You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

219 lines
7.6 KiB

  1. Berichtigt durch
  2. Beschluss vom 17.10.2018
  3. Heinekamp, Amtsinspektor
  4. als Urkundsbeamter
  5. der Geschäftsstelle
  6. BUNDESGERICHTSHOF
  7. IM NAMEN DES VOLKES
  8. URTEIL
  9. IV ZR 17/17
  10. Verkündet am:
  11. 12. September 2018
  12. Schick
  13. Justizangestellte
  14. als Urkundsbeamtin
  15. der Geschäftsstelle
  16. in dem Rechtsstreit
  17. ECLI:DE:BGH:2018:120918UIVZR17.17.0
  18. -2-
  19. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
  20. Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann,
  21. die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann im schriftlichen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 27. Juli 2018 eingereicht werden
  22. konnten,
  23. für Recht erkannt:
  24. Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung
  25. des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil der 4. Zivilkammer des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom
  26. 22. Dezember 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als
  27. 47.281,83 € verurteilt worden ist.
  28. Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.
  29. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die
  30. Klägerin zu 60 % und die Beklagte zu 40 %. Die Kosten
  31. des Berufungs- und des Revisionsverfahrens tragen die
  32. Klägerin zu 83 % und die Beklagte zu 17 %.
  33. Der
  34. Streitwert
  35. 63.799 €
  36. für
  37. das
  38. festgesetzt
  39. Revisionsverfahren
  40. (Revision
  41. der
  42. wird
  43. Beklagten:
  44. 18.886,88 €, Revision der Klägerin: 44.912,12 €).
  45. Von Rechts wegen
  46. auf
  47. -3-
  48. Tatbestand:
  49. 1
  50. Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus ungerechtfertigter B ereicherung Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fond sgebundenen Lebensversicherung.
  51. 2
  52. Diese wurde mit Versicherungsbeginn zum 1. September 2005
  53. nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit
  54. gültigen Fassung (im Folgenden: § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Nach
  55. den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt die
  56. Klägerin keine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerspruchsrecht
  57. gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F.
  58. 3
  59. Die Klägerin kündigte den Vertrag mit Schreiben vom 24. Juli 2013
  60. und erklärte unter dem 21. Juli 2014 den Widerspruch gemäß § 5a VVG
  61. a.F.
  62. 4
  63. Mit der Klage hat sie, soweit für die Revisionsinstanz noch von
  64. Bedeutung, Rückzahlung der auf den Vertrag geleisteten Einmalprämie
  65. in Höhe von 100.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten
  66. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12. März 2014 Zug um Zug
  67. gegen Abtretung aller Rechte aus dem Versicherungsvertrag verlangt.
  68. 5
  69. Das Landgericht hat der Klage insoweit durch Schlussurteil stattgegeben.
  70. 6
  71. Mit der Berufung hat die Beklagte die Aufhebung des Schlussu rteils begehrt, soweit dessen Tenor über einen Betrag von 36.201 € hinausgeht. Das Oberlandesgericht hat unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung das erstinstanzliche Schlussurteil abgeändert und die
  72. Beklagte verurteilt, an die Klägerin 55.087,88 € nebst Zinsen in Höhe
  73. von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
  74. -4-
  75. 12. März 2014 Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu zahlen, und die Klage im Übrigen abgewiesen.
  76. 7
  77. Mit der Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Klageabwe isung, soweit sie zur Zahlung von mehr als 36.201 € verurteilt worden ist.
  78. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Revision die Aufhebung des Ber ufungsurteils und die Wiederherstellung des Schlussurteils, soweit der Berufung
  79. der Beklagten stattgegeben worden ist.
  80. Entscheidungsgründe:
  81. 8
  82. Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsu rteils, soweit das Berufungsgericht der Klage in Höhe von mehr als
  83. 47.281,83 € nebst Zinsen stattgegeben hat. Die Revision der Klägerin
  84. hat keinen Erfolg.
  85. 9
  86. I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin Prämienrückzahlung aus ungerechtfertigter Bereicherung verlangen. Nicht
  87. abzuziehen sei der Wert des Risikoanteils, weil die Beklagte hierfür keinen Beweis angeboten habe. Auch die Abschluss-, Vermittlungs- und
  88. Verwaltungskosten seien nicht in Abzug zu bringen. Die Beklagte könne
  89. sich zumindest teilweise auf Entreicherung berufen, weil die F onds, in
  90. denen der Sparanteil der Prämie in Höhe von 89.824,24 € angelegt worden sei, zur Zeit des Widerspruchs nur noch einen Wert von 37.106,07 €
  91. gehabt hätten. Der Entreicherungseinwand sei auf 50 % des Sparanteils
  92. (44.912,12 €) zu begrenzen, so dass der Klägerin ein Zahlungsanspruch
  93. in Höhe von 55.087,88 € zustehe.
  94. -5-
  95. 10
  96. II. Hiergegen wendet sich die Beklagte zu Recht, soweit das Ber ufungsgericht die Fondsverluste nur teilweise bereicherungsmindernd b erücksichtigt hat.
  97. 11
  98. Die Klägerin - deren Widerspruchsrecht mangels ordnungsgemäßer Belehrung ungeachtet des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. fortbestand
  99. (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 1734) - hat gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB einen Prämienrückzahlungsanspruch. Dieser ist - anders als die Beklagte gemeint hat - allerdings nicht auf den von ihr mit 36.201 € angegebenen Depotstand zur
  100. Zeit der Berufungsbegründung begrenzt. Vielmehr ist die Beklagte in Höhe von 47.281,83 € zur Rückzahlung verpflichtet, weil von der zu ersta ttenden Einmalprämie in Höhe von 100.000 € nur die Fondsverluste in
  101. Höhe von 52.718,17 € bereicherungsmindernd abzuziehen sind. Die Verluste ergeben sich aus der Differenz zwischen dem vom Berufungsg ericht zugrunde gelegten Sparanteil in Höhe von 89.824,24 € (Einmalprämie von 100.000 € abzüglich Abschluss- und Verwaltungskosten in Höhe
  102. von 10.175,76 €) und dem Depotwert zur Zeit des Widerspruchs in Höhe
  103. von 37.106,07 €.
  104. 12
  105. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts greift der von der
  106. Beklagten erhobene Einwand der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3
  107. BGB hinsichtlich der Fondsverluste vollständig durch und kann nicht auf
  108. die Hälfte des Sparanteils beschränkt werden. Wie der Senat mit dem
  109. nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Urteil vom 21. März 2018
  110. (IV ZR 353/16, VersR 2018, 535 Rn. 13 ff.), dem im Wesentlichen ein
  111. vergleichbarer Sachverhalt wie hier zugrunde lag, entschieden und im
  112. Einzelnen begründet hat, muss sich der Versicherungsnehmer bei der
  113. bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung einer fondsgebundenen L ebensversicherung nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. auch erhebli-
  114. -6-
  115. che oder vollständige Fondsverluste bereicherungsmindernd anrechnen
  116. lassen. Die dortigen Ausführungen gelten im Streitfall - auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien im Revisionsrechtszug entsprechend.
  117. 13
  118. Weitere Abzüge des Risikoanteils in Höhe von 37,45 € sowie der
  119. Abschluss- und Verwaltungskosten in Höhe von 10.175,76 € hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und von der Beklagten unbeanstandet a bgelehnt.
  120. 14
  121. III. Die Revision der Klägerin ist nach dem Vorstehenden unbegründet. Ihr steht nach Abzug der Fondsverluste nur ein Bereicherung sanspruch in der oben genannten Höhe zu.
  122. Mayen
  123. Harsdorf-Gebhardt
  124. Dr. Brockmöller
  125. Lehmann
  126. Dr. Bußmann
  127. Vorinstanzen:
  128. LG Gera, Entscheidung vom 12.01.2016 - 4 O 1317/13 OLG Jena, Entscheidung vom 22.12.2016 - 4 U 75/16 -
  129. BUNDESGERICHTSHOF
  130. BESCHLUSS
  131. IV ZR 17/17
  132. vom
  133. 17. Oktober 2018
  134. in dem Rechtsstreit
  135. ECLI:DE:BGH:2018:171018BIVZR17.17.0
  136. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
  137. Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann,
  138. die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann
  139. am 17. Oktober 2018
  140. beschlossen:
  141. Der Tenor des Senatsurteils vom 12. September 2018
  142. wird gemäß § 319 Abs. 1 ZPO dahingehend berichtigt,
  143. dass hinter Satz 1 folgender Satz eingefügt wird:
  144. Die Klage wird auch im Umfang der Aufhebung
  145. des Berufungsurteils abgewiesen.
  146. Mayen
  147. Harsdorf-Gebhardt
  148. Dr. Brockmöller
  149. Lehmann
  150. Dr. Bußmann