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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- I ZB 70/10
- vom
- 17. August 2011
- in der Rechtsbeschwerdesache
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- betreffend die Markenanmeldung Nr. 306 41 895.9
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- Nachschlagewerk:
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- ja
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- BGHZ:
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- nein
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- BGHR:
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- ja
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- Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.
- MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 2
- a) Für das Vorliegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
- kommt es nicht darauf an, ob der Anmelder bereits über ein Namens- oder
- Kennzeichenrecht verfügt, mit dem er Dritte von der Verwendung einer der
- Marke entsprechenden Angabe im Zusammenhang mit den beanspruchten
- Waren und Dienstleistungen ausschließen kann.
- b) Die Bezeichnung "Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V." ist unter anderem für die Waren und Dienstleistungen "Druckereierzeugnisse, betriebswirtschaftliche Beratung, Marketing und finanzielle Beratung" freihaltebedürftig.
- BGH, Beschluss vom 17. August 2011 - I ZB 70/10 - Bundespatentgericht
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- Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. August 2011 durch
- den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
- Prof. Dr. Büscher, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch
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- beschlossen:
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- Die Rechtsbeschwerde des Anmelders gegen den Beschluss des
- 29. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts
- vom 21. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
- Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 €
- festgesetzt.
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- Gründe:
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- I. Der Anmelder - das Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V. - hat
- beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der Wortfolge
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- Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.
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- als Marke für folgende Waren und Dienstleistungen beantragt:
- Klasse 16
- Druckereierzeugnisse jedweder Art, insbesondere Zeitschriften, Zeitungen,
- Magazine, Kataloge; Bücher;
- Klasse 35
- Betriebswirtschaftliche Beratung, Organisationsberatung, Personalmanagementberatung, Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Erstellen von Geschäftsgutachten; Marketing, Marktforschung; Meinungsforschung; Erstellen
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- von Wirtschaftsprognosen; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Herausgabe
- von Statistiken; Erteilung von Auskünften in Handels- und Geschäftsangelegenheiten; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und
- Werbezwecke; Personal-/Stellenvermittlung, Personalanwerbung; Herausgabe
- von Werbetexten, Vermarktung und Vermietung von Werbezeiten und
- Werbeflächen im Internet, Dateiverwaltung mittels Computer, Zusammenstellen
- von Daten in Computerdatenbanken;
- Klasse 36
- Finanzielle Beratung, Investitionsberatung, Finanzanalysen, Investmentgeschäfte, Vermögensmanagement für Dritte.
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- Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
- Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
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- Die gegen die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts
- gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben (BPatG, Beschluss vom
- 21. Juli 2010 - 29 W (pat) 102/10, juris). Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Anmelder sein Eintragungsbegehren weiter.
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- II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, der Eintragung der Marke
- stehe ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Es hat
- hierzu ausgeführt:
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- Die Wortfolge sei für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen
- beschreibend. Sie setze sich sprachüblich aus Wörtern der deutschen
- Alltagssprache zusammen. Die Wortfolge gehe auch in ihrer Gesamtheit nicht
- über den Bedeutungsgehalt der Summe der Einzelbestandteile hinaus. Die
- angesprochenen Verkehrskreise verstünden die Wortfolge als beschreibende
- Angabe einer juristischen Person des Privatrechts, die in einer bestimmten oder
- für eine bestimmte Region die angemeldeten Waren und Dienstleistungen für
- ihre Mitglieder bereitstelle oder nachfrage. Die Wortfolge erschöpfe sich in der
- beschreibenden Angabe des Erbringers, Anbieters oder Adressaten sowie der
- Bezeichnung des Gegenstands, Inhalts oder der Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Der Annahme einer beschreibenden
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- Angabe stehe auch nicht eine gewisse inhaltliche Unbestimmtheit der Wortfolge
- entgegen.
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- Soweit sich der Anmelder auf Voreintragungen der vorliegenden
- Markenanmeldung entsprechender Wortfolgen berufen habe, seien diese
- entweder bereits gelöscht oder mit der angemeldeten Marke nicht vergleichbar.
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- III. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Bundespatentgericht hat rechtsfehlerfrei das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2
- Nr. 2 MarkenG bejaht.
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- 1. Nach dieser Vorschrift sind unter anderem Marken von der Eintragung
- ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur
- Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen
- Herkunft oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen
- können. Die aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. c MarkenRL übernommene Regelung
- gebietet die Versagung der Eintragung auch dann, wenn die fragliche
- Benutzung als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche
- Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl. EuGH, Urteil vom
- 12. Februar 2004 - C-363/99, Slg. 2004, I-1619 = GRUR 2004, 674 Rn. 95 bis
- 97 - Postkantoor; BGH, Beschluss vom 13. März 2008 - I ZB 53/05, GRUR
- 2008, 900 Rn. 12 = WRP 2008, 1338 - SPA II; Beschluss vom 20. Mai 2009
- - I ZB 107/08, GRUR 2009, 994 Rn. 14 = WRP 2009, 1102 - Vierlinden).
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- 2. Das Bundespatentgericht ist davon ausgegangen, dass sämtliche
- Wörter der angemeldeten Wortfolge beschreibend sind. Der Begriff "Institut"
- bezeichne eine Lehr- oder Forschungseinrichtung oder eine kulturelle,
- künstlerische oder wirtschaftliche Organisation. Auch ein Gebäude, in dem eine
- entsprechende Einrichtung oder Organisation untergebracht sei, werde als
- Institut bezeichnet. Unter "Wirtschaft" werde die Gesamtheit der Einrichtungen
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- und Maßnahmen zur Produktion und zum Konsum von Wirtschaftsgütern
- verstanden. Der Bestandteil "Norddeutschen" der angemeldeten Wortfolge
- beschreibe ein geographisch nicht genau umrissenes Gebiet innerhalb
- Deutschlands, das sich vor allem nördlich der "Uerdinger Linie" erstrecke und in
- dem auch niederdeutsche Dialekte gesprochen würden und das aus den
- nördlichen Regionen Deutschlands gebildet werde. Der Zeichenbestandteil
- "e.V." sei die Abkürzung für die Rechtsform des eingetragenen Vereins. Die
- Wortfolge werde das angesprochene Publikum als den Namen eines
- eingetragenen Vereins auffassen, der aus dem Einzugsgebiet seiner Mitglieder
- und seinem Betätigungsfeld zusammengesetzt sei, der in einer bestimmten
- Region oder für ein bestimmtes Gebiet die beanspruchten Waren und
- Dienstleistungen für seine Mitglieder bereitstelle oder benötige. Die angemeldeten Waren könnten von einer mit der angemeldeten Marke bezeichneten
- Einrichtung herausgegeben werden und sich mit deren Tätigkeitsbereich und
- damit mit wirtschaftlichen Themen und Fragestellungen des norddeutschen
- Raums befassen. Die Dienstleistungen der Klassen 35 und 36, für die die
- Marke angemeldet sei, könnten von einem mit der Marke bezeichneten Institut
- erbracht werden und seien dazu bestimmt, über den norddeutschen Raum zu
- informieren
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- und
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- Mitgliedern
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- aus
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- diesem
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- Gebiet
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- Hilfestellungen
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- bei
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- wirtschaftlichen Fragen zu leisten.
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- 3. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
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- a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde weist die Wortfolge
- "Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V." im Zusammenhang mit den
- fraglichen Waren und Dienstleistungen keinen mehrdeutigen Begriffsinhalt auf.
- Vielmehr verfügt die angemeldete Wortfolge über den vom Bundespatentgericht
- angenommenen, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Inhalt, der ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst
- wird. Den beschreibenden Sinngehalt erkennt der Verkehr unmittelbar und
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- eindeutig, ohne dass es darauf ankommt, ob das mit Norddeutschland
- bezeichnete geographische Gebiet genau umrissen und der Gegenstand der
- beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit der Wortfolge inhaltlich exakt
- bezeichnet ist.
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- Eine beschreibende Benutzung der Sachangabe für die Waren und
- Dienstleistungen setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung über feste begriffliche Konturen verfügt (vgl. BGH, GRUR 2008, 900 Rn. 15 - SPA II). Der
- Inhalt der Druckereierzeugnisse und der Gegenstand der beanspruchten
- Dienstleistungen brauchen daher durch die Wortfolge thematisch nicht genau
- konkretisiert zu sein. Von einer beschreibenden Angabe ist auch bei einer sehr
- allgemein gehaltenen Aussage auszugehen, die ein umfangreiches Themengebiet der Druckereierzeugnisse und der Gegenstände, auf die sich die Dienstleistungen beziehen, beschreibt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2000
- - I ZB 33/97, GRUR 2000, 882, 883 = WRP 2000, 1140 - Bücher für eine
- bessere Welt).
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- b) Der Rechtsbeschwerde verhilft auch die Rüge nicht zum Erfolg, die
- angemeldete Wortfolge sei in ihrer Gesamtheit nicht beschreibend, weil sie als
- Unternehmensbezeichnung von Haus aus unterscheidungskräftig sei und eine
- Unternehmensbezeichnung mittelbar auch die Herkunft der aus dem Betrieb
- stammenden Waren und Dienstleistungen kennzeichne. Für die Frage, ob eine
- Wortfolge für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen vom Verkehr als
- beschreibend aufgefasst wird, ist es ohne Bedeutung, ob die Wortfolge zur
- Bezeichnung eines Vereins über originäre Kennzeichnungskraft verfügt.
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- Bei Verbandsnamen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass an die
- Anforderungen für die Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab anzulegen ist, weil der Verkehr daran gewöhnt ist, dass diese Bezeichnungen aus
- einem Sachbegriff gebildet sind, der an den jeweiligen Tätigkeitsbereich an-
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- gelehnt ist und der häufig mit einer geographischen Angabe kombiniert wird
- (vgl. BGH, Urteil vom 31. Juli 2008 - I ZR 21/06, GRUR 2008, 1108 Rn. 33 f.
- = WRP 2008, 1537 - Haus & Grund III; Urteil vom 31. März 2010 - I ZR 36/08,
- GRUR 2010, 1020 Rn. 17 = WRP 2010, 1397 - Verbraucherzentrale). Der
- Verkehr entnimmt derartigen Bezeichnungen, die an das Tätigkeitsgebiet des
- Vereins angelehnt sind, ohne dieses so konkret wie in der Vereinssatzung zu
- beschreiben, häufig einen Herkunftshinweis.
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- So mag es sich auch bei der Bezeichnung "Institut der Norddeutschen
- Wirtschaft e.V." als Vereinsnamen verhalten, dem der Verkehr nach den
- Feststellungen des Bundespatentgerichts zwar einen Hinweis auf das Einzugsgebiet seiner Mitglieder und auf das Betätigungsfeld des Vereins entnimmt.
- Daraus ergibt sich aber nicht zwangsläufig eine Beschreibung der Mitgliederstruktur und des Tätigkeitsbereichs, die so konkret ist, dass die Gesamtbezeichnung nicht die geringen Voraussetzungen erfüllt, die an einen derartigen
- Vereinsnamen zu stellen sind. Der Senat braucht die Frage, ob der Vereinsname des Anmelders originär kennzeichnungskräftig ist, jedoch nicht abschließend zu entscheiden.
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- Unterstellt, die Wortfolge genügt den Anforderungen, die an einen originär unterscheidungskräftigen Vereinsnamen zu stellen sind, lässt dies keinen
- Rückschluss darauf zu, dass sie für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beschreibend ist. Diese
- Frage richtet sich nach allgemeinen markenrechtlichen Grundsätzen und nicht
- nach den Maßstäben des Schutzes von Vereinsnamen, bei denen eine
- Kombination einer geographischen Angabe verbunden mit einer schlagwortartigen Bezeichnung des Tätigkeitsgebiets für eine originäre Kennzeichnungskraft genügen kann.
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- c) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, der Annahme des
- Eintragungshindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG stehe der Umstand
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- entgegen, dass Dritte an der freien Verwendung der Wortfolge kein Interesse
- haben könnten, weil der Anmelder diese Verwendung aufgrund seines gleichlautenden Vereinsnamens untersagen könnte. Allerdings verfolgt das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende
- Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreiben, für die die Eintragung beantragt wird, von allen frei
- verwendet werden können. Das bedeutet aber nicht, dass es für das Vorliegen
- dieses Schutzhindernisses von maßgeblicher Bedeutung wäre, ob der
- Anmelder bereits über Namens- oder Kennzeichenschutz verfügt, der es ihm
- gestattet, Dritte an der Verwendung einer entsprechenden Angabe im
- Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu
- hindern. Die Voraussetzungen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2
- MarkenG sind losgelöst von der Person des Anmelders zu prüfen, weil dieser
- mit der Eintragung des angemeldeten Zeichens ein (weiteres) Recht erwirbt,
- das vom Fortbestehen seines Namens- oder Kennzeichenrechts unabhängig ist
- und das er auf einen Dritten übertragen kann (vgl. auch BGH, Beschluss vom
- 3. November 2005 - I ZB 14/05, GRUR 2006, 503 Rn. 10 = WRP 2006, 475
- - Casino Bremen).
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- d) Zu Recht hat das Bundespatentgericht auch angenommen, dass die
- von dem Anmelder angeführten Voreintragungen zu keinem anderen Ergebnis
- führen. Etwaige Entscheidungen über ähnliche Anmeldungen sind zwar, soweit
- sie bekannt sind, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob im gleichen
- Sinn zu entscheiden ist oder nicht; sie sind aber keinesfalls bindend (vgl. EuGH,
- Beschluss vom 12. Februar 2009 - C-39 und 43/08, Slg. 2009, I-20 = GRUR
- 2009, 667 Rn. 17 und 19 - Bild digital und ZVS Zeitungsvertrieb Stuttgart). Da
- das Bundespatentgericht die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
- zutreffend bejaht hat, kommt es auf die weiteren Voreintragungen nicht an, weil
- zum einen aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine
- weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten
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- Anmeldung entnommen werden können und zum anderen auch unter Berufung
- auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben
- entsprechenden Entscheidung abgesehen werden darf (vgl. EuGH, GRUR
- 2009, 667 Rn. 18 - Bild digital und ZVS Zeitungsvertrieb Stuttgart; BGH,
- Beschluss vom 17. August 2010 - I ZB 59/09, GRUR 2011, 230 Rn. 12 = WRP
- 2011, 347 - SUPERgirl; Beschluss vom 17. August 2010 - I ZB 61/09, WRP
- 2011, 349 Rn. 12 = MarkenR 2011, 66 - FREIZEIT Rätsel Woche).
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- Bornkamm
-
- Pokrant
-
- Kirchhoff
-
- Büscher
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- Koch
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- Vorinstanz:
- Bundespatentgericht, Entscheidung vom 21.07.2010 - 29 W(pat) 102/10 -
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