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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- III ZR 408/04
- vom
- 15. September 2005
- in dem Rechtsstreit
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- Nachschlagewerk: ja
- BGHZ:
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- nein
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- BGHR:
-
- ja
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- BGB § 839 Cb, StVollzG §§ 81 ff
- Das an Justizvollzugsbedienstete gerichtete Verbot, Gefangenen Waffen, Ausbruchswerkzeuge und andere gefährliche Sachen zu überlassen, bezweckt
- auch und gerade den Schutz anderer Vollzugsbediensteter.
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- BGH, Beschluss vom 15. September 2005 - III ZR 408/04 - OLG Koblenz
- LG Trier
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- Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2005 durch
- den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Galke und
- Dr. Herrmann
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- beschlossen:
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- Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung
- der Revision in dem Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 20. Oktober 2004 - 1 U 1471/02 wird zurückgewiesen.
- Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
- (§ 97 Abs. 1 ZPO).
- Streitwert: 22.800,00 €
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- Gründe
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- I.
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- Die Kläger sind Justizvollzugsbeamte. Sie machen gegen das beklagte Land Amtshaftungsansprüche für Gesundheitsschäden geltend, die
- sie bei dem gewaltsamen Ausbruch des Gefangenen A.
- tizvollzugsanstalt T.
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- aus der Jus-
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- erlitten. Die Entweichung wurde dadurch ermög-
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- licht, dass die Streithelferin des Beklagten, seinerzeit ebenfalls Justizvollzugsbedienstete, dem Gefangenen heimlich Ausbruchswerkzeuge und
- eine Schusswaffe zukommen ließ. Die Kläger holten den Gefangenen von
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- einem Hofgang ab. Dabei wurden sie von A.
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- überwältigt, der hierfür
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- die eingeschmuggelte Pistole einsetzte.
- Dem auf die Pflichtverletzungen der Streithelferin gestützten Amtshaftungsanspruch der Kläger hält der Beklagte unter anderem entgegen,
- diese hätten ihrerseits ihre Dienstpflichten verletzt, indem sie die ihnen
- obliegende ordnungsgemäße Durchsuchung des Gefangenen, seiner Sachen und des Haftraums unterlassen hätten.
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht
- hat ihr unter Berücksichtung des Mitverschuldens eines der Kläger stattgegeben. Mit seiner Beschwerde erstrebt der Beklagte die vom Berufungsgericht versagte Zulassung der Revision.
- II.
- Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Rechtsfortbildung nicht erforderlich ist (§ 543 Abs. 2
- Satz 1 Nr. 2 ZPO).
- 1.
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- Die von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob
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- ein Amtsträger (hier die Kläger), der es pflichtwidrig versäumt, den Eintritt
- eines Schadensereignisses zu verhindern, aus der pflichtwidrigen Mitverursachung der entsprechenden Gefahr durch einen gleich- oder nachrangig verpflichteten anderen Amtsträger (hier die Streithelferin des Beklagten) einen Amtshaftungsanspruch gegen seinen Dienstherrn herleiten
- kann, ist hier nicht klärungsbedürftig. Maßgebend ist der jeweilige Zweck
- der verletzten Amtspflicht.
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- Das von der Streithelferin verletzte Verbot, Gefangenen Ausbruchswerkzeuge und Waffen zu überlassen, dient gerade dem Schutz
- der übrigen Strafvollzugsbediensteten, da vor allem dieser Personenkreis
- den von diesen Gegenständen ausgehenden Gefahren ausgesetzt ist.
- Insbesondere Waffen, die Gefangenen, wie hier, zum Zweck des Ausbruchs überlassen werden, sind in erster Linie, dazu bestimmt, gegen
- Vollzugsdienstangehörige eingesetzt zu werden. Es ist deren Aufgabe,
- Entweichungen zu verhindern, so dass Widerstand hiergegen, der mit der
- Waffe gebrochen werden soll, vor allem von diesen Personen zu erwarten
- ist. Dem entspricht, dass der Begriff der - hier beeinträchtigten - Sicherheit
- der Anstalt in §§ 81 ff StVollzG auch die Abwendung von Gefahren für die
- in der Haftanstalt aufhältigen Personen erfasst (Calliess/Müller-Dietz,
- Strafvollzugsgesetz, 9. Aufl., 2002, § 81 Rn. 4). Gleiches gilt für den
- Schutzzweck von § 121 StGB (Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. § 121
- Rn. 1).
- Einer Klarstellung zu diesem Problemkreis durch ein Revisionsurteil
- bedarf es nicht. Die Einbeziehung anderer Vollzugsbediensteter in den
- Schutzbereich des an die Vollzugsangehörigen gerichteten Verbots, Gefangenen Waffen zu überlassen, liegt auf der Hand. In Rechtsprechung
- und
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- Literatur
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- wird
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- Gegenteiliges
-
- nicht
-
- vertreten
-
- (siehe
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- vielmehr
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- Stein/Itzel/Schwall, Praxishandbuch des Amts- und Staatshaftungsrechts
- Rn. 647; die allerdings den hier zu entscheidenden Fall zum Anlass für
- ihre Ausführungen genommen haben dürften).
- 2.
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- Pflichtverletzungen von geschädigten Vollzugsangehörigen bei der
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- Durchsuchung des Gefangenen, des Haftraums und seiner Sachen sind
- dementsprechend, wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat,
- nur über § 254 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen.
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- 3.
-
- Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 S. 2
-
- Halbs. 2 ZPO abgesehen.
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- Schlick
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- Streck
- Galke
-
- Kapsa
- Herrmann
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