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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. I ZR 172/99
  4. URTEIL
  5. in dem Rechtsstreit
  6. Verkündet am:
  7. 11. Oktober 2001
  8. Führinger
  9. Justizangestellte
  10. als Urkundsbeamtin
  11. der Geschäftsstelle
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. Sportwetten-Genehmigung
  18. UWG § 1; StGB § 284; DDR-GewG § 3
  19. a) Ein Verstoß gegen § 284 StGB (unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels) ist grundsätzlich auch wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG.
  20. b) Von einem Gewerbetreibenden ist zu verlangen, daß er sich Kenntnis von
  21. den für seinen Tätigkeitsbereich einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen
  22. verschafft und in Zweifelsfällen mit zumutbaren Anstrengungen besonders
  23. sachkundigen Rechtsrat einholt. Ein Gewerbetreibender, der weder die
  24. Rechtswidrigkeit seines Verhaltens kennt noch sich dieser Einsicht bewußt
  25. verschließt und der auch nicht auf die Haltung der Verwaltungsbehörden in
  26. unlauterer Weise eingewirkt hat, handelt jedoch grundsätzlich nicht unlauter im Sinne des § 1 UWG, wenn er sich nicht vorsichtshalber nach der
  27. strengsten Gesetzesauslegung und Einzelfallbeurteilung richtet, wenn die
  28. zuständigen Behörden und Gerichte sein Verhalten ausdrücklich als rechtlich zulässig bewerten.
  29. BGH, Urt. v. 11. Oktober 2001 - I ZR 172/99 - OLG Köln
  30. -2-
  31. LG Köln
  32. -3-
  33. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2001 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg,
  34. Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert
  35. für Recht erkannt:
  36. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats
  37. des Oberlandesgerichts Köln vom 21. Mai 1999 aufgehoben.
  38. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für
  39. Handelssachen des Landgerichts Köln vom 9. Oktober 1997 abgeändert.
  40. Die Klage wird abgewiesen.
  41. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  42. Von Rechts wegen
  43. Tatbestand:
  44. Der Beklagte veranstaltet seit dem Jahre 1990 Sportwetten wie insbesondere Fußballwetten, bei denen die Teilnehmer unter Einzahlung eines Einsatzes von mindestens 2,-- DM pro Tippreihe auf den Ausgang bestimmter
  45. Spielpaarungen wetten. Er beruft sich dabei auf eine Gewerbegenehmigung,
  46. -4-
  47. die ihm der Rat des Kreises L.
  48. am 11. April 1990 erteilt hat. Dieser Bescheid
  49. hat u.a. folgenden Wortlaut:
  50. "Auf Ihren Antrag vom 09.04.1990 erteilen wir Ihnen auf Grund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6.3.1990 (GBl. I Nr. 17 S. 138) die Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten ab
  51. 01.05.1990 in
  52. N.
  53. -Straße Nr. ."
  54. Der Beklagte bewirbt seine Sportwetten bundesweit - u.a. in der Zeitung
  55. "B.
  56. " - wie nachstehend (verkleinert) wiedergegeben:
  57. -5-
  58. Die Klägerin, die eine Gesellschafterin des Deutschen Lotto- und Totoblocks ist, führt in Nordrhein-Westfalen Gewinnspiele durch, darunter das Fußballtoto. Sie ist der Auffassung, der Beklagte verstoße mit dem Anbieten und
  59. Durchführen seiner Sportwetten gegen das aus § 284 StGB folgende Verbot,
  60. ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel zu veranstalten, und damit zugleich gegen § 1 UWG. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin dazu die
  61. Ansicht vertreten, der Beklagte könne sich auf die vom Rat des Kreises L.
  62. unter dem 11. April 1990 erteilte Gewerbegenehmigung selbst dann nicht stüt-
  63. -6-
  64. zen, wenn diese wirksam gewesen sein sollte, weil die zusätzlich erforderliche
  65. Genehmigung des Ministers des Innern der DDR nicht erteilt worden sei. Im
  66. Revisionsverfahren hat die Klägerin hilfsweise vorgetragen, Sportwetten seien
  67. nach dem Gewerbegesetz der DDR schlechthin nicht erlaubnisfähig gewesen;
  68. eine Genehmigung sei nur nach der Sammlungs- und Lotterieverordnung der
  69. DDR in Betracht gekommen. Sollte die Gewerbegenehmigung wirksam sein,
  70. gelte sie jedenfalls nur im Beitrittsgebiet fort; der Beklagte sei daher keinesfalls
  71. zu einer bundesweiten Veranstaltung seiner Sportwetten befugt.
  72. Die Klägerin hat beantragt,
  73. den Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr
  74. und/
  75. oder zum Zwecke der Werbung Sportwetten wie nachstehend wiedergegeben - hilfsweise: über die neuen Bundesländer hinaus anzubieten, zu bewerben und/oder Sportwetten durchzuführen.
  76. (Es folgt eine Ablichtung der vorstehend wiedergegebenen Werbeanzeige).
  77. Der Beklagte hat dagegen geltend gemacht, die ihm unter dem 11. April
  78. 1990 erteilte Genehmigung stelle eine den Verbotstatbestand des § 284 StGB
  79. ausschließende behördliche Erlaubnis dar, neben der es keiner zusätzlichen
  80. Genehmigung nach der Sammlungs- und Lotterieverordnung der DDR bedurft
  81. habe. Die Genehmigung wirke nach der deutschen Wiedervereinigung im gesamten Bundesgebiet fort.
  82. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
  83. -7-
  84. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten entsprechend
  85. dem Antrag der Klägerin mit der Maßgabe einer Neufassung des Unterlassungsausspruchs zurückgewiesen, durch die vor den Worten "Sportwetten
  86. durchzuführen" die Worte "derart beworbene" eingefügt wurden (OLG Köln
  87. GRUR 2000, 533).
  88. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt
  89. der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
  90. Entscheidungsgründe:
  91. I. Das Berufungsgericht hat die Klage als begründet angesehen, weil der
  92. Beklagte mit der Veranstaltung seiner Sportwetten gegen § 284 StGB und damit unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs zugleich gegen § 1 UWG verstoße. Hierzu hat es ausgeführt:
  93. Der Beklagte verfüge über keine ausreichende behördliche Erlaubnis für
  94. seine als Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB anzusehenden Sportwetten.
  95. Es könne dahinstehen, ob ihm eine Gewerbeerlaubnis im Sinne des § 3 des
  96. Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. I S. 138; im folgenden:
  97. DDR-GewG) erteilt worden sei und ob diese Erlaubnis eine bundesweite Tätigkeit umfasse. Der Beklagte habe jedenfalls daneben gemäß § 3 Abs. 1 und 3
  98. der Sammlungs- und Lotterieverordnung der DDR vom 18. Februar 1965
  99. (GBl. II S. 238) eine Genehmigung des Ministers des Innern der DDR benötigt,
  100. die er jedoch nicht eingeholt habe. Die Verletzung des durch § 284 StGB straf-
  101. -8-
  102. bewehrten Glücksspielverbots begründe, da diese Vorschrift wertbezogen sei,
  103. ohne weiteres den wettbewerbsrechtlichen Unlauterkeitsvorwurf.
  104. II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Beklagten hat
  105. Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung
  106. der Klage, weil das beanstandete Verhalten unter den besonderen Umständen
  107. des Einzelfalles auch dann nicht als wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG
  108. zu beurteilen ist, wenn der Beklagte dabei den objektiven Tatbestand des
  109. § 284 StGB, der das Veranstalten von Glücksspielen ohne behördliche Genehmigung mit Strafe bedroht, erfüllen sollte.
  110. 1. Ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs, das gesetzliche Vorschriften außerhalb des UWG verletzt, ist nicht ohne weiteres auch sittenwidrig
  111. im Sinne des § 1 UWG. Der Begriff der Sittenwidrigkeit ist vielmehr wettbewerbsbezogen auszulegen (vgl. BGHZ 140, 134, 138 f. - Hormonpräparate;
  112. 144, 255, 265 - Abgasemissionen; BGH, Urt. v. 6.10.1999 - I ZR 46/97, GRUR
  113. 2000, 237, 238 = WRP 2000, 170 - Giftnotruf-Box; Urt. v. 5.10.2000
  114. - I ZR 224/98, GRUR 2001, 354, 356 = WRP 2001, 255 - Verbandsklage gegen
  115. Vielfachabmahner; Urt. v. 26.4.2001 - I ZR 314/98, WRP 2001, 1073 - GewinnZertifikat, zum Abdruck in BGHZ 147, 296 vorgesehen). Die Beurteilung, ob ein
  116. beanstandetes Wettbewerbsverhalten sittenwidrig ist, erfordert deshalb regelmäßig eine - am Schutzzweck des § 1 UWG auszurichtende - Würdigung des
  117. Gesamtcharakters des Verhaltens. Wenn das zu überprüfende Wettbewerbsverhalten zugleich gegen ein Gesetz verstößt, das dem Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter wie beispielsweise dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung dient, indiziert die Verletzung einer derartigen wertbezogenen Norm allerdings grundsätzlich die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit mit der Folge, daß
  118. es regelmäßig nicht der Feststellung weiterer Unlauterkeitsumstände bedarf.
  119. -9-
  120. Dies hat seinen Grund darin, daß es auch in der Zielsetzung des § 1 UWG
  121. liegt zu verhindern, daß Wettbewerb unter Mißachtung gewichtiger Interessen
  122. der Allgemeinheit betrieben wird (vgl. BGHZ 144, 255, 266 - Abgasemissionen,
  123. m.w.N.). Auch in einem solchen Fall kann aber das Verhalten eines Gewerbetreibenden nach den besonderen Umständen des Einzelfalles als nicht wettbewerbswidrig zu werten sein (vgl. BGHZ 140, 134, 138 f. - Hormonpräparate;
  124. 144, 255, 266 f. - Abgasemissionen; BGH GRUR 2000, 237, 238 - GiftnotrufBox). So liegt der Fall hier.
  125. 2. Die Vorschrift des § 284 StGB ist eine sogenannte wertbezogene
  126. Norm, die zudem unmittelbar wettbewerbsregelnden Charakter hat. Ein Verstoß
  127. gegen diese Strafvorschrift durch Veranstaltung eines Glücksspiels ohne behördliche Erlaubnis ist deshalb nicht lediglich ein Verstoß gegen eine Marktzutrittsregelung, sondern grundsätzlich auch ein im Sinne des § 1 UWG sittenwidriges Marktverhalten (anders noch RGZ 115, 319, 325 f.).
  128. Die Strafvorschrift richtet sich - wie das Bundesverwaltungsgericht durch
  129. Urteil vom 28. März 2001 entschieden hat (NJW 2001, 2648) - gegen ein unerwünschtes, weil sozial schädliches Verhalten. Zweck der Strafandrohung ist
  130. es unter anderem, eine übermäßige Anregung der Nachfrage von Glücksspielen zu verhindern, durch staatliche Kontrolle einen ordnungsgemäßen Spielablauf zu gewährleisten und einer Ausnutzung des natürlichen Spieltriebs zu
  131. privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken entgegenzuwirken. Dem liegt die
  132. Einschätzung zugrunde, daß das Glücksspiel grundsätzlich wegen seiner möglichen Auswirkungen auf die psychische (Spielsucht) und wirtschaftliche Situation der Spieler (Vermögensverlust) und seiner Eignung, Kriminalität namentlich im Bereich der Geldwäsche zu fördern, unerwünscht und schädlich ist. Andererseits ist dem Gesetzgeber bewußt, daß der Spieltrieb nicht gänzlich u n-
  133. - 10 -
  134. terbunden werden kann. Die Vorschrift des § 284 StGB bietet deshalb mit der
  135. die Strafbewehrung aufhebenden behördlichen Erlaubnis ein Instrument zur
  136. Kanalisierung des Spieltriebs in geordnete Bahnen. Demgemäß dient auch der
  137. Erlaubnisvorbehalt der Abwehr von Gefahren des Glücksspiels, das vom Gesetz als generell für die geschützten Rechtsgüter gefährlich eingeschätzt wird.
  138. 3. Das beanstandete Verhalten des Beklagten ist jedoch, selbst wenn es
  139. den objektiven Tatbestand des § 284 StGB erfüllen sollte, nicht wettbewerbswidrig. Der Beklagte verfügt über die ihm unter dem 11. April 1990 erteilte Genehmigung und handelt unter den im Streitfall gegebenen besonderen Umständen nicht wettbewerblich unlauter, wenn er diese Genehmigung als ausreichende rechtliche Grundlage für seine beanstandete Geschäftstätigkeit ansieht.
  140. a) Von einem Gewerbetreibenden ist allerdings zu verlangen, daß er
  141. sich Kenntnis von den für seinen Tätigkeitsbereich einschlägigen gesetzlichen
  142. Bestimmungen verschafft (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.1988 - I ZR 209/86, GRUR
  143. 1988, 699, 700 = WRP 1988, 652 - qm-Preisangaben II) und in Zweifelsfällen
  144. mit zumutbaren Anstrengungen besonders sachkundigen Rechtsrat einholt. Die
  145. Lauterkeit des Wettbewerbs verlangt auch, daß ein Wettbewerber nicht ohne
  146. weiteres auf Kosten seiner Mitbewerber das Risiko rechtswidrigen Handelns
  147. eingeht. Es wäre jedoch grundsätzlich eine Überspannung der Pflicht zu lauterem Wettbewerbshandeln und ein unzulässiger Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit, von einem Gewerbetreibenden zu verlangen, sich vorsichtshalber auch
  148. dann nach der strengsten Gesetzesauslegung und Einzelfallbeurteilung zu
  149. richten, wenn die zuständigen Behörden und Gerichte sein Verhalten ausdrücklich als rechtlich zulässig bewerten (vgl. dazu auch BGH, Urt. v.
  150. 8.10.1987
  151. - 11 -
  152. - I ZR 182/85, GRUR 1988, 382, 383 - Schelmenmarkt; Stolterfoth, Festschrift
  153. für Rittner, 1991, S. 695, 705 und 707 ff.; Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., Einf.
  154. Rdn. 293 m.w.N.). Anderes wird allerdings grundsätzlich gelten, wenn der Gewerbetreibende die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens kennt, sich dieser Einsicht bewußt verschließt oder auf die Haltung der Verwaltungsbehörden in u nlauterer Weise eingewirkt hat.
  155. b) Nach diesen Grundsätzen handelt der Beklagte bei der bundesweiten
  156. Durchführung von Sportwetten nicht wettbewerbswidrig. Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, der für die Beurteilung
  157. des Unterlassungsanspruchs maßgeblich ist, konnte der Beklagte seine Ansicht, nicht rechtswidrig zu handeln, darauf stützen, daß die ihm erteilte Gewerbegenehmigung zumindest nicht nichtig ist, die zuständigen Behörden in
  158. diesem Bescheid eine ausreichende rechtliche Grundlage für seine bundesweite Geschäftstätigkeit sehen und ein weitgehend gleichgelagerter Fall eines
  159. anderen Gewerbetreibenden von dem Verwaltungsgericht G. in seinem Sinn
  160. beurteilt worden ist.
  161. aa) Die dem Beklagten unter dem 11. April 1990 vom Rat des Kreises
  162. L.
  163. erteilte Genehmigung ist jedenfalls nicht nichtig. Sie besteht fort, weil sie
  164. weder zurückgenommen noch widerrufen worden ist.
  165. Im Recht der ehemaligen DDR galt - letztlich nicht anders als in der
  166. Bundesrepublik - der Grundsatz, daß von den Verwaltungsbehörden ("Organen") getroffene Einzelentscheidungen (Verwaltungsakte) auch dann rechtswirksam waren, wenn sie rechtliche Mängel aufwiesen. Nur wenn der Verstoß
  167. gegen die rechtlichen Anforderungen besonders schwerwiegend und für den
  168. Adressaten zudem objektiv unzweifelhaft erkennbar war, besaß die Entschei-
  169. - 12 -
  170. dung keine Rechtswirkung und war daher nichtig. War der Verstoß nicht so
  171. schwerwiegend, verlor die Entscheidung, wenn der rechtliche Mangel nicht beseitigt werden konnte, ihre Rechtswirkung erst durch die Aufhebung durch das
  172. zuständige Organ, wobei eine den Adressaten begünstigende Einzelentscheidung nur dann aufgehoben werden konnte, wenn dessen berechtigte Interessen dem nicht entgegenstanden (Bönninger in Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Staatsverlag der DDR, 2. Aufl. 1988, S. 138 f.).
  173. Nach diesen Grundsätzen war die dem Beklagten erteilte Genehmigung
  174. nicht nichtig. In dem Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
  175. vom 13. Januar 1994, das der Beklagte im Berufungsverfahren vorgelegt hat,
  176. ist dargelegt, daß die Genehmigung als Gewerbeerlaubnis im Sinne des § 3
  177. DDR-GewG wirksam erteilt worden ist und fortbesteht. Diese Beurteilung
  178. rechtfertigte sich aus der Erwägung, daß der Rat des Kreises L.
  179. in seiner Ei-
  180. genschaft als Gewerbebehörde gemäß §§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 2 der Zweiten
  181. Durchführungsverordnung zum Gewerbegesetz vom 15. März 1990 (GBl. I
  182. S. 169) für die Erteilung von Genehmigungen für erlaubnispflichtige Gewerbe
  183. zuständig war, zu denen gemäß der Anlage zu § 1 der Ersten Durchführungsverordnung zum Gewerbegesetz vom 8. März 1990 (GBl. I S. 140) u.a. - wenn
  184. auch begrifflich womöglich mehrdeutig - "Glücksspiele gegen Geld" rechneten.
  185. bb) Nach der Beurteilung der Behörden und Gerichte ist die erteilte Genehmigung gemäß Art. 19 EV auch eine ausreichende Grundlage für die bundesweite Tätigkeit des Beklagten.
  186. So hat das Sächsische Staatsministerium des Innern in seinem Schreiben vom 13. Januar 1994 ausgeführt, daß die Gewerbegenehmigung vom
  187. 11. April 1990 eine wirksame und rechtmäßige Grundlage für die vom Beklag-
  188. - 13 -
  189. ten bundesweit veranstalteten Sportwetten sei. Diese Behörde ist gemäß § 10
  190. Abs. 1 des Gesetzes des Freistaates Sachsen über Lotterien und Ausspielungen vom 16. Oktober 1992 (SächsGVBl. S. 471) zuständig für die Erteilung von
  191. Erlaubnissen für Lotterie- und Ausspielungsveranstaltungen, die zugleich im
  192. Gebiet eines anderen Bundeslandes durchgeführt werden.
  193. In diesem Sinn hat das Verwaltungsgericht G.
  194. 13. Januar 1997 (Gz.
  195. durch Beschluß vom
  196. ) einen entsprechend gelagerten Fall entschie-
  197. den. Diese Entscheidung, bei der es um die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage ging, ist im übrigen nach der letzten
  198. mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren von dem Thüringer Oberverwaltungsgericht mit Beschluß vom 21. Oktober 1999 bestätigt worden (GewArch 2000, 118).
  199. Weiterhin hat die Staatsanwaltschaft Gö.
  200. - Zweigstelle Z.
  201. - dem Be-
  202. klagten mit Schreiben vom 7. April 1998 mitgeteilt, daß das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels eingestellt worden sei.
  203. Der Beklagte kann sich schließlich auch darauf berufen, daß seine von der
  204. Klägerin beanstandete Geschäftstätigkeit den zuständigen Behörden seit vielen Jahren bekannt ist, ohne daß diese dagegen eingeschritten wären.
  205. - 14 -
  206. III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und das Urteil des
  207. Landgerichts abzuändern. Die Klage war mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1
  208. ZPO abzuweisen.
  209. v. Ungern-Sternberg
  210. Starck
  211. Büscher
  212. Pokrant
  213. Schaffert