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21 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. IV ZR 227/08
  5. Verkündet am:
  6. 24. März 2010
  7. Heinekamp
  8. Justizhauptsekretär
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter
  14. Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Felsch und
  15. Dr. Karczewski auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 2010
  16. für Recht erkannt:
  17. Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des
  18. Landgerichts Karlsruhe vom 19. September 2008 wird
  19. auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
  20. Von Rechts wegen
  21. Tatbestand:
  22. 1
  23. I. Die beklagte Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder
  24. (VBL) hat die Aufgabe, den Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher
  25. Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom
  26. 22. November 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003) hat die Beklagte
  27. ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 umgestellt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002
  28. (ATV) vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) beruhende - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf
  29. einem Punktemodell nach versicherungsmathematischen Grundsätzen
  30. beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt.
  31. -3-
  32. 2
  33. II. In dem eingeführten Betriebsrentensystem beruht die Berechnung der monatlichen Betriebsrente auf der Summe der bis zum Beginn
  34. der Betriebsrente erworbenen Versorgungspunkte, die sich unter anderem für das zusatzversorgungspflichtige Entgelt, für soziale Komponenten und als Bonuspunkte ergeben können. In Versorgungspunkte umgerechnet wurden auch die bis zur Systemumstellung erworbenen Rentenanwartschaften der Versicherten, die die Beklagte wertmäßig festgestellt
  35. und als so genannte Startgutschriften auf die neuen Versorgungskonten
  36. der Versicherten übertragen hat.
  37. 3
  38. Die neue Satzung der Beklagten (VBLS) lautet auszugsweise wie
  39. folgt, wobei § 68 VBLS im Wesentlichen mit § 19 ATV übereinstimmt:
  40. "§ 68 Überschussverteilung
  41. (1) Die VBL stellt jährlich bis zum Jahresende für das vorangegangene Geschäftsjahr fest, ob und in welchem
  42. Ausmaß aus verbleibenden Überschüssen (Absatz 3) Bonuspunkte vergeben werden können (…). Über die Zuteilung von Bonuspunkten entscheidet der Verwaltungsrat
  43. auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars.
  44. (2) Grundlage für die Feststellung und Entscheidung nach
  45. Absatz 1 ist eine auf anerkannten versicherungsmathematischen Grundsätzen beruhende und durch den Verantwortlichen Aktuar erstellte fiktive versicherungstechnische
  46. Bilanz (…).
  47. (3) Ergibt die fiktive versicherungstechnische Bilanz einen
  48. Überschuss, wird dieser Überschuss um den Aufwand für
  49. soziale Komponenten nach § 37 und um die Verwaltungskosten der VBL (…) vermindert und nach Maßgabe des
  50. Absatzes 1 verwendet (…). Einzelheiten werden in den
  51. Ausführungsbestimmungen geregelt (…).
  52. -4-
  53. § 69 Rückstellung für Überschussverteilung
  54. (1) Der Überschuss, der sich entsprechend der versicherungstechnischen Bilanz ergibt, wird (…) in die Rückstellung für Überschussverteilung eingestellt. Über die Zuführung des verteilungsfähigen Überschusses (…) zur Rückstellung für Überschussverteilung entscheidet der Verwaltungsrat.
  55. (2) Diese Rückstellung dient der Verbesserung oder Erhöhung von Leistungen, insbesondere zur Gewährung von
  56. Bonuspunkten (…). Über die Verwendung der Rückstellung entscheidet der Verwaltungsrat auf Vorschlag des
  57. Verantwortlichen Aktuars.
  58. X Ausführungsbestimmungen zu § 68 Abs. 3 Satz 3
  59. - Überschussverteilung (…)
  60. (6) Eine Verwendung der Rückstellung für Überschussbeteiligung zur Vergabe von Bonuspunkten oder sonstigen
  61. Erhöhung von Leistungen nach § 69 Abs. 2 Satz 1 ist
  62. höchstens so zu bemessen, dass die hierfür zu ermittelnde zusätzliche Nettodeckungsrückstellung (…) die Rückstellung für Überschussverteilung nicht übersteigt. Der
  63. Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zur Verwendung
  64. der Rückstellung nach § 69 Abs. 2 Satz 3 hat zudem die
  65. Entstehung des Überschusses und künftige Risiken angemessen zu berücksichtigen."
  66. 4
  67. III. Der bei der Beklagten pflichtversicherte Kläger hat so genannte
  68. Versicherungsnachweise erhalten, aus denen sich die Höhe der vom
  69. Kläger insgesamt erworbenen Anwartschaft auf Betriebsrente wegen Alters einschließlich desjenigen Teils der Anwartschaft ergibt, der von ihm
  70. bis zur Systemumstellung erworben und als Startgutschrift dem Versorgungskonto gutgeschrieben wurde. Bonuspunkte sind in den Versiche-
  71. -5-
  72. rungsnachweisen nicht ausgewiesen. Der Verwaltungsrat der Beklagten
  73. hat für die Geschäftsjahre 2002 bis 2004 entschieden, dass dem das
  74. Versorgungskonto I betreffenden Abrechnungsverband, dem der Kläger
  75. angehört, keine Bonuspunkte zugeteilt werden.
  76. Der Kläger meint, ihm stehe ein Anspruch auf Zuteilung und Gut-
  77. 5
  78. schrift von Bonuspunkten für die genannten Geschäftsjahre zu; im Wege
  79. der Stufenklage (§ 254 ZPO) verlangt er Auskunft über die von der Beklagten in den Kalender- bzw. Geschäftsjahren 2002 bis 2004 erzielten
  80. Überschüsse durch Vorlage der (fiktiven) versicherungstechnischen Bilanzen.
  81. Das Amtsgericht hat dem Auskunftsantrag durch Teilurteil stattge-
  82. 6
  83. geben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Teilurteil
  84. des Amtsgerichts geändert und die Stufenklage insgesamt abgewiesen.
  85. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Begehren weiter.
  86. Entscheidungsgründe:
  87. 7
  88. Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die vom
  89. Kläger erhobene Stufenklage zu Recht insgesamt abgewiesen.
  90. 8
  91. I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Dem Kläger stehe der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht zu. Ein solcher ergebe sich aus
  92. den Satzungsbestimmungen der Beklagten weder bei unmittelbarer noch
  93. bei entsprechender Anwendung und folge auch nicht aus dem Gesetz zur
  94. -6-
  95. Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG; BGBl. I 2005,
  96. 2722). Zudem könne sich der Kläger nicht mit Erfolg auf § 55 Abs. 3 oder
  97. § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes berufen. Im Übrigen könne er
  98. die begehrte Auskunft nicht aus den Grundsätzen von Treu und Glauben
  99. gemäß § 242 BGB verlangen. Hierfür sei erforderlich, dass ein dem
  100. Grunde nach feststehender Leistungsanspruch existiere. Ein solcher Anspruch des Klägers auf Bonuspunkte bestehe (derzeit) nicht. Zivilrechtliche Ansprüche auf Bonuspunkte entstünden für die Versicherten erst,
  101. wenn ihnen von der Beklagten Bonuspunkte zugeteilt bzw. im Versicherungsnachweis ausgewiesen werden. Die systematische Stellung der
  102. §§ 68 f. VBLS und die Bestimmung über das Ob und das Ausmaß der
  103. Gewährung von Bonuspunkten machten deutlich, dass sich ein berechenbarer Anspruch des einzelnen Pflichtversicherten hieraus nicht herleiten lasse. Nach den genannten Regelungen und den zugehörigen Ausführungsbestimmungen X zu § 68 Abs. 3 Satz 3 VBLS bleibe es den zuständigen Gremien der Beklagten letztlich unbenommen, Rückstellungen
  104. zu bilden statt Bonuspunkte zu gewähren. Ein Anspruch auf Überschussbeteiligung könne sich (derzeit) auch nach § 153 VVG jedenfalls
  105. aus dem Grunde nicht ergeben, dass die Regelung bei Altverträgen erst
  106. ab dem 1. Januar 2008 gelte und daher für den hier maßgeblichen Zeitraum 2002 bis 2004 nicht anwendbar sei.
  107. 9
  108. Da damit nicht nur dem geltend gemachten Auskunftsanspruch,
  109. sondern zugleich dem angekündigten Leistungsbegehren die Grundlage
  110. fehle, sei auch das Berufungsgericht als Rechtsmittelgericht befugt, die
  111. Stufenklage insgesamt abzuweisen.
  112. -7-
  113. 10
  114. II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
  115. 11
  116. 1. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zuteilung und Gutschrift von Bonuspunkten für die Geschäftsjahre 2002 bis
  117. 2004. Schon daraus folgt, dass ein zur Vorbereitung eines solchen Anspruchs geltend gemachter Anspruch auf Auskunft über die von der Beklagten in den genannten Jahren erzielten Überschüsse durch Vorlage
  118. der (fiktiven) versicherungstechnischen Bilanzen entfällt (vgl. BGHZ 128,
  119. 54, 58; 87, 346, 352 f., 358).
  120. 12
  121. a) Für das genannte Leistungsbegehren des Klägers besteht nach
  122. der insoweit allein maßgeblichen Satzung der Beklagten keine rechtliche
  123. Grundlage. Die Auslegung der Satzung ergibt, dass für die Versicherten,
  124. die - wie der Kläger als Pflichtversicherter - für die Zuteilung von Bonuspunkten in Betracht kommen (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2-4 VBLS), ein solcher Anspruch auf Überschussbeteiligung lediglich dem Grunde nach
  125. besteht. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, wird dagegen
  126. ein Anspruch auf Zuteilung und Gutschrift von Bonuspunkten in bestimmter Höhe nicht gewährt.
  127. 13
  128. aa) (1) Die Satzungsbestimmungen der Beklagten finden als Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung, die von den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmern mit der Beklagten als Versicherer zugunsten der bezugsberechtigten Versicherten, der Arbeitnehmer, abgeschlossen werden (st. Rspr.; vgl. BGHZ 142, 103, 106 f.; Senatsurteil vom 14. Juni
  129. 2006 - IV ZR 55/05 - VersR 2006, 1248 Tz. 8). Für die Auslegung der
  130. Satzungsbestimmungen kommt es auf das Verständnis und Interesse
  131. des durchschnittlichen Versicherten an (vgl. Senatsurteile vom 3. De-
  132. -8-
  133. zember 2008 - IV ZR 104/06 - VersR 2009, 201 Tz. 13; vom 14. Februar
  134. 2007 - IV ZR 267/04 - VersR 2007, 676 Tz. 10; vom 14. Juni 2006 aaO
  135. m.w.N.).
  136. 14
  137. (2) Nach diesem Maßstab ist vom Wortlaut der Satzung auszugehen. Der Versicherte wird dabei zunächst die Regelung des § 36 Abs. 1
  138. Satz 1 c VBLS in den Blick nehmen, die lediglich den Hinweis darauf enthält, dass sich Versorgungspunkte, die nach § 35 Abs. 1 VBLS der Betriebsrente zugrunde liegen, auch als Bonuspunkte ergeben können und
  139. deren Feststellung und Gutschrift jeweils zum Ende des folgenden Kalenderjahres erfolgt (vgl. § 36 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 VBLS). Für Weiteres nimmt die Regelung des § 36 Abs. 1 Satz 1 c VBLS auf die mit
  140. "Überschussverteilung" überschriebene Regelung des § 68 VBLS Bezug.
  141. 15
  142. Auch aus dieser Regelung lässt sich keine bestimmte Höhe der
  143. Überschussbeteiligung entnehmen. Die Regelung stellt vielmehr einleitend in Absatz 1 Satz 1 klar, dass die Beklagte jährlich feststellt, "ob"
  144. und "in welchem Ausmaß" Bonuspunkte vergeben werden können, wobei
  145. die Entscheidung über die Zuteilung der Bonuspunkte durch den Verwaltungsrat der Beklagten auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zu
  146. treffen ist (§ 68 Abs. 1 Satz 6 VBLS).
  147. 16
  148. Wie sich für den Versicherten im Weiteren aus § 69 VBLS und Absatz 6 der Ausführungsbestimmungen X zu § 68 Abs. 3 Satz 3 VBLS ergibt, liegt der Überschussbeteiligung ein im Einzelnen geregeltes Verfahren zugrunde, für das indes keine konkreten Vorgaben zur Höhe der
  149. Überschussbeteiligung vorgesehen sind, sondern im Grundsatz ein gewisser Spielraum belassen wird. So erschließt sich für den Versicherten
  150. zunächst aus der Regelung des § 69 Abs. 1 Satz 1 VBLS, dass ein nach
  151. -9-
  152. § 68 Abs. 2 und 3 VBLS ermittelter verteilungsfähiger Überschuss in die
  153. Rückstellung für Überschussverteilung einzustellen ist. Diese dient, worauf § 69 Abs. 2 Satz 1 VBLS hinweist, der Verbesserung und Erhöhung
  154. von Leistungen, und zwar insbesondere, aber nicht ausschließlich zur
  155. Gewährung von Bonuspunkten. Die Entscheidung darüber, wie die Rückstellung zu verwenden ist, hat nach § 69 Abs. 2 Satz 3 VBLS der Verwaltungsrat der Beklagten auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zu
  156. treffen. Aus Absatz 6 der Ausführungsbestimmungen X zu § 68 Abs. 3
  157. Satz 3 VBLS lässt sich insoweit ergänzend entnehmen, dass die Verwendung der Rückstellung für Überschussverteilung zur Vergabe von
  158. Bonuspunkten höchstens so zu bemessen ist, dass die hierfür zu ermittelnde zusätzliche Nettodeckungsrückstellung die Rückstellung für Überschussverteilung nicht übersteigt. Zudem hat der Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars die Entstehung des Überschusses und künftige Risiken angemessen zu berücksichtigen.
  159. 17
  160. (3) Ist danach bereits nach dem Wortlaut der §§ 68 f. VBLS klar,
  161. dass die Höhe der Überschussbeteiligung letztlich von der Entscheidung
  162. der Beklagten durch ihren Verwaltungsrat abhängt, wird der Versicherte
  163. in diesem Verständnis der Regelungen durch deren systematische Stellung in der Satzung der Beklagten bestätigt. Die Regelungen zur Überschussbeteiligung finden sich - worauf das Berufungsgericht zu Recht
  164. hingewiesen hat - nicht in einem die Leistungsverpflichtung der Beklagten bestimmenden, sondern im mit "Finanzierung und Rechnungswesen"
  165. überschriebenen Fünften Teil der Satzung bzw. in den Ausführungsbestimmungen X zu § 68 Abs. 3 Satz 3 VBLS. Das ist anders bei den Regelungen der §§ 36 Abs. 2 und 3, 37 und 82a Abs. 2 VBLS zur Bestimmung
  166. der übrigen Versorgungspunkte i.S. des § 36 Abs. 1 Satz 1 VBLS, die
  167. konkrete Berechnungsvorgaben enthalten und im Zweiten Teil, Abschnitt
  168. - 10 -
  169. III der Satzung mit der Überschrift "Betriebsrente aufgrund einer Pflichtversicherung nach dem Punktemodell" bzw. im Sechsten Teil unter
  170. "Sonderbestimmungen" enthalten sind.
  171. 18
  172. bb) Dass den Versicherten danach kein Anspruch auf Überschussbeteiligung in bestimmter Höhe zusteht, ist hinzunehmen. Einen solchen
  173. Anspruch konnte und musste die Beklagte nicht einräumen.
  174. 19
  175. (1) Als Allgemeine Versicherungsbedingungen unterliegen die Satzungsbestimmungen der Beklagten regelmäßig der richterlichen Inhaltskontrolle nach den §§ 307 Abs. 1 und 2, 308, 309 BGB, soweit dieser
  176. nicht ihrerseits Schranken gesetzt sind (BGHZ aaO 109 f.; Senatsurteil
  177. vom 14. Januar 2004 - IV ZR 56/03 - VersR 2004, 453 unter I 2 a). Solche Schranken könnten sich hier bereits deshalb ergeben, weil es sich
  178. bei den §§ 68 f. VBLS lediglich um eine Leistungsbeschreibung handeln
  179. könnte, die nach dem Sinn und Zweck des § 307 BGB einer gerichtlichen
  180. Kontrolle entzogen wäre (vgl. BGHZ 128, 54, 59; Senatsurteil vom
  181. 24. März 1999 - IV ZR 90/98 - VersR 1999, 710 unter A I 2 a m.w.N.). Ob
  182. das zutrifft oder davon auszugehen ist, dass die Regelungen das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren mit der Folge, dass eine Inhaltskontrolle nicht ausgeschlossen
  183. wäre (BGHZ aaO; Senatsurteil vom 24. März 1999 aaO), ist zweifelhaft.
  184. Letztlich bedarf die Frage der Kontrollfähigkeit keiner Entscheidung.
  185. Dass die §§ 68 f. VBLS keine bestimmte Höhe der Überschussbeteiligung vorsehen, hält einer Inhaltskontrolle stand. Anhaltspunkte für eine
  186. unangemessene Benachteiligung der Versicherten i.S. des § 307 Abs. 1
  187. Satz 1 VBLS, auf deren Interesse vorrangig abzustellen ist (BGHZ 103,
  188. 370, 383), sind nicht gegeben.
  189. - 11 -
  190. 20
  191. (2) Eine unangemessene Benachteiligung der Versicherten kann
  192. schon deshalb nicht gegeben sein, weil es der weitgehend unternehmerischen Entscheidung des Versicherers überlassen bleiben muss, in welcher Höhe er ermittelte Überschüsse in den jeweiligen Geschäftsjahren
  193. zuteilt. Diese Notwendigkeit ergibt sich vor dem Hintergrund, dass der
  194. Versicherer die spätere Erfüllbarkeit der Verbindlichkeiten aus der Überschussbeteiligung zu gewährleisten hat (vgl. zur Lebensversicherung
  195. § 11a Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 3 VAG). Diesem obersten, im Interesse aller Beteiligten liegenden Gebot widerspräche es, dem einzelnen Versicherten einen konkreten Anspruch auf Gutschrift von Bonuspunkten zuzubilligen, denn dies könnte zu Lasten der wirtschaftlichen Substanz der
  196. Beklagten oder zu Lasten der Überschussbeteiligung anderer Versicherter gehen. Diese Grundgedanken liegen bereits den Urteilen des Senats
  197. vom 8. Juni 1983 (BGHZ 87, 346, 354 f., 356 f.) und vom 9. Mai 2001
  198. (BGHZ 147, 354, 371 f.) sowie den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2005 zur Bestandsübertragung und zur Überschussbeteiligung in der Lebensversicherung zugrunde (VersR 2005, 1109 und
  199. VersR 2005, 1127). Das Urteil zur Überschussbeteiligung stellt den
  200. Grundsatz unternehmerischer Eigenverantwortung der Versicherungsunternehmen ausdrücklich nicht in Frage und betont den Vorrang der Interessen der Risikogemeinschaft vor Einzelinteressen von Versicherten
  201. (aaO 1131 f; 1134). Anhaltspunkte dafür, dass für die Beklagte ein anderer Ansatz gelten müsste, sind nicht dargelegt und nicht ersichtlich. Insbesondere spielt es keine Rolle, dass der Überschussbeteiligung im Bereich der Pflichtversicherung ganz überwiegend keine tatsächlichen,
  202. sondern rein fiktiv ermittelte Überschüsse zugrunde liegen. Entscheidend
  203. ist, dass die Zuteilung bzw. Gutschrift von Bonuspunkten auf den Versorgungskonten der Versicherten nach § 36 Abs. 1 Satz 2 VBLS eine
  204. - 12 -
  205. Leistungserhöhung und damit eine tatsächliche künftige Leistungsverpflichtung der Beklagten zur Folge hat.
  206. 21
  207. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Verwaltungsrat der
  208. Beklagten, der - wie ausgeführt - über die Verwendung der Rückstellung
  209. für Überschussverteilung und die Zuteilung von Bonuspunkten zu entscheiden hat, paritätisch besetzt ist (vgl. § 11 Abs. 1 VBLS). Die Versicherten sind daher über ihre Vertreter an den genannten Entscheidungen
  210. des Verwaltungsrats beteiligt, dem die für die Überschussbeteiligung
  211. maßgebenden Informationen, insbesondere der Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zur Verwendung der Rückstellung für Überschussverteilung, zugänglich sind.
  212. 22
  213. (3) Eine unangemessene Benachteiligung der Versicherten folgt
  214. schließlich nicht aus dem Hinweis der Revision darauf, dass die Zuteilung bzw. Gutschrift von Bonuspunkten, die eine Dynamisierung der Anwartschaften der Versicherten dadurch bewirkt, dass die jeweils erworbenen Versorgungspunkte einschließlich der Startgutschriften um einen
  215. Prozentsatz erhöht werden (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese,
  216. BAT Teil VII - ATV 179. ErgL Stand Oktober 2002 Erl. 19.1; 19.6), auch
  217. eine nach dem früheren Gesamtversorgungssystem erdiente Dynamik
  218. (verändert) aufrechterhalten soll. Wie der Senat zu den Übergangsregelungen für die so genannten rentenfernen und rentennahen Pflichtversicherten in den Urteilen vom 14. November 2007 (IV ZR 74/06 - BGHZ
  219. 174, 127 Tz. 81) und vom 24. September 2008 (IV ZR 134/07 - BGHZ
  220. 178, 101 Tz. 50) entschieden hat, ist die von den Tarifvertragsparteien
  221. gewählte und von der Beklagten in ihre Satzung übernommene Form der
  222. Dynamisierung der erteilten Startgutschriften i.S. des § 78 Abs. 1 Satz 2
  223. VBLS durch die in den §§ 68 f. VBLS geregelte Überschussbeteiligung
  224. - 13 -
  225. (vgl. §§ 33 Abs. 7 ATV, 79 Abs. 7 VBLS) nicht zu beanstanden. Im Übrigen enthalten die nach der Systemumstellung erworbenen entgeltbezogenen Versorgungspunkte - wie die Revision nicht verkennt - über den
  226. Altersfaktor nach § 36 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 VBLS eine Verzinsung.
  227. 23
  228. b) Nach allem lässt sich aus der Satzung der Beklagten kein Anspruch der Versicherten auf Überschussbeteiligung durch Zuteilung und
  229. Gutschrift von Bonuspunkten in bestimmter Höhe begründen. Anders als
  230. die Revision meint, sind die Versicherten dadurch nicht rechtlos gestellt.
  231. 24
  232. Auch wenn die Versicherten von der Beklagten keine Überschussbeteiligung in bestimmter Höhe verlangen können, haben sie gleichwohl
  233. den Anspruch darauf, entsprechend den satzungsgemäßen Vorgaben an
  234. Überschüssen beteiligt zu werden. Soweit die Beklagte diesen Vorgaben
  235. nicht nachgekommen sein sollte, bleibt es den Versicherten grundsätzlich unbenommen, die gerichtliche Feststellung zu begehren, dass die
  236. ihnen erteilten Versicherungsnachweise in Bezug auf die (nicht) ausgewiesenen Bonuspunkte unverbindlich oder unwirksam sind. Darum geht
  237. es hier jedoch nicht. Der Kläger macht den genannten Anspruch auf Beteiligung an Überschüssen entsprechend den satzungsgemäßen Vorgaben weder ausdrücklich geltend noch lässt es sich aus seinem Vorbringen entnehmen. Sein Tatsachenvortrag bietet auch keinen Anhaltspunkt
  238. dafür, dass ein darauf bezogener Auskunftsanspruch (vgl. dazu das Senatsurteil vom heutigen Tage in der Sache IV ZR 296/07) Gegenstand
  239. des Rechtsstreits sein soll. Vielmehr macht er auch im Revisionsverfahren unmissverständlich deutlich, mit Hilfe der beantragten Auskunft den
  240. - nach Ansicht des Senats nicht gegebenen - Anspruch auf konkrete Gutschrift von Bonuspunkten verfolgen zu wollen.
  241. - 14 -
  242. 25
  243. 2. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, durfte das
  244. Berufungsgericht den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf
  245. Auskunft verneinen. Dabei war es in seiner Entscheidung nicht darauf
  246. beschränkt, nur diesen auf der ersten Stufe geltend gemachten Anspruch
  247. abzuweisen, sondern konnte gleichzeitig über den auf der zweiten Stufe
  248. angekündigten Leistungsantrag entscheiden. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass das Rechtsmittelgericht befugt ist, die gesamte
  249. Stufenklage durch einheitliches Endurteil abzuweisen, wenn dem Hauptanspruch - wie hier - die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (vgl. dazu
  250. BGHZ 94, 268, 275; 30, 213, 215; BGH, Urteil vom 22. November 2000
  251. - VIII ZR 40/00 - NJW 2001, 821 unter II 3; OLG Celle NJW-RR 1995,
  252. - 15 -
  253. 1021 f.;
  254. Zöller/Greger,
  255. ZPO
  256. 28. Aufl.
  257. § 254
  258. Rdn. 9,
  259. 14;
  260. a.A.
  261. MünchKomm-ZPO/Becker-Eberhard, 3. Aufl. § 254 Rdn. 31; Musielak/
  262. Foerste, ZPO 7. Aufl. § 254 Rdn. 8).
  263. Seiffert
  264. Wendt
  265. Felsch
  266. Dr. Kessal-Wulf
  267. Dr. Karczewski
  268. Vorinstanzen:
  269. AG Karlsruhe, Entscheidung vom 20.05.2008 - 2 C 78/08 LG Karlsruhe, Entscheidung vom 19.09.2008 - 6 S 86/08 -