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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZB 124/05
  4. vom
  5. 23. März 2006
  6. in dem Insolvenzverfahren
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2
  14. Fällt nach Stellung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine
  15. Rechtsbeschwerde die Grundsatzbedeutung der Rechtssache weg, erfordert
  16. die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, dass eine der höchstrichterlichen
  17. Rechtsprechung
  18. widersprechende
  19. Beschwerdeentscheidung
  20. nicht
  21. rechtskräftig wird.
  22. BGH, Beschluss vom 23. März 2006 - IX ZB 124/05 - LG Mönchengladbach
  23. AG Mönchengladbach
  24. -2-
  25. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  26. Dr. Gero Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Dr. Detlev
  27. Fischer
  28. am 23. März 2006
  29. beschlossen:
  30. Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss
  31. der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom
  32. 15. Februar 2005 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
  33. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird
  34. auf 4.000 Euro festgesetzt.
  35. Gründe:
  36. I.
  37. 1
  38. In dem am 22. Juli 2004 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin haben bis zum Schlusstermin keine Insolvenzgläubiger
  39. Forderungen angemeldet. Durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 17. Dezember 2004 ist der Schuldnerin die Restschuldbefreiung angekündigt worden.
  40. Die Laufzeit der Abtretungserklärung ("Wohlverhaltensphase") ist auf sechs
  41. Jahre, beginnend mit der Verfahrenseröffnung, festgesetzt worden.
  42. - 3 -
  43. 2
  44. Mit ihrer sofortigen Beschwerde hat die Schuldnerin die Erteilung der
  45. Restschuldbefreiung mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens begehrt. Das
  46. Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluss vom 15. Februar 2005 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Schuldnerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.
  47. II.
  48. 3
  49. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 7 InsO)
  50. und zulässig. Zwar hatte die Schuldnerin mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung selbst eine Abtretungserklärung für die Zeit von sechs Jahren nach Insolvenzeröffnung vorgelegt. Gleichwohl wurde sie durch den Beschluss des Insolvenzgerichts beschwert. Denn dem Antrag lag ersichtlich die - dem Regelfall
  51. entsprechende - Erwartung zugrunde, dass nach Insolvenzeröffnung Gläubiger
  52. Forderungen anmelden. Demgemäß ist der Antrag im Sinne des Begehrens
  53. auszulegen, mit dem die Schuldnerin ihre sofortige Beschwerde verfolgt hat und
  54. nunmehr ihre Rechtsbeschwerde verfolgt. Da es sich um eine Verfahrenserklärung handelt, ist der Senat zu einer derartigen Auslegung befugt (vgl. BGH,
  55. Beschl. v. 17. März 2005 - IX ZB 214/04, NZI 2005, 399, 400 m. Anm. Ahrens
  56. aaO S. 401; G. Pape ZInsO 2005, 599).
  57. 4
  58. Zwar hat der Senat die Frage, derentwegen die Sache grundsätzliche
  59. Bedeutung hatte, inzwischen entschieden (vgl. BGH, Beschl. v. 17. März 2005
  60. aaO). Fällt nach Einlegung der Rechtsbeschwerde die Grundsatzbedeutung der
  61. Rechtssache weg, ist die Rechtsbeschwerde gleichwohl zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) erfordert,
  62. dass die der Rechtsprechung des Senats widersprechende Beschwerdeent-
  63. - 4 -
  64. scheidung nicht rechtskräftig wird (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 2. Dezember
  65. 2004 - IX ZB 110/04, ZVI 2005, 99, 100). Unschädlich ist des Weiteren, dass
  66. die Schuldnerin die Rechtsbeschwerde erst nach Ergehen des Senatsbeschlusses vom 17. März 2005 eingelegt hat. Denn es darf ihr nicht zum Nachteil gereichen, dass sie an der fristgerechten Einlegung durch ihre Mittellosigkeit gehindert war. Im Übrigen ist nunmehr die Zulassung wegen der Divergenz zum
  67. Senatsbeschluss vom 17. März 2005 geboten (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
  68. III.
  69. 5
  70. Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
  71. 6
  72. 1. Wie der Senat in dem Beschluss vom 17. März 2005 (aaO) ausgeführt
  73. hat, kann dem Schuldner bei fehlenden Gläubigeranmeldungen die Restschuldbefreiung unter Umständen bereits im Schlusstermin erteilt werden. Diese Möglichkeit scheidet nicht etwa deshalb aus, um Insolvenzgläubigern, die nicht am
  74. Insolvenzverfahren teilnehmen, die Möglichkeit zu erhalten, Versagungsanträge
  75. nach §§ 296, 297 InsO zu stellen. Der angefochtene Beschluss kann deshalb
  76. nicht bestehen bleiben.
  77. 7
  78. 2. Die vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung kann nur versagt
  79. werden, wenn noch Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) oder sonstige
  80. - 5 -
  81. Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) offen sind (BGH, Beschl. v. 17. März 2005
  82. aaO). Dazu fehlen Feststellungen. Deshalb ist die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
  83. Dr. Gero Fischer
  84. Dr. Ganter
  85. Kayser
  86. Raebel
  87. Dr. Detlev Fischer
  88. Vorinstanzen:
  89. AG Mönchengladbach, Entscheidung vom 17.12.2004 - 10 K 146/04 LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 15.02.2005 - 5 T 35/05 -