, wie das Berufungsurteil im Ansatz zutreffend angenommen hat, erkennen, daß es den Parteien nicht
  69. entscheidend auf die genaue Wohnungsgröße von 96 m2 ankam, sondern
  70. durchaus Toleranzen hingenommen werden sollten. Auch für solche Toleran-
  71. -5-
  72. zen ist jedoch die Grenze dort zu ziehen, wo die Unerheblichkeit einer Tauglichkeitsminderung im Sinne der §§ 536 Abs. 1 Satz 3 BGB n.F. und 537 Abs. 1
  73. Satz 2 BGB a.F. endet. Diese Grenze ist, wie oben ausgeführt, im Interesse der
  74. Praktikabilität und Rechtssicherheit bei 10 % zu ziehen. Eine zusätzliche Toleranz ist dann nicht mehr gerechtfertigt; sie würde im übrigen das Problem der
  75. Abgrenzung zwischen unwesentlicher und nicht mehr unwesentlicher Tauglichkeitsminderung nur verlagern.
  76. III.
  77. Auf die Revision der Kläger ist daher das Berufungsurteil aufzuheben. Da
  78. es weiterer Feststellungen nicht bedarf, ist die Sache zur Endentscheidung reif
  79. (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die
  80. gezahlte Miete betrug im maßgeblichen Zeitraum
  81. 4,17 €/m2, so daß sich bei einer Abweichung von 10,09 m2 eine monatliche
  82. Überzahlung von 42,08 € ergibt. Für den Zeitraum Juni 1998 bis Mai 2002 errechnet sich damit ein Gesamtbetrag von 2.019,84 €, der als ungerechtfertigte
  83. Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB an die Kläger zurückzuzahlen ist.
  84. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden geringfügigen Zuvielforderung von
  85. -6-
  86. 20,40 €, die sich kostenmäßig nicht auswirkt (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), ist die
  87. Klage unbegründet.
  88. Dr. Hübsch
  89. zugleich für die wegen Urlaubs
  90. an der Unterschriftsleistung
  91. verhinderte Vorsitzende Richterin
  92. Dr. Deppert
  93. Dr. Beyer
  94. Dr. Leimert
  95. Wiechers