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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. II ZR 383/12
  5. Verkündet am:
  6. 19. November 2013
  7. Stoll
  8. Justizhauptsekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. ja
  16. BGHR:
  17. ja
  18. HGB § 230
  19. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sind auf eine mehrgliedrige stille Gesellschaft, bei der die Kapitalanleger, die sich mit einer Vermögenseinlage als stille
  20. Gesellschafter beteiligen, einer aus allen stillen Gesellschaftern und dem Inhaber des
  21. Handelsgewerbes bestehenden Publikumsgesellschaft beitreten, mit der Maßgabe
  22. anzuwenden, dass ein dergestalt beigetretener stiller Gesellschafter von dem Inhaber des Handelsgewerbes wegen eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens
  23. nicht im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung seiner Beteiligung durch
  24. Rückgewähr seiner Einlage Zug um Zug gegen Übertragung seiner Rechte aus der
  25. stillen Beteiligung verlangen kann; er hat vielmehr einen Anspruch auf ein (etwaiges)
  26. Abfindungsguthaben nach den Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und ergänzend,
  27. je nach Vermögenslage des Handelsbetriebs und der Höhe der - hypothetischen Abfindungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter, einen Anspruch auf Ersatz
  28. seines durch den Abfindungsanspruch nicht ausgeglichenen Schadens.
  29. BGH, Urteil vom 19. November 2013 - II ZR 383/12 - OLG München
  30. LG München I
  31. -2-
  32. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  33. vom 17. September 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann
  34. und den Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart
  35. sowie den Richter Sunder
  36. für Recht erkannt:
  37. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats
  38. des Oberlandesgerichts München vom 28. November 2012 im
  39. Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers mit den Hauptanträgen (Berufungsanträge zu I. bis VIII.) zurückgewiesen worden ist.
  40. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
  41. und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
  42. an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  43. Von Rechts wegen
  44. Tatbestand:
  45. 1
  46. Der Kläger beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 19. Dezember 2002
  47. (Anlage K 1) als atypisch stiller Gesellschafter an der beklagten Aktiengesellschaft im Rahmen des Beteiligungsprogramms „Classic“ mit einer „Einmaleinlage“ in Höhe von DM 20.000 zuzüglich eines Agios. Gleichzeitig zeichnete er
  48. das Beteiligungsprogramm „Plus“, bei dem die Ausschüttungen in Höhe von
  49. -3-
  50. 100 % der „Einmaleinlage“ zuzüglich des Agios wieder angelegt wurden. Der
  51. Kläger leistete auf seine Beteiligung insgesamt 11.452,94 €. Erträge aus der
  52. Beteiligung wurden nicht an ihn ausgezahlt, sondern im Rahmen des Beteiligungsprogramms „Plus“ neu angelegt.
  53. 2
  54. Mit der Behauptung, der für seine Anlageentscheidung maßgebliche
  55. Emissionsprospekt weise zahlreiche, von ihm im Einzelnen dargelegte Fehler
  56. auf und die Beklagte sei ihm daher zum Schadensersatz verpflichtet, hat der
  57. Kläger von der Beklagten in erster Linie Rückzahlung seiner geleisteten Einlage in Höhe von 11.452,94 € Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte aus
  58. der stillen Beteiligung, Ersatz entgangenen Gewinns in Höhe von 7.202,75 €
  59. und außergerichtlicher Kosten verlangt sowie mit mehreren Anträgen die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt.
  60. 3
  61. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers,
  62. mit der er die Beklagte hilfsweise auf Auskunft über die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens aus seiner Beteiligung und Zahlung des sich aus der Auskunft ergebenden Betrags in Anspruch genommen hat, ist erfolglos geblieben.
  63. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die
  64. Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger sein Klagebegehren nach den Hauptanträgen weiter.
  65. Entscheidungsgründe:
  66. 4
  67. Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen
  68. Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit die Berufung des Klägers mit den in der Berufungsinstanz gestellten
  69. Hauptanträgen zurückgewiesen worden ist.
  70. -4-
  71. 5
  72. I. Das Berufungsgericht (OLG München, ZIP 2013, 414) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
  73. 6
  74. Ein Anspruch auf Ersatz des von ihm geltend gemachten Zeichnungsschadens stehe dem Kläger gegen die Beklagte nach den Grundsätzen über
  75. die fehlerhafte Gesellschaft nicht zu. Nach diesen Grundsätzen sei es einem
  76. Gesellschafter grundsätzlich verwehrt, gegen die in Vollzug gesetzte Gesellschaft im Wege des Schadensersatzes einen Anspruch auf Rückzahlung der
  77. geleisteten Einlage geltend zu machen; vielmehr sei er regelmäßig auf seinen
  78. Abfindungsanspruch beschränkt. Die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft seien unabhängig von der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses als
  79. typische oder atypische stille Beteiligung regelmäßig auch auf eine stille Gesellschaft anwendbar. Handele es sich allerdings um eine zweigliedrige stille Gesellschaft, so stünden die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft einem
  80. Anspruch auf Rückgewähr der Einlage dann nicht entgegen, wenn der Inhaber
  81. des Handelsgeschäfts verpflichtet sei, den stillen Gesellschafter im Wege des
  82. Schadensersatzes so zu stellen, als hätte dieser den Gesellschaftsvertrag nicht
  83. geschlossen.
  84. 7
  85. Das Gesellschaftsverhältnis sei hier aber kein zweigliedriges, sondern es
  86. bestehe eine mehrgliedrige stille Gesellschaft in Form einer Publikumsgesellschaft, bei der die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft einem Anspruch des Gesellschafters auf Rückgewähr der Einlage entgegenstünden. Eine zweigliedrige stille Gesellschaft liege vor, wenn jeder stille Gesellschafter für
  87. sich allein mit dem Inhaber des Handelsgeschäfts in einem Gesellschaftsverhältnis stehe. Bei der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft seien mehrere stille
  88. Gesellschafter mit dem Inhaber des Handelsgeschäfts in einem Gesellschaftsverhältnis verbunden. Im vorliegenden Gesellschaftsvertrag sei in § 1 Nr. 2
  89. ausdrücklich bestimmt, dass die Gesellschafter zusammen mit dem Geschäfts-
  90. -5-
  91. inhaber eine sog. mehrgliedrige atypisch stille Gesellschaft bildeten, was heiße,
  92. dass nur eine atypische stille Gesellschaft zwischen dem Geschäftsinhaber und
  93. allen Gesellschaftern bestehe. Diese Regelung sei eindeutig und zusammen
  94. mit den weiteren Regelungen des Gesellschaftsvertrages vom Kläger ausweislich seiner „rechtsverbindlichen Erklärung“ auf dem Zeichnungsschein (Anlage
  95. K 1) akzeptiert worden.
  96. 8
  97. Dass der Gesellschafter nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft auf sein Abfindungsguthaben beschränkt sei und die Rückabwicklung
  98. seiner Beteiligung sowie die Rückzahlung seiner Einlage von der Gesellschaft
  99. nicht verlangen könne, gründe im Wesentlichen auf der Überlegung, dass die
  100. schutzwürdigen Interessen der Mitgesellschafter Berücksichtigung finden müssten. Die Mitgesellschafter, die im Hinblick auf die Umstände ihres Beitritts ähnliche Rechte geltend machen könnten, wären einem Wettlauf um das Gesellschaftsvermögen ausgesetzt. Diese gegenüber einem schuldrechtlichen Austauschverhältnis bei Weitem vielschichtigere Interessenlage rechtfertige es, den
  101. einzelnen Gesellschafter im Ergebnis auf seinen Abfindungsanspruch zu verweisen. Da sich die Rechtsbeziehung der Stillen in einer mehrgliedrigen Gesellschaft nicht nur auf den Inhaber des Handelsgeschäfts beschränke, sondern
  102. sich alle gleichermaßen schutzwürdigen Stillen (zusammen mit dem Geschäftsinhaber) in einem Verband befänden, könnten Schadensersatzansprüche, die
  103. aus einem auf fehlerhafter Willensbildung beruhenden Beitritt resultierten, nicht
  104. ohne Rücksicht auf die Interessen der Mitgesellschafter geltend gemacht werden. Dies müsse jedenfalls dann gelten, wenn - wie bei der Beklagten - die Mitgesellschafter wie bei einer Publikumsgesellschaft auf den Beitritt der Einzelnen
  105. keinen Einfluss hätten und etwaige Aufklärungsfehler ihnen daher unter keinem
  106. Gesichtspunkt zurechenbar seien.
  107. -6-
  108. 9
  109. Da dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Ersatz des Zeichnungsschadens somit die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft entgegenstünden, komme es nicht darauf an, ob die sonstigen Voraussetzungen für diesen Anspruch vorlägen. Über die hilfsweise auf Berechnung und Zahlung des
  110. Auseinandersetzungsguthabens gerichtete Stufenklage sei inhaltlich nicht zu
  111. entscheiden, da es sich um eine nach § 533 ZPO unzulässige Klageänderung
  112. handele.
  113. 10
  114. II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das Berufungsgericht hat
  115. zwar rechtsfehlerfrei angenommen, dass zwischen den Parteien kein bloß
  116. zweigliedriges Gesellschaftsverhältnis zustande gekommen ist, sondern der
  117. Kläger einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft in Form einer Publikumsgesellschaft beigetreten ist, bei der nach Invollzugsetzung für den Fall etwaiger anfänglicher Mängel die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung
  118. finden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schließt die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft einen Anspruch des Klägers
  119. auf Ersatz von Vermögensschäden, die ihm - nach seinem Vorbringen - durch
  120. pflichtwidriges Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen im Zusammenhang mit seinem Beitritt zur Gesellschaft entstanden sind, jedoch nicht von
  121. vornherein aus. Auch bei Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kann der Anleger, der sich an einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft
  122. beteiligt hat, unter Anrechnung des ihm bei Beendigung seines (fehlerhaften)
  123. Gesellschaftsverhältnisses gegebenenfalls zustehenden Abfindungsanspruchs
  124. von dem Geschäftsinhaber Ersatz eines darüber hinausgehenden Schadens
  125. verlangen, wenn dadurch die gleichmäßige Befriedigung etwaiger Abfindungsoder Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter nicht
  126. gefährdet ist.
  127. -7-
  128. 11
  129. 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind die Grundsätze
  130. über die fehlerhafte Gesellschaft auch auf typische oder atypische stille Gesellschaften anwendbar (BGH, Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP
  131. 2005, 254, 255; Urteil vom 23. Juli 2013 - II ZR 143/12 Rn. 17 mwN). Dem steht
  132. nicht entgegen, dass bei der stillen Gesellschaft kein Gesamthandsvermögen
  133. besteht (BGH, Urteil vom 29. November 1952 - II ZR 15/52, BGHZ 8, 157,
  134. 166 f.; Urteil vom 25. November 1976 - II ZR 187/75, WM 1977, 196, 197; Urteil
  135. vom 22. Oktober 1990 - II ZR 247/89, NJW-RR 1991, 613, 614; Beschluss vom
  136. 21. September 2009 - II ZR 250/07, ZIP 2009, 2155 Rn. 6 mwN). Die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft beruht vielmehr allgemein
  137. darauf, dass es zu unerträglichen Ergebnissen führen würde, eine auf Dauer
  138. angelegte und tatsächlich vollzogene Leistungsgemeinschaft in Form einer Gesellschaft, für welche die Beteiligten Beiträge erbracht und Werte geschaffen,
  139. die Gewinnchancen genutzt und gemeinschaftlich das Risiko getragen haben,
  140. mit rückwirkender Kraft aufzuheben und damit so zu behandeln, als ob sie niemals bestanden hätte. Ein - bereits durch Zahlung der Einlage (BGH, Urteil vom
  141. 29. November 2004 - II ZR 67/03, ZIP 2005, 254, 255; Urteil vom 23. Juli 2013
  142. - II ZR 143/12, ZIP 2013, 1761 Rn. 17) - in Vollzug gesetztes fehlerhaftes Gesellschaftsverhältnis ist daher unabhängig von der individuellen Gestaltung des
  143. Einzelfalls regelmäßig nicht von Anfang an nichtig, sondern wegen etwaiger
  144. anfänglicher Mängel nur mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar. Das gilt auch
  145. für die (atypische wie typische) stille Gesellschaft. Sie ist ebenfalls eine echte
  146. Risikogemeinschaft mit einer meist auf lange Zeit vereinbarten Teilung des Gewinns und Verlusts des Unternehmens, zu dem auch der stille Gesellschafter
  147. seinen Beitrag erbracht hat. Die Gesichtspunkte, die für die Anwendung der
  148. Regeln der fehlerhaften Gesellschaft sprechen, treffen daher im Grundsatz
  149. gleichermaßen zu (BGH, Urteil vom 29. Juni 1970 - II ZR 158/69, BGHZ 55, 5,
  150. 8 f.).
  151. -8-
  152. 12
  153. Die rechtliche Anerkennung der fehlerhaften Gesellschaft findet nur da
  154. ihre Grenze, wo gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder besonders
  155. schutzbedürftiger Personen entgegenstehen (BGH, Urteil vom 29. Juni 1970
  156. - II ZR 158/69, BGHZ 55, 5, 9; Urteil vom 25. März 1974 - II ZR 63/72, BGHZ
  157. 62, 234, 241). Selbst der Umstand, dass ein stiller Gesellschafter durch betrügerisches Verhalten des Geschäftsinhabers zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags bestimmt worden ist, rechtfertigt es aber nicht, die durch die Invollzugsetzung des Gesellschaftsverhältnisses geschaffenen Rechtstatsachen
  158. rückwirkend zu beseitigen und statt des Gesellschaftsrechts die allgemeinen
  159. Regeln des bürgerlichen Rechts zur Anwendung zu bringen (vgl. BGH, Urteil
  160. vom 12. Mai 1954 - II ZR 167/53, BGHZ 13, 320, 323; Urteil vom 29. Juni 1992
  161. - II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552, 1554). Der Schutz des Betrogenen wird
  162. dadurch hinreichend gewahrt, dass die arglistige Täuschung für ihn einen wichtigen Grund zur Kündigung der Gesellschaft bildet (BGH, Urteil vom 29. Juni
  163. 1970 - II ZR 158/69, BGHZ 55, 5, 10).
  164. 13
  165. 2. Der Senat ist zunächst auch bei Ansprüchen wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten beim Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags davon ausgegangen, dass die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft eine rückwirkende Auflösung des Vertragsverhältnisses verbieten und bis
  166. zur Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses der Durchsetzung eines auf
  167. Rückgewähr der Einlage gerichteten Schadensersatzanspruchs aus vorvertraglichem Verschulden entgegenstehen (BGH, Urteil vom 24. Mai 1993
  168. - II ZR 136/92, ZIP 1993, 1089, 1090 f.). Später hat er angenommen, dass jedenfalls ein solcher Schadensersatzanspruch mit dem Begehren, den stillen
  169. Gesellschafter so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet, in einer zweigliedrigen stillen Gesellschaft nicht den Beschränkungen nach den Grundsätzen der fehlerhaften
  170. Gesellschaft unterliegt (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004,
  171. -9-
  172. 1706, 1707; Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095,
  173. 2098; Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 256; Urteil
  174. vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 757).
  175. 14
  176. Zur Begründung hat er auf die Besonderheiten der stillen Gesellschaft (in
  177. dem damaligen Anlagemodell) im Gegensatz zu einer Publikumsgesellschaft in
  178. der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Kommanditgesellschaft abgestellt. Wer einer solchen Publikumsgesellschaft beitrete, um
  179. sein Vermögen anzulegen, könne bei einer mangelhaften Aufklärung über die
  180. Risiken und Chancen des Anlageprojekts von der Gesellschaft weder Schadensersatz noch sonst Rückabwicklung seiner Gesellschaftsbeteiligung verlangen, weil die fehlerhafte Aufklärung der Gesellschaft nicht zugerechnet werden
  181. könne. Der einzelne Gesellschafter habe auf die Beitrittsverträge neuer Gesellschafter keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten, trete insoweit auch nicht in Erscheinung und sei im Gegenteil bei seinem eigenen Eintritt in die Gesellschaft
  182. regelmäßig selbst getäuscht oder jedenfalls nicht ordnungsgemäß aufgeklärt
  183. worden. Wohl aber habe der eintretende Gesellschafter Schadensersatzansprüche gegen die Initiatoren der Gesellschaft, gegen die Gründungsgesellschafter und gegen diejenigen, die sonst für die Mängel seines Beitritts verantwortlich seien (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706,
  184. 1707 f.).
  185. 15
  186. Bei der stillen Gesellschaft (nach dem damaligen Anlagemodell) trete der
  187. Anleger dagegen nicht einer bestehenden Publikumsgesellschaft bei, sondern
  188. bilde mit der von dem Initiator des Anlageprojekts gegründeten Aktiengesellschaft eine neue - stille - Gesellschaft. Dabei beschränkten sich seine Rechtsbeziehungen allein auf diese Aktiengesellschaft. Sie schulde ihm bei einer Beendigung der stillen Gesellschaft das Auseinandersetzungsguthaben. Zugleich
  189. hafte sie ihm nach den Grundsätzen der Prospekthaftung und des Verschul-
  190. - 10 -
  191. dens bei Vertragsschluss, jeweils i.V.m. § 31 BGB und ggf. § 278 BGB, auf
  192. Schadensersatz. Anders als bei einer Publikumsgesellschaft richteten sich der
  193. Auseinandersetzungs- und der Schadensersatzanspruch gegen dieselbe Person. Nicht eine solche Gesellschaft sei Adressat des gesellschaftsrechtlichen
  194. Rückabwicklungsanspruchs, sondern ausschließlich die als Inhaberin des Handelsgewerbes i.S. des § 230 HGB auftretende Aktiengesellschaft, mit der allein
  195. der stille Gesellschaftsvertrag zustande gekommen sei und die zugleich im Wege des Schadensersatzes verpflichtet sei, etwaige Minderungen der gesellschaftsrechtlichen Einlage auszugleichen. Dann aber könne der Schadensersatzanspruch nicht nach den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft beschränkt sein. Auch der Schutz der Gläubiger gebiete eine solche Beschränkung nicht, schon weil es bei der stillen Gesellschaft an einem durch Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften geschützten Gesellschaftsvermögen fehle (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706,
  196. 1707 f.). Dass es bei einer Vielzahl stiller Gesellschafter mit gleichartigen Schadensersatzansprüchen zu einem Gläubigerwettlauf kommen könne, rechtfertige
  197. - wie auch sonst bei einer Gläubigerkonkurrenz z.B. gegenüber einem prospektverantwortlichen Gründungsgesellschafter - keine andere Beurteilung
  198. (BGH, Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095, 2098).
  199. Demjenigen, der sich aufgrund eines Prospektmangels, einer Verletzung der
  200. Aufklärungspflicht oder aus sonstigen Gründen schadensersatzpflichtig gemacht habe, dürfe es nicht zugutekommen, dass er gleichzeitig auch an dem
  201. mit dem geschädigten Anleger geschlossenen Gesellschaftsvertrag beteiligt sei
  202. (BGH, Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 256; Urteil
  203. vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 757).
  204. - 11 -
  205. 16
  206. 3. Dabei hat der Senat allerdings offen gelassen, ob die Beschränkungen
  207. eines auf Rückabwicklung gerichteten Schadensersatzanspruchs nach den
  208. Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft auch dann wegfallen, wenn es sich
  209. nicht um eine zweigliedrige stille Gesellschaft, sondern um den Beitritt zu einer
  210. mehrgliedrigen stillen Gesellschaft handelt. Diese Frage ist nunmehr dahingehend zu entscheiden, dass bei einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft jedenfalls in der im vorliegenden Fall gegebenen Ausgestaltung die Grundsätze über
  211. die fehlerhafte Gesellschaft mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass der Kläger von der Beklagten nicht im Wege des Schadensersatzes wegen eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens die Rückabwicklung seiner Beteiligung
  212. durch Rückgewähr seiner Einlage Zug um Zug gegen Übertragung seiner
  213. Rechte aus der stillen Beteiligung verlangen kann. Er hat vielmehr einen Anspruch auf ein (etwaiges) Abfindungsguthaben nach den Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und ergänzend, je nach Vermögenslage des Handelsbetriebs
  214. und der Höhe der - hypothetischen - Abfindungsansprüche der übrigen stillen
  215. Gesellschafter, einen Anspruch auf Ersatz seines durch den Abfindungsanspruch nicht ausgeglichenen Schadens.
  216. 17
  217. a) Im vorliegenden Fall richten sich die Rechtsbeziehungen zwischen
  218. dem Kläger und der Beklagten sowie den übrigen stillen Gesellschaftern nach
  219. dem im Emissionsprospekt Stand 2001/2002 (Anlage K 2) abgedruckten atypisch stillen Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV). Nach der von der Beklagten verwendeten, vom Kläger am 19. Dezember 2002 unterzeichneten „Beitrittserklärung (Zeichnungsschein) als atypisch stiller Gesellschafter“ erklärt der
  220. Beitretende, dass für seine Beteiligung der im Prospekt abgedruckte atypisch
  221. stille Gesellschaftsvertrag gilt (Anlage K 1). In der Beitrittserklärung ist ferner
  222. vorgesehen, dass der „Antrag“ des Beitretenden vom Vorstand der Beklagten
  223. angenommen wird. Durch den von allen stillen Gesellschaftern mit ihrer Beitrittserklärung als verbindlich anerkannten stillen Gesellschaftsvertrag ist somit
  224. - 12 -
  225. durch vertragliche Vereinbarung ein Gesellschaftsverhältnis zwischen allen stillen Gesellschaftern und der Beklagten zustande gekommen. Der Beitritt des
  226. einzelnen stillen Gesellschafters zu dieser Gesellschaft ist dabei, wie bei Publikumsgesellschaften üblich
  227. (vgl. BGH,
  228. Urteil vom
  229. 17. November 1975
  230. - II ZR 120/74, WM 1976, 15 f.; Urteil vom 14. November 1977 - II ZR 95/76,
  231. WM 1978, 136, 137), in der Weise erfolgt, dass die Beklagte die dazu erforderlichen Willenserklärungen auch im Namen der bereits beigetretenen stillen Gesellschafter abgegeben hat. Die insoweit erforderliche Ermächtigung der Beklagten ergibt sich daraus, dass sich die stillen Gesellschafter durch Unterzeichnung der Beitrittserklärung in Verbindung mit § 1 Nr. 3 GV ausdrücklich
  232. damit einverstanden erklärt haben, dass sich weitere atypisch stille Gesellschafter an dem Handelsgewerbe der Beklagten beteiligen.
  233. 18
  234. Durch den Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags ist eine sog.
  235. mehrgliedrige stille Gesellschaft begründet worden. Dies folgt schon aus der
  236. Bestimmung des § 1 Nr. 2 GV. Dort wird die Vereinbarung, dass sich die Anleger am Handelsgewerbe der Beklagten als atypisch stille Gesellschafter beteiligen, ausdrücklich dahingehend erläutert, dass die Gesellschafter an Gewinn
  237. und Verlust sowie an den stillen Reserven der Vermögenssubstanz beteiligt
  238. sind und die einem Kommanditisten vergleichbaren Mitwirkungsrechte haben
  239. (§ 1 Nr. 2 Satz 2 GV), dass sie zusammen mit dem Geschäftsinhaber eine sogenannte mehrgliedrige atypisch stille Gesellschaft bilden (§ 1 Nr. 2 Satz 3 GV)
  240. und dass mehrgliedrig heißt, dass nur eine atypisch stille Gesellschaft zwischen
  241. dem Geschäftsinhaber und allen atypisch stillen Gesellschaftern besteht (§ 1
  242. Nr. 2 Satz 4 GV). Dass es sich nicht um (mehrere) bloß zweiseitige stille Gesellschaftsverhältnisse jeweils zwischen der Beklagten und den einzelnen stillen
  243. Gesellschaftern handelt, ergibt sich auch daraus, dass nach § 6 GV Gesellschafterbeschlüsse in Gesellschafterversammlungen oder im schriftlichen Beschlussverfahren gefasst werden und nach § 15 Nr. 1 GV die Kündigung eines
  244. - 13 -
  245. stillen Gesellschafters nicht die Auflösung der stillen Gesellschaft insgesamt,
  246. sondern lediglich das Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters zur Folge
  247. hat.
  248. 19
  249. Das vorliegend vereinbarte stille Gesellschaftsverhältnis zwischen der
  250. Beklagten und allen stillen Gesellschaftern ist ferner dadurch gekennzeichnet,
  251. dass nach § 5 Nr. 1 Satz 1 GV die Geschäftsführung zwar allein der Beklagten
  252. als Geschäftsinhaberin zusteht, sie aber nur zur Vornahme aller Rechtsgeschäfte befugt ist, die zum laufenden Betrieb gehören. Über den laufenden Geschäftsbetrieb hinausgehende Maßnahmen darf die Beklagte nur mit Zustimmungsbeschluss der atypisch stillen Gesellschafter vornehmen (§ 5 Nr. 1 letzter
  253. Satz GV). Gesellschafterbeschlüsse bedürfen entweder der einfachen Mehrheit
  254. der abgegebenen und vertretenen Stimmen (§ 6 Nr. 1 GV) oder - etwa bei Änderung des Gesellschaftsvertrags - einer Mehrheit von 75 Prozent der abgegebenen Stimmen (§ 6 Nr. 2 GV). Gesellschafterversammlungen werden mindestens einmal jährlich zur Mitteilung und Genehmigung des Jahresabschlusses
  255. vom Geschäftsinhaber einberufen oder finden statt, wenn das Interesse der
  256. Gesellschaft dies erfordert oder wenn stille Gesellschafter, die zusammen mehr
  257. als 25 Prozent des stillen Gesellschaftskapitals repräsentieren, eine Gesellschafterversammlung unter schriftlicher Angabe von Gründen hierfür verlangen
  258. (§ 7 Nr. 1 Satz 2 GV).
  259. 20
  260. Im Rahmen der Gewinn- und Verlustbeteiligung ist vereinbart, dass die
  261. Beklagte als Geschäftsbesorgungsvergütung einen ergebnisunabhängigen
  262. Vorabgewinn in Höhe von 0,75 Prozent p.a. auf das gezeichnete atypisch stille
  263. Gesellschaftskapital erhält (§ 10 Nr. 1 GV). Ferner steht ihr ein weiterer Vorabgewinn in Höhe von bis zu 10 Prozent zu, sobald die Gewinn- und Verlustkonten der atypisch stillen Gesellschafter ausgeglichen sind. Die atypisch stillen
  264. Gesellschafter sind an dem nach Maßgabe von § 12 GV zu berechnenden
  265. - 14 -
  266. Steuerbilanzgewinn entsprechend dem Verhältnis ihrer eingezahlten Einlage
  267. zur Summe der eingezahlten Einlagen sämtlicher atypisch stiller Gesellschafter
  268. zuzüglich des voll eingezahlten Grundkapitals der Beklagten zum Zeitpunkt des
  269. Abschlusses des stillen Gesellschaftsvertrags beteiligt. Am Steuerbilanzverlust
  270. nimmt der atypisch stille Gesellschafter entsprechend dem Verhältnis seiner
  271. eingezahlten Einlage zur Summe der eingezahlten Einlagen sämtlicher atypisch
  272. stiller Gesellschafter bis zur Höhe seiner Einlage teil. Eine Beteiligung der Beklagten am Verlust erfolgt nicht (§ 10 Nr. 2 b Satz 2 GV). Soweit ein Bilanzverlust durch verlustbeteiligte atypisch stille Einlagen nicht gedeckt werden kann,
  273. wird dieser zur Verrechnung mit zukünftigen Gewinnen zu Lasten aller atypisch
  274. stillen Gesellschafter vorgetragen (§ 10 Nr. 2 c Satz 2 GV).
  275. 21
  276. Die Beteiligung der stillen Gesellschafter am Vermögen ist nach § 9
  277. Nr. 1, § 16 GV dahingehend geregelt, dass sie im Falle ihres Ausscheidens
  278. oder bei Liquidation des Unternehmens der Beklagten entsprechend dem Verhältnis ihrer erbrachten Kapitalbeteiligung zu den Einlagen der anderen stillen
  279. Gesellschafter und dem voll eingezahlten Grundkapital des Geschäftsinhabers
  280. „einen Anteil an dem seit ihrem Beitritt zu dem Unternehmen der Beklagten gebildeten Vermögen einschließlich der stillen Reserven der bilanzierten Wirtschaftsgüter (stille Reserven = Substanzwert des Unternehmens)“ erhalten.
  281. Grundlage der Bestimmung des den atypisch stillen Gesellschaftern bei Beendigung der Gesellschaft zustehenden Abfindungsguthabens ist der Auseinandersetzungswert für das gesamte Unternehmen der Beklagten, der die Beteiligung des atypisch stillen Gesellschafters an dem seit seinem Beitritt gebildeten
  282. Vermögen einschließlich der stillen Reserven in der Beklagten sowie seinen
  283. Anteil am Ertrags- und Substanzwert (Geschäftswert) als Differenz zwischen
  284. den Anfangs- und Endwerten berücksichtigt, § 16 Nr. 1 GV (zum Auseinandersetzungsanspruch des atypisch stillen Gesellschafters nach dem tatsächlichen
  285. - 15 -
  286. Geschäftswert vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1995 - II ZR 132/94, WM 1995,
  287. 1277, 1278).
  288. 22
  289. b) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass bei der vorliegenden Gestaltung des stillen Gesellschaftsverhältnisses die Grundsätze
  290. über die fehlerhafte Gesellschaft der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs des stillen Gesellschafters entgegenstehen, wenn der Ersatz des
  291. entstandenen Schadens im Wege der Rückabwicklung der Beteiligung erfolgen
  292. soll.
  293. 23
  294. aa) Anders als bei den Anlagemodellen, die den Senatsentscheidungen
  295. aus den Jahren 2004 und 2005 zugrunde lagen, besteht bei der vorliegenden
  296. Gestaltung nicht lediglich eine Vielzahl voneinander unabhängiger, bloß zweigliedriger stiller Gesellschaftsverhältnisse zwischen den jeweiligen Anlegern
  297. und der Beklagten. Durch den von allen stillen Gesellschaftern mit ihrer jeweiligen Beitrittserklärung als verbindlich anerkannten stillen Gesellschaftsvertrag ist
  298. vielmehr durch vertragliche Vereinbarung ein Gesellschaftsverhältnis zwischen
  299. allen stillen Gesellschaftern und der Beklagten zustande gekommen. Aus den
  300. Regelungen in § 1 Nr. 2 GV sowie insbesondere in den §§ 6 und 7 GV über
  301. Gesellschafterbeschlüsse und die Gesellschafterversammlung und in § 15 Nr. 1
  302. GV über die Wirkung einer Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch
  303. einen stillen Gesellschafter ergibt sich eindeutig, dass sich die mit der Abgabe
  304. der Beitrittserklärung begründete Rechtsbeziehung nicht auf ein nur zweiseitiges stilles Gesellschaftsverhältnis zwischen dem jeweiligen Anleger und der
  305. Beklagten beschränkt, sondern der stille Gesellschafter einer aus der Beklagten
  306. und allen stillen Gesellschaftern bestehenden Publikumsgesellschaft beitritt.
  307. - 16 -
  308. 24
  309. bb) Auf diese - zulässige (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994
  310. - II ZR 32/94, BGHZ 127, 176, 179) - Gestaltung eines einheitlichen Gesellschaftsverhältnisses zwischen dem Geschäftsinhaber und mehreren stillen Gesellschaftern sind schon wegen des schutzwürdigen Bestandsinteresses der
  311. Beteiligten grundsätzlich die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft anzuwenden. Die aus der Beklagten und allen stillen Gesellschaftern bestehende (stille)
  312. Gesellschaft ist nicht nur durch die Zahlung der Einlagen der stillen Gesellschafter in Vollzug gesetzt worden. Nach § 7 Nr. 1 Satz 1 GV ist ferner mindestens einmal jährlich ein Beschluss über die Genehmigung des Jahresabschlusses zu fassen. Die Gewinn- und Verlustbeteiligung richtet sich dabei gemäß
  313. § 10 GV nach dem Verhältnis der Einlage des einzelnen stillen Gesellschafters
  314. zu den Einlagen sämtlicher stiller Gesellschafter. Es widerspräche dem Charakter der vorliegenden Gestaltung als einer auf Dauer angelegten und tatsächlich
  315. vollzogenen Leistungsgemeinschaft in Form einer Gesellschaft, für welche die
  316. Beteiligten Beiträge erbracht und Werte geschaffen, die Gewinnchancen genutzt und gemeinschaftlich das Risiko getragen haben, wenn Maßnahmen, die
  317. nach Invollzugsetzung der Gesellschaft auf der Grundlage des zum jeweiligen
  318. Zeitpunkt maßgeblichen Gesellschafterbestands getroffen worden sind, mit
  319. rückwirkender Kraft geändert werden müssten, weil ein einzelner (oder mehrere) Anleger im Wege eines Schadensersatzanspruches die Rückgängigmachung seiner Beteiligung begehrt, so wie hier der Kläger mit seiner im August
  320. 2011 eingereichten Klage fast 9 Jahre nach seinem Beitritt zur Gesellschaft.
  321. 25
  322. cc) Die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft ist
  323. nicht nur im Verhältnis zu der aus der Beklagten und allen stillen Gesellschaftern bestehenden Gesellschaft, sondern auch in Bezug auf den aus dem Beitrittsvertrag hergeleiteten Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte geboten, mit dem der Kläger so gestellt werden will, als habe er sich nicht als stiller
  324. Gesellschafter beteiligt (gegen einen Rückabwicklungsanspruch bei der mehr-
  325. - 17 -
  326. gliedrigen atypisch stillen Gesellschaft mit teils unterschiedlicher Begründung
  327. und
  328. unter
  329. unterschiedlichen
  330. Voraussetzungen
  331. auch
  332. MünchKommHGB/
  333. K. Schmidt, 3. Aufl., § 230 Rn. 133 ff.; Westermann, Handbuch Personengesellschaften, Rn. 221b ff.; ders., VGR 2009, 145, 165 f.; Wälzholz, DStR 2003,
  334. 1533, 1535; Hey, NZG 2004, 1097, 1098; Armbrüster/Joos, ZIP 2004, 189, 192;
  335. Bayer/Riedel, NJW 2003, 2567, 2572 Fn. 56; für eine Beschränkung des Ersatzanspruchs auf das „Eigenvermögen“ des Geschäftsinhabers Konzen, Festschrift H. P. Westermann, 2008, S. 1133, 1153 f.; gegen eine Differenzierung
  336. zwischen Schadensersatzansprüchen und anderen Nichtigkeitsfolgen Schäfer,
  337. ZHR 2006, 373, 391 ff., der sich allerdings grundsätzlich gegen die Anwendung
  338. der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf die stille Gesellschaft wendet;
  339. vgl. ferner MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 6. Aufl., § 705 Rn. 359 f.; Schäfer
  340. in Großkommentar/HGB, 5. Aufl., § 105 Rn. 329 f.; Soergel/Hadding/Kießling,
  341. BGB, 13. Aufl., § 705 Rn. 92; zur Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften
  342. Gesellschaft auf Anleger, die bis zur Eintragung als Kommanditisten im Handelsregister als atypische stille Gesellschafter unter entsprechender Anwendung der Regelungen des Kommanditgesellschaftsvertrags beteiligt sein sollten, vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 198/10, ZIP 2013, 1533 Rn. 29).
  343. 26
  344. Zwar ist auch bei der vorliegenden Gestaltung wie bei bloß zweiseitigen
  345. stillen Gesellschaftsverhältnissen die Beklagte als Inhaberin des Handelsgewerbes i.S. des § 230 HGB und nicht die aus allen stillen Gesellschaftern und
  346. der Beklagten bestehende Gesellschaft rechtlich Adressatin des nach Beendigung des fehlerhaften Gesellschaftsverhältnisses gegebenen Abfindungs- oder
  347. Auseinandersetzungsanspruchs. Bei einer isolierten Betrachtung, die allein auf
  348. die rechtliche Trennung zwischen der nach außen handelnden Beklagten und
  349. der lediglich als Innengesellschaft bestehenden (stillen) Gesellschaft zwischen
  350. der Beklagten und allen stillen Gesellschaftern abstellt, bliebe jedoch unberücksichtigt, dass die Regelungen über den Bestand der einzelnen Beteiligungen
  351. - 18 -
  352. einschließlich der Rechtsfolgen ihrer Beendigung im Gesellschaftsvertrag der
  353. aus allen stillen Gesellschaftern und der Beklagten bestehenden Gesellschaft
  354. vereinbart und die Bestimmungen über Auseinandersetzung und Abfindung
  355. beim Ausscheiden eines stillen Gesellschafters mit Blick auf die Gesamtheit
  356. aller stillen Gesellschafter getroffen sind. Auch im Hinblick auf die Vermögenszuordnung würde eine auf bloße Rechtsbeziehungen jeweils zwischen den einzelnen stillen Gesellschaftern und der Beklagten bezogene Betrachtungsweise
  357. den wirtschaftlichen Gegebenheiten der vorliegenden Gestaltung nicht gerecht.
  358. Zwar sind die Einlagezahlungen der stillen Gesellschafter nach der Mittelverwendungskontrolle durch die Treuhänderin (§ 5 Nr. 2 GV) in das Vermögen der
  359. Beklagten übergegangen und verfügt die aus der Beklagten und allen stillen
  360. Gesellschaftern bestehende Gesellschaft als solche folglich über kein Gesellschaftsvermögen. Als Schuldnerin der im atypisch stillen Gesellschaftsvertrag
  361. geregelten Abfindungs- und Auseinandersetzungsansprüche kommt demgemäß auch nur die Beklagte in Betracht. Gleichwohl ist das rechtlich der Beklagten zustehende stille Gesellschaftskapital bei einer wirtschaftlichen Betrachtung
  362. der aus der Beklagten und allen stillen Gesellschaftern gebildeten gesellschaftsrechtlichen Gestaltung zuzuordnen. In diesem Gebilde hat die Beklagte
  363. eine der einer Komplementärin einer Kommanditgesellschaft vergleichbare Stellung inne, die stillen Gesellschafter sind Kommanditisten gleichgestellt. Die Beklagte erhält eine ergebnisunabhängige Geschäftsbesorgungsvergütung und
  364. gegebenenfalls einen Vorabgewinn von bis zu 10 Prozent; am Verlust ist sie
  365. nicht beteiligt. Bei einem Grundkapital der Ende 1998 als GmbH gegründeten,
  366. Anfang 2000 in eine Aktiengesellschaft umgewandelten Beklagten in Höhe von
  367. 767.000 €, dessen Erhöhung auf 5 Mio. € der Beklagten nach § 1 Nr. 3 GV vorbehalten ist, und einem stillen Gesellschaftskapital von bis zu 250 Mio. DM (§ 4
  368. Nr. 1 GV) tragen somit im Wesentlichen die stillen Gesellschafter das wirtschaftliche Risiko des von der Beklagten geführten Unternehmens.
  369. - 19 -
  370. 27
  371. Wegen der Verzahnung der einzelnen Beteiligungen sowohl miteinander
  372. als auch mit dem rechtlich der Beklagten zustehenden Vermögen einschließlich
  373. des durch die Einlagen der stillen Gesellschafter eingeworbenen Kapitals, die
  374. hier durch die zwischen der Beklagten und allen stillen Gesellschaftern gebildete (Innen)Gesellschaft bewirkt wird, unterscheidet sich die vorliegende Konstellation auch von der Inanspruchnahme von Initiatoren, Gründungsgesellschaftern oder sonstigen Personen, die für Mängel des Beitritts eines (stillen) Gesellschafters zu einer (stillen) Gesellschaft verantwortlich sind. In diesen Fällen
  375. sind die Vermögenmassen, aus denen mit gegen diese Personen gerichteten
  376. Schadensersatzansprüchen Befriedigung begehrt wird, rechtlich und wirtschaftlich selbstständig und unterliegen keiner der vorliegenden Gestaltung vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen Bindung unter Einbeziehung sämtlicher
  377. Anleger. Die gesellschaftsrechtliche Verknüpfung der Rechtsbeziehungen aller
  378. stillen Gesellschafter zu der Beklagten und zueinander lässt es auch nicht zu, in
  379. dem Umstand, dass es bei einer gehäuften Inanspruchnahme der Beklagten
  380. durch stille Gesellschafter zu einem Gläubigerwettlauf kommen kann, lediglich
  381. eine bei jeder Gläubigerkonkurrenz mögliche Folge zu sehen. Bei einer wie hier
  382. durch tatsächliche Invollzugsetzung einer fehlerhaften Gesellschaft bewirkten
  383. gesellschaftsrechtlichen Bindung gebietet es schon die gesellschafterliche
  384. Treuepflicht, dass jedenfalls die gesellschaftsrechtlichen Abfindungs- und Auseinandersetzungsansprüche der einzelnen (ggf. fehlerhaft) Beigetretenen nur
  385. im Wege einer geordneten Auseinandersetzung geltend gemacht werden können. Aus diesem Grunde kann nach der Rechtsprechung des Senats sogar
  386. dann eine Verpflichtung des einzelnen Gesellschafters zur Zahlung seiner Einlage trotz arglistiger Täuschung bestehen, wenn die Gesellschaft nach Aufdeckung des Betrugs abgewickelt wird, weil die Erfüllung der Einlagepflicht in
  387. einem solchen Fall der einheitlichen Verteilung der Vermögensverluste aller
  388. - 20 -
  389. getäuschten Gesellschafter dient (BGH, Urteil vom 6. Februar 1958
  390. - II ZR 210/56, BGHZ 26, 330, 336).
  391. 28
  392. 4. Aus den soeben genannten Gründen führt die Anwendung der
  393. Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft zwar dazu, dass ein Anleger bei einer
  394. Gestaltung wie der vorliegenden nicht im Wege des Schadensersatzes Rückgängigmachung seiner Beteiligung verlangen kann. Er ist allerdings - auch unabhängig von einer (fehlerhaft) vereinbarten Befristung - berechtigt, das stille
  395. Gesellschaftsverhältnis unter Berufung auf den (behaupteten) Vertragsmangel
  396. durch sofort wirksame Kündigung nach § 234 Abs. 1 HGB, § 723 BGB mit der
  397. Folge zu beenden, dass ihm gegebenenfalls ein nach den gesellschaftsvertraglichen Regeln zu berechnender Abfindungsanspruch zusteht (vgl. BGH, Urteil
  398. vom 3. Juli 2013 - II ZR 143/12, ZIP 2013, 1761 Rn. 23 mwN). Dabei ist ein etwaiger auf einer Pflichtverletzung des Geschäftsinhabers bei dem Beitritt des
  399. stillen Gesellschafters beruhender Schadensersatzanspruch dergestalt zu berücksichtigen, dass sich der geschädigte Anleger seinen Abfindungsanspruch
  400. anrechnen lassen muss und daher allenfalls Ersatz eines den Abfindungsanspruch übersteigenden Schadens verlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom
  401. 29. Juni 1970 - II ZR 158/69, BGHZ 55, 5, 10).
  402. 29
  403. Bei der hier gegebenen mehrgliedrigen stillen Gesellschaft ist wegen des
  404. oben dargelegten vorrangigen Interesses der Mitgesellschafter an einer geordneten Abwicklung die weitere Einschränkung geboten, dass ein über den nach
  405. gesellschaftsrechtlichen Regeln zu berechnenden Abfindungsanspruch hinausgehender Schadensersatzanspruch des stillen Gesellschafters die gleichmäßige Befriedigung der Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter nicht gefährden darf. Solange eine Schmälerung solcher Ansprüche anderer Anleger droht, ist der einzelne Anleger an der Durchsetzung eines auf Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Beitritt ge-
  406. - 21 -
  407. stützten Schadensersatzanspruchs gegen den Geschäftsinhaber gehindert (vgl.
  408. dazu Konzen, Festschrift H.P. Westermann, 2008, S. 1133, 1153 f.). Eine solche Gefährdung des schutzwürdigen Interesses der übrigen Anleger an einer
  409. geordneten Abwicklung droht nicht, wenn und soweit das Vermögen des Geschäftsinhabers im Zeitpunkt der Entscheidung über den Schadensersatzanspruch eines einzelnen Anlegers sowohl die zu diesem Zeitpunkt bestehenden
  410. (hypothetischen) Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche aller stillen
  411. Gesellschafter als auch den Schadensersatzanspruch des betreffenden Anlegers deckt. Das ist der Fall, wenn bei einer auf diesen Zeitpunkt bezogenen
  412. fiktiven Auseinandersetzungsrechnung der gesamten mehrgliedrigen stillen Gesellschaft das Vermögen des Geschäftsinhabers ausreichen würde, um die
  413. (hier gemäß § 16 GV zu berechnenden hypothetischen) Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche aller stillen Gesellschafter vollständig sowie den
  414. auf die den eigenen Abfindungsanspruch übersteigende Ersatzleistung gerichteten Schadensersatzanspruch des klagenden Anlegers (hier ggf. aus dem der
  415. Beklagten gemäß § 16 Nr. 1 a letzter Absatz GV nach dem Verhältnis ihres eingezahlten Grundkapitals zum stillen Gesellschaftskapital zustehenden Anteil am
  416. Auseinandersetzungswert ihres gesamten Unternehmens) ganz oder teilweise
  417. zu befriedigen. Ist dies nicht der Fall, kommt gleichwohl zumindest eine Feststellung des Schadensersatzanspruchs dem Grund und der Höhe nach in Betracht, da hierdurch die (hypothetischen) Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der anderen stillen Gesellschafter nicht gefährdet werden.
  418. 30
  419. Ist die Gesellschaft zwischen allen stillen Gesellschaftern tatsächlich
  420. aufgelöst und bestehen nach Beendigung der Auseinandersetzung zwischen
  421. dem Geschäftsherrn und allen stillen Gesellschaftern keine Auseinandersetzungsansprüche mehr, so stehen die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft
  422. einem verbleibenden, ggf. dem Grunde und dem Betrag nach bereits festgestellten Schadensersatzanspruch eines geschädigten Anlegers gleichfalls nicht
  423. - 22 -
  424. mehr entgegen. In dem zuletzt genannten Fall mag es zwar zu einem „Wettlauf“
  425. zwischen geschädigten Anlegern mit ihren gegen den Geschäftsinhaber gerichteten Schadensersatzansprüchen kommen. Die Mitgesellschafter stehen sich
  426. dabei jedoch nicht als solche, sondern lediglich als wie auch sonst miteinander
  427. konkurrierende Gläubiger eines Schuldners gegenüber. Aus diesem Grunde
  428. genügt es für den Wegfall des sich aus den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft ergebenden Hindernisses auch, wenn das verbleibende Vermögen
  429. des Geschäftsinhabers im Zeitpunkt der Entscheidung über den gegen ihn gerichteten Schadensersatzanspruch neben diesem die (bestehenden und hypothetischen) Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter deckt. Es ist dagegen nicht erforderlich, dass es auch ausreicht, um vergleichbare Schadensersatzansprüche anderer (getäuschter) stiller
  430. Gesellschafter zu befriedigen.
  431. 31
  432. 5. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Kläger nach diesen
  433. Grundsätzen ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zusteht, hat das
  434. Berufungsgericht von seinem abweichenden Rechtsstandpunkt aus nicht geprüft. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann die Abweisung der Klage
  435. nach dem Hauptbegehren daher keinen Bestand haben. Sie stellt sich auch
  436. nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
  437. 32
  438. Da in der Erklärung eines Gesellschafters, seinen Beitritt mit rückwirkender Kraft beseitigen zu wollen, in der Regel sein Wille zum Ausdruck kommt, die
  439. Bindung an die Gesellschaft und die Mitgesellschafter jedenfalls mit sofortiger
  440. Wirkung zu beenden (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 1974 - II ZR 27/73,
  441. BGHZ 63, 338, 344 f.; Urteil vom 16. Dezember 2002 - II ZR 109/01, BGHZ
  442. 153, 214, 223), kann auch im vorliegenden Fall von einer Kündigung des (stillen) Gesellschaftsverhältnisses durch den Kläger ausgegangen werden. Dass
  443. der Kläger seinen Schadensersatzanspruch nicht unter Anrechnung eines etwa-
  444. - 23 -
  445. igen Abfindungsguthabens berechnet hat, rechtfertigt eine (vollständige) Abweisung der Klage nicht, weil der Geschädigte nicht ohne weiteres an eine von ihm
  446. ursprünglich gewählte Art der Schadensberechnung gebunden ist (vgl. BGH,
  447. Urteil vom 18. Oktober 2011 - VI ZR 17/11, NJW 2012, 50 Rn. 4 mwN) und dem
  448. Kläger daher Gelegenheit gegeben werden muss, sein Klagevorbringen an die
  449. in den Vorinstanzen nicht erörterten, oben dargelegten rechtlichen Vorgaben
  450. anzupassen. Für die Berechnung seines etwaigen Abfindungsanspruchs, dem
  451. die nur den weitergehenden Schadensersatzanspruch betreffende, auf die Sicherung ungeschmälerter eventueller Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der anderen stillen Gesellschafter gerichtete Sperre nicht entgegenstünde, ist der Kläger zudem auf die Mitwirkung der Beklagten angewiesen, die
  452. gemäß § 16 Nr. 1 Buchst. g GV mit der Ermittlung des Abfindungsguthabens
  453. einen Wirtschaftsprüfer zu beauftragen hat.
  454. 33
  455. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts
  456. und des Vorbringens der Parteien kann auch nicht angenommen werden, dass
  457. einem über einen Abfindungsanspruch hinausgehenden Schadensersatzbegehren des Klägers zur Sicherung etwaiger Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der Mitgesellschafter der Erfolg zu versagen wäre. Ob und in
  458. welcher Höhe solche (hypothetischen) Ansprüche der anderen stillen Gesellschafter bestehen und aus dem Vermögen der Beklagten befriedigt werden
  459. können, steht nicht fest und müsste gegebenenfalls die Beklagte darlegen und
  460. beweisen, wenn sie sich einem Schadensersatzanspruch des Klägers gegenüber darauf berufen wollte, dieser sei wegen einer Gefährdung der Abfindungsund Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter zumindest gegenwärtig nicht oder nicht in voller Höhe durchsetzbar. Im Übrigen wäre
  461. selbst für den Fall des Bestehens eines solchen Hindernisses das auf Zahlung
  462. eines bestimmten Schadensersatzbetrages gerichtete Leistungsbegehren des
  463. Klägers dahin auszulegen, dass jedenfalls die Feststellung des Bestehens ei-
  464. - 24 -
  465. nes Schadensersatzanspruchs in dieser Höhe begehrt wird. Sofern die sonstigen Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs gegeben sind, stünde der Umstand, dass das Vermögen der Beklagten im Zeitpunkt der Entscheidung zur Befriedigung etwaiger (hypothetischer) Abfindungsoder Auseinandersetzungsansprüche und des Schadensersatzanspruchs nicht
  466. ausreichte, wie unter II. 4. ausgeführt, einer Feststellung seines Bestehens
  467. nicht entgegen.
  468. 34
  469. 6. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben, soweit die Berufung des Klägers mit dem Hauptbegehren zurückgewiesen worden ist (§ 562
  470. Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563
  471. Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die bislang offen gebliebenen Feststellungen zu
  472. - 25 -
  473. den tatsächlichen Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruchs treffen kann.
  474. Bergmann
  475. Strohn
  476. Reichart
  477. Caliebe
  478. Sunder
  479. Vorinstanzen:
  480. LG München I, Entscheidung vom 30.04.2012 - 28 O 18923/11 OLG München, Entscheidung vom 28.11.2012 - 20 U 2232/12 -