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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZB 3/08
  4. vom
  5. 22. Januar 2009
  6. in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
  7. -2-
  8. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  9. Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
  10. am 22. Januar 2009
  11. beschlossen:
  12. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer
  13. des Landgerichts Regensburg vom 12. Dezember 2007 wird auf
  14. Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen.
  15. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
  16. 5.000 € festgesetzt.
  17. Gründe:
  18. 1
  19. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 6, 7, 34 Abs. 1, § 26 InsO,
  20. § 238 Abs. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil Gründe für
  21. eine Sachentscheidung gemäß § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
  22. 2
  23. 1. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde verletzt die angefochtene Entscheidung nicht den Anspruch der Schuldnerin auf rechtliches Gehör
  24. (Art. 103 Abs. 1 GG). Daher ist eine Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich.
  25. 3
  26. a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung
  27. - 3 -
  28. zu ziehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass dies geschehen ist, auch
  29. wenn das Gericht sich in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich mit dem
  30. Vorbringen befasst hat. Nur wenn besondere Umstände zweifelsfrei darauf
  31. schließen lassen, dass tatsächliches Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis
  32. genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist, lässt sich ein
  33. Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen (BVerfGE 86, 133, 145 f; 96, 205,
  34. 216 f; BGHZ 154, 288, 300).
  35. 4
  36. b) Ein solcher Schluss ist hier nicht möglich, weil das Beschwerdegericht
  37. den nach Meinung der Rechtsbeschwerde übergangenen Vortrag der Schuldnerin im Schreiben vom 9. Dezember 2007 aus Rechtsgründen nicht berücksichtigen durfte. Die eine Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen mussten
  38. gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO bereits im Wiedereinsetzungsantrag vom
  39. 15. November 2007 enthalten sein. Sie können grundsätzlich nicht nachgeholt
  40. werden, auch nicht im Beschwerdeverfahren. Zulässig ist nur die Ergänzung
  41. von fristgerecht gemachten, aber erkennbar unklaren oder unvollständigen Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten war (BGH, Beschl. v.
  42. 4. März 2004 - IX ZB 71/03, FamRZ 2004, 1552; v. 10. Mai 2006 - XII ZB 42/05,
  43. NJW 2006, 2269, Rn. 10; st.Rspr.; Zöller/Greger, ZPO 27. Aufl. § 236 Rn. 6a
  44. und § 238 Rn. 7). Um einen solchen Fall handelt es sich nicht, weil die fehlende
  45. Vertretungsmacht der Rechtsanwälte, denen der Eröffnungsbeschluss zugestellt wurde, erstmals mit Schreiben vom 9. Dezember 2007 geltend gemacht
  46. wurde.
  47. 5
  48. 2. Auf den Sachvortrag im Schreiben vom 9. Dezember 2007 kam es im
  49. Übrigen auch deshalb nicht an, weil der Antrag auf Wiedereinsetzung in den
  50. vorigen Stand nicht innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO gestellt wurde.
  51. Die Antragsfrist von zwei Wochen begann, nachdem die Schuldnerin am
  52. - 4 -
  53. 11. Oktober 2007 das Schreiben des Registergerichts vom 10. Oktober 2007
  54. erhalten und dadurch Kenntnis vom Beschluss des Insolvenzgerichts erlangt
  55. hatte (§ 234 Abs. 2 ZPO). Sie war abgelaufen, als die Schuldnerin mit Schreiben vom 15. November 2007 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragte. Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist kommt
  56. nicht in Betracht, weil sich die Schuldnerin selbst rechtzeitig über Art, Form und
  57. Frist des möglichen Rechtsbehelfs hätte informieren müssen (BGH, Beschl. v.
  58. 19. März 1997 - XII ZB 139/96, NJW 1997, 1989 m.w.N.). Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen nach § 236 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO im Hinblick
  59. auf das noch innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO eingereichte Schreiben
  60. vom 25. Oktober 2007, das als Beschwerde gelten kann, scheidet aus, weil zu
  61. diesem Zeitpunkt die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung
  62. weder offenkundig noch aktenkundig waren (BGH, Beschl. v. 16. Oktober 2003
  63. - IX ZB 36/03, WM 2003, 2478, 2479).
  64. Ganter
  65. Gehrlein
  66. Fischer
  67. Vill
  68. Grupp
  69. Vorinstanzen:
  70. AG Regensburg, Entscheidung vom 21.08.2007 - 4 IN 24/07 LG Regensburg, Entscheidung vom 12.12.2007 - 2 T 553/07 -