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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. IV ZR 307/04
  5. Verkündet am:
  6. 16. November 2005
  7. Heinekamp
  8. Justizhauptsekretär
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. _____________________
  18. VVG § 6 Abs. 3; VGB 88 § 20 Nr. 1d
  19. Hat der Versicherungsnehmer nach den zwischen den Parteien des Versicherungsverhältnisses getroffenen Vereinbarungen (hier: § 20 Nr. 1d VGB 88) Auskunft erst
  20. auf Verlangen des Versicherers zu erteilen, bestimmt sich nach Art, Reichweite und
  21. Sinn der ihm gestellten Fragen, in welchem Umfang er Angaben zur Feststellung des
  22. Versicherungsfalles und zur Leistungspflicht des Versicherers zu machen hat.
  23. Haben mehrere Versicherungsnehmer in der Sachversicherung (hier: WohngebäudeVersicherung) ein einheitliches Risiko versichert, besteht ein einziger, unteilbarer
  24. Versicherungsanspruch zur gesamten Hand. Obliegenheitsverletzungen, die einer
  25. der Versicherungsnehmer begeht, muss sich daher auch der andere Versicherungsnehmer zurechnen lassen.
  26. BGH, Urteil vom 16. November 2005 - IV ZR 307/04 - OLG Frankfurt am Main
  27. LG Wiesbaden
  28. -2-
  29. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter
  30. Seiffert, Dr. Schlichting, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den
  31. Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 2005
  32. für Recht erkannt:
  33. Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom
  34. 17. November 2004 aufgehoben.
  35. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  36. Von Rechts wegen
  37. Tatbestand:
  38. 1
  39. Die Kläger sind Miteigentümer eines mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebauten Grundstücks in H.
  40. . Sie unterhalten seit dem
  41. Jahre 1993 bei der Beklagten eine zum Neuwert abgeschlossene Wohngebäude-Versicherung. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 88) zugrunde. Am
  42. 29. Dezember 1999 brannte das Gebäude infolge Brandstiftung vollständig nieder; ein Täter konnte nicht ermittelt werden.
  43. -3-
  44. 2
  45. Der
  46. Regulierungsbeauftragte
  47. der
  48. Beklagten
  49. verhandelte
  50. am
  51. 23. März 2000 mit dem Kläger zu 1) über den Schaden und fertigte über
  52. das Ergebnis eine gemeinsam unterzeichnete Niederschrift. Darin ist unter Ziff. 3 folgendes vermerkt:
  53. "Meine finanzielle Situation ist geordnet. Es gibt noch offene Forderungen von Stromkosten, welche die Mieter nicht
  54. bezahlt haben. Das Finanzamt fordert eine Nachzahlung an
  55. Umsatzsteuer von 10.000 DM für drei Monate (Mitarbeiter
  56. von Finanzamt hatte Unterlagen verschlampt)."
  57. 3
  58. Das
  59. Grundstück
  60. war
  61. damals
  62. mit
  63. einer
  64. Grundschuld
  65. von
  66. 320.000 DM belastet. Diese besicherte ein - im Frühjahr 2001 getilgtes Darlehen, das die Kläger in monatlichen Raten von 3.437,50 DM und
  67. 1.621 DM zurückführten. Auf dem Miteigentumsanteil des Klägers zu 1),
  68. der im Februar 1998 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte,
  69. lasteten zudem Zwangssicherungshypotheken von rund 35.000 DM.
  70. 4
  71. Die Beklagte lehnte mit am 13. November 2002 beim Bevollmächtigten der Kläger eingegangenen Schreiben unter Hinweis auf § 12
  72. Abs. 3 VVG Versicherungsleistungen ab. Sie berief sich unter anderem
  73. wegen Obliegenheitsverletzung auf Leistungsfreiheit, weil der Kläger zu
  74. 1) unvollständige und unrichtige Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen gemacht habe.
  75. 5
  76. Die Kläger machen ihre Ansprüche gegen die Beklagte zur gesamten Hand geltend. Sie verlangen den Neuwertschaden in Höhe von
  77. 311.636,04 € nebst Zinsen, hilfsweise Zahlung von 85.405,19 € nebst
  78. Zinsen sowie die Feststellung, dass die Beklagte den gesamten zur Beseitigung des Brandschadens erforderlichen Betrag und die Kosten der
  79. -4-
  80. Wiederherstellung des Gebäudes zu übernehmen hat. Das Landgericht
  81. hat ihre am 14. Mai 2003 dort eingegangene Klage abgewiesen, weil die
  82. Frist des § 12 Abs. 3 VVG nicht gewahrt sei. In der Berufungsinstanz haben die Kläger in erster Linie Zahlung an die Gläubiger der Sicherungshypotheken und im Übrigen an sich verlangt; ihr Rechtsmittel ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wenden sie sich mit der Revision.
  83. Entscheidungsgründe:
  84. 6
  85. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und
  86. zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  87. 7
  88. I. Dieses hat ausgeführt: Zwar dürfe sich die Beklagte auf die
  89. Fristversäumung nach § 12 Abs. 3 VVG nicht berufen, weil die Kläger
  90. daran kein Verschulden treffe. Mit einer Postlaufzeit von vier Tagen hätten sie - trotz des darin eingeschlossenen Wochenendes - nicht rechnen
  91. müssen. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger habe daher auch keine
  92. Pflicht gehabt, sich beim Landgericht nach dem fristgemäßen Eingang
  93. der Klageschrift zu erkundigen.
  94. 8
  95. Die Beklagte sei aber wegen Verletzung der Auskunftspflichten
  96. durch den Kläger zu 1) leistungsfrei (§ 20 Nr. 1d VGB 88, § 6 Abs. 3
  97. VVG). Dessen Fehlverhalten sei dem Kläger zu 2) zuzurechnen, weil
  98. Gegenstand der Sachversicherung das einheitliche, gleichgerichtete Interesse am Erhalt der Sache sei.
  99. -5-
  100. 9
  101. Der Versicherer sei berechtigt, seinem Versicherungsnehmer nach
  102. Eintritt des Versicherungsfalles zur Aufklärung des subjektiven Risikos
  103. - auch unangenehme - Fragen zu stellen, die dieser wahrheitsgemäß beantworten müsse. Der Kläger zu 1) habe indes verschwiegen, die eidesstattliche Versicherung abgegeben zu haben, und stattdessen durch die
  104. Erwähnung der Stromkostenforderung und der Umsatzsteuernachforderung nur auf offene Forderungen geringen Umfangs hingewiesen. Im Übrigen habe er sich auf die zusammenfassende Bezeichnung seiner Verhältnisse als "geordnet" beschränkt. Das sei nicht zutreffend gewesen,
  105. weil die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung die Kreditwürdigkeit
  106. nachhaltig beeinträchtige und im Allgemeinen darauf schließen lasse,
  107. dass ein Schuldner seine fälligen Verbindlichkeiten nicht bedienen könne. Die Offenbarung der eidesstattlichen Versicherung gegenüber dem
  108. Regulierungsbeauftragten hätten die Kläger erstmals in der Berufungsinstanz behauptet. Mit diesem Vorbringen seien sie nach § 531 Abs. 2
  109. ZPO ausgeschlossen, weil schon das Landgericht - unbeschadet der
  110. späteren Klagabweisung wegen Fristversäumnis - darauf hingewiesen
  111. habe, es komme auf die Verletzung von Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall an.
  112. 10
  113. Ob die Formulierung, die Vermögensverhältnisse seien geordnet,
  114. vom Kläger zu 1) selbst oder vom Regulierungsbeauftragten stamme, sei
  115. unerheblich, denn der Kläger zu 1) habe sie sich durch seine Unterschrift
  116. zu Eigen gemacht. Die Vorsatzvermutung habe der - über den möglichen
  117. Verlust des Versicherungsschutzes auch bei folgenloser Obliegenheitsverletzung ordnungsgemäß belehrte - Kläger zu 1) nicht widerlegt. Die
  118. von ihm verschwiegenen Umstände seien geeignet, die Interessen der
  119. Beklagten zu gefährden, denn sie hätten diese von weiteren Nachfor-
  120. -6-
  121. schungen abhalten können. Angesichts der allgemeinen Bedeutung, die
  122. der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung für die Beurteilung der
  123. Vermögensverhältnisse zugemessen werde, könne dem Kläger zu 1)
  124. kein lediglich geringes Verschulden zugute gehalten werden.
  125. 11
  126. II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
  127. 12
  128. 1. Der Inhalt einer Obliegenheit im Sinne von § 6 Abs. 3 VVG, deren schuldhafte Verletzung durch Leistungsfreiheit sanktioniert ist, ergibt
  129. sich aus den zwischen den Parteien des Versicherungsverhältnisses getroffenen Vereinbarungen, also aus dem Versicherungsvertrag und den
  130. diesem zugrunde liegenden Bedingungen (Senatsurteil vom 1. Dezember
  131. 1999 - IV ZR 71/99 - VersR 2000, 222 unter II 1).
  132. 13
  133. a) Nach § 20 Nr. 1d VGB 88 hat der Versicherungsnehmer dem
  134. Versicherer auf dessen Verlangen im Rahmen des Zumutbaren jede Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang
  135. seiner Entschädigungspflicht zu gestatten und jede hierzu dienliche Auskunft zu geben. Diese Obliegenheit, bei deren Nichtbeachtung sich der
  136. Versicherer in § 20 Nr. 2 Satz 1 VGB 88 Leistungsfreiheit nach Maßgabe
  137. des § 6 Abs. 3 VVG ausbedungen hat, ist weit gefasst. Ihr Zweck besteht
  138. - für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar - darin, den
  139. Versicherer in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen seiner Eintrittspflicht sachgerecht zu prüfen, indem er Ursache und Umfang des
  140. Schadens ermittelt. Das schließt die Feststellung solcher mit dem Schadensereignis zusammenhängenden Tatsachen ein, aus denen sich
  141. - etwa nach § 61 VVG - seine Leistungsfreiheit gegenüber dem Versiche-
  142. -7-
  143. rungsnehmer ergeben kann (vgl. Senatsurteile vom 12. November 1997
  144. - IV ZR 338/96 - VersR 1998, 228 unter II 1 b; vom 12. November 1975
  145. - IV ZR 5/74 - VersR 1976, 84 unter 1 a a.E.). Der Versicherungsnehmer
  146. hat daher auf entsprechendes Verlangen auch solche Tatsachen wahrheitsgemäß und vollständig zu offenbaren, selbst wenn die Erfüllung der
  147. Auskunftsobliegenheit eigenen Interessen widerstreitet, weil sie dem
  148. Versicherer erst ermöglicht, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen (vgl.
  149. Senatsurteil vom 1. Dezember 1999 aaO unter II 3).
  150. 14
  151. b) Es ist grundsätzlich Sache des Versicherers, welche Angaben
  152. er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält, um seine Entscheidung über die Leistungspflicht auf ausreichender und gesicherter
  153. Tatsachengrundlage treffen zu können (vgl. Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 34 Rdn. 15). Dazu können auch Fragen nach den
  154. Vermögensverhältnissen des Versicherungsnehmers gehören (Prölss in
  155. Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 34 Rdn. 6), weil sich daraus für den Versicherer Anhaltspunkte ergeben können, der Eintritt des Versicherungsfalles und die damit verbundene Entschädigungsleistung entspreche der finanziellen Interessenlage des Versicherungsnehmers. In diesem Zusammenhang genügt es nach dem Inhalt der in § 20 Nr. 1d VGB 88 vereinbarten Obliegenheit, dass die vom Versicherungsnehmer geforderten
  156. Angaben zur Einschätzung des subjektiven Risikos überhaupt dienlich
  157. sein können, nicht hingegen kommt es darauf an, ob sich die Angaben
  158. nach dem Ergebnis der Prüfung als für die Frage der Leistungspflicht
  159. tatsächlich wesentlich erweisen (vgl. Senatsurteil vom 1. Dezember 1999
  160. aaO unter II 2).
  161. -8-
  162. 15
  163. 2. Das Berufungsgericht hat jedoch bislang keine ausreichenden
  164. Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger zu 1) die ihn nach § 20
  165. Nr. 1d VGB 88 treffende Auskunftsobliegenheit verletzt hat. Allein anhand der Verhandlungsniederschrift vom 23. März 2000 lässt sich dies
  166. nicht beurteilen.
  167. 16
  168. a) Der Versicherungsnehmer braucht Erklärungen, die die Leistungspflicht des Versicherers betreffen, nicht unaufgefordert abzugeben.
  169. Er muss den Versicherer nicht von sich aus über alle für Grund und Höhe
  170. des Versicherungsanspruchs wesentlichen Umstände in Kenntnis setzen.
  171. Er darf vielmehr abwarten, bis der Versicherer an ihn herantritt und die
  172. Informationen anfordert, die er aus seiner Sicht zur Feststellung des
  173. Versicherungsfalles und des Umfangs der Leistungspflicht benötigt (Senatsurteile vom 7. Juli 2004 - IV ZR 265/03 - VersR 2004, 1117 unter 1;
  174. vom 21. April 1993 - IV ZR 34/92 - VersR 1993, 828 unter 2 b, in BGHZ
  175. 122, 250 ff. insoweit nicht abgedruckt). Das folgt hier unmittelbar aus
  176. § 20 Nr. 1d VGB 88 selbst, wonach dem Versicherer Auskünfte nur auf
  177. dessen Verlangen zu geben sind. Mithin bestimmt sich erst nach Art,
  178. Reichweite und Sinn der gestellten Fragen, in welchem Umfang der Versicherungsnehmer Angaben zu machen hat (vgl. Senatsurteil vom
  179. 21. April 1993 aaO).
  180. 17
  181. b) Die Verhandlungsniederschrift vom 23. März 2000 gibt nicht hinreichend wieder, welche Angaben vom Kläger zu 1) zur Aufklärung des
  182. Sachverhalts verlangt worden sind. Das Berufungsgericht wird daher
  183. aufzuklären haben, welchen Gang die zwischen dem Regulierungsbeauftragten der Beklagten und dem Kläger zu 1) geführten Schadensverhandlungen genommen haben, was und mit welcher Genauigkeit der
  184. -9-
  185. Kläger zu 1) im Einzelnen gefragt worden ist, in welchem Zusammenhang die Fragen gestellt waren und wie sie der Kläger zu 1) vom Standpunkt eines verständigen Versicherungsnehmers aus aufzufassen hatte.
  186. Nur dann lässt sich abschließend beurteilen, ob der Kläger zu 1), dessen
  187. eidesstattliche Versicherung immerhin schon zwei Jahre zurücklag und
  188. der trotz dieses Umstandes gemeinsam mit dem Kläger zu 2) zumindest
  189. das durch die Grundschuld besicherte Darlehen ordnungsgemäß bedienen konnte, seine Vermögensverhältnisse als "geordnet" bezeichnen
  190. durfte oder ob er damit den Sachverhalt verkürzt wiedergegeben hat,
  191. weil es der Beklagten darauf ankam, seine Vermögensverhältnisse möglichst detailliert in Erfahrung zu bringen, so auch die auf dem Miteigentumsanteil des Klägers zu 1) ruhenden Sicherungshypotheken.
  192. 18
  193. c) Zum genauen Hergang und Inhalt der Schadensverhandlung am
  194. 23. März 2000 vorzutragen, ist zunächst Sache der Beklagten, denn für
  195. die objektive Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer darlegungsund beweisbelastet (Senatsurteil vom 14. Februar 1996 - IV ZR 334/94 NJW-RR 1996, 981 unter 2 a); die Zurückverweisung gibt ihr hierzu Gelegenheit. Zu dem bisher fehlenden Vortrag der Beklagten können die
  196. Kläger umfassend und ohne die Beschränkungen des § 531 Abs. 2 Nr. 1
  197. ZPO Stellung nehmen. Das gilt insbesondere für ihre unter Beweis gestellte Behauptung, der Kläger zu 1) habe dem Regulierungsbeauftragten
  198. der Beklagten die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung offenbart.
  199. Erst wenn der objektive Tatbestand der Obliegenheitsverletzung gegeben ist, muss der Versicherungsnehmer das Vorliegen von Vorsatz oder
  200. grober Fahrlässigkeit entkräften (Senatsurteil vom 21. April 1993 aaO
  201. unter 2 c).
  202. - 10 -
  203. III. Die erforderlichen Feststellungen wird das Berufungsgericht
  204. 19
  205. nachzuholen und auf dieser Grundlage zu beurteilen haben, ob der Kläger zu 1) seine Auskunftsobliegenheit objektiv verletzt hat und die weiteren Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 VVG gegeben sind. Es wird dabei
  206. zu beachten haben, dass der Versicherer auch bei vorsätzlich begangener Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers leistungspflichtig bleibt, wenn den Versicherungsnehmer kein erhebliches Verschulden
  207. trifft (BGHZ 84, 84, 87). Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht zu
  208. prüfen haben, ob aus anderen Gründen eine Leistungsfreiheit der Beklagten in Betracht kommt. Diese beruft sich auf die Verletzung weiterer
  209. vertraglicher Obliegenheiten sowie auf eine nach Vertragsabschluss eingetretene, aber seitens der Kläger nicht angezeigte Gefahrerhöhung wegen Leerstandes und Verwahrlosung des Wohn- und Geschäftsgebäudes.
  210. 20
  211. IV. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, der Kläger zu 2) müsse sich Obliegenheitsverletzungen des Klägers zu 1) zurechnen lassen. Zwischen den
  212. Klägern und der Beklagten besteht ein Versicherungsverhältnis, das sich
  213. auf die Versicherung eines einheitlichen Risikos bezieht; dieses gemeinschaftliche, gleichgerichtete und ungeteilte Interesse am Erhalt der versicherten Sache ist kennzeichnend für die Sachversicherung (vgl. Senatsurteil vom 24. Januar 1996 - IV ZR 270/94 - RuS 1996, 146 unter II
  214. 5; Senatsbeschluss vom 30. April 1991 - IV ZR 255/90 - RuS 1992, 240).
  215. Demgemäß besteht bei ihr nur ein einziger, unteilbarer Versicherungsanspruch, der den Teilhabern zur gesamten Hand zusteht und deshalb nur
  216. - 11 -
  217. ein einheitliches Rechtsschicksal haben kann (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht 3. Aufl. O II Rdn. 16, H IV Rdn. 75; Prölss, aaO § 6 Rdn. 39;
  218. Römer in Römer/Langheid, aaO § 6 Rdn. 74). Daher ist der Revision
  219. auch nicht darin zu folgen, dass der Kläger zu 2) ebenfalls über die möglichen Folgen einer Obliegenheitsverletzung hätte belehrt werden müssen. Denn es geht nicht um eine eigene Obliegenheitsverletzung des
  220. Klägers zu 2), sondern um seine Teilhabe an der Obliegenheitsverletzung des Klägers zu 1), die sich ausschließlich aus dem unteilbaren Versicherungsanspruch und damit aus dem unteilbaren rechtlichen Schicksal des Versicherungsvertrages begründet.
  221. Seiffert
  222. Dr. Schlichting
  223. Dr. Kessal-Wulf
  224. Wendt
  225. Felsch
  226. Vorinstanzen:
  227. LG Wiesbaden, Entscheidung vom 23.03.2004 - 8 O 87/03 OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 17.11.2004 - 7 U 82/04 -