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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. VII ZB 69/05
  4. vom
  5. 30. März 2006
  6. in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. BRAGO § 13 Abs. 5 Satz 2
  14. a) § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO ist nur dann anwendbar, wenn einem Rechtsanwalt
  15. nach Erledigung eines früheren Auftrags ein weiterer Auftrag erteilt worden ist.
  16. b) Es ist keine Erledigung des Auftrags im Sinne des § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO,
  17. wenn ein gerichtliches Verfahren länger als drei Monate ruht.
  18. BGH, Beschluss vom 30. März 2006 - VII ZB 69/05 - OLG Bamberg
  19. LG Bayreuth
  20. -2-
  21. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. März 2006 durch den
  22. Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Dr. Wiebel, Dr. Kuffer,
  23. Prof. Dr. Kniffka und Bauner
  24. beschlossen:
  25. Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des
  26. 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 4. Mai 2005
  27. wird zurückgewiesen.
  28. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
  29. Gründe:
  30. I.
  31. 1
  32. Der Beklagte begehrt die Kostenfestsetzung weiterer Rechtsanwaltsgebühren. Die im Januar 1995 gegen ihn erhobene Klage ist mit Urteil vom
  33. 24. November 2003 kostenpflichtig abgewiesen worden. Von Oktober 1996 bis
  34. April 2002 ist der Rechtsstreit im Hinblick auf mehrere selbständige Beweisverfahren, in denen dem Beklagten der Streit verkündet gewesen ist, wegen Vorgreiflichkeit ausgesetzt gewesen.
  35. 2
  36. Der Beklagte hat beantragt, eine Prozess-, eine Verhandlungs- und eine
  37. Beweisgebühr sowie eine Auslagenpauschale für die Vertretung in dem Verfahren vor dem Landgericht für den Zeitraum vor der Aussetzung des Verfahrens
  38. festzusetzen. Diese Gebühren hat der Beklagte nach einem Streitwert in Höhe
  39. von 290.038,25 DM auf jeweils 1.659,14 € berechnet. Er hat außerdem bean-
  40. -3-
  41. tragt, gemäß § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO drei weitere Gebühren in Höhe von
  42. jeweils 1.739 €, berechnet nach einem Streitwert in Höhe von 172.023 €, sowie
  43. eine Auslagenpauschale für das Verfahren nach dessen Aussetzung festzusetzen. Das Landgericht hat diese Kosten antragsgemäß festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hat das Beschwerdegericht den Kostenfestsetzungsbeschluss abgeändert und die Festsetzung weiterer Gebühren gemäß
  44. § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO abgelehnt. Das Beschwerdegericht hat die Beweisgebühr in Höhe von 3.245 DM (= 1.659,14 €) und die Prozess- und Verhandlungsgebühr in Höhe von jeweils 3.405 DM (= 1.740,95 €) festgesetzt. Es hat
  45. ausgeführt, unter Berücksichtigung weiterer Kosten, die unstreitig seien, ergebe
  46. sich ein Erstattungsbetrag in Höhe von 7.407,19 €, wegen der nur beschränkt
  47. eingelegten sofortigen Beschwerde des Klägers sei gemäß § 308 ZPO jedoch
  48. ein Betrag in Höhe von 7.482,70 € festzusetzen.
  49. Der Beklagte möchte mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde die Zu-
  50. 3
  51. rückweisung der sofortigen Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts erreichen.
  52. II.
  53. 4
  54. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
  55. 5
  56. 1. a) Das Beschwerdegericht geht zutreffend davon aus, dass § 13
  57. Abs. 5 BRAGO nur dann anwendbar ist, wenn einem Rechtsanwalt nach Erledigung eines früheren Auftrags ein weiterer Auftrag erteilt worden ist (vgl. auch
  58. OLG
  59. Karlsruhe,
  60. JurBüro
  61. 1998,
  62. 26
  63. = AnwBl
  64. 1998,
  65. 217;
  66. Madert
  67. in:
  68. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 34. Auflage, § 13 Rdn. 93;
  69. Riedel/Sußbauer/Fraunholz, BRAGO, 8. Auflage, § 13 Rdn. 52; Goebel/
  70. -4-
  71. Gottwald/Onderka, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, § 15 Rdn. 43; vgl. auch
  72. BT-Drucks. 12/6962, S. 102). Der Beklagte hat seinem Prozessbevollmächtigten nach dem Ende der Aussetzung des Verfahrens keinen neuen Auftrag erteilt. Ein solcher Auftrag wäre auch nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO), weil es nicht erforderlich gewesen wäre, dem Prozessbevollmächtigten anlässlich der Aussetzung des Verfahrens den ursprünglich erteilten Auftrag zu entziehen.
  73. 6
  74. b) Mit zutreffender Begründung hat das Beschwerdegericht angenommen, dass eine neue Angelegenheit gemäß § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO nicht
  75. schon dann vorliegt, wenn die Vergütung des Rechtsanwalts für den bisherigen
  76. Auftrag gemäß § 16 BRAGO fällig geworden ist.
  77. 7
  78. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Begriff Erledigung in
  79. § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO eine andere Bedeutung hat als in § 16 Satz 2
  80. BRAGO. Entgegen einer verbreiteten Auffassung (OLG Karlsruhe, aaO.; OLG
  81. Stuttgart, MDR 2003, 117 = Rpfleger 2002, 574; OLG Saarbrücken, Beschluss
  82. vom 19. Januar 2005 - 2 W 6/05-2, in juris veröffentlicht; Hartmann, Kostengesetze, 35. Auflage, § 15 RVG Rdn. 97; Madert in: Gerold/Schmidt/von
  83. Eicken/Madert, aaO., Rdn. 93; a. A. OLG Nürnberg, Rpfleger 2004, 378 = JurBüro 2004, 317) stellen die in § 16 Satz 2 BRAGO genannten Fälle, in denen
  84. die Vergütung des Rechtsanwalts fällig wird, ohne dass sein Auftrag erledigt
  85. wäre, keine Erledigung im Sinne des § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO dar. Sowohl
  86. nach dem Gesetzeswortlaut als auch nach den Gesetzesmaterialien (vgl.
  87. BT-Drucks. 12/6962, S. 102) ist für die Festlegung des Zeitpunkts, zu dem der
  88. Lauf der Zwei-Jahres-Frist beginnt, die Erledigung des Auftrags maßgeblich.
  89. Der Hinweis der Gesetzesbegründung, dass der Zeitpunkt der Erledigung die
  90. bis dahin entstandenen Gebühren gemäß § 16 BRAGO fällig werden lässt, besagt nichts Gegenteiliges.
  91. -5-
  92. 8
  93. c) § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO regelt den Fall nicht, dass weder ein neuer
  94. Auftrag erteilt noch ein früherer Auftrag erledigt, aber die Angelegenheit mehr
  95. als zwei Kalenderjahre von dem Rechtsanwalt nicht bearbeitet worden ist. Die
  96. Gesetzesbegründung stellt ausdrücklich auf die lange Zeit ab, die bis zur Erteilung eines weiteren Auftrags vergangen ist (BT-Drucks. 12/6962, S. 102). Nur in
  97. diesem Fall soll der erneute Einarbeitungsaufwand vergütet werden. Dieser
  98. Zweck ergibt sich auch aus der systematischen Stellung des § 13 Abs. 5 Satz 2
  99. BRAGO. Er soll § 13 Abs. 5 Satz 1 BRAGO einschränken, weil der Gesetzgeber dessen Regelung in besonderen Fällen für unbillig erachtet hat (BT-Drucks.
  100. 12/6962, S. 102). Daraus folgt, dass der Gesetzgeber keine zusätzlichen Gebührenansprüche außerhalb des Anwendungsbereichs des § 13 Abs. 5 Satz 1
  101. BRAGO schaffen wollte. Zudem verkehrt es den Zweck von Gesetz und Gesetzesbegründung ins Gegenteil, wenn man aus der Begründung zu dieser Vorschrift folgert, der Gesetzgeber habe seinen Willen in § 13 Abs. 5 Satz 2
  102. BRAGO nur unvollkommen zum Ausdruck gebracht und in Wirklichkeit eine andere Fallgestaltung regeln wollen. Schließlich ist es auch sachlich gerechtfertigt,
  103. dass ein Rechtsanwalt für die Erledigung eines Auftrags nur eine Gebühr erhält,
  104. während Differenzierungen wie in § 13 Abs. 5 BRAGO vorgenommen werden
  105. können, wenn er mehrere Aufträge erhält.
  106. 9
  107. 2. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, das Beschwerdegericht habe ohne Begründung die Beweisgebühr nach dem geringeren Streitwert von 290.038,25 DM mit 1.659,14 € berechnet. Der Beklagte hatte für die
  108. bereits vor der Aussetzung des Verfahrens entstandene Beweisgebühr die
  109. -6-
  110. Festsetzung in dieser Höhe beantragt. Das Beschwerdegericht ist ersichtlich
  111. auf der Grundlage des Schriftsatzes des Klägers vom 27. Mai 2005 davon ausgegangen, dass ein Beweisverfahren nach der Fortsetzung des Verfahrens
  112. nicht stattgefunden habe.
  113. Dressler
  114. Wiebel
  115. Kniffka
  116. Kuffer
  117. Bauner
  118. Vorinstanzen:
  119. LG Bayreuth, Entscheidung vom 04.02.2005 - 23 O 271/95 OLG Bamberg, Entscheidung vom 04.05.2005 - 8 W 11/05 -