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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. V ZB 146/07
  4. vom
  5. 17. April 2008
  6. in dem Notarbeschwerdeverfahren
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. ZPO §§ 726, 797
  14. Die Wirksamkeit einer durch einen Vertreter abgegebenen Unterwerfungserklärung setzt nicht voraus, dass die Vollmacht notariell beurkundet ist. Die Klausel
  15. für eine Urkunde mit einer Unterwerfungserklärung darf aber nur erteilt werden,
  16. wenn die Vollmacht in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde nachgewiesen wird.
  17. BGH, Beschl. v. 17. April 2008 - V ZB 146/07 - KG Berlin
  18. LG Berlin
  19. -2-
  20. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 17. April 2008 durch den
  21. Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
  22. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
  23. beschlossen:
  24. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss
  25. des Landgerichts Berlin vom 15. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
  26. Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde
  27. wird auf 270.000 € festgesetzt.
  28. Gründe:
  29. I.
  30. 1
  31. Die Beteiligten zu 4 bis 71 sind Gesellschafter der Beteiligten zu 2, eines
  32. geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschaftszweck in der Errichtung und Vermietung von 5
  33. Mehrfamilienhäusern mit 71 Wohnungen auf einem Grundstück in B.
  34. be-
  35. steht. Eigentümerin des Grundstücks ist die Beteiligte zu 3, die das Grundstück
  36. im eigenen Namen für Rechnung der Beteiligte zu 2 hält.
  37. 2
  38. Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 28. Dezember 1993 (UR-Nr.
  39. 3599/1993 des Notars W.
  40. ) traten die von einer - in privatschriftlichen Zeich-
  41. nungsscheinen hierzu bevollmächtigten - Dr. G.
  42. GmbH vertretenen Betei-
  43. ligten zu 4 bis 71 der Beteiligten zu 2 bei. Diese beauftragte zugleich die Beteiligte zu 28 mit der Errichtung und Bewirtschaftung der Häuser. Dieser Geschäftsbesorgungsvertrag enthält unter anderem die Vollmacht, die Gesamt-
  44. -3-
  45. hand und die einzelnen Gesellschafter der sofortigen Zwangsvollstreckung in
  46. ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Mit notariell beurkundeter Erklärung
  47. vom 30. Dezember 1993 (UR-Nr. 3623/1993 des Notars W.
  48. ) bewilligte die
  49. Beteiligte zu 3 der Rechtsvorgängerin der Beteiligten zu 1 eine Buchgrundschuld über 11.675.000 DM und unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz. Der Beteiligte zu 52, die Beteiligte zu 28
  50. und die von ihr vertretenen übrigen Beteiligten übernahmen als Teilschuldner
  51. eine Mithaftung für unterschiedlich hohe, in der notariellen Erklärung näher bezeichnete Teilbeträge und unterwarfen sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Die Beteiligte zu 1 hat ihre Rechtsnachfolge nachgewiesen und bei dem Notar eine auf ihren Namen lautende vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde vom 30. Dezember 1993 beantragt. Diesen Antrag hat der amtierende Notar im Hinblick auf Zweifel an der Wirksamkeit
  52. der Vollstreckungsunterwerfung abgelehnt.
  53. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Landgericht, soweit es um
  54. 3
  55. die Mithaftung der Beteiligten zu 4 bis 71 geht, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin. Dieser möchte das
  56. vorlegende Kammergericht stattgeben. Daran sieht es sich durch den Beschluss des erkennenden Senats vom 21. September 2006 (V ZB 76/06, NJWRR 2007, 358) gehindert. Es hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof zur
  57. Entscheidung vorgelegt.
  58. II.
  59. Die Vorlage ist nach § 54 Abs. 2 BeurkG i.V.m. § 28 Abs. 1 FGG zuläs-
  60. 4
  61. sig.
  62. 5
  63. 1. Die Entscheidung über die weitere Beschwerde hängt nach Auffassung des vorlegenden Gerichts von der Frage ab, ob vollstreckbare Ausferti-
  64. -4-
  65. gung einer notariellen Urkunde mit einer von einem Vertreter des Schuldners
  66. erklärten Vollstreckungsunterwerfung nur erteilt werden darf, wenn die Vollmacht durch öffentliche oder öffentlich beglaubte Urkunde nachgewiesen wird.
  67. Ob das zutrifft, ist zweifelhaft. Die Unterwerfung der Gesellschafter eines geschlossenen Immobilienfonds unter die sofortige Zwangsvollstreckung in ihr
  68. Privatvermögen und die damit verbundene Schaffung eines Vollstreckungstitels
  69. im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO stellt eine rechtsbesorgende Tätigkeit dar,
  70. die nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG einer Rechtsbesorgungserlaubnis bedarf
  71. (BGH, Urt. v. 17. Oktober 2006, XI ZR 19/05, NJW 2007, 1813, 1816; Urt. v. 17.
  72. Oktober 2006, XI ZR 185/05, NJW-RR 2007, 1199, 1200; Urt. v. 26. Juni 2007,
  73. XI ZR 287/05, NJW-RR 2008, 66, 67). Ohne eine solche Erlaubnis konnte die
  74. Beteiligte zu 28 die Beteiligten zu 4 bis 51 und 53 bis 71 nicht wirksam vertreten. Es spricht auch viel dafür, dass dies aus der Urkunde zweifelsfrei ersichtlich und deshalb (dazu: BGH, Beschl. v. 16. Juli 2004, IXa ZB 326/03, NJW-RR
  75. 2004, 1718, 1719, Beschl. v. 4. Oktober 2005, VII ZB 54/05, NJW-RR 2006,
  76. 567, in casu jeweils verneint) zu berücksichtigen ist, weil eine „BaubetreuungsEigenheimbau GmbH“ weder zur Rechtsbesorgung noch zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden kann.
  77. 6
  78. 2. Diese Zweifel sind aber für die Zulässigkeit der Vorlage unerheblich.
  79. Der Bundesgerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Vorlage nach
  80. § 28 Abs. 2 FGG i.V.m. § 54 BeurkG an die Auffassung des vorlegenden Gerichts gebunden, es könne ohne Beantwortung der streitigen Rechtsfrage über
  81. die sofortige weitere Beschwerde nicht entscheiden (Senat, BGHZ 99, 90, 92;
  82. Beschl. v. 22. Januar 2004, V ZB 51/03, NJW 2004, 937, 938, insoweit in BGHZ
  83. 157, 322 nicht abgedruckt; Beschl. v. 30. September 2004, V ZB 26/04 NJW
  84. 2004, 3339; BGH, Beschl. v. 10. Dezember 2007, II ZB 13/07, ZIP 2008, 620).
  85. -5-
  86. 7
  87. 3. Das vorlegende Gericht möchte die Vorlagefrage verneinen. Der Bundesgerichtshof hat sie in dem zitierten Beschluss vom 21. September 2006
  88. (V ZB 76/06, NJW-RR 2007, 358, 359) zwar nur als Vorfrage bejaht. Dabei ist
  89. er aber einer früheren Entscheidung des Bundesgerichtshofs gefolgt, in welcher
  90. dieser die Frage im Rahmen einer Klauselerinnerung nach § 732 ZPO im gleichen Sinne beantwortet hat (BGH, Beschl. v. 16. Juli 2004, IXa ZB 326/03,
  91. NJW-RR 2004, 1718, 1719). Diese Divergenz rechtfertigt die Vorfrage.
  92. III.
  93. 8
  94. Die zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet.
  95. 9
  96. 1. Im Klauselerteilungsverfahren zu einer Vollstreckungsunterwerfung
  97. nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO durch einen Vertreter ist nach allgemeiner Meinung in entsprechender Anwendung von § 726 ZPO nicht nur die formell ordnungsgemäße Abgabe der Unterwerfungserklärung durch den Vertreter, sondern auch dessen Vollmacht zu prüfen (BGH, Beschl. v. 16. Juli 2004, IXa ZB
  98. 326/03, NJW-RR 2004, 1718, 1719; Senat, Beschl. v. 21. September 2006,
  99. V ZB 76/06, NJW-RR 2007, 358, 359; Beschl. v. 10. April 2008, V ZB 114/07 z.
  100. Veröff. best.; BayObLGZ 1964, 75, 77; LG Bonn Rpfleger 1990, 374; MünchKomm-ZPO/Wolfsteiner, 3. Aufl., § 797 Rdn. 13; Musielak/Lackmann, ZPO,
  101. 6. Aufl., § 797 Rdn. 4; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 28. Aufl., § 797 Rdn. 1;
  102. Zimmermann, ZPO, 8. Aufl., § 797 Rdn. 2; Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, 2. Aufl., Rdn. 38.9; a. M. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 797
  103. Rdn. 14; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 794 Rdn. 31a). Der Bestand der Vollmacht ist zwar keine Tatsache, von der die Vollstreckung aus der Unterwerfungserklärung nach ihrem Inhalt abhängt. Sie ist aber Grundlage für das Entstehen der Unterwerfungserklärung als Vollstreckungstitel. Denn diese setzt
  104. eine für den Vertretenen wirksame Prozesserklärung und diese wiederum eine
  105. wirksame Prozessvollmacht voraus. Für solche Voraussetzungen des Titels
  106. -6-
  107. kann nichts anderes gelten als für die Bedingungen, unter denen er vollstreckt
  108. werden kann. Daran ändert es nichts, dass eine Prozessvollmacht durch eine
  109. privatschriftliche
  110. Urkunde
  111. nachgewiesen
  112. werden
  113. kann
  114. (a. M.
  115. Stein/Jonas/Münzberg, aaO, § 797 Rdn. 14). Nach § 80 Abs. 2 ZPO könnte das
  116. Gericht selbst im Erkenntnisverfahren auf Antrag des Gegners der Partei eine
  117. öffentliche Beglaubigung der Vollmacht aufgeben. Ein Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde ist in dem auf Einfachheit und Sicherheit ausgerichteten Klauselerteilungsverfahren nach der Wertung des § 726
  118. ZPO typischerweise geboten.
  119. 10
  120. 2. Den nach § 726 ZPO erforderlichen Nachweis der Vollmacht hat die
  121. Beteiligte zu 1 nicht erbracht.
  122. 11
  123. a) In der Unterwerfungsurkunde hat die Geschäftsbesorgerin zwar wegen ihrer Vollmacht auf eine andere Urkunde des Urkundsnotars verwiesen.
  124. Deren Bestandteil ist auch der Geschäftsbesorgungsvertrag, aus dem sich die
  125. Vollmacht der Beteiligten zu 28 ergibt, namens der Beteiligten 4 bis 71 im Übrigen Unterwerfungserklärungen abzugeben. Diese waren aber mit Ausnahme
  126. des Beteiligten zu 52 an der Errichtung dieser anderen Urkunde nicht persönlich beteiligt. Sie wurden dabei vielmehr durch die Dr. G.
  127. GmbH vertreten.
  128. Deren Vollmacht ergab sich wiederum aus privatschriftlichen Zeichnungsscheinen. Diese sind der anderen Urkunde zwar als Bestandteil beigefügt. Das
  129. macht sie aber nicht ihrerseits zu öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden und führt dazu, dass die Vollmacht der Beteiligten zu 28 nicht lückenlos
  130. in der nach § 726 ZPO gebotenen Form nachgewiesen ist.
  131. 12
  132. b) Entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts kann auf diesen
  133. Nachweis nicht verzichtet werden.
  134. -7-
  135. 13
  136. aa) Richtig ist allerdings, dass die Wirksamkeit einer durch einen Vertreter abgegebenen Unterwerfungserklärung nicht davon abhängt, dass die Vollmacht notariell beurkundet ist. Es genügt vielmehr, dass sie privatschriftlich erteilt wird. Das ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  137. daraus, dass die Unterwerfungserklärung eine Prozesshandlung ist und für die
  138. Unterwerfungsvollmacht als Prozessvollmacht nach § 80 ZPO einfache Schriftform genügt (BGH, Urt. v. 18. November 2003, XI ZR 332/02, NJW 2004, 844;
  139. ebenso Musielak/Lackmann, aaO, § 794 Rdn. 36; vgl. auch BGHZ 154, 283,
  140. 287 f.). Nicht anders liegt es nach § 167 Abs. 2 BGB, wenn man die Unterwerfungsvollmacht den Regeln des materiellen Rechts über die Stellvertretung unterstellt (so Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, 2. Aufl., Rdn. 12.43). Eine
  141. so errichtete Unterwerfungsurkunde führt zwar zum Entstehen eines wirksamen
  142. Titels, der aber nicht ohne weiteres im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzbar ist.
  143. 14
  144. bb) Hierin liegt indessen entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts
  145. kein Widerspruch. Der Unterschied findet seine Erklärung in der Ausgestaltung
  146. des Klauselerteilungs- und des Zwangsvollstreckungsverfahrens. Beide Verfahren sind formalisiert und verzichten im Interesse einer effizienten Vollstreckung
  147. weitgehend auf eine vorherige Anhörung des Schuldners. Die Vollstreckungsorgane sind jedenfalls zu einer inhaltlichen Überprüfung des Titels nicht berufen
  148. und wären mit den Mitteln des Klauselerteilungs- oder Zwangsvollstreckungsverfahrens dazu auch nicht in der Lage. Mit seinen inhaltlichen Einwänden wird
  149. der Schuldner grundsätzlich (zu Ausnahmen: BGHZ 161, 67, 71 f.) auf die Vollstreckungsgegenklage verwiesen. Ein so ausgestaltetes Verfahren setzt voraus, dass das Vorliegen der Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung einfach, aber dennoch auch hinreichend verlässlich nachgewiesen und geprüft
  150. werden kann. Das ist nur mit Nachweisen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu erreichen. Der Urkundsnotar wird sich zwar die privat-
  151. -8-
  152. schriftliche Vollmacht vorlegen lassen, kann sie aber letztlich nicht verantwortlich prüfen, weil er bei ihrer Errichtung nicht zugegen war. Diese Prüfung können die Beteiligten zwar zunächst zurückstellen. Sie müssen sie aber vor Eröffnung der Vollstreckung durch die Erteilung der Klausel nachholen. Das hat die
  153. Beschwerdeführerin versäumt. Der Notar hat ihr die Erteilung der Klausel schon
  154. aus diesem Grund mit Recht versagt.
  155. 15
  156. 3. Auf die Frage, ob die Klausel auch deshalb zu versagen war, weil die
  157. Unterwerfungsvollmacht nichtig und dies aus der Urkunde ersichtlich war,
  158. kommt es nicht an.
  159. -9-
  160. IV.
  161. 16
  162. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, §§ 2, 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO.
  163. Der Wert bestimmt sich gemäß §§ 30, 131 Abs. 2 KostO nach dem hälftigen
  164. Vollstreckungsinteresse. Das sind 270.000 €.
  165. Krüger
  166. Klein
  167. Schmidt-Räntsch
  168. Lemke
  169. Roth
  170. Vorinstanzen:
  171. LG Berlin, Entscheidung vom 15.06.2006 - 84 T 2/06 KG Berlin, Entscheidung vom 29.11.2007 - 9 W 83/06 -