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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. BLw 28/04
  4. vom
  5. 5. November 2004
  6. in der Landwirtschaftssache
  7. betreffend Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz
  8. -2-
  9. Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 5. November
  10. 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die
  11. Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke sowie die ehrenamtlichen Richter Kees
  12. und Andreae
  13. beschlossen:
  14. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Senats für
  15. Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Naumburg vom
  16. 25. Februar 2004 wird auf Kosten des Antragstellers, der der Antragsgegnerin auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.
  17. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 49.853,21 €.
  18. Gründe:
  19. I.
  20. Der Antragsteller sowie M.
  21. W.
  22. , die verstorben ist und die er be-
  23. erbt hat, waren Mitglieder der LPG (Typ III) "V.
  24. " We.
  25. . Im Zuge
  26. der Trennung von Tier- und Pflanzenproduktion wurden die in der Pflanzenproduktion tätigen Genossen, darunter der Antragsteller und die Erblasserin,
  27. Mitglieder der LPG (P) W.
  28. .
  29. -3-
  30. Die LPG (P) W.
  31. faßte am 7. Juni 1991 einen mit "Teilungsplan"
  32. überschriebenen Beschluß, der dahin ging, daß "durch Teilung" der Wirtschaftsbereich "der ehemaligen Abteilung We.
  33. einschließlich Gemü-
  34. seproduktion abgespalten" wurde. Daraus sollte die "vorläufige LPG (P) We" entstehen. Die Wirtschaftstätigkeit der LPG (P) W.
  35. heißt es weiter - "reduziert sich auf die Territorialbereiche W.
  36. - so
  37. und T.
  38. ... und besteht im reduzierten Umfang fort". Es wurde ferner u.a. geregelt, welche Vermögensteile "auf das neue Unternehmen" übergehen und welche in der
  39. LPG (P) W.
  40. verbleiben sollten. In bezug auf die LPG-Mitglieder heißt es,
  41. daß "beide aus der Teilung hervorgehenden Genossenschaften" ihren Mitgliedern die gleichen Mitgliedschaftsrechte gewährten, wie sie nach Statut und
  42. Betriebsordnung der LPG (P) W.
  43. fortan der LPG (P) We.
  44. geregelt sind. Der Antragsteller sollte
  45. angehören.
  46. Dem "Teilungsbeschluß" war eine Vereinbarung der Vorstände der LPG
  47. (P) W.
  48. und der LPG (T) We.
  49. daß "nach vollzogener Teilung der LPG (P) W.
  50. des herausgeteilten Bereiches Feldbau We.
  51. (P) We.
  52. , mit der LPG (T) We.
  53. vorausgegangen des Inhalts,
  54. ein Zusammenschluß
  55. ", also der späteren LPG
  56. zur LPG We.
  57. erfolgen sollte, in der Tier- und Pflanzenproduktion wieder vereint waren.
  58. Entsprechend verfuhr man in der Folgezeit. Am 3. Juli 1991 wurden sowohl die "LPG (P) We.
  59. " als auch die "LPG (P) W.
  60. " in das
  61. LPG-Register eingetragen. Beide Eintragungen nehmen auf den Vollversammlungsbeschluß vom 7. Juni 1991 der (noch ungeteilten) LPG (P) W.
  62. zug.
  63. Be-
  64. -4-
  65. Im weiteren Verlauf schloß sich die LPG (P) We.
  66. (T) We.
  67. We.
  68. mit der LPG
  69. zusammen und wandelte sich in die Agrargenossenschaft
  70. e.G. um. Die LPG (P) W.
  71. beschloß am 12. Juli 1991 ihre
  72. Liquidation zum 31. Dezember 1991.
  73. Gegen diese in Liquidation befindliche LPG richtet sich der geltend gemachte Abfindungsanspruch des Antragstellers, der die Auffassung vertritt, die
  74. Teilung sei unwirksam, so daß er Mitglied der Antragsgegnerin geblieben sei.
  75. Er meint, ihm stehe aus eigenem und ererbtem Recht insgesamt ein Abfindungsanspruch von 49.853,21 € zu, und hat beantragt festzustellen, daß er in
  76. dieser Höhe am Liquidationserlös der Antragsgegnerin zu beteiligen sei. Das
  77. Landwirtschaftsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Oberlandesgericht
  78. hat ihn abgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt er die
  79. Wiederherstellung der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts. Die Antragsgegnerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
  80. II.
  81. 1. Das Beschwerdegericht meint, Abfindungsansprüche stünden dem
  82. Antragsteller allenfalls gegen die Rechtsnachfolgerin der LPG (P) We.
  83. zu, deren Mitglied er infolge der gesellschaftsrechtlichen Veränderungen geworden sei. Es legt den Beschluß der Mitgliederversammlung der LPG (P)
  84. W.
  85. vom 3. Juni 1991 dahin aus, daß eine Teilung im Sinne des § 4
  86. LwAnpG/1990 vereinbart gewesen sei, die trotz etwaiger Mängel im einzelnen
  87. nach § 37 Abs. 2 LwAnpG/1990 bzw. § 34 Abs. 3 LwAnpG/1991 mit der Eintragung in der LPG-Register wirksam geworden sei. Der Umstand, daß das Land-
  88. -5-
  89. wirtschaftsanpassungsgesetz an sich nur eine Teilung zur Neugründung von
  90. eingetragenen Genossenschaften, Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften ermöglicht habe, stehe jedenfalls im konkreten Fall der Begründung
  91. von zwei Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften nicht entgegen,
  92. weil die Teilung von Anfang an den Zweck gehabt habe, eine der daraus entstehenden neuen Genossenschaften der Pflanzenproduktion mit einer anderen
  93. Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft der Tierproduktion zusammenzuschließen und diese dann in eine Gesellschaft neuen Rechts umzuwandeln. Eine solche Konstellation sei in § 22 LwAnpG/1990 angelegt und daher
  94. zulässig.
  95. 2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde
  96. stand.
  97. a) Der Beschluß der Mitgliederversammlung der LPG (P) W.
  98. vom
  99. 3. Juni 1991 ist ein privatautonomes Rechtsgeschäft eigener Art (vgl. BGHZ
  100. 65, 93, 96 f.; für das Aktienrecht siehe etwa Hüffer, AktG, 6, Aufl., § 133
  101. Rdn. 3 f.), dessen Auslegung Sache des Tatrichters ist, die vom Revisionsbzw. Rechtsbeschwedegericht nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. BGH,
  102. Urt. v. 2. Dezember 1994, V ZR 23/94, WM 1995, 434, 436; Senat, BGHZ 132,
  103. 353, 357), nämlich dahin, ob wesentlicher Auslegungsstoff außer acht gelassen wurde, ob die Interessenlage hinreichend berücksichtigt wurde und ob ansonsten die anerkannten Auslegungsgrundsätze beachtet und nicht gegen Erfahrungssätze und gegen die Denkgesetze verstoßen wurde (siehe nur Senat,
  104. Beschl. v. 16. April 2004, BLw 7/04, RdL 2004, 209, 210). Gemessen daran ist
  105. die Auslegung, die das Berufungsgericht vorgenommen hat, rechtsfehlerfrei
  106. und für den Senat folglich bindend. Soweit die Rechtsbeschwerde meint, die
  107. -6-
  108. Auslegung des Beschlusses ergebe, daß es sich nicht um eine Teilung und
  109. Gründung zweier neuer Gesellschaften gehandelt habe, sondern um eine vom
  110. Gesetz nicht vorgesehene Abspaltung, setzt sie nur ihr Verständnis an die Stelle der tatrichterlichen Wertung aller für die Auslegung maßgeblichen Umstände, zeigt aber keinen materiellen Fehler auf. Das Beschwerdegericht hat sich
  111. mit allen gegen sein Auslegungsergebnis sprechenden Indizien auseinandergesetzt. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ergibt sich ein Auslegungsfehler nicht daraus, daß es die Anmeldung der LPG (P) We.
  112. durch
  113. den Vorstand nicht als Indiz für eine bloße Abspaltung dieser LPG von der Antragsgegnerin gewertet hat. Die Beschwerde verkennt dabei nämlich zweierlei.
  114. Zum einen läßt das spätere Ereignis der Anmeldung nur begrenzt Rückschlüsse auf den Inhalt des zeitlich vorher liegenden Beschlusses zu. Denn als die
  115. Anmeldung erfolgte, war die Willensbildung, die zu dem Beschluß geführt hat,
  116. abgeschlossen. Nachträgliche Ereignisse können für einen abgeschlossenen
  117. Willensprozeß aber allenfalls indizielle Bedeutung in dem Sinne haben, daß es
  118. nicht fern liegt, daß der spätere Akt Ausdruck der vorher abgeschlossenen Willensbildung ist. Vorstellbar ist dies im konkreten Fall, zwingend indes nicht.
  119. Zum anderen übersieht die Beschwerde, daß es nicht nur zur Eintragung der
  120. LPG (P) We.
  121. in das LPG-Register gekommen ist, sondern auch zu
  122. einer Neueintragung der Antragsgegnerin. Dies läßt vermuten, daß der Vorstand gerade nicht - wie die Beschwerde meint - nur den Antrag auf Eintragung
  123. der LPG (P) We.
  124. gestellt hat, sondern auch auf Eintragung der An-
  125. tragsgegnerin. Jedenfalls durfte das Beschwerdegericht aus der (Neu-) Eintragung beider Genossenschaften darauf schließen, daß eine Teilung und Neugründung zweier Gesellschaften im Sinne des § 4 LwAnpG/1990 gewollt war
  126. und nicht lediglich eine Abspaltung der LPG (P) We.
  127. gen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft.
  128. von der bisheri-
  129. -7-
  130. b) Daß etwaige Gründungsmängel durch die jeweiligen Eintragungen
  131. der entstandenen Gesellschaften in das LPG-Register nach § 37 Abs. 2
  132. LwAnpG/1990 geheilt worden sind, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Senat, BGHZ 137, 134, 140; BGH, Urt. v. 7. Juni 1999,
  133. II ZR 285/98, AgrarR 2000, 132, 133) und wird von der Rechtsbeschwerde
  134. auch nicht grundsätzlich in Frage gestellt.
  135. c) Rechtsfehlerfrei ist schließlich auch die Annahme des Beschwerdegerichts, daß jedenfalls bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation eine Teilung in zwei landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften zulässig war.
  136. Das Landwirtschaftsanpassungsgesetz schließt eine Abwicklung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften in der Weise, daß zunächst durch
  137. Teilung und/oder Zusammenschluß neue Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften entstehen, nicht generell aus. Nach § 14 LwAnpG/1990 können Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften nämlich unter Auflösung
  138. ohne Abwicklung im Wege der Bildung einer neuen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft zusammengeschlossen werden, auf die das Vermögen jeder der sich vereinigenden Genossenschaften als Ganzes gegen Gewährung der Mitgliedschaft der übernehmenden Genossenschaft an die Mitglieder der übertragenden Genossenschaft übergeht. Ein solcher Zusammenschluß kann auch in einem Zuge zusammen mit einer Teilung einzelner beteiligter Genossenschaften gem. §§ 4 ff. LwAnpG/1990 erfolgen, § 22 Abs. 2
  139. LwAnpG/1990 (BGH, Urt. v. 7. Juni 1999, II ZR 258/98, AgrarR 2000, 132,
  140. 133). Von diesen rechtlichen Möglichkeiten haben die beteiligten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften zwar nicht ganz ohne Modifikation,
  141. in der Sache jedoch vergleichbar Gebrauch gemacht. Entscheidend ist dabei,
  142. -8-
  143. daß - wie das Beschwerdegericht zutreffend hervorhebt - von Anfang an ein
  144. Zusammenschluß der durch Teilung hervorgegangenen LPG (P) We.
  145. mit der LPG (T) We.
  146. geplant war, mithin ein Ergebnis erzielt
  147. werden sollte und wurde, das der Regelung des § 22 Abs. 1 LwAnpG/1990 entspricht. Daß diesem Zusammenschluß eine Teilung in zwei Landwirtschaftliche
  148. Produktionsgenossenschaften vorausging, schließt die Norm nicht aus, wenn
  149. auch diese gestufte Vorgehensweise nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Es ist
  150. jedenfalls nichts dafür ersichtlich, allein daran die Bildung der LPG (P)
  151. We.
  152. und, darauf beruhend, die der LPG We.
  153. scheitern zu las-
  154. sen.
  155. Die Folge ist, daß der Antragsteller Mitglied der wirksam entstandenen
  156. LPG (P) We.
  157. geworden ist, so daß er etwaige Ansprüche gegen die-
  158. se Genossenschaft bzw. ihre Rechtsnachfolgerin richten muß. Die Antragsgegnerin ist demgegenüber nicht passiv legitimiert.
  159. -9-
  160. III.
  161. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
  162. Wenzel
  163. ke
  164. Krüger
  165. Lem-