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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. III ZR 71/00
  5. Verkündet am:
  6. 5. Oktober 2000
  7. Fitterer
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in der Baulandsache
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. ------------------------------------
  19. BauGB § 52 Abs. 1
  20. Zur Ermessensausübung bei der Festlegung des Umlegungsgebiets, wenn
  21. im Geltungsbereich des Bebauungsplans, dessen Verwirklichung die Umlegung dienen soll, in bezug auf den Stand der Erschließung bzw. den Bedarf an Flächen für die öffentliche Nutzung einzelne Bereiche unterschiedlich betroffen sind.
  22. BauGB §§ 55 Abs. 2, 58 Abs. 1
  23. Führt die Umlegungsstelle die Umlegung zur Verwirklichung eines Bebauungsplans (ermessensfehlerfrei) in einem einheitlichen Umlegungsgebiet
  24. durch, obwohl in bezug auf den Stand der Erschließung bzw. dem Bedarf an
  25. - 2 -
  26. Flächen für die öffentliche Nutzung einzelne Bereiche unterschiedlich betroffen sind, so kann sich bei der Berechnung der Verteilungsmasse und der
  27. Verteilung nach Flächen die Notwendigkeit ergeben, Flächenabzüge (§ 55
  28. Abs. 2 BauGB) wie auch Flächenbeiträge (§ 58 Abs. 1 BauGB) in den jeweiligen Teilbereichen unterschiedlich anzusetzen.
  29. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2000 - III ZR 71/00 - OLG Frankfurt am Main
  30. LG Darmstadt
  31. - 3 -
  32. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  33. vom 5. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
  34. Streck, Schlick, Dörr und Galke
  35. für Recht erkannt:
  36. Die Revision der Beteiligten zu 1 gegen das Urteil des Senats für
  37. Baulandsachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom
  38. 10. Februar 2000 wird zurückgewiesen.
  39. Die Beteiligten zu 1 haben die Kosten des Revisionsrechtszuges
  40. zu tragen.
  41. Von Rechts wegen
  42. - 4 -
  43. Tatbestand
  44. Die Beteiligten zu 1 sind Eigentümer von bisher landwirtschaftlich genutzten Grundstücken in der Gemarkung B. der Stadt L. (Beteiligte zu 2). Die
  45. Flächen liegen im Geltungsbereich des am 1. Juni 1995 bekannt gemachten
  46. Bebauungsplans Nr. 8.4 "I. d. K. - H. d. B.". Dieser Bebauungsplan weist im
  47. nordwestlichen Bereich, in dem auch die Grundstücke der Beteiligten zu 1 liegen, ein durch Verbreiterung des G.-Weges sowie eine neue Straße zu erschließendes allgemeines Wohngebiet und im südöstlichen Bereich ein
  48. Dorfgebiet südlich der bereits vorhandenen Straßen bzw. Wege "A. d. B." und
  49. "W.-Weg", an die schon nach einem früheren Bebauungsplan auf der Nordseite angebaut werden konnte, aus.
  50. Die Beteiligte zu 2 beschloß zur Verwirklichung des Bebauungsplans
  51. Nr. 8.4 die Umlegung, wobei sowohl der Bereich "I. d. K." als auch der Bereich
  52. "H. d. B." einbezogen wurden. Der am 6. November 1997 bekannt gemachte
  53. Umlegungsplan vom 1. Oktober 1997, der eine Verteilung der Umlegungsmasse nach Flächen vorsieht, unterscheidet bei der Berechnung der Zuteilungen jeweils nach der Lage der eingeworfenen Flächen in dem einen oder dem
  54. anderen der beiden genannten Bereiche: Zum einen erfolgt der für die Verbreiterung des G.-Weges und die Anlage der neuen Erschließungsstraße im
  55. nordwestlichen Bereich erforderliche Flächenabzug nur zu Lasten der in diesem Bereich eingeworfenen Flächen (11,2 %), während in dem südöstlichen
  56. Bereich ein solcher Flächenabzug unterbleibt. Zum andern vermindert sich in
  57. dem zuerst genannten Bereich der Sollanspruch der betroffenen Eigentümer
  58. um einen Flächenbeitrag wegen der durch die Umlegung eingetretenen Vor-
  59. - 5 -
  60. teile in Höhe von 30 %, wogegen in dem zuletzt genannten Bereich der betreffende Flächenbeitrag nur mit 8 % angesetzt wird. Den Grund für diese Unterscheidung sieht die Umlegungsstelle darin, daß der Bereich "A. d. K." im Zusammenhang mit der Umlegung erstmalig erschlossen wird - wozu einerseits
  61. 764 qm Erschließungsflächen benötigt werden, was andererseits eine Wertsteigerung des bisherigen Rohbaulandes von 56 DM/qm auf mindestens
  62. 80 DM/qm bewirkt -, während in dem Bereich "H. d. B.", der bereits über die
  63. erforderlichen Erschließungsflächen verfügt, der durch die Umlegung eintretende Vorteil der Eigentümer sich in der Ersparnis von Verwaltungskosten
  64. (Vermessungs-, Notar-, Gerichtskosten usw.) erschöpfe.
  65. Die Beteiligten zu 1 haben den Umlegungsplan, der zu ihren Gunsten
  66. 616 qm als eingeworfene Fläche berücksichtigt, unter Abzug des genannten
  67. Flächenbeitrags von 30 % ihren Sollanspruch mit 431 qm errechnet und im Ergebnis - bei einer tatsächlichen Zuteilung von 511 qm - eine Geldleistung der
  68. Beteiligten zu 1 von 6.400 DM (80 qm x 80 DM) festsetzt, nach vergeblichem
  69. Widerspruch mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung angegriffen. In erster Instanz haben sie beantragt, den sie betreffenden Auszug aus dem Umlegungsplan insoweit aufzuheben, als dort ein höherer Flächenbeitrag als 8 %
  70. festgesetzt wurde, im Berufungsverfahren haben sie zusätzlich die Hilfsanträge
  71. angebracht, den Umlegungsplan insoweit aufzuheben, als er in ihr Eigentum
  72. eingreife, bzw. den Umlegungsplan insgesamt aufzuheben. Landgericht (Kammer für Baulandsachen) und Oberlandesgericht (Senat für Baulandsachen)
  73. haben den Antrag auf gerichtliche Entscheidung - in den in den Instanzen unterschiedlichen Fassungen - zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision
  74. verfolgen die Beteiligten zu 1 ihr Begehren mit den zuletzt gestellten Hauptund Hilfsanträgen weiter.
  75. - 6 -
  76. Entscheidungsgründe:
  77. Die Revision hat keinen Erfolg.
  78. I.
  79. Den Antrag der Beteiligten zu 1 auf Aufhebung des sie betreffenden
  80. Teils des Umlegungsplans, soweit er einen höheren Flächenbeitrag als 8 %
  81. festsetzt, hat das Berufungsgericht übereinstimmend mit der Kammer für Baulandsachen mit der zutreffenden Erwägung abgewiesen, daß im Rahmen der
  82. hier vorgenommenen Aufteilung der Verteilungsmasse nach Flächen (§§ 56, 58
  83. BauGB) die unstreitige Wertsteigerung der Grundstücke der Beteiligten zu 1
  84. aufgrund der Umlegung jedenfalls von 56 DM/qm auf 80 DM/qm, nach den Berechnungen der Beteiligten zu 2 sogar um mehr als 62 %, durch einen - nach
  85. dem Gesetz mit 30 % höchstmöglichen, sich im Streitfall auch bei Anrechnung
  86. des vorgenommenen Flächenabzugs nach § 55 Abs. 2 BauGB für die benötigten öffentlichen Flächen nicht verringernden - Flächenbeitrag ausgeglichen
  87. werden muß (§ 58 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauGB). Bei einer im Rahmen des
  88. Hauptantrags der Beteiligten zu 1 nur auf den diese betreffenden Teil des Umlegungsplans begrenzten Betrachtung kann es, wie das Berufungsgericht
  89. ebenfalls mit Recht hervorhebt, auch keine Rolle spielen, ob, wie die Beteiligten zu 1 geltend machen, auch die Eigentümer in dem südöstlichen Bereich
  90. "H. d. B." statt mit einem Flächenbeitrag von lediglich 8 % mit einem solchen
  91. von 30 % hätten belastet werden müssen; denn die Beteiligten zu 1 hätten,
  92. - 7 -
  93. selbst wenn ihre Argumentation insoweit zuträfe, keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht, also auf Wiederholung eines - nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 1 - gemachten Fehlers der Verwaltung (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Klein,
  94. GG 9. Aufl. Art. 3 Rn. 33; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG 3. Aufl. Art. 3 Rn. 25).
  95. Diesem Gesichtspunkt vermag auch die Revision der Beteiligten zu 1 nichts
  96. entgegenzuhalten. Eine andere Frage ist, ob der Umlegungsplan als solcher
  97. - also über die Belastung der Beteiligten zu 1 mit einem 30 %igen Flächenbeitrag hinaus - wegen nicht gerechtfertigter Bevorteilung der Grundeigentümer
  98. aus dem anderen Bereich des Umlegungsgebiets rechtswidrig ist (dazu unten
  99. II). Den Hauptantrag der Beteiligten zu 1 betrifft dies nicht.
  100. II.
  101. Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung auch stand,
  102. soweit das Berufungsgericht die Hilfsanträge der Beteiligten zu 1 abgewiesen
  103. hat. Die Beteiligten zu 1 können die Aufhebung des Umlegungsplans vom
  104. 7. November 1997 weder "insoweit, als er in ihr Eigentum eingreift" (erster
  105. Hilfsantrag), noch insgesamt (zweiter Hilfsantrag) beanspruchen, ohne daß es
  106. auf die nähere inhaltliche Abgrenzung dieser Anträge ankommt.
  107. 1.
  108. Ausgangspunkt für die weitere Beurteilung ist die Feststellung des Be-
  109. rufungsgerichts, daß das Umlegungsgebiet "I. d. K. - H. d. B." zwei von einander abgrenzbare Bereiche umfaßt, auf die sich die Umlegung unterschiedlich
  110. auswirkt.
  111. - 8 -
  112. a) Im Teilgebiet "A. d. K." wurden zur Verwirklichung des Bebauungsplans 764 qm (= 11,2 %) für Erschließungsflächen (Straßen- bzw. Wege- und
  113. Grünflächen) benötigt. Umgekehrt führt die hierdurch verwirklichte erstmalige
  114. Erschließung dieses Gebiets zu einer Wertsteigerung der Grundstücke der
  115. beteiligten Eigentümer von jedenfalls 56 DM/qm auf 80 DM/qm, nach den im
  116. Revisionsverfahren nicht in Frage gestellten Berechnungen der Beteiligten zu 2
  117. sogar um mehr als 62 %. Dagegen wurden die in das Umlegungsverfahren
  118. einbezogenen Grundstücke im Bereich "H. d. B." nicht erst durch das Umlegungsverfahren bebaubar. Mit den Straßen "W.-Weg " und "A. d. B." standen
  119. hinreichende Erschließungsflächen zur Verfügung.
  120. b) Ohne Erfolg machen die Beteiligten zu 1 im Revisionsverfahren weiterhin geltend, auch der Bereich "H. d. B." habe einen Umlegungsvorteil von
  121. mindestens 30 % erfahren. Die Rügen von Verfahrensmängeln gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, für einen Umlegungsvorteil von mehr als 8 %
  122. in diesem Bereich seien keine Umstände ersichtlich, hat der Senat geprüft,
  123. aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO).
  124. 2.
  125. Ausgehend hiervon - nämlich daß es sich, was die Notwendigkeit und
  126. Folgen der Umlegung angeht, bei den Gebieten "A. d. K." und "H. d. B." um
  127. wesentlich unterschiedliche Bereiche handelt - wenden sich die Beteiligten
  128. zu 1 auch ohne Erfolg gegen den Umlegungsplan, soweit er bei der Aufteilung
  129. der Verteilungsmasse gerade diesen Unterschieden Rechnung trägt.
  130. a) Das Berufungsgericht hält allerdings den Umlegungsplan im Ansatz
  131. für bedenklich, weil die Berechnungen der Umlegungsstelle gegen das Gebot
  132. verstießen, sowohl Flächenabzüge nach § 55 Abs. 2 BauGB als auch Flächen-
  133. - 9 -
  134. beiträge nach § 58 Abs. 1 BauGB gleichmäßig vorzunehmen. Seien, wie hier,
  135. zwei Gebiete vorhanden, für die der Zuteilungsanspruch unterschiedlich bemessen sei, so hätte von vornherein die Aufteilung in zwei getrennte Umlegungsgebiete nahe gelegen. Das Berufungsgericht meint jedoch weiter, selbst
  136. wenn man von der Notwendigkeit einer solchen Aufteilung in zwei Umlegungsgebiete ausgehe, folge daraus im Streitfall nicht ein Mangel "des Umlegungsplans". Die unterlassene (förmliche) Aufteilung betreffe lediglich das Umlegungsverfahren, nicht aber die Festsetzungen des Umlegungsplans für das
  137. gesamte Umlegungsgebiet, die inhaltlich denjenigen entsprächen, die sich bei
  138. einer Aufteilung in zwei Umlegungsgebiete ergeben hätten. Die Beteiligten zu 1
  139. würden hierdurch auch nicht in ihren Rechten verletzt; ein Sonderopfer im Verhältnis zu den anderen Beteiligten des Umlegungsverfahrens werde ihnen nicht
  140. auferlegt.
  141. Diese Ausführungen halten im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung
  142. stand.
  143. b) Es trifft schon nicht zu, daß das von der Beteiligten zu 2 gewählte
  144. Verfahren rechtserhebliche Mängel aufweist, soweit sie statt - wie das Berufungsgericht es für richtig hält - zwei förmlich getrennte Umlegungsverfahren
  145. ("A. d. K." einerseits, "H. d. B." andererseits) durchzuführen, bei der Zuteilung
  146. der Umlegungsmasse in den beiden Teilbereichen unterschiedliche Berechnungen im Blick auf § 55 Abs. 2 BauGB und § 58 Abs. 1 BauGB vorgenommen
  147. hat.
  148. aa) Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizupflichten, daß nach
  149. dem gesetzlichen Leitbild der Umlegung als eines den Interessen aller Betei-
  150. - 10 -
  151. ligten gleichermaßen dienenden Bodenordnungsverfahrens die Institute sowohl
  152. des Flächenabzugs - im Sinne der Vorwegausscheidung der zur öffentlichen
  153. Nutzung bestimmten Flächen aus der Umlegungsmasse zur Ermittlung der
  154. Verteilungsmasse (§ 55 Abs. 2, 4 BauGB) - als auch des Flächenbeitrags - als
  155. im Falle der Verteilung der Masse nach dem Verhältnis der Flächen gebotener
  156. Ausgleich für die durch die Umlegung erwachsenen Vorteile bei der Ermittlung
  157. des Zuteilungsanspruchs (§ 58 Abs. 1 BauGB) - typischerweise alle im Umlegungsgebiet belegenen Grundstücke gleichmäßig treffen. Das Berufungsgericht verweist im Zusammenhang mit dem Flächenabzug nach § 55 Abs. 2
  158. BauGB im Ansatz mit Recht auf § 55 Abs. 1 BauGB, wonach die im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücke nach ihrer Fläche rechnerisch zu "einer"
  159. Masse (Umlegungsmasse) vereinigt werden, so daß grundsätzlich auch nur ein
  160. einheitlicher Flächenabzug und - danach - eine einheitliche Verteilungsmasse
  161. in Betracht kommen. Auch der Flächenbeitrag nach § 58 Abs. 1 BauGB ist
  162. grundsätzlich als einheitlicher prozentualer Abzug für alle Zuteilungsgrundstücke gedacht (vgl. Stemmler/Otto, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger,
  163. BauGB § 58 Rn. 6).
  164. bb) Diese Grundsätze, die auch der Vorstellung entsprechen, daß Umlegungsgebiete möglichst qualitativ homogene Flächen enthalten sollen (vgl.
  165. Stemmler/Otto aaO) - was bei der zweckmäßigen Gestaltung des Umlegungsgebiets nach Maßgabe des § 52 BauBG ein wichtiger Maßstab ist -, können
  166. jedoch - gerade vor dem Hintergrund des vom Berufungsgericht hervorgehobenen, das Wesen der Umlegung als Maßnahme zur Inhaltsbestimmung des Eigentums ausmachenden, Prinzips der gleichmäßigen Belastung und der wertgleichen Landabfindung (vgl. Breuer, in: Schrödter, BauGB 6. Aufl. § 45 Rn. 9,
  167. 10; Stang, in: Schrödter, BauGB aaO § 55 Rn. 11) - nicht ausnahmslos gelten.
  168. - 11 -
  169. (1) Bezüglich des Flächenbeitrags nach § 58 Abs. 1 BauGB ist dies in
  170. der Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofes als auch der Oberlandesgerichte schon verschiedentlich zum Ausdruck gekommen. In seinem Urteil
  171. vom 2. April 1981 (III ZR 131/79 - NJW 1981, 2124, 2125) hat der Senat ausgesprochen, daß dann, wenn die Umlegung für die einzelnen Grundstücke im
  172. Hinblick auf die für sie festgesetzte bauliche oder sonstige Nutzung unterschiedliche Bedeutung hat und dies dazu führt, daß den einzelnen Flächen
  173. nicht die gleichen Umlegungsvorteile zuwachsen, diese Vorteile für die einzelnen Grundstücke gesondert ermittelt werden müssen. Von diesem - gerade mit
  174. der Notwendigkeit der Verwirklichung des Grundsatzes der wertgleichen Abfindung in Land begründeten (vgl. Senat aaO) - Standpunkt (in diesem Sinne
  175. auch OLG Karlsruhe BWGZ 1976, 515 f; OLG Stuttgart NVwZ 1986, 694 f; vgl.
  176. auch das dem Nichtannahmebeschluß des Senats vom 16. Dezember 1993
  177. - III ZR 63/93 - BGHR BauGB § 66 Abs. 3 Umlegungsplan 2 zugrundeliegende
  178. Berufungsurteil des OLG Bamberg vom 26. April 1993, S. 15, 16) abzugehen,
  179. besteht kein Grund. Entgegen der Revision enthält das Senatsurteil vom
  180. 2. April 1981 aaO durch den Hinweis auf eine möglicherweise unterschiedliche
  181. Bedeutung der Umlegung für die einzelnen Grundstücke im Hinblick "auf die für
  182. sie festgesetzte bauliche oder sonstige Nutzung" keine sachliche Einschränkung, die eine Übertragung auf den hier vorliegenden Sachverhalt ausschließt.
  183. (2) Aus ähnlichen Überlegungen kann aber auch - ausnahmsweise - der
  184. vorwegzunehmende Flächenabzug nach § 55 Abs. 2 BauGB, der zu einer Verringerung der Verteilungsmasse und damit, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt, im Ergebnis zu einer Verkürzung des für jeden beteiligten Eigentümer zu errechnenden Sollanspruchs bei der Verteilung der Masse führt,
  185. - 12 -
  186. auf einzelne Gruppen der im Umlegungsgebiet liegenden Grundstücke beschränkt sein, wenn nur so den gegebenenfalls wesentlich unterschiedlichen
  187. Zielen der Umlegung und deren Auswirkungen auf die betroffenen Grundstücke
  188. Rechnung getragen werden kann. Auch insoweit geht es letztlich um die
  189. Durchsetzung einer gerechten Verteilung, und zwar hier schon bei der Ermittlung der für die Verteilung maßgeblichen Teilungsmasse. Die Vorwegausscheidung der für eine öffentliche Nutzung vorgesehenen Flächen nach § 55
  190. Abs. 2 BauGB ist, wie auch das Berufungsgericht annimmt, nur ein gedanklicher, kein zeitlich "vorweg" zu nehmender Vorgang. Die Ausscheidung erfolgt ebenso wie die Verteilung der verbleibenden Masse an die beteiligten Grundeigentümer - im Umlegungsplan (Stang aaO § 55 Rn. 10). Wenn ausnahmsweise das Umlegungsgebiet so beschaffen ist, daß die in Rede stehenden öffentlichen Flächen (hier im wesentlichen: öffentliche Verkehrsflächen) nur einem bestimmten, abgegrenzten Bereich des Umlegungsgebiets zugute kommen, so ist es - wiederum unter dem Gesichtspunkt der gleichmäßigen Belastung der Eigentümer im Umlegungsgebiet - nicht ausgeschlossen, sondern
  191. gegebenenfalls sogar geboten, in das "Gesamtrechenwerk", aus dem sich die
  192. Verteilungsmasse wie auch der Anteil der Eigentümer an derselben ergeben,
  193. einen Flächenabzug im Sinne des § 55 Abs. 2 BauGB nur für einen sachlich
  194. begrenzten Teil des Gebiets anzusetzen.
  195. cc) Als Alternative hierzu käme in einem Fall, wie er hier vorliegt, nur
  196. - wie es das Berufungsgericht für richtiger hält - eine Gestaltung des Umlegungsverfahrens dahin in Betracht, daß von vornherein zwei Umlegungsgebiete festgesetzt, also zwei getrennte Verfahren, gegebenenfalls mit unterschiedlichen Verteilungsmaßstäben (§ 56 BauGB), durchgeführt werden müßten. Zwingende Gründe dafür, daß nur eine solche Verfahrensweise gewählt
  197. - 13 -
  198. werden könnte, gibt es jedoch nicht. Das Umlegungsgebiet ist so zu begrenzen, daß sich die Umlegung zweckmäßig durchführen läßt (§ 52 Abs. 1
  199. BauGB). Die Beurteilung, welche Flächen zur zweckmäßigen Durchführung der
  200. Umlegung einzubeziehen sind, ist eine Ermessensentscheidung, die angesichts der Vielgestaltigkeit der verschiedenen Planungssituationen, der Eigentums- und Flächenverhältnisse, der Bodenwerte, der Lage der Flächen, der
  201. planerischen Zielsetzungen, aber auch der Auswirkungen einer Einbeziehung
  202. auf das wirtschaftliche Ergebnis der Umlegung, einen erheblichen Spielraum
  203. erfordert (vgl. Stang aaO § 52 Rn. 6). Im Streitfall kann darin, daß die Umlegungsstelle statt zweier Umlegungsverfahren mit zwei getrennten Umlegungsgebieten das Umlegungsgebiet "A. d. K." - "H. d. B." einheitlich festgesetzt,
  204. dafür aber bei den Berechnungen nach Maßgabe der §§ 55 Abs. 2 BauGB
  205. bzw. 58 Abs. 1 BauGB den Unterschieden der beiden Gebietsarten Rechnung
  206. getragen hat, kein Ermessensfehler gesehen werden. Immerhin bilden die beiden Teile des Umlegungsgebiets - auf der Grundlage eines einheitlichen Bebauungsplans - ein räumliches und funktionelles Ganzes. Zu einem solchen
  207. Fall kann der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie dafür sprechen, beide
  208. Teile ungeachtet der bestehenden Unterschiede einem einheitlichen Bodenordnungsverfahren zu unterwerfen.
  209. c) Auf die Erwägung des Berufungsgerichts, das in diesem Zusammenhang zwischen (materiellen) Mängeln des Umlegungsplans - die nicht gegeben
  210. seien - und einem letztlich für unschädlich gehaltenen bloßen Verfahrensfehler - der von ihm angenommenen unterlassenen (förmlichen) Aufteilung in zwei
  211. Umlegungsgebiete - unterscheiden will, kommt es danach nicht mehr an. Auf
  212. den ersten Blick erscheint bei dem Ausgangspunkt des Berufungsgerichts dessen Auffassung, die Beteiligten zu 1 seien nicht in eigenen Rechten verletzt,
  213. - 14 -
  214. bedenklich. Da die vorliegende Umlegung zur Umgestaltung des Eigentums
  215. auch der Beteiligten zu 1 führt - wenn auch nicht im Sinne einer Enteignung,
  216. sondern einer Inhaltsbestimmung des Eigentums -, machen auch bloße Verfahrensfehler
  217. den
  218. die
  219. Eigentumsverhältnisse
  220. gestaltenden
  221. Umlegungsplan
  222. rechtswidrig und betreffen dadurch auch das Eigentumsrecht der Beteiligten
  223. zu 1 (vgl. Senatsbeschluß vom 16. Dezember 1993 aaO). Die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung BVerwGE 67, 74, 77, wonach gewisse formelle
  224. oder materielle Fehler der Planfeststellung für den Schutz des Eigentums eines
  225. bestimmten Betroffenen "aus den besonderen Gründen des Einzelfalles" unbeachtlich sein können (vgl. auch BVerwGE 100, 370, 382), legt keine andere
  226. Beurteilung nahe, denn eine der dort angesprochenen Fallgestaltungen ist hier
  227. nicht gegeben. Allerdings könnte sich bereits aus der Bestandskraft des vorausgegangenen und - wie zu unterstellen ist - unangefochten gebliebenen Beschlusses über die Einleitung der Umlegung, in dem auch schon das Umlegungsgebiet zu bezeichnen ist (§ 47 BauGB), ergeben, daß Fragen der Gestaltung des Umlegungsgebiets später - im Zusammenhang mit der Anfechtung
  228. des Umlegungsplans - grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden können (vgl. Senatsurteil vom 7. Januar 1982 - III ZR 130/80 - NVwZ 1982, 331,
  229. 332 und Beschluß vom 12. Juli 1990 - III ZR 141/89 - BGHR BauGB § 45
  230. Abs. 1 Umlegungszweck 1). Darüber hinaus könnte hier nach den Überlegungen des Berufungsgerichts der Rechtsgedanke des § 46 VwVfG zum Tragen
  231. kommen, wonach die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nichtig ist,
  232. nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von
  233. Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich
  234. ist, daß die Verletzung die Entscheidung der Sache nicht beeinflußt hat. Vor
  235. dem Hintergrund der Zielsetzung dieser Vorschrift, daß die Aufhebung allein
  236. wegen Fehlern im Verwaltungsverfahren ausgeschlossen werden soll, soweit
  237. - 15 -
  238. dies mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes vereinbar ist (vgl. Kopp/
  239. Ramsauer, VwVfG 7. Aufl. § 46 Rn. 2), könnte von Bedeutung sein, daß nach
  240. den Feststellungen des Berufungsgerichts die von der Umlegungsstelle im
  241. Umlegungsverfahren getroffenen Entscheidungen im Ergebnis nicht anders
  242. ausgefallen wären - mithin die Rechtsstellung der Beteiligten zu 1 keine andere
  243. wäre -, wenn die Umlegungsstelle die vorliegende Umlegung in zwei formell
  244. getrennten Verfahren abgewickelt hätte. Auf diese Fragen näher einzugehen,
  245. gibt der Streitfall jedoch keine Veranlassung.
  246. Rinne
  247. Streck
  248. Dörr
  249. Schlick
  250. Galke