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8.2 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. II ZR 120/10
  4. Verkündet am:
  5. 22. Januar 2013
  6. Vondrasek
  7. Justizangestellte
  8. als Urkundsbeamtin
  9. der Geschäftsstelle
  10. in dem Rechtsstreit
  11. -2-
  12. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  13. vom 20. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann,
  14. den Richter Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart sowie den
  15. Richter Sunder
  16. beschlossen:
  17. 1. Die mündliche Verhandlung wird wiedereröffnet.
  18. 2. Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung wird bestimmt auf Dienstag, den 16. April 2013, 10.00 Uhr.
  19. Gründe:
  20. 1
  21. Das Gericht hat nach § 139 Abs. 1 Satz 2, § 555 Abs. 1 Satz 1 ZPO darauf hinzuwirken, dass die Parteien sachgerechte Anträge stellen. Dazu werden
  22. dem Kläger die nachfolgenden Hinweise erteilt.
  23. 2
  24. Die Revision erfasst das gesamte landgerichtliche Urteil, soweit zuungunsten des Beklagten entschieden worden ist.
  25. 3
  26. 1. Der Beklagte hat allerdings seine Revision - soweit wie die Klage betrifft - auf die Frage des Zurückbehaltungsrechts beschränkt und hat die Entscheidung über seinen vor dem Amtsgericht gestellten und vor dem Berufungsgericht der Sache nach wiederholten Klageabweisungsantrag jedenfalls nicht
  27. ausdrücklich angegriffen. Diese Beschränkung ist aber unzulässig und damit
  28. unwirksam.
  29. -3-
  30. 4
  31. Die Beschränkung eines Rechtsmittels ist zulässig, wenn sie einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs betrifft (BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82, NJW 1984, 615, insoweit in BGHZ 88, 85 nicht abgedruckt; Urteil vom 12. Januar 1970
  32. - VII ZR 48/68,
  33. BGHZ
  34. - XII ZR 141/04,
  35. NJW
  36. 53,
  37. 2007,
  38. 152,
  39. 144
  40. 155;
  41. Urteil
  42. Rn. 8 ff.;
  43. vom
  44. Urteil
  45. 25. Oktober
  46. vom
  47. 8. März
  48. 2006
  49. 2006
  50. - IV ZR 263/04, WM 2006, 1595 Rn. 14 ff.). Danach wird eine Beschränkung
  51. des Rechtsmittels auf ein Zurückbehaltungsrecht für möglich gehalten (BGH,
  52. Urteil vom 1. Oktober 1999 - V ZR 162/98, ZIP 1999, 374; MünchKommZPO/Krüger, 4. Aufl., § 551 Rn. 17; Ball in Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 551
  53. Rn. 6 i.V.m. § 520 Rn. 22; Hk-ZPO/Wöstmann, 5. Aufl., § 520 Rn. 18 i.V.m.
  54. § 552 Rn. 7; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 520 Rn. 29). Entscheidend ist aber
  55. auch bei einem Zurückbehaltungsrecht, ob dieses im Einzelfall in tatsächlicher
  56. und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt
  57. werden kann (BGH, Urteil vom 2. Juni 1966 - VII ZR 162/64, BGHZ 45, 287,
  58. 289; Urteil vom 27. September 1984 - IX ZR 53/83, WM 1984, 1543 f., insoweit
  59. in BGHZ 92, 194 nicht abgedruckt). Das ist hier nicht der Fall.
  60. 5
  61. Ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung, der mit der Übertragung der
  62. Aktien auf die Klägerin Zug um Zug zu erfüllen ist, kann nur dann bestehen,
  63. wenn die Regelung in § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages nicht schon insgesamt nichtig ist. Denn bei einer Nichtigkeit der Gesamtregelung besteht keine
  64. Anspruchsgrundlage für einen Abfindungsanspruch. Ohne einen derartigen Anspruch kann aber eine Zug um Zug-Verurteilung nach § 274 Abs. 1 BGB nicht
  65. erfolgen. Dass der Beklagte die Verpflichtung zur Rückübertragung der Aktien
  66. nicht angreifen will, reicht nicht aus, um - auch bei Unwirksamkeit der vertraglichen Abrede - einen Abfindungsanspruch zu begründen. Denn die Gründe des
  67. landgerichtlichen Urteils werden von der Rechtskraft nicht erfasst. Rechtskräftig
  68. -4-
  69. wird nur der Urteilsausspruch, d.h. der prozessuale Anspruch (vgl. BGH, Urteil
  70. vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 2 f.; Urteil vom
  71. 30. Januar 1985 - IVb ZR 67/83, BGHZ 93, 330, 335; Urteil vom 14. März 2008
  72. - V ZR 13/07, NJW-RR 2008, 1397, 1398; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl.,
  73. Vor § 322 Rn. 34, 36). Das gilt unabhängig von der Frage, ob auch die "rechtliche Einordnung" des zugesprochenen Anspruchs, etwa als ein solcher aus Vertrag, an der Rechtskraft teilnimmt (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2003
  74. - I ZR 269/00, NJW 2003, 3058, 3059; Urteil vom 5. November 2009
  75. - IX ZR 239/07, BGHZ 183 Rn. 12; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 322
  76. Rn. 110 ff.; MünchKommZPO/Gottwald, 4. Aufl., § 322 Rn. 53 ff.). Dadurch
  77. kann jedenfalls nicht in Rechtskraft erwachsen, dass die dem Rückübertragungsanspruch zugrunde liegende Vertragsklausel wirksam ist (vgl. RGZ 144,
  78. 54, 61, BAG, NJW 1996, 1299, 1300; BGH, Urteil vom 13. November 1998
  79. - V ZR 29/98, ZIP 1999, 404, 405), und zwar auch nicht, soweit das Zurückbehaltungsrecht zu beurteilen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. April 1996
  80. - XI ZR 302/95, WM 1996, 1602; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 322
  81. Rn. 80 ff., 86).
  82. 6
  83. Der Senat ist danach nicht gehindert, bei der Entscheidung über das Zurückbehaltungsrecht die Wirksamkeit der vertraglichen Abrede anders zu beurteilen, als es das Berufungsgericht bezüglich des Rückübertragungsanspruchs
  84. getan hat. Damit besteht die Gefahr, dass ein und dieselbe Frage einerseits
  85. vom Berufungsgericht und andererseits vom Senat unterschiedlich beurteilt
  86. wird. Es fehlt mithin die tatsächliche und rechtliche Unabhängigkeit des Rückübertragungsanspruchs von dem Abfindungsanspruch.
  87. 7
  88. Die Unzulässigkeit der Revisionsbeschränkung führt dazu, dass die Beschränkung unwirksam ist und die Revision das gesamte Urteil des Berufungs-
  89. -5-
  90. gerichts erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82, NJW 1984,
  91. 615; insoweit in BGHZ 88, 85 nicht abgedruckt; Urteil vom 8. März 2006
  92. - IV ZR 263/04, WM 2006, 1595 Rn. 17).
  93. 8
  94. 2. Dennoch ist über diesen Streitstoff nur zu verhandeln, wenn der Revisionskläger einen entsprechenden Antrag gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
  95. ZPO gestellt hat (Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 557 Rn. 7). Denn sonst würde
  96. der Senat dem Beklagten gegebenenfalls unter Verstoß gegen § 557 Abs. 1
  97. ZPO mehr zusprechen, als er beantragt hat. Ob der Antrag dahingehend ausgelegt werden kann, dass sich die Revision letztlich doch gegen die gesamte
  98. Verurteilung richten soll, kann offen bleiben. Denn auch darauf ist der Revisionskläger hinzuweisen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - V ZR 233/11, juris
  99. Rn. 12).
  100. 9
  101. Eine Ausdehnung des Revisionsantrags wäre noch rechtzeitig. Zwar
  102. steht mit dem Ende der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht
  103. normalerweise fest, in welchem Umfang das angefochtene Urteil zu Überprüfung gestellt wird und in welchem Umfang es mangels eines Revisionsangriffs
  104. rechtskräftig wird (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 155/86, NJW-RR
  105. 1988, 66). Das kann aber nicht gelten, wenn das Revisionsgericht die mündliche Verhandlung wiedereröffnet, um dem Revisionskläger nach § 139 Abs. 1
  106. Satz 2 ZPO Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
  107. 10
  108. Die mögliche anfängliche Beschränkung der Revision bedeutet den Umständen nach auch nicht einen teilweisen Rechtsmittelverzicht. Dafür fehlt es an
  109. einer hinreichend bestimmten Erklärung, die durch die Revisionseinlegung und
  110. -begründung eröffnete Anfechtungsmöglichkeit endgültig preiszugeben (vgl.
  111. -6-
  112. BGH, Urteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 155/86, NJW-RR 1988, 66;
  113. MünchKommZPO/Krüger, 4. Aufl., § 551 Rn. 17).
  114. 11
  115. 3. Die Revisionsbegründung des Beklagten schließlich erfüllt in Bezug
  116. auf das gesamte Urteil die Voraussetzungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
  117. ZPO. Danach muss die Revisionsbegründung die bestimmte Bezeichnung der
  118. Umstände enthalten, aus denen sich eine Rechtsverletzung ergibt, oder der
  119. Tatsachen, die einen Verfahrensmangel ergeben. Im Fall der Erweiterung der
  120. Revisionsanträge muss sich die Begründung auch auf den neu hinzugekommenen Prozessstoff beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1953
  121. - V ZR 6/51, BGHZ 12, 52, 67 f.; Urteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 155/86,
  122. NJW-RR 1988, 66, s. auch Urteil vom 1. Juni 1999 - II ZR 47/98, ZIP 1999,
  123. 1352, 1354, insoweit in BGHZ 142, 92 nicht abgedruckt; MünchKommZPO/
  124. Krüger, 4. Aufl., § 551 Rn. 19).
  125. -7-
  126. 12
  127. Das ist hier der Fall. Die Revisionsbegründung stellt unter anderem darauf ab, dass die Klausel über die unentgeltliche Rückübertragung der Aktien
  128. nach § 138 BGB nichtig sei. Dieser Umstand beschränkt sich nicht notwendigerweise auf den Ausschluss einer Abfindung, sondern kann auch die Klausel
  129. insgesamt umfassen. Ob das tatsächlich der Fall ist, spielt für die Zulässigkeit
  130. der Revision keine Rolle.
  131. Bergmann
  132. Strohn
  133. Reichart
  134. Caliebe
  135. Sunder
  136. Vorinstanzen:
  137. AG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.05.2009 - 53 C 14867/08 LG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.05.2010 - 23 S 213/09 -