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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 117/10
  5. Verkündet am:
  6. 17. Dezember 2010
  7. Langendörfer-Kunz,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. AusglLeistG § 3 Abs. 5 aF; FlErwV § 4 Abs. 5 Satz 3 aF
  19. Die
  20. vorrangige
  21. Berechtigung
  22. eines
  23. Erwerbsinteressenten
  24. nach
  25. §3
  26. Abs. 5
  27. AusglLeistG aF ist von der Privatisierungsstelle auch dann zu berücksichtigen, wenn
  28. der Bescheid über die Ausgleichsleistung erst nach dem in den Ausschreibungsbedingungen genannten Schlusstermin ergangen ist.
  29. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 117/10 - OLG Jena
  30. LG Erfurt
  31. -2-
  32. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  33. vom 17. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
  34. Richterin Dr. Stresemann, die Richter Dr. Czub und Dr. Roth und die Richterin
  35. Dr. Brückner für Recht erkannt:
  36. Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Thüringer
  37. Oberlandesgerichts in Jena vom 25. Mai 2010 wird auf Kosten des
  38. Klägers zurückgewiesen.
  39. Von Rechts wegen
  40. Tatbestand:
  41. 1
  42. Die Beklagte, die auf der Grundlage des Ausgleichsleistungsgesetzes
  43. und der Flächenerwerbsverordnung Forstflächen in den neuen Ländern privatisiert, schrieb Anfang 2006 eine Waldfläche in Thüringen zu einem begünstigten
  44. Preis von rund 280.000 € aus. Nach den von ihr zugrunde gelegten Bewerbungsbedingungen für Waldverkäufe mussten Bewerbungen bzw. Gebote vollständig bis zu einem bestimmten, hier auf den 8. Juni 2006, festgelegten
  45. Schlusstermin eingegangen sein.
  46. 2
  47. Innerhalb dieser Frist bewarben sich unter anderem der Kläger, dem als
  48. Altberechtigten ein Entschädigungsbetrag von 31.058,46 € zusteht, und der
  49. Nebenintervenient jeweils unter Vorlage eines Betriebskonzepts um einen Erwerb des Waldes nach § 3 Abs. 8 AusglLeistG aF. Eine erste Entscheidung der
  50. Beklagten zugunsten eines an diesem Rechtsstreit nicht beteiligten Bewerbers
  51. -3-
  52. wurde im April 2007 von dem Beirat (§ 4 Abs. 1 u. 2 AusglLeistG aF), der allerdings nicht von dem Nebenintervenienten angerufen worden war, beanstandet.
  53. 3
  54. Mit Bescheid vom 30. August 2007 setzte das Thüringer Landesamt zur
  55. Regelung offener Vermögensfragen zugunsten des Nebenintervenienten eine
  56. Ausgleichsleistung fest, die den Kaufpreis für die ausgeschriebenen Waldflächen übersteigt. Nach Vorlage dieses Bescheids beabsichtigt die Beklagte, die
  57. Flächen gemäß § 3 Abs. 5 AusglLeistG aF an den Nebenintervenienten zu verkaufen.
  58. 4
  59. Der Kläger möchte erreichen, dass die Beklagte ihm ein Kaufvertragsangebot über die ausgeschriebenen Flächen unterbreiten muss. Seine Klage ist in
  60. den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Klageantrag weiter. Der auf Seiten
  61. der Beklagten beigetretene Nebenintervenient beantragt die Zurückweisung der
  62. Revision.
  63. Entscheidungsgründe:
  64. I.
  65. 5
  66. Das Berufungsgericht meint, der Kläger könne nicht den Verkauf des
  67. Waldes an sich verlangen, da die Ankaufsberechtigung des Nebenintervenienten nach § 3 Abs. 5 AusglLeistG aF Vorrang habe. Dass der Ausgleichsleistungsbescheid, aus dem diese Berechtigung folge, erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist vorgelegt worden sei, stehe dem nicht entgegen, denn dies könne
  68. dem Nebenintervenienten nicht angelastet werden. Auch schade es nicht, dass
  69. der Nebenintervenient gegen die zunächst getroffene Auswahlentscheidung der
  70. Beklagten den Beirat nicht angerufen habe.
  71. -4-
  72. II.
  73. 6
  74. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das
  75. Berufungsgericht nimmt zutreffend an, dass die Beklagte den Verkauf des ausgeschriebenen Walds an den Kläger im Hinblick auf die vorrangige Erwerbsberechtigung des Nebenintervenienten ablehnen darf.
  76. 7
  77. 1. Berechtigte, die Waldflächen auf der Grundlage von § 3 Abs. 5
  78. AusglLeistG aF erwerben wollen, sind gegenüber Berechtigten nach § 3 Abs. 8
  79. AusglLeistG aF (hier noch anwendbar gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 AusglLeistG
  80. i.d.F. des Gesetzes vom 3. Juli 2009, BGBl. I S. 1688) vorrangig zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 5 Satz 3 FlErwV aF). So verhält es sich im Verhältnis von Nebenintervenient und Kläger.
  81. 8
  82. a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts liegen in der Person
  83. des Nebenintervenienten die Voraussetzungen einer Erwerbsberechtigung gemäß § 3 Abs. 5 AusglLeistG aF vor; die Vorschrift bestimmt, dass natürliche
  84. Personen, denen land- oder forstwirtschaftliches Vermögen durch Enteignung
  85. auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen
  86. worden ist, von der Treuhandanstalt zu privatisierende Waldflächen bis zur Höhe ihrer Ausgleichsleistung erwerben können.
  87. 9
  88. b) Entgegen der Auffassung der Revision ist der Kläger nicht auch als
  89. Berechtigter anzusehen, der Waldflächen auf der Grundlage von § 3 Abs. 5
  90. AusglLeistG aF erwerben will. Richtig ist zwar, dass er zu den in § 3 Abs. 5
  91. Satz 1 AusglLeistG aF definierten Altberechtigten zählt. Das genügt aber nicht,
  92. um erwerbsberechtigt im Sinne von Absatz 5 zu sein.
  93. 10
  94. aa) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkennt, ist weitere Voraussetzung dieser Erwerbsmöglichkeit nämlich, dass Ausgleichs- oder Entschädi-
  95. -5-
  96. gungsansprüche in Höhe des Kaufpreises bestehen (§ 3 Abs. 5 Satz 2
  97. AusglLeistG aF). Der Flächenerwerb nach Absatz 5 ist akzessorisch zu der
  98. dem Altberechtigten zustehenden Ausgleichs- oder Entschädigungsleistung;
  99. diese bildet die Obergrenze für die Berechtigung zu einem Erwerb ohne Pachtvertrag und ohne Notwendigkeit der Selbstbewirtschaftung (vgl. Ludden in
  100. Kimme, Offene Vermögensfragen, Stand Juni 2009, § 3 AusglLeistG aF
  101. Rn. 106 ff.; Zimmermann, Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der
  102. ehemaligen DDR, Stand März 2010, § 3 AusglLeistG nF Rn. 92; Reese in Fieberg/Reichenberg/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Stand Mai 2010, § 3
  103. AusglLeistG nF Rn. 151). Die Akzessorietät von Erwerbsberechtigung und Ausgleichsleistung wird daraus deutlich, dass der Gesetzgeber das in der Vorschrift
  104. des § 3 Abs. 5 Satz 2 AusglLeistG aF zunächst bestimmte Erwerbsvolumen
  105. (halbe Ausgleichsleistung) durch das Vermögensrechtsergänzungsgesetz vom
  106. 15. September 2000 (BGBl. I 2000 S. 1382, 1383) auf die volle Höhe der Ausgleichsleistung erweitert hat (vgl. BT-Drucks. 14/1932 S. 15). Altberechtigte, die
  107. - wie der Kläger - den Kaufpreis nicht vollständig durch Ausgleichs- oder Entschädigungsansprüche belegen können oder wollen, haben nach der Konzeption des Gesetzes die Möglichkeit, Waldflächen nach der Vorschrift des hier anwendbaren § 3 Abs. 8 Satz 1 Buchst. c AusglLeistG aF (bzw. nach § 3 Abs. 8
  108. Satz 1 AusglLeistG nF) zu erwerben.
  109. 11
  110. bb) Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Revision nicht aus
  111. der Entscheidung des Senats vom 10. Juli 2009 (V ZR 72/08, NJW-RR 2010,
  112. 10). Sie betrifft allein das Verhältnis von Interessenten, die nach § 3 Abs. 8
  113. Satz 1 Buchst. a bis c AusglLeistG aF berechtigt sind, und dem dabei zu berücksichtigenden Vorrang von Altberechtigten. Soweit in der Entscheidung von
  114. einem Vorrang der Altberechtigten "nach § 3 Abs. 5 AusglLeistG aF" die Rede
  115. ist, beruht dies darauf, dass § 3 Abs. 8 Satz 1 Buchst. c zur Bestimmung des
  116. berechtigten Personenkreises auf die Definition in Absatz 5 Satz 1 AusglLeistG
  117. -6-
  118. aF verweist. Eine Gleichsetzung von Personen, die nach § 3 Abs. 8 Satz 1
  119. Buchst. c AusglLeistG aF erwerben wollen, mit solchen, die berechtigt sind,
  120. nach Absatz 5 anzukaufen, enthält das Urteil nicht.
  121. 12
  122. cc) Eine solche Gleichsetzung ist, anders als die Revision meint, auch
  123. nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) geboten. Bei der Wiedergutmachung früheren, von einer anderen Staatsgewalt zu
  124. verantwortenden Unrechts kommt dem Gesetzgeber auch im Rahmen des
  125. Art. 3 Abs. 1 GG ein besonders weites Beurteilungsermessen zu; er hat bei
  126. diesem Regelungsgegenstand den Gleichheitssatz nur in seiner Bedeutung als
  127. Willkürverbot zu beachten. Sein Freiraum endet erst dort, wo die ungleiche Behandlung nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein sich aus der Natur der Sache ergebender
  128. oder sonst sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung
  129. fehlt (BVerfGE 102, 254, 299).
  130. 13
  131. Der sachliche Grund für den Vorrang eines Berechtigten, der den Kaufpreis vollständig mit Ausgleichs- oder Entschädigungsansprüchen belegen
  132. kann, vor anderen Altberechtigten liegt jedoch auf der Hand. Mit dem Ausgleichsleistungsgesetz verfolgte der Gesetzgeber bis zu dessen Änderung
  133. durch das Flächenerwerbsänderungsgesetz vom 3. Juli 2009 (BGBl. I S. 1688)
  134. zwei unterschiedliche Ziele. Zum einen handelte es sich um ein Wiedergutmachungsprogramm für natürliche Personen, denen von 1945 bis 1949 auf besatzungsrechtlicher oder -hoheitlicher Grundlage land- und forstwirtschaftliches
  135. Vermögen entzogen worden ist. Zum anderen enthielt es ein Förderprogramm
  136. zugunsten der Land- und Forstwirtschaft in den neuen Ländern, mit dem die
  137. Eigentumsbildung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe erleichtert werden
  138. sollte (vgl. BVerfGE 102, 254, 332; Senat, Urteil vom 4. Mai 2007 - V ZR
  139. 162/06, ZOV 2007, 30, 32 Rn. 24). Es stellt einen einleuchtenden sachlichen
  140. -7-
  141. Grund dar, wenn der Gesetzgeber den Zielen unterschiedliches Gewicht beimisst und deshalb für Flächen, die nicht bereits für einen Erwerb nach § 3
  142. Abs. 1 bis 4 AusglLeistG aF benötigt wurden, dem Ziel der Wiedergutmachung
  143. Vorrang vor der allgemeinen Förderung der Land- und Forstwirtschaft einräumt.
  144. Demgemäß durfte er und ihm folgend der Verordnungsgeber bei einer Konkurrenz um begünstige Flächen danach differenzieren, ob ein Bewerber den Kaufpreis ganz oder nur teilweise mit Ausgleichs- bzw. Entschädigungsansprüchen
  145. belegen kann. Denn in dem erstgenannten Fall dient der Verkauf ausschließlich
  146. Wiedergutmachungszwecken, während der vergünstigte Kaufpreis bei dem anderen Bewerber nur zu einem Teil durch Gesichtspunkte der Wiedergutmachung gerechtfertigt wäre.
  147. 14
  148. dd) Entgegen der von der Revision in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht führt der in § 4 Abs. 5 Satz 3 FlErwV aF festgelegte Vorrang
  149. der Erwerbsberechtigung nach § 3 Abs. 5 AusglLeistG aF auch nicht dazu,
  150. dass der Gesichtspunkt der Wiedergutmachung ein zu starkes Gewicht bei der
  151. Auswahl der Bewerber erhält und zu einer einseitigen Eigentümerstrukur in der
  152. ostdeutschen Land- und Forstwirtschaft führt. Denn die Erwerbsmöglichkeit
  153. nach § 3 Abs. 5 AusglLeistG aF ist dahin eingeschränkt, dass nur solche Flächen erworben werden können, die nicht bereits für einen Flächenerwerb nach
  154. den Absätzen 1 bis 4 aF (Erwerbsmöglichkeit für ortsansässige selbstwirtschaftende Pächter) benötigt werden; sie ist also als nachrangige Erwerbsmöglichkeit ausgestaltet (Zimmermann, Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen
  155. in der ehemaligen DDR, Stand März 2010, § 3 AusglLeistG nF Rn. 89; vgl. auch
  156. Senat, Urteil vom 4. Mai 2007 - V ZR 162/06, ZOV 2007, 30, 32 Rn. 24). Dieser
  157. durfte der Verordnungsgeber Vorrang vor einem Erwerb durch die durch § 3
  158. Abs. 8 AusglLeistG aF begünstigte dritte Erwerbergruppe einräumen, nämlich
  159. vor Wieder- oder Neueinrichtern forstwirtschaftlicher Betriebe, die keine oder
  160. -8-
  161. eine hinter dem begünstigten Kaufpreis zurückbleibende Altberechtigung haben.
  162. 15
  163. 2. Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht ferner an, dass die
  164. Beklagte berechtigt war, bei ihrer Auswahlentscheidung den zugunsten des
  165. Nebenintervenienten erlassenen Ausgleichsleistungsbescheid zu berücksichtigen, obwohl dieser erst nach Ablauf des in der Ausschreibung genannten
  166. Schlusstermins vorgelegt worden ist.
  167. 16
  168. Die Regelungen in den Bewerbungsbedingungen für Waldverkäufe, nach
  169. denen Bewerbungen bzw. Gebote bis zum Schlusstermin vollständig eingegangen sein müssen (Nr. 8), wozu bei einer auf § 3 Abs. 5 AusglLeistG aF gestützten Erwerbsberechtigung auch die Vorlage des Ausgleichsleistungsbescheids,
  170. eines Teilbescheids II oder einer geprüften Glaubhaftmachung der Ausgleichsleistung gehört (Nr. 9. 2.), stehen dem nicht entgegen. Bei ihnen handelt es sich
  171. um allgemeine Verwaltungsvorschriften, mit denen die Beklagte das ihr durch
  172. das Ausgleichsleistungsgesetz und die Flächenerwerbsverordnung eingeräumte
  173. Ermessen ausgestaltet und sich, um die durch Art. 3 Abs. 1 GG gebotene
  174. Gleichmäßigkeit des Verwaltungshandelns zu gewährleisten, insoweit selbst
  175. bindet (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 1993 - NotZ 56/92, BGHZ 124,
  176. 327, 332 f.). Mangels gesetzlicher Ermächtigung kann die Beklagte mit den
  177. Bewerbungsbedingungen aber keine Grundlage für Eingriffe in Rechte von Bewerbern schaffen, die im Ausgleichsleistungsgesetz oder in der Flächenerwerbsverordnung nicht vorgesehen sind. Beide Rechtsgrundlagen enthielten bis
  178. zu ihrer Änderung durch das Flächenerwerbsänderungsgesetz vom 3. Juli 2009
  179. (BGBl. I S. 1688) keine Vorschrift, die es erlaubt hätte, den Erwerbsantrag eines vorrangig Berechtigten deshalb abzulehnen, weil dieser erforderliche
  180. Nachweise nicht innerhalb einer hierfür gesetzten Frist vorlegt hatte. Schon
  181. deswegen war die Beklagte gehalten, den verspätet vorgelegten Ausgleichsleis-
  182. -9-
  183. tungsbescheid zugunsten des Nebenintervenienten zu berücksichtigen. Dies
  184. wäre nach der seit dem 11. Juli 2009 geltenden Neuregelung in § 4 Nr. 1a
  185. AusglLeistG i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 2 FlErwV im Übrigen nicht anders, da sie
  186. der Beklagten nur gestattet, einen Erwerbsantrag wegen fehlender Nachweise
  187. abzulehnen, wenn diese aus Gründen, die von dem Berechtigten zu vertreten
  188. sind, nicht innerhalb der gesetzten Frist vorgelegt wurden. Dass der Nebenintervenient die auf der langen Bearbeitungsdauer des Landesamts für offene
  189. Vermögensfragen beruhende verspätete Vorlage des Ausgleichsleistungsbescheids nicht zu vertreten hat, stellt auch der Kläger nicht in Frage.
  190. 17
  191. Der Kläger konnte im Übrigen auch deshalb nicht darauf vertrauen, dass
  192. nach Ablauf des Schlusstermins eingetretene Änderungen hinsichtlich der Erwerbsberechtigung von Mitbewerbern in jedem Fall unberücksichtigt bleiben
  193. würden, weil die Beklagte sich in den Bewerbungsbedingungen die Möglichkeit
  194. vorbehalten hat, ein Bewerberverfahren zu beenden, ohne sich für eines der
  195. abgegebenen Gebote zu entscheiden (Nr. 10 aE). Zwar darf sie dies aufgrund
  196. ihrer öffentlich-rechtlichen Bindungen nicht willkürlich, sondern nur bei Vorliegen
  197. eines sachlichen Grunds tun. Ein solcher Grund ist aber gegeben, wenn erst im
  198. Laufe eines Auswahlverfahrens bekannt wird, dass einem der Bewerber eine
  199. Erwerbsberechtigung zusteht, die nach dem Ausgleichsleistungsgesetz oder
  200. der Flächenerwerbsverordnung Vorrang vor der Berechtigung der übrigen Bewerber hat und von der Beklagten deshalb zwingend zu berücksichtigen ist.
  201. Auch dies macht deutlich, dass die Beklagte nicht gehindert war, die veränderte
  202. Erwerbsberechtigung des Nebenintervenienten zu berücksichtigen und einen
  203. Verkauf an den Kläger abzulehnen.
  204. 18
  205. 3. Rechtsfehlerfrei ist schließlich die Annahme des Berufungsgerichts, es
  206. sei für das weitere Verfahren ohne Bedeutung, dass der Nebenintervenient den
  207. Beirat nicht angerufen habe, nachdem sich die Beklagte ursprünglich für einen
  208. - 10 -
  209. anderen Bewerber entschieden hatte. Die Anrufung des Beirats nach § 4 Abs. 1
  210. AusglLeistG aF ist fakultativ; insbesondere ist sie nicht Voraussetzung für die
  211. Beschreitung des Rechtswegs gegen eine Entscheidung der Beklagten (vgl.
  212. Hillmann in Motsch/Rodenbach/Löffler/Schäfer/Zilch, EALG, § 4 AusglLeistG aF
  213. Rn. 33). Entgegen der Auffassung der Revision gibt ein unterlegener Erwerber,
  214. der den Beirat nicht anruft, deshalb auch nicht zu erkennen, dass er an einer
  215. korrigierenden Entscheidung und an einer weiteren Beteiligung am Auswahlverfahren nicht interessiert ist.
  216. III.
  217. 19
  218. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
  219. Krüger
  220. Stresemann
  221. zugleich für RiBGH
  222. Dr. Czub, der infolge
  223. Urlaubs verhindert ist
  224. zu unterschreiben.
  225. Roth
  226. Vorinstanzen:
  227. LG Erfurt, Entscheidung vom 25.08.2009 - 8 O 1220/08 OLG Jena, Entscheidung vom 25.05.2010 - 5 U 788/09 -
  228. Brückner