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- BUNDESGERICHTSHOF
- IM NAMEN DES VOLKES
- URTEIL
- III ZR 276/03
- Verkündet am:
- 6. Oktober 2005
- Kiefer
- Justizangestellter
- als Urkundsbeamter
- der Geschäftsstelle
- in dem Rechtsstreit
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- Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
- vom 6. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
- Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann
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- für Recht erkannt:
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- Auf die Revision des Klägers zu 2 wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 10. September 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum
- Nachteil des Klägers zu 2 erkannt worden ist.
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- Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
- und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
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- Die Klägerin zu 1 hat die Kosten ihrer Nichtzulassungsbeschwerde zu tragen.
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- Von Rechts wegen
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- Tatbestand
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- Der Kläger zu 2 (im Folgenden: der Kläger), ein Rechtsanwalt, gründete
- durch Vertrag vom 9. November 1987 gemeinsam mit den Gesellschaftern
- G.
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- und R.
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- eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im folgenden:
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- Ursprungs-GbR), deren Gegenstand die für Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer
- und Steuerberater berufsrechtlich zulässigen Tätigkeiten waren. Aufgrund eines Vertrages vom 16. Dezember 1991 trat der Steuerberater W.
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- in die
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- Ursprungs-GbR ein. Im Jahre 1992 errichtete die Ursprungs-GbR eine Außenstelle in L.
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- , zu deren Leiterin die Beklagte bestellt wurde. Die Be-
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- klagte war in den Bereichen Buchhaltung und Rechnungswesen tätig.
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- Der Gesellschafter W.
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- kündigte den Gesellschaftsvertrag fristgerecht
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- zum 31. Oktober 1994. Auch der Gesellschafter G.
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- kündigte den
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- Vertrag, und zwar außerordentlich zum 31. August 1994. Während die Kündigung W.
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- unstreitig wirksam war, bestand über die Wirksamkeit der Kündi-
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- gung G.
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- Streit. Die Rechtsstellung G.
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- zur Ursprungs-
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- GbR, insbesondere das Bestehen etwaiger Ansprüche gegen diese, ist noch
- nicht endgültig geklärt. Die beiden übrigen Gesellschafter, der Kläger und
- R.
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- , betreuten die ihnen zugeordneten Mandate, darunter auch diejenigen,
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- die auf die Außenstelle L.
- chen Rechts "R.
-
- und T.
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- Mandate der Außenstelle L.
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- entfielen, unter Gesellschaft bürgerli" weiter. Im Innenverhältnis wurden die
- dem Kläger zugeordnet. Diese Gesell-
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- schaft wurde zum 31. Oktober 1996 aufgelöst. Auch in später gegründeten weiteren Sozietäten mit wechselndem Mitgliederbestand verblieb die Bearbeitung
- der Mandate der Außenstelle L.
- 26. Mai 1997 an die Sozietät R.
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- beim Kläger. Mit Schreiben vom
- und T.
-
- , zu Händen des Klägers, kün-
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- digte die Beklagte das Rechtsverhältnis, unter anderem mit der Begründung,
- sie sei im Unklaren darüber, mit welcher der verschiedenen Sozietäten sie in
- einem gesellschaftsrechtlichen Verhältnis stehe. Nachfolgende Verhandlungen
- über einen Ankauf des mit der Außenstelle in L.
- dantenstamms durch die Beklagte scheiterten.
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- verbundenen Man-
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- Der Kläger trägt vor, er persönlich sei nach der Auflösung der Ursprungs-GbR und nach der Gründung der Folgegesellschaften mit deren jeweils wechselndem Mitgliederbestand Alleininhaber der die Außenstelle
- L.
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- betreffenden Mandate geworden und geblieben. Deswegen sei
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- die Beklagte ihm persönlich für die Geschäftsführung dieser Mandate verantwortlich. Er wirft der Beklagten vor, sie verweigere ihm die Einsicht in die die
- Zweigstelle betreffenden Geschäftsunterlagen. Durch die Vorenthaltung dieser
- Unterlagen habe sie einen gewinnbringenden Verkauf der Außenstelle an Dritte verhindert. Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger - ursprünglich gemeinsam mit der früheren, am Revisionsverfahren nicht mehr beteiligten Klägerin
- zu 1 - die Beklagte mit gestaffelten Anträgen auf Herausgabe von Unterlagen,
- Auskunft und Abrechnung, sowie auf Zahlung von Schadensersatz und auf Unterlassung in Anspruch genommen.
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- Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat
- zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter.
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- Entscheidungsgründe
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- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils
- und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
-
- 1.
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- Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche beruhen auf einem Ge-
-
- schäftsbesorgungsvertrag oder auf Geschäftsführung ohne Auftrag, wobei - soweit der Kläger der Beklagten vorwirft, unberechtigt Steuerberatungstätigkeit zu
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-
- seinen Lasten ausgeübt zu haben - auch an angemaßte Eigengeschäftsführung (§ 687 BGB) gedacht werden mag.
- 2.
-
- Das Berufungsgericht verneint eine Aktivlegitimation des Klägers für die-
-
- se Ansprüche. Es meint, er habe nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Außenstelle L.
-
- auf ihn übergegangen sei. Auftraggeberin, Dienstherrin
-
- oder Prinzipalin der Beklagten sei die Ursprungs-GbR gewesen. Für eine Auflösung dieser Gesellschaft im Verhältnis zur Beklagten fehle es an hinreichend
- substantiiertem Sachvortrag, insbesondere hinsichtlich der Wirksamkeit des
- Ausscheidens des Ursprungsgesellschafters G.
-
- . Mit Beschluss der
-
- Gesellschafter über die Auflösung der Gesellschaft entstehe die sogenannte
- Auflösungsgesellschaft nach § 730 Abs. 2 BGB, mit der Folge, dass sämtliche
- Gesellschafter an der Auflösung der Gesellschaft mitwirken müssten und sie
- deshalb nur gemeinschaftlich für die Geltendmachung sämtlicher Auskunfts-,
- Herausgabe- und eventueller Schadensersatz- und sonstiger Ansprüche zuständig seien.
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- 3.
-
- Diese Argumentation des Berufungsgerichts beruht auf einer Verken-
-
- nung der Tragweite der gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungsvorschriften der §§ 730-736 BGB. Insbesondere hat das Berufungsgericht nicht
- berücksichtigt, dass die dortigen Bestimmungen samt und sonders dispositiven
- Charakter haben (s. dazu insbesondere MünchKomm/Ulmer, BGB, 4. Aufl.
- 2004 § 730 Rn. 63; § 731 Rn. 3). Daher besteht insbesondere bei Freiberuflern
- die Möglichkeit, die Auseinandersetzung dadurch zu vollziehen, dass die Ausscheidenden ihre Mandate mitnehmen und im übrigen die Sachwerte aufgeteilt
- werden, z.B. auch im Wege der Übernahme durch die verbleibenden Gesellschafter (st. Rspr. des II. Zivilsenats; vgl. Urteil vom 6. Dezember 1993 - II ZR
-
- - 6 -
-
- 242/92 = NJW 1994, 796; Urteil vom 6. März 1995 - II ZR 97/94 = NJW 1995,
- 1551; Urteil vom 8. Mai 2000 - II ZR 308/98 = NJW 2000, 2584).
-
- 4.
-
- Derartige Vereinbarungen werden hier schon durch den unstreitigen
-
- Geschehensablauf nahe gelegt; zum anderen sind sie vom Kläger hinreichend
- schlüssig vorgetragen, teilweise durch zu den Akten gereichte schriftliche Erklärungen der ehemaligen Mitgesellschafter urkundlich dokumentiert und im
- übrigen durch deren Zeugnis unter Beweis gestellt.
-
- a) Die Beklagte hatte bereits in ihrer Klageerwiderung nicht bestritten,
- dass die Ursprungs-GbR zum Ende des Jahres 1994 ihre Tätigkeit eingestellt
- hatte und in der Folgezeit als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen dem
- Kläger und dem Mitgesellschafter R.
- genen
-
- Vorbringen
-
- der
-
- Beklagten
-
- fortgeführt wurde. Auch aus dem eiergeben
-
- sich
-
- keine
-
- tatsächlichen
-
- Anhaltspunkte dafür, dass ab diesem Zeitpunkt die ausgeschiedenen
- Gesellschafter
- L.
-
- der
-
- Ursprungs-GbR auf
-
- die
-
- Mandate
-
- der
-
- Außenstelle
-
- irgendwelchen rechtlichen oder auch nur faktischen Einfluss
-
- nehmen wollten oder konnten. Für die Folgegesellschaften liegen schriftliche
- Erklärungen der Mitgesellschafter K.
-
- R.
-
- und A.
-
- H.
-
- vor,
-
- wonach die Außenstelle allein dem Kläger zugeordnet war.
-
- b) Dies hatte die rechtliche Konsequenz, dass unbeschadet der Frage,
- ob die Rechtsstellung des Ursprungsgesellschafter G.
-
- im Ver-
-
- hältnis zur Ursprungs-GbR abschließend geklärt und abgewickelt war,
- jedenfalls auf der Grundlage des der revisionsgerichtlichen Beurteilung
- zugrunde zu legenden Sachverhalts die Mandate der Außenstelle L.
- in die Zuständigkeit des Klägers übergegangen waren und dass die Beklagte
- nunmehr
-
- ihre
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- Geschäftsbesorgungsleistungen
-
- gegenüber
-
- dem
-
- Kläger
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- - 7 -
-
- Geschäftsbesorgungsleistungen gegenüber dem Kläger erbrachte. Dies hatte
- die weitere Folge, dass sie dem Kläger für die ordnungsgemäße Verwaltung
- vertraglich und haftungsrechtlich verantwortlich war. Im Ergebnis würde nichts
- anderes gelten, wenn statt des Klägers allein zunächst die Folgegesellschaften
- für die Außenstelle L.
-
- zuständig gewesen wären. Denn deren Mitge-
-
- sellschafter waren, wie sich aus ihren bei den Akten befindlichen schriftlichen
- Erklärungen ergibt, zumindest damit einverstanden, dass nach der Auflösung
- der Folgegesellschaften die Außenstelle L.
-
- vom Kläger allein betreut
-
- wurde.
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- c) Erst recht gilt dies - wie die Revision zutreffend hervorhebt - für solche Mandate, die erst nach dem Ausscheiden der Ursprungs-GbR aus der Teilnahme am aktiven Rechts- und Geschäftsverkehr überhaupt akquiriert worden
- waren und die nach dem Vortrag des Klägers den Großteil der streitgegenständlichen Ansprüche ausmachen sollen. Für diese Neumandate fehlt es an
- jeglichen Anhaltspunkten für eine Fortdauer der Zuständigkeit der UrsprungsGbR.
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- 5.
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- Das Berufungsurteil kann daher mit der ihm gegebenen Begründung
-
- nicht bestehen bleiben. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, nunmehr etwa noch streitig gebliebenen Fragen zur Aktivlegitimation
- nachzugehen und in eine Sachprüfung der Tatbestandsvoraussetzungen der
- einzelnen Ansprüche einzutreten. Dabei ist im gegenwärtigen Revisionsverfahren noch nicht darüber zu befinden, ob das diesbezügliche klagebegründende
- Vorbringen des Klägers bis in die letzten Verästelungen hinreichend substantiiert ist. Da es - vom bisherigen Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus
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-
- folgerichtig - auf diese Frage noch nicht ankam, ist dem Kläger gegebenenfalls
- Gelegenheit zu geben, etwaige Mängel seines Sachvortrags auf richterlichen
- Hinweis zu beheben.
-
- Schlick
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- Wurm
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- Dörr
-
- Streck
-
- Herrmann
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