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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. V ZR 12/10
  4. vom
  5. 1. Juli 2010
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub
  9. beschlossen:
  10. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
  11. Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 17. Dezember 2009 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
  12. Der
  13. Gegenstandswert
  14. des
  15. Beschwerdeverfahrens
  16. beträgt
  17. 40.704 €.
  18. Gründe:
  19. 1
  20. 1. Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Feststellung ihrer Berechtigung zum Ankauf von deren im Land Brandenburg gelegenen Grundstück
  21. nach §§ 61, 12, 9 und 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe e SachenRBerG. Auf
  22. diesem Grundstück hatte der Vater der Klägerin 1970 statt des genehmigten
  23. Wochenendhauses ein Wohnhaus errichtet und dort mit seiner Familie gewohnt, bis er das Anwesen 1972 dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR
  24. überlassen musste, das es fortan für Freizeit- und Erholungszwecke nutzte. Im
  25. Jahre 1990 erlangte er es wieder zurück und war dort vom 11. September 1990
  26. bis zu seinem Tod am 25. September 2006 polizeilich gemeldet. Ob er dort
  27. auch gewohnt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Das Landgericht hat der
  28. Klage stattgegeben und die Anspruchsberechtigung der Klägerin festgestellt.
  29. -3-
  30. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin
  31. mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen.
  32. 2
  33. 2. Die Beschwerde ist unbegründet, weil die Rechtssache keine entscheidungserheblichen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft und eine
  34. Entscheidung auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer
  35. einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 ZPO).
  36. 3
  37. a) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage abgewiesen
  38. hat, stimmt allerdings, das ist der Beschwerde einzuräumen, nicht in jeder Hinsicht mit der Rechtsprechung des Senats überein.
  39. 4
  40. aa) Das Berufungsgericht meint, die Anspruchsberechtigung der Klägerin
  41. scheitere daran, dass die hier wegen des Verstoßes gegen die Baugenehmigung erforderliche Billigung staatlicher Stellen nicht nach § 10 Abs. 2 Satz 2
  42. SachenRBerG vermutet werde. Das sei nur der Fall, wenn nicht nur die Errichtung des Gebäudes selbst, sondern auch dessen Nutzung zu Wohnzwecken
  43. geduldet werde und die Wohnnutzung mindestens fünf Jahre andaure. Daran
  44. fehle es hier.
  45. 5
  46. bb) Diese von dem Berufungsgericht schon früher vertretene Ansicht
  47. (OLG Brandenburg VIZ 1998, 154) hat der Senat zwar im Ansatzpunkt gebilligt
  48. (Beschl. v. 15. Januar 1998, V ZR 397/96; Urt. v. 6. April 2001, V ZR 438/99,
  49. VIZ 2001, 503, 504). Die Billigung staatlicher Stellen nach § 10 Abs. 2 Satz 2
  50. SachenRBerG erfordert aber nach der Rechtsprechung des Senats nicht, dass
  51. die in der DDR zuständigen Organe der Bauaufsicht Kenntnis von dem Bau-
  52. -4-
  53. werk erlangt hatten und dennoch fünf Jahre nicht eingeschritten sind. Die Frist
  54. beginnt vielmehr mit der Fertigstellung des Gebäudes (Senat, Urt. v. 3. Juli
  55. 2009, V ZR 220/08, WuM 2009, 530, 531). Es ist auch nicht erforderlich, dass
  56. die Wohnnutzung mindestens fünf Jahre gedauert haben muss (vgl. Senat, Urt.
  57. v. 20. November 2009, V ZR 175/08, ZOV 2010, 18, 19).
  58. 6
  59. b) Auf diese teilweise Abweichung von der Rechtsprechung des Senats
  60. kommt es hier allerdings nicht an. Die Billigung staatlicher Stellen wird hier unabhängig davon schon deshalb nicht nach § 10 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG
  61. vermutet, weil die zuständigen Stellen den Verstoß gegen die Baugenehmigung
  62. gerade nicht mindestens fünf Jahre hingenommen haben. Sie haben zwar den
  63. Abbruch des Gebäudes nicht angeordnet, sondern das Gebäude selbst genutzt.
  64. Die Anordnung des Abbruchs eines Gebäudes ist aber nicht der einzige Weg,
  65. eine vorschriftengemäße Nutzung des bebauten Grundstücks wiederherzustellen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, wenn die unzulässige Nutzung
  66. abgestellt wird. Das ist hier geschehen. Zugelassen war eine Erholungs- und
  67. Freizeitnutzung, nicht dagegen die von dem Vater der Klägerin vorgenommene
  68. Wohnnutzung. Diese ist aber mit der Übernahme des Grundstücks durch das
  69. Ministerium für Staatssicherheit abgestellt worden, das das Grundstück fortan
  70. wieder nur zu Freizeit- und Erholungszwecken nutzte. Damit scheidet eine Billigung staatlicher Stellen aus.
  71. -5-
  72. 7
  73. 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
  74. Krüger
  75. Lemke
  76. Stresemann
  77. Schmidt-Räntsch
  78. Czub
  79. Vorinstanzen:
  80. LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 13.11.2008 - 17 O 102/08 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 17.12.2009 - 5 U 216/08 -