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8.2 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. VII ZR 195/08
  4. vom
  5. 8. Juli 2010
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Bauner, Dr. Eick, Halfmeier
  9. und Leupertz
  10. beschlossen:
  11. Der Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision wird stattgegeben.
  12. Das Schlussurteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle
  13. vom 25. September 2008 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben.
  14. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  15. über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an
  16. das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  17. Gegenstandswert: 74.125,00 €
  18. Gründe:
  19. I.
  20. 1
  21. Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn aus abgetretenem Recht der
  22. B.-GmbH, die von dem Beklagten als Generalunternehmer mit der Errichtung
  23. eines Zweifamilienhauses beauftragt war und ihrerseits der Klägerin als Subunternehmer die Gewerke Sanitär, Heizung und Lüftung übertragen hatte. Die
  24. Werkleistungen der B.-GmbH wurden am 23. Juli 2002 abgenommen. Am glei-
  25. -3-
  26. chen Tage trat die Klägerin u.a. die (später) an sie zedierten Restwerklohnforderungen der B.-GmbH gegen den Beklagten (im Voraus) zur Sicherheit an die
  27. Kreissparkasse W. mit der Maßgabe ab, dass die Zession bis auf Weiteres
  28. nicht offengelegt werden und die Klägerin weiterhin zur Einziehung der von der
  29. Sicherungsabtretung umfassten Forderungen im eigenen Namen berechtigt
  30. sein sollte.
  31. Die Klägerin hat mit der Klage ursprünglich die ihr aus eigenem Recht
  32. 2
  33. gegen den Beklagten zustehenden Werklohnforderungen geltend gemacht und
  34. die Klage mit einem am 30. September 2003 zugestellten Schriftsatz vom
  35. 22. September 2003 auf die an sie abgetretenen Restwerklohnansprüche der
  36. B.-GmbH in Höhe von insgesamt 74.125,00 € erweitert.
  37. Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der aus abgetretenem Recht
  38. 3
  39. geltend gemachten Forderung in Höhe von 42.186,67 €, teilweise Zug-um-Zug
  40. gegen Nachbesserung, stattgegeben und die Klage in diesem Punkt im Übrigen
  41. abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.
  42. Nachdem der Beklagte im Berufungsverfahren die Abtretung der streitigen Klageforderung an die Kreissparkasse W. vorgetragen hatte, hat die Klägerin sich
  43. erstmals mit einem am 7. Mai 2008 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hilfsweise darauf berufen, sie sei ermächtigt, die an die Kreissparkasse W. abgetretenen Forderungen im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen. Gegen
  44. diesen Anspruch hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. Dem ist
  45. das
  46. Berufungsgericht
  47. gefolgt,
  48. indem
  49. es
  50. durch
  51. Schlussurteil
  52. vom
  53. 25. September 2009 der Berufung des Beklagten unter Zurückweisung des
  54. Rechtsmittels der Klägerin stattgegeben und die auf Forderungen aus abgetretenem Recht gestützte Klage abgewiesen hat. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin, mit
  55. der sie ihr Klageziel weiterverfolgt.
  56. -4-
  57. II.
  58. 4
  59. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision
  60. hat Erfolg. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung des Anspruchs auf
  61. rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG. Es ist deshalb aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 544 Abs. 7 ZPO.
  62. 5
  63. Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind unter Berücksichtigung der
  64. für die Verjährung maßgeblichen Überleitungsvorschriften in Art. 229 § 6
  65. EGBGB die bis 31. Dezember 2001 geltenden Gesetze anzuwenden, Art. 229
  66. § 5 Satz 1 EGBGB.
  67. 1. Das Berufungsgericht meint, die Klageforderung, welche die Klägerin
  68. 6
  69. aus dem Recht der Kreissparkasse W. im eigenen Namen geltend mache, sei
  70. verjährt. Die Verjährung sei in Ansehung der am 23. Juli 2002 erfolgten Abnahme mit Ablauf des 31. Dezember 2004 gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 BGB a.F., §§ 199 Abs. 1, 641 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 229 § 5 Satz 1, § 6
  71. Abs. 1
  72. Satz 1,
  73. Abs. 3
  74. EGBGB
  75. eingetreten.
  76. Sie
  77. sei
  78. durch
  79. die
  80. am
  81. 30. September 2003 zugestellte Klageerweiterung nicht gehemmt worden, weil
  82. die Klägerin die Abtretung an die Kreisparkasse W. und die Prozessstandschaft
  83. nicht offen gelegt, sondern ihre Forderung allein auf eigenes, von der B.-GmbH
  84. erworbenes Recht gestützt habe.
  85. 7
  86. 2. Die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es eine Hemmung
  87. der Verjährung durch Zustellung des Schriftsatzes vom 22. September 2003 am
  88. 30. September 2003 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Verbindung mit Art. 229,
  89. § 6 Abs. 1 Satz 1, 2 EGBGB verneint hat, beruhen auf einer Verletzung des
  90. Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
  91. -5-
  92. 8
  93. Ein Verstoß gegen den Anspruch auf die Gewährung rechtlichen Gehörs
  94. liegt vor, wenn das Gericht entscheidungserhebliches Parteivorbringen nicht zur
  95. Kenntnis nimmt. Diese Voraussetzungen können auch dann erfüllt sein, wenn
  96. die Begründung der angefochtenen Entscheidung nur den Schluss zulässt,
  97. dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den Sinn des Parteivortrags erfassenden Wahrnehmung beruht (BGH, Beschluss vom 9. Februar
  98. 2009 - II ZR 77/08, NJW 2009, 2137). So liegt der Fall hier.
  99. 9
  100. a) Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 3. Juni 2008 unwidersprochen vorgetragen, dass es sich bei der zwischen ihr und der Kreissparkasse W. vereinbarten (Voraus-) Abtretung um eine stille Sicherungszession handelte und auf
  101. die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen, wonach der Zedent
  102. im Sonderfall einer stillen Sicherungszession berechtigt ist, die abgetretene
  103. Forderung im eigenen Namen einzuklagen und
  104. damit die Unterbre-
  105. chung/Hemmung der Verjährung auch dann herbeiführt, wenn er die Abtretung
  106. im Prozess nicht offen legt (BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98,
  107. NJW 1999, 2110; Urteil vom 11. November 1977 - I ZR 80/75, NJW 1978, 698).
  108. Sie hat zudem den Unterschied zu den Fällen herausgearbeitet, in denen die
  109. Klage eines Zedenten, der die Forderung nicht zur Sicherung abgetreten hat,
  110. die Verjährung selbst dann nicht hemmt, wenn er zur Einziehung ermächtigt ist,
  111. jedoch die Abtretung nicht offen legt (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1972
  112. - I ZR 75/71, NJW 1972, 1580).
  113. 10
  114. Das Berufungsgericht hat zwar auf dieses Vorbringen der Klägerin und
  115. die im Schriftsatz vom 3. Juni 2008 erwähnten Entscheidungen Bezug genommen, jedoch offenbar weder den Inhalt des Sachvortrags noch seinen durch
  116. Rechtsprechung untermauerten Sinn erfasst. Es sieht sich in seiner Auffassung
  117. bestätigt durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 30. Mai 1972
  118. (I ZR 75/71, NJW 1972, 1580) und 11. November 1977 (I ZR 80/75, NJW 1978,
  119. -6-
  120. 698), wonach für eine Unterbrechung/Hemmung der Verjährung die Offenlegung von Weiterabtretung und Prozessstandschaft erforderlich sei, wenn die
  121. Klage ursprünglich auf durch Abtretung erworbenes Recht gestützt und die
  122. Wirksamkeit der Abtretung später zweifelhaft werde. Damit übergeht das Berufungsgericht den Sachvortrag der Klägerin zur Vereinbarung einer stillen Sicherungszession zwischen ihr und der Kreissparkasse W. Denn gerade für diesen
  123. Fall hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 11. November 1977 (I ZR 80/75,
  124. NJW 1978, 698) und in ausdrücklicher Abgrenzung zu der vom Berufungsgericht herangezogenen, dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30. Mai 1972
  125. (I ZR 75/71, NJW 1972, 1580) zugrunde liegenden Fallkonstellation entschieden, dass die Verjährung der zedierten Forderung auch dann durch gerichtliche
  126. Geltendmachung unterbrochen wird, wenn der Gläubiger die Sicherungszession nicht offen legt. Die dies ignorierenden Erwägungen des Berufungsgerichts
  127. lassen keinen anderen Schluss zu als den, dass es den Sachvortrag der Klägerin nicht zur Kenntnis genommen, jedenfalls seinen Sinn nicht erfasst hat. Nicht
  128. nachzuvollziehen ist es im Übrigen, warum die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. November 1977 (I ZR 80/75, NJW 1978, 698) überholt sein
  129. soll. Das Gegenteil ist der Fall. Der Bundesgerichtshof hat sie - worauf die Klägerin mit Recht hinweist - bestätigt (BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR
  130. 101/98, NJW 1999, 2110).
  131. -7-
  132. 11
  133. b) Der Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör ist entscheidungserheblich. Nach der dargestellten Rechtsprechung ist die Verjährung im
  134. September 2003 gehemmt worden.
  135. Kniffka
  136. Bauner
  137. Halfmeier
  138. Eick
  139. Leupertz
  140. Vorinstanzen:
  141. LG Stade, Entscheidung vom 12.07.2007 - 4 O 93/03 OLG Celle, Entscheidung vom 25.09.2008 - 6 U 130/07 -