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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. AnwZ (Brfg) 33/16
  5. Verkündet am:
  6. 20. März 2017
  7. Boppel,
  8. Justizamtsinspektor
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. ja
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BRAO § 59c Abs. 1, § 59e Abs. 1 Satz 1, § 59h Abs. 3 Satz 1; PartGG § 1;
  19. GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1
  20. Eine Partnerschaftsgesellschaft kann gemäß § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO
  21. nicht Gesellschafterin einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein (Anschluss an
  22. und Fortführung von BGH, Beschluss vom 9. Juli 2001 - PatAnwZ 1/00,
  23. BGHZ 148, 270).
  24. BGH, Urteil vom 20. März 2017 - AnwZ (Brfg) 33/16 - Anwaltsgerichtshof
  25. Baden-Württemberg
  26. ECLI:DE:BGH:2017:200317UANWZ.BRFG.33.16.0
  27. -2-
  28. Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat auf die mündliche
  29. Verhandlung vom 20. März 2017 durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs
  30. Limperg, die Richter Dr. Bünger und Dr. Remmert sowie den Rechtsanwalt
  31. Dr. Kau und die Rechtsanwältin Merk
  32. für Recht erkannt:
  33. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des II. Senats des
  34. Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 1. Juni 2016 wird
  35. zurückgewiesen.
  36. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
  37. Der
  38. Gegenstandswert
  39. des
  40. Berufungsverfahrens
  41. wird
  42. auf
  43. 250.000 € festgesetzt.
  44. Tatbestand:
  45. 1
  46. Die Klägerin, die "G.
  47. Rechtsanwaltsgesellschaft
  48. mbH", wurde am 2. Februar 2015 von drei Rechtsanwälten als Gesellschafter
  49. und Geschäftsführer gegründet. Unternehmensgegenstand der Klägerin ist die
  50. Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten. Eine Regelung zu näheren
  51. Voraussetzungen zukünftiger Gesellschafter enthielten weder die Gründungsurkunde noch - bis zu dessen mit Gesellschafterbeschluss vom 21. Juli 2016
  52. erfolgter Änderung - der Gesellschaftsvertrag. Am 8. April 2015 ließ die beklagte Rechtsanwaltskammer die Klägerin als Rechtsanwaltsgesellschaft nach
  53. § 59c Abs. 1 BRAO zu. Kurz darauf, am 20. April 2015, übertrugen die Gesellschafter sämtliche Geschäftsanteile der Klägerin an die "G.
  54. PartmbB
  55. -3-
  56. Rechtsanwälte, Steuerberater", eine seit dem Jahr 2002 eingetragene Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (im Folgenden:
  57. G.-
  58. Partnerschaftsgesellschaft). Der Geschäftsgegenstand dieser aus mehr als 80
  59. Rechtsanwälten als Partnern bestehenden Gesellschaft ist gemäß dem Partnerschaftsregister "die gemeinschaftliche Berufsausübung der Partner als
  60. Rechtsanwälte und Steuerberater in überörtlicher Partnerschaft sowie alle
  61. Tätigkeiten, die nach dem jeweiligen Berufsrecht zulässig sind."
  62. 2
  63. Die Klägerin zeigte der Beklagten die vorgenannte Übertragung der Geschäftsanteile an. Daraufhin teilte ihr die Beklagte mit, die Beteiligung der
  64. G.-Partnerschaftsgesellschaft an der Klägerin sei mit den gesetzlichen Bestimmungen über die möglichen Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft
  65. (§ 59e Abs. 1 Satz 1 und 2 BRAO) nicht zu vereinbaren; aus diesem Grund und
  66. weil die Klägerin nicht dargelegt habe, dass die Partnerschaftsgesellschaft in
  67. der Klägerin beruflich tätig sei (§ 59e Abs. 1 Satz 2 BRAO), komme ein Widerruf der Zulassung der Klägerin gemäß § 59h Abs. 3 Satz 1 BRAO in Betracht.
  68. Hierauf erklärte die Klägerin, sie teile die Rechtsauffassung der Beklagten nicht
  69. und strebe eine gerichtliche Klärung der Rechtsfrage an. Die Beklagte forderte
  70. die Klägerin sodann gemäß § 59h Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 BRAO unter Fristsetzung auf, den dem Gesetz entsprechenden Zustand durch Rückübertragung
  71. der Geschäftsanteile herzustellen; anderenfalls kündigte sie den Widerruf der
  72. Zulassung der Klägerin als Rechtsanwaltsgesellschaft an.
  73. 3
  74. Da die verlangte Rückübertragung nicht erfolgte, widerrief die Beklagte
  75. mit Bescheid vom 30. Juni 2015 gemäß § 59h Abs. 3 Satz 1 BRAO die Zulassung der Klägerin wegen Verstoßes der Beteiligung der Partnerschaftsgesellschaft an der Klägerin gegen die gesetzlichen Bestimmungen über die Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft (§ 59e Abs. 1 Satz 1 und 2 BRAO).
  76. -4-
  77. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin hat die Beklagte mit
  78. Widerspruchsbescheid vom 4. August 2015 zurückgewiesen.
  79. 4
  80. Die von der Klägerin daraufhin erhobene Anfechtungsklage gegen die
  81. vorbezeichneten Bescheide der Beklagten hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:
  82. 5
  83. Die Beklagte habe die Zulassung der Klägerin gemäß § 59h Abs. 3
  84. Satz 1 BRAO rechtmäßig widerrufen, weil die Klägerin die Voraussetzungen
  85. des § 59e Abs. 1 BRAO nicht (mehr) erfülle. Aus dem Wortlaut des § 59e
  86. Abs. 1 Satz 1 BRAO könne der Schluss gezogen werden, nur Angehörige der
  87. darin genannten freien Berufe sollten Gesellschafter der Rechtsanwalts-GmbH
  88. sein, nicht hingegen etwa juristische Personen mit eigener von den an ihnen
  89. beteiligten Berufsangehörigen rechtlich losgelöster Rechtspersönlichkeit. Nach
  90. der Gesetzbegründung sei beabsichtigt gewesen, dass die Geschäftsanteile
  91. den Gesellschaftern ungeteilt zustehen müssten und daher Berufsangehörige
  92. einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit nicht Gesellschafter einer Rechts- und Patentanwaltsgesellschaft sein
  93. könnten. Für den Sonderfall einer auf das Halten von Anteilen einer Patentanwalts-GmbH beschränkten Gesellschaft bürgerlichen Rechts, für welche durch
  94. die Satzung der GmbH sichergestellt sei, dass der Gesellschaft bürgerlichen
  95. Rechts nur Personen angehören dürften, die sämtliche berufsrechtlichen Anforderungen erfüllten, habe der Bundesgerichtshof zu der mit § 59e Abs. 1 BRAO
  96. inhaltsgleichen Bestimmung des § 52e Abs. 1 der Patentanwaltsordnung (PAO)
  97. jedoch
  98. entschieden, dass eine
  99. solche Gesellschaft
  100. Anteile
  101. an
  102. einer
  103. Patentanwaltsgesellschaft halten könne (BGHZ 148, 270).
  104. 6
  105. Diese auf die gesetzlichen Regelungen der Rechtsanwalts-GmbH zu
  106. übertragende Entscheidung bedeute entgegen der Ansicht der Klägerin jedoch
  107. nicht, dass eine Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung
  108. -5-
  109. dann "erst recht" Gesellschafterin einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein könne.
  110. Der Gesellschaftszweck einer Partnerschaftsgesellschaft sei durch § 1 Abs. 1
  111. Satz 1 PartGG als Zusammenschluss der Partner zur Ausübung ihrer Berufe
  112. gesetzlich vorgegeben, während das Halten von Geschäftsanteilen ein möglicher - und in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall sogar der alleinige - Zweck einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei. Die weitgehend an die
  113. Offene Handelsgesellschaft angenäherte Partnerschaftsgesellschaft sei vom
  114. Gesetzgeber auch rechtlich deutlich selbständiger ausgestaltet worden als die
  115. Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch die Rechtsprechung. Zudem habe der
  116. Gesetzgeber mit der Einführung der §§ 59c ff. BRAO mehrstöckige Gesellschaften ausschließen wollen, um berufsfremde Einflüsse Dritter zu verhindern,
  117. eine angemessene Kontrolle der rechtlichen Anforderungen zu ermöglichen und
  118. zu deren Erleichterung eine hinreichende Transparenz der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse zu erreichen. Diese Absichten des Gesetzgebers sprächen
  119. gegen die von der Klägerin erstrebte Gleichbehandlung einer Partnerschaftsgesellschaft mit einer - auf das Halten von Gesellschaftsanteilen beschränkten Gesellschaft bürgerlichen Rechts bei der Übernahme von Gesellschaftsanteilen
  120. einer Rechtsanwaltsgesellschaft.
  121. 7
  122. Letztlich könne diese grundsätzliche Frage jedoch offen bleiben, weil hier
  123. jedenfalls die konkreten tatsächlichen Umstände einer Gesellschafterstellung
  124. der G.-Partnerschaftsgesellschaft an der Klägerin entgegenstünden. Der vorliegende Fall unterscheide sich ganz wesentlich von demjenigen, welcher der vorbezeichneten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde gelegen habe.
  125. Anders als dort handele es sich bei der G.-Partnerschaftsgesellschaft nicht um
  126. eine Gesellschaft, deren ausschließlicher Zweck das Halten von Anteilen der
  127. Anwaltsgesellschaft sei, sondern um eine Berufsausübungsgesellschaft. Darüber hinaus erfülle die Satzung der Klägerin nicht die weiteren durch den Bundesgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung aufgestellten Voraussetzun-
  128. -6-
  129. gen. Die Satzung der Klägerin enthalte keine Vorgabe, ob und gegebenenfalls
  130. unter welchen Voraussetzungen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder
  131. eine Partnerschaftsgesellschaft Geschäftsanteile der Klägerin halten könnten.
  132. Um sicherzustellen, dass der G.-Partnerschaftsgesellschaft nur Personen angehörten, welche die Anforderungen des § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO erfüllten,
  133. reiche weder der Umstand aus, dass derzeit sämtliche Partner diese Voraussetzungen erfüllten, noch dass der Gegenstand der Gesellschaft auf die Berufsausübung von Rechtsanwälten und Steuerberatern beschränkt sei. Denn
  134. die Zulassungsfähigkeit von Anwaltsgesellschaften sei anhand der einschlägigen Bestimmungen ihrer Satzung zu prüfen. Eine Satzungsbestimmung, die
  135. einen Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften ermögliche, könne nicht mit dem
  136. Argument außer Betracht gelassen werden, ein solcher Verstoß liege weder vor
  137. noch sei er (derzeit) beabsichtigt. Denn die Gesellschaft müsse die Zulassungsvoraussetzungen auch in Zukunft erfüllen.
  138. 8
  139. Da die Zulassung der Klägerin von der Beklagten mithin bereits wegen
  140. Fehlens der Voraussetzungen des § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO rechtmäßig
  141. widerrufen worden sei, komme es nicht darauf an, ob auch der Widerrufsgrund
  142. des § 59e Abs. 1 Satz 2 BRAO vorliege, weil eine (unmittelbare) berufliche
  143. Tätigkeit der G.-Partnerschaftsgesellschaft beziehungsweise ihrer Partnerin der
  144. Klägerin fehle.
  145. 9
  146. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Anwaltsgerichtshof zugelassenen Berufung, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Urteils erstrebt und ihr Klagebegehren weiterverfolgt. Die Beklagte verteidigt das Urteil
  147. des Anwaltsgerichtshofs.
  148. -7-
  149. Entscheidungsgründe:
  150. 10
  151. Die Berufung ist nach § 112e Satz 1 BRAO statthaft und auch im Übrigen
  152. zulässig (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 2, 3 VwGO). Sie hat jedoch in der
  153. Sache keinen Erfolg.
  154. I.
  155. 11
  156. Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage mit Recht abgewiesen.
  157. 12
  158. 1. Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 42
  159. Abs. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
  160. 13
  161. 2. Die Klage ist jedoch, wie der Anwaltsgerichtshof ebenfalls zutreffend
  162. angenommen hat, unbegründet. Der angegriffene Widerrufsbescheid der Klägerin in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 113 Abs. 1 Satz 1
  163. VwGO). Die Beklagte hat die berufsrechtliche Zulassung der Klägerin als
  164. Rechtsanwaltsgesellschaft mit Recht widerrufen, da die Klägerin nach der Übertragung ihrer Geschäftsanteile an die G.-Partnerschaftsgesellschaft die Voraussetzungen des § 59e Abs. 1 BRAO nicht mehr erfüllt (§ 59h Abs. 3 Satz 1
  165. BRAO). Eine Partnerschaftsgesellschaft (§ 1 PartGG) kann gemäß § 59e
  166. Abs. 1 Satz 1 BRAO - anders als unter bestimmten (engen) Voraussetzungen
  167. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§ 705 BGB) - nicht Gesellschafterin einer Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung (im Folgenden:
  168. Rechtsanwaltsgesellschaft) sein (§ 59c Abs. 1, § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO).
  169. 14
  170. a) Gemäß § 59h Abs. 3 Satz 1 BRAO ist die berufsrechtliche Zulassung
  171. als Rechtsanwaltsgesellschaft unter anderem dann zu widerrufen, wenn die
  172. Rechtsanwaltsgesellschaft nicht mehr die Voraussetzungen des § 59e BRAO
  173. erfüllt. Dies ist bei der Klägerin - wie die Beklagte zutreffend angenommen hat -
  174. -8-
  175. der Fall. Ihre Gesellschafter sind nicht mehr, wie es § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO
  176. für die Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft verlangt, nur Rechtsanwälte
  177. und Angehörige der in § 59a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BRAO genannten Berufe, sondern (allein) eine Partnerschaftsgesellschaft (mit beschränkter Berufshaftung). Diese kann jedoch gemäß § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO nicht Gesellschafterin einer Rechtsanwaltsgesellschaft (§ 59c Abs. 1 BRAO) sein.
  178. 15
  179. aa) Die durch das am 1. Juli 1995 in Kraft getretene Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe (Partnerschaftsgesellschaftsgesetz - PartGG) vom 25. Juli 1994 (BGBl. I S. 1744) als eigenständige
  180. Gesellschaftsform - neben der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als der herkömmlichen Organisationsform der Sozietät (vgl. hierzu BT-Drucks. 12/6152,
  181. S. 7) - eingeführte Partnerschaft ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 PartGG eine Gesellschaft, in der sich Angehörige Freier Berufe - wie hier die Partner der
  182. G.-Partnerschaftsgesellschaft - zur Ausübung ihrer Berufe zusammenschließen.
  183. Mit der Schaffung der Partnerschaftsgesellschaft wollte der Gesetzgeber unter
  184. besonderer Berücksichtigung des Wesens freiberuflicher Tätigkeit die Lücke
  185. zwischen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der Kapitalgesellschaft
  186. schließen (BT-Drucks., aaO S. 1).
  187. 16
  188. Bei der Partnerschaftsgesellschaft handelt es sich, wie die in § 7 Abs. 2,
  189. 3 und 5 PartGG enthaltenen Verweisungen auf die entsprechenden Vorschriften des Handelsgesetzbuchs verdeutlichen, um eine der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) - als deren "Schwesterfigur" (BT-Drucks., aaO S. 1, 8, 20;
  190. ebenso bereits Karsten Schmidt, ZIP 1993, 633, 635; siehe ferner BFHE 188,
  191. 13, 14) - angenäherte rechtsfähige Personengesellschaft (vgl. BT-Drucks., aaO
  192. S. 1, 8 f.; OVG München, Beschluss vom 18. März 2008 - 11 CS 07.2210, juris
  193. Rn. 16; Brüggemann in Feuerich/Weyland, aaO, § 1 PartGG Rn. 5 f. und § 7
  194. PartGG Rn. 4; MünchKommBGB/Schäfer, 7. Aufl., § 1 PartGG Rn. 7 f.;
  195. -9-
  196. siehe ferner § 14 Abs. 2 BGB). Der Gesetzgeber hat die Partnerschaftsgesellschaft insoweit als einer juristischen Person weitgehend angenähert angesehen
  197. (BT-Drucks., aaO S. 9, 16; ebenso BFHE 188, 13 aaO; Brüggemann in
  198. Feuerich/Weyland, aaO, § 7 PartGG Rn. 4). Nur soweit im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz - und den darin in Bezug genommenen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs - nichts anderes bestimmt ist, finden auf die Partnerschaft die
  199. Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gesellschaft Anwendung
  200. (§ 1 Abs. 4 PartGG; vgl. hierzu BT-Drucks., aaO S. 25, 29). Gesellschafter einer
  201. Partnerschaft können nur natürliche Personen sein (§ 1 Abs. 1 Satz 3 PartGG),
  202. da dies am ehesten dem Leitbild der auf ein persönliches Vertrauensverhältnis
  203. zum Auftraggeber ausgerichteten freiberuflichen Tätigkeit entspricht (BTDrucks., aaO S. 9). Gemäß § 8 Abs. 4 PartGG kann die Partnerschaft auch als
  204. Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung - wie hier bei der
  205. G.-Partnerschaftsgesellschaft der Fall - ausgeübt werden (vgl. hierzu BTDrucks. 17/10487, S. 1, 11, 13 ff.).
  206. 17
  207. bb) Als Rechtsanwaltsgesellschaft können gemäß § 59c Abs. 1 BRAO
  208. Gesellschaften mit beschränkter Haftung zugelassen werden, deren Unternehmensgegenstand die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ist.
  209. Um eine solche Gesellschaft handelt es sich bei der Klägerin. Weitere Voraussetzung sowohl für die Erteilung (§ 59d BRAO) als auch für den Fortbestand
  210. (§ 59h Abs. 2, 3 Satz 1 BRAO) der Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft ist
  211. jedoch, dass die Gesellschaft (unter anderem) den Erfordernissen des § 59e
  212. BRAO entspricht (vgl. Senatsurteil vom 10. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 1/10,
  213. NJW 2012, 461 Rn. 6). Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft können
  214. nach § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO nur - in dieser Gesellschaft beruflich tätige
  215. (§ 59e Abs. 1 Satz 2 BRAO) - Rechtsanwälte und Angehörige der in § 59a
  216. Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 genannten Berufe sein. Diese Anforderungen erfüllt
  217. die G.-Partnerschaftsgesellschaft als Alleingesellschafterin der Klägerin nicht.
  218. - 10 -
  219. 18
  220. cc) Die Auslegung des § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO ergibt, dass eine Partnerschaftsgesellschaft - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht zum Kreis
  221. der gemäß dieser Vorschrift möglichen Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft gehört. Etwas anderes lässt sich, anders als die Klägerin meint, auch
  222. nicht daraus herleiten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  223. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter bestimmten (engen) Voraussetzungen als Gesellschafterin einer Patentanwaltsgesellschaft und dementsprechend auch einer Rechtsanwaltsgesellschaft in Betracht kommt.
  224. 19
  225. (1) Für die Auslegung von Gesetzen ist nach der Rechtsprechung des
  226. Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs der in der Norm zum
  227. Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, wie er
  228. sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in
  229. den sie hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen, wobei Ausgangspunkt der Auslegung der Wortlaut der Vorschrift ist. Die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte
  230. Regelungskonzeption ist durch das Gericht bezogen auf den konkreten Fall
  231. möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen (vgl. nur BVerfGE 133, 168 Rn. 66
  232. mwN; BVerfG, NJW 2014, 3504 Rn. 15; BGH, Beschluss vom 16. Mai 2013
  233. - II ZB 7/11, NJW 2013, 2674 Rn. 27).
  234. 20
  235. Nach diesen Maßstäben ist § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO nicht, wie von der
  236. Klägerin erstrebt, dahin auszulegen, dass eine Partnerschaftsgesellschaft zu
  237. den durch diese Vorschrift zugelassenen Gesellschaftern einer Rechtsanwaltsgesellschaft gehörte.
  238. - 11 -
  239. 21
  240. (2) Der Wortlaut des § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO spricht dafür, dass nur
  241. Angehörige der dort genannten freien Berufe, mithin natürliche Personen, Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein können, nicht hingegen juristische Personen mit eigener, von den an ihnen beteiligten Berufsangehörigen
  242. vollständig losgelöster Rechtspersönlichkeit (so bereits BGH, Beschluss vom
  243. 9. Juli 2001 - PatAnwZ 1/00, BGHZ 148, 270, 276; vgl. ebenso Bormann in
  244. Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 59e BRAO Rn. 8;
  245. Brüggemann in Feuerich/Weyland, aaO, § 59e BRAO Rn. 1; v. Wedel in
  246. Hartung/Scharmer, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 6. Aufl., § 59e BRAO
  247. Rn. 2 f.; Kleine-Cosack, BRAO, 7. Aufl., § 59e Rn. 2; Kilian, NZG 2001, 150,
  248. 153 mwN; ders. NZG 2001, 986) und dementsprechend auch nicht etwa Personengesellschaften, die, wie die Partnerschaftsgesellschaft, einer juristischen
  249. Person weitgehend angenähert sind (vgl. hierzu BT-Drucks. 12/6152, S. 9, 16;
  250. BFHE 188, 13 aaO; Brüggemann in Feuerich/Weyland, aaO, § 7 PartGG
  251. Rn. 4). Diese Sichtweise entspricht, wie der Bundesgerichtshof in der vorbezeichneten Entscheidung bereits ausgeführt hat (BGH, Beschluss vom 9. Juli
  252. 2001 - PatAnwZ 1/00, aaO S. 273 f.), auch dem Willen des Gesetzgebers bei
  253. der Einführung der gesetzlichen Regelungen über die Rechtsanwaltsgesellschaft (§§ 59c ff. BRAO; siehe unten I 2 a cc (5) (b)).
  254. 22
  255. (3) Der Senat für Patentanwaltssachen des Bundesgerichtshofs hat in
  256. Ansehung der vorbezeichneten Erwägungen allerdings eine Auslegung der
  257. - dem § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO im Wesentlichen entsprechenden - Regelung
  258. in § 52e Abs. 1 Satz 1 PAO für möglich und im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen (Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG) auch für geboten erachtet, dass sich Patentanwälte - entsprechend den für Steuerberater
  259. (§ 50a Abs. 2 Satz 1 StBerG) und Wirtschaftsprüfer (§ 28 Abs. 4 Satz 2 WPO)
  260. bereits zum Zeitpunkt der Einführung der §§ 52c ff. PAO (und der §§ 59c ff.
  261. BRAO) geltenden gesetzlichen Regelungen - jedenfalls dann auch in gesamt-
  262. - 12 -
  263. händerischer Bindung als BGB-Gesellschafter an einer Patentanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung beteiligen können, wenn die Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf das Halten der GmbH-Anteile beschränkt und ihrerseits so
  264. ausgestaltet ist, dass den an die Patentanwaltsgesellschaft gestellten berufsrechtlichen Anforderungen Genüge getan ist, sowie durch die Satzung der Patentanwaltsgesellschaft sichergestellt ist, dass der Gesellschaft bürgerlichen
  265. Rechts nur Personen angehören dürfen, die sämtliche berufsrechtlichen Anforderungen nach § 52e PAO erfüllen (BGH, Beschluss vom 9. Juli 2001
  266. - PatAnwZ 1/00, aaO S. 275 ff. sowie Leitsatz). Der unter diesen Voraussetzungen gebotenen Gleichbehandlung einer solchen Gesellschaft bürgerlichen
  267. Rechts mit den in § 52e Abs. 1 Satz 1 PAO als Gesellschafter genannten Berufsangehörigen
  268. stehe
  269. der
  270. Umstand
  271. nicht
  272. entgegen,
  273. dass
  274. einer
  275. (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nach der Rechtsprechung des
  276. Bundesgerichtshofs (grundlegend BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR
  277. 331/00, BGHZ 146, 341, 343 ff.) Teilrechtsfähigkeit zukomme. Denn dies bedeute keine Gleichsetzung mit der Rechtsfähigkeit der - als Gesellschafter nach
  278. § 52e Abs. 1 Satz 1 PAO (und ebenso nach § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO) nicht in
  279. Betracht kommenden - juristischen Personen, die als Träger von Rechten und
  280. Pflichten aufgrund eigener Rechtspersönlichkeit und damit "als solche" und
  281. nicht als Gruppe ihrer gesamthänderisch verbundenen Mitglieder anerkannt
  282. seien (BGH, Beschluss vom 9. Juli 2001 - PatAnwZ 1/00, aaO S. 277).
  283. 23
  284. (4) Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat ganz überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. nur OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. Dezember
  285. 2011 - I-6 U 155/11, juris Rn. 39; Brüggemann in Feuerich/Weyland, aaO, § 59e
  286. BRAO Rn. 1; Bormann in Gaier/Wolf/Göcken, aaO, § 59e BRAO Rn. 10 f.;
  287. Henssler in Henssler/Prütting, aaO, § 59e Rn. 13 f.; Kleine-Cosack, aaO Rn. 3;
  288. Busche,
  289. JR
  290. 2002,
  291. 329,
  292. 330;
  293. vgl.
  294. auch
  295. Kilian,
  296. NZG
  297. 2001,
  298. 986;
  299. - 13 -
  300. aA v. Wedel in Hartung/Scharmer, aaO, § 59e BRAO Rn. 3-5; vgl. auch
  301. Jessnitzer/Blumberg, BRAO, 9. Aufl., § 59e Rn. 1).
  302. 24
  303. Der Anwaltsgerichtshof hat - entgegen der Auffassung der Beklagten zutreffend angenommen, dass die Grundsätze der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch für die Rechtsanwaltsgesellschaft
  304. (§§ 59c ff. BRAO) zu gelten haben. Die hier in Rede stehenden Vorschriften zur
  305. Rechtsanwaltsgesellschaft stimmen, wie der Senat für Patentanwaltssachen
  306. des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 9. Juli 2001 (PatAnwZ 1/00,
  307. aaO S. 274) mit Recht hervorgehoben hat, in allen wesentlichen Punkten mit
  308. den gesetzlichen Bestimmungen zur Patentanwaltsgesellschaft überein (vgl.
  309. hierzu auch BT-Drucks. 13/9820, S. 20) und erfordern daher insoweit eine einheitliche Beurteilung. Der erkennende Senat hält die oben dargestellten
  310. Voraussetzungen, unter denen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gesellschafterin einer Anwaltsgesellschaft sein kann, auch hinsichtlich der Rechtsanwaltsgesellschaft für überzeugend. Dies entspricht auch der in Rechtsprechung
  311. und Literatur nahezu einhellig vertretenen Auffassung (OLG Düsseldorf, Urteil
  312. vom 22. Dezember 2011 - I-6 U 155/11, aaO Rn. 40; Brüggemann in Feuerich/
  313. Weyland, aaO, § 59e Rn. 1; Bormann in Gaier/Wolf/Göcken, aaO, § 59e BRAO
  314. Rn. 11; Henssler in Henssler/Prütting, aaO; aA v. Wedel in Hartung/Scharmer,
  315. aaO; vgl. zur Übereinstimmung der gesetzlichen Regelungen der Rechtsanwaltsgesellschaft und der Patentanwaltsgesellschaft auch BVerfGE 135, 90
  316. Rn. 7 ff.).
  317. 25
  318. (5) Entgegen der Ansicht der Klägerin folgt aus diesen Erwägungen
  319. jedoch nicht, dass Gesellschafterin einer Rechtsanwaltsgesellschaft gemäß
  320. § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO auch eine Partnerschaftsgesellschaft (mit beschränkter Haftung) sein darf. Diese vom Anwaltsgerichtshof zum Anlass für die
  321. Zulassung der Berufung genommene Rechtsfrage, ist - soweit ersichtlich - bis-
  322. - 14 -
  323. her in Rechtsprechung und Literatur nicht näher erörtert worden. Der Senat
  324. entscheidet die Rechtsfrage - in Fortführung der oben genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - dahin, dass zu den nach § 59e Abs. 1 Satz 1
  325. BRAO in Betracht kommenden Gesellschaftern einer Rechtsanwaltsgesellschaft die dort genannten - natürlichen - Personen und zudem eine aus diesen
  326. bestehende, auf das Halten von deren GmbH-Anteilen beschränkte Gesellschaft bürgerlichen Rechts, nicht hingegen eine Partnerschaftsgesellschaft gehört (in diesem Sinne auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. Dezember 2011
  327. - I-6 U 155/11, juris Rn. 39 f.; Brüggemann in Feuerich/Weyland, aaO, § 59e
  328. Rn. 1; Bormann in Gaier/Wolf/Göcken, aaO, § 59e BRAO Rn. 8, 10 f.; Henssler
  329. in Henssler/Prütting, aaO, § 59e Rn. 4 f., 13 f. und § 1 PartGG Rn. 11 mit Fußnote 20; vgl. auch Henssler, NJW 1999, 241, 243). Die von der Klägerin demgegenüber erstrebte Erweiterung des Kreises zulässiger Gesellschafter einer
  330. Rechtsanwaltsgesellschaft widerspräche dem insoweit in § 59e Abs. 1 Satz 1
  331. BRAO erkennbar zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willen des Gesetzgebers.
  332. 26
  333. (a) Der Wortlaut des § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO spricht, wie oben (unter I
  334. 2 a cc (2)) bereits ausgeführt, dagegen, die - einer juristischen Person weitgehend angenäherte - Partnerschaftsgesellschaft zu den möglichen Gesellschaftern einer Rechtsanwaltsgesellschaft zu zählen.
  335. 27
  336. (b) Die Gesetzesmaterialien bekräftigen diese Einschätzung. Sie enthalten zwar keine Ausführungen speziell zur Frage der Gesellschafterstellung einer Partnerschaftsgesellschaft in einer Rechtsanwaltsgesellschaft. Aus ihnen
  337. geht jedoch der eindeutige Wille des Gesetzgebers hervor, die Rechtsanwaltsgesellschaft als eine aus natürlichen Personen bestehende Berufsausübungsgesellschaft zu schaffen, die im Interesse der Rechtspflege, der Unabhängigkeit
  338. der Berufsangehörigen, insbesondere des Rechtsanwalts als Organ der
  339. - 15 -
  340. Rechtspflege, und des unverzichtbaren persönlichen Vertrauensverhältnisses
  341. zum Auftraggeber (vgl. hierzu nur BVerfGE 141, 82 Rn. 52) eine möglichst
  342. transparente Struktur aufweisen und hierdurch vor Abhängigkeiten und Einflussnahmen geschützt werden soll. Der Gesetzgeber lehnte deshalb die Einrichtung "mehrstöckiger Gesellschaften" im Zusammenhang mit der Rechtsanwaltsgesellschaft ausdrücklich ab (BT-Drucks. 13/9820, S. 12 f.). Dem entsprechend wird in der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Änderung der
  343. Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung und anderer Gesetze
  344. vom 31. August 1998 (BGBl. I S. 2600) unter anderem ausgeführt:
  345. "Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgesellschaften mit beschränkter Haftung sollen Berufsausübungsgesellschaften sein. (BT-Drucks. 13/9820,
  346. S. 11)
  347. […]
  348. Reine Kapitalbeteiligungen, die Beteiligung Dritter am Gewinn der Gesellschaft sowie mehrstöckige Gesellschaften sind nach dem Entwurf nicht
  349. zulässig. Hierdurch soll die erforderliche Transparenz sichergestellt und
  350. Abhängigkeiten und externe Einflussnahmen verhindert werden." (BTDrucks., aaO S. 12)
  351. […]
  352. 28
  353. Weiter heißt es in der Einzelbegründung zu § 59e BRAO:
  354. "Die Rechtsanwaltsgesellschaft bildet eine Organisationsform zur gemeinschaftlichen rechtsbesorgenden Tätigkeit. Neben Rechtsanwälten
  355. können nach Absatz 1 Satz 1 Angehörige eines sozietätsfähigen Berufs,
  356. die ebenfalls - wenngleich in eingeschränktem Umfang - rechtsbesorgende Tätigkeiten ausüben dürfen, Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein.
  357. Die Rechtsanwaltsgesellschaft ist als Berufsausübungsgesellschaft konzipiert. Sie dient nicht der Kapitalanlage. Deshalb bestimmt Absatz 1
  358. Satz 2, dass die Gesellschafter in der Rechtsanwaltsgesellschaft beruflich
  359. tätig sein müssen. Der Umfang der beruflichen Tätigkeit wird nicht festgelegt; ein Mindestmaß an beruflichen Aktivitäten muss jedoch gegeben
  360. sein.
  361. […].
  362. - 16 -
  363. Der Entwurf geht davon aus, dass die Geschäftsanteile den Gesellschaftern ungeteilt zustehen müssen und daher Berufsangehörige einer BGBGesellschaft in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit nicht Gesellschafter sein können. Diese Einschränkung dient der Transparenz von
  364. Rechtsanwaltsgesellschaften, der es abträglich wäre, wenn beispielsweise Geschäftsanteile außerhalb der Vorschrift des § 15 GmbHG nach den
  365. für BGB-Gesellschaften geltenden Grundsätzen übertragen werden könnten." (BT-Drucks., aaO S. 14)
  366. 29
  367. Diese Erwägungen des Gesetzgebers und der Inhalt des § 59e BRAO
  368. haben im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens keine Änderung erfahren (vgl. nur Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des
  369. Bundestages, BT-Drucks. 13/11035, S. 5, 23 f.; Plenarprotokoll des Bundestages 13/241, S. 22375).
  370. 30
  371. (c) Der Gesichtspunkt der Gesetzessystematik spricht ebenfalls dafür,
  372. § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO nicht, wie die Klägerin meint, erweiternd dahin auszulegen, dass auch eine Partnerschaftsgesellschaft zu den möglichen Gesellschaftern einer Rechtsanwaltsgesellschaft gehörte.
  373. 31
  374. (aa) Sowohl die gesetzlichen Bestimmungen zur Rechtsanwaltsgesellschaft (§§ 59c ff. BRAO) als auch die Vorschriften des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes zeigen, dass der Gesetzgeber bei der Gestaltung dieser Regelungen - seinem oben (unter I 2 a aa und cc (5) (b)) im Einzelnen dargestellten
  375. Regelungsplan entsprechend - bestrebt war, einer Beteiligung von Gesellschaften an den vorgenannten Gesellschaften und damit der Bildung "mehrstöckiger
  376. Gesellschaften" entgegenzuwirken. Er hat hierzu - über die bereits erwähnte
  377. Einschränkung des Gesellschafterkreises der Rechtsanwaltsgesellschaft in
  378. § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO hinaus - bestimmt, dass sich eine Rechtsanwaltsgesellschaft an anderen Zusammenschlüssen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung nicht beteiligen darf (§ 59c Abs. 2 BRAO). Damit ist es einer Rechtsanwaltsgesellschaft versagt, sich etwa ihrerseits als Gesellschafterin an einer an-
  379. - 17 -
  380. deren Rechtsanwaltsgesellschaft (vgl. hierzu AGH Rostock, Urteil vom
  381. 1. Dezember 2000 - AGH 7/00 (I/4), juris Rn. 19) oder an einer Partnerschaftsgesellschaft zu beteiligen. Letzteres ergibt sich zudem aus der gesetzlichen
  382. Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 3 PartGG, wonach Gesellschafter einer Partnerschaft nur natürliche Personen sein können. Mit dieser Regelungssystematik
  383. steht die - zur Bildung "mehrstöckiger Gesellschaften" führende - Beteiligung
  384. einer Partnerschaftsgesellschaft an einer Rechtsanwaltsgesellschaft nicht im
  385. Einklang.
  386. 32
  387. (bb) Darüber hinaus spricht auch die in § 59j Abs. 2 Satz 2 BRAO enthaltene Bestimmung über die Berufshaftpflichtversicherung der Rechtsanwaltsgesellschaft dafür, dass nach dem Gesetz grundsätzlich nur natürliche Personen
  388. als Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft in Betracht kommen. Gemäß § 59j Abs. 1 Satz 1 BRAO ist die Rechtsanwaltsgesellschaft verpflichtet,
  389. eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen und die Versicherung während der Dauer ihrer Zulassung aufrechtzuerhalten. Die Mindestversicherungssumme beträgt 2,5 Millionen € für jeden Versicherungsfall (§ 59j Abs. 2 Satz 1
  390. BRAO) und ist damit gegenüber dem Versicherungsschutz, den der einzelne
  391. Rechtsanwalt gemäß § 51 Abs. 4 BRAO bereitzustellen hat, um das Zehnfache
  392. erhöht. Hierdurch kommt - vor dem Hintergrund der fehlenden persönlichen
  393. Haftung der Gesellschafter - zum Ausdruck, dass die Zulassung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Rechtsanwaltsgesellschaft nicht zu einer
  394. Einschränkung der Sicherheit des rechtsuchenden Bürgers führen soll, der der
  395. Rechtsanwaltsgesellschaft ein Mandat erteilt (BT-Drucks. 13/9820, S. 17).
  396. 33
  397. Gemäß § 59j Abs. 2 Satz 2 BRAO können die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden auf den
  398. Betrag der Mindestversicherungssumme begrenzt werden, wobei dieser Betrag
  399. allerdings mit der Zahl der Gesellschafter und der Geschäftsführer, die nicht
  400. - 18 -
  401. Gesellschafter sind, zu vervielfachen ist und sich auf mindestens das Vierfache
  402. der Mindestversicherungssumme belaufen muss (§ 59j Abs. 2 Satz 3 BRAO).
  403. Eine inhaltlich entsprechende Regelung hat der Gesetzgeber in § 51a Abs. 2
  404. Satz 2, 3 BRAO für die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (§ 8 Abs. 4 PartGG) geschaffen (siehe hierzu BT-Drucks. 17/10487,
  405. S. 15), der (ebenfalls) nur natürliche Personen angehören können (§ 1 Abs. 1
  406. Satz 3 PartGG).
  407. 34
  408. Der Systematik der vorbezeichneten gesetzlichen Regelungen und der
  409. mit diesen verfolgten Zielsetzung des Gesetzgebers, mit zunehmender Zahl der
  410. Gesellschafter auch eine zunehmende Höhe des Mindestversicherungsschutzes zu gewährleisten, liefe es im Grundsatz zuwider, wenn eine Partnerschaftsgesellschaft als Gesellschafterin einer Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen würde und dadurch bei der Bemessung der Mindestversicherungssumme anstelle einer größeren - die in § 59j Abs. 2 Satz 3 BRAO genannte
  411. Größenordnung übersteigenden - Anzahl von Rechtsanwälten und sonstigen
  412. Berufsangehörigen lediglich auf eine aus diesen Personen gebildete Partnerschaftsgesellschaft als (alleinige) Gesellschafterin der Rechtanwaltsgesellschaft
  413. abgestellt werden könnte.
  414. 35
  415. (d) Gegen eine erweiternde Auslegung des § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO,
  416. wie sie die Klägerin vertritt, spricht schließlich auch der Sinn und Zweck dieser
  417. Vorschrift. Durch die Regelung in § 59e BRAO und die weiteren insoweit einschlägigen Normen soll erreicht werden, dass die Rechtsform der Rechtsanwaltsgesellschaft nur zur gemeinsamen Berufsausübung von Rechtsanwälten
  418. und Angehörigen der weiteren dort genannten Berufe genutzt wird (vgl. hierzu
  419. bereits BGH, Beschluss vom 9. Juli 2001 - PatAnwZ 1/00, aaO S. 279). Die Beteiligung einer aus den vorgenannten Personen gebildeten Partnerschaftsgesellschaft als Gesellschafterin einer Rechtsanwaltsgesellschaft entspricht dieser
  420. - 19 -
  421. Zielsetzung nicht. Zu Unrecht meint die Klägerin, Gegenteiliges aus der vom
  422. Bundesgerichtshof in dem vorstehend genannten Beschluss vom 9. Juli 2001
  423. im Wege der (verfassungskonformen) Auslegung vorgenommenen Erweiterung
  424. des Kreises möglicher Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft herleiten
  425. zu können.
  426. 36
  427. Die Klägerin verkennt hierbei, dass diese Rechtsprechung den - vom
  428. Sinn und Zweck des § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO umfassten - besonders gelagerten (Ausnahme-)Fall einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betraf, deren
  429. alleiniger Gegenstand das Halten von Gesellschaftsanteilen der an ihr beteiligten Berufsangehörigen an einer von diesen ausgeübten Anwaltsgesellschaft
  430. war, und dass sich die gesellschaftsrechtlichen und berufsrechtlichen Besonderheiten einer solchen Form der Beteiligung nicht auf die hier gegebene Fallgestaltung der Beteiligung einer Partnerschaftsgesellschaft übertragen lassen,
  431. die gegenüber der Gesellschaft bürgerlichen Rechts rechtlich stärker verselbständigt ist und deren Gesellschaftszweck bereits nach dem Gesetz nicht eine
  432. (ausschließliche) Beteiligung an einer anderen Gesellschaft in dem vorbezeichneten Sinne, sondern gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 PartGG die gemeinsame Berufsausübung der ihr angehörenden Partner ist.
  433. 37
  434. (aa) Wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend angenommen hat und auch
  435. die Klägerin im Grundsatz nicht in Zweifel zieht, hat der Gesetzgeber die Partnerschaftsgesellschaft deutlich selbständiger ausgestaltet und sie insbesondere
  436. als Rechtssubjekt gegenüber den ihr als Gesellschafter angehörenden natürlichen Personen rechtlich deutlich stärker verselbständigt als dies nach der
  437. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der teilrechtsfähigen Gesellschaft
  438. bürgerlichen Rechts der Fall ist. Damit ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts
  439. den in § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO genannten natürlichen Personen rechtlich
  440. gesehen näher und treten die in ihr verbundenen Berufsangehörigen als natürli-
  441. - 20 -
  442. che Personen gegenüber der Gesellschaft weniger stark in den Hintergrund als
  443. dies bei einer völlig verselbständigten juristischen Person oder einer dieser angenäherten Partnerschaftsgesellschaft der Fall ist.
  444. 38
  445. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof jüngst auch in einem den
  446. wohnraummietrechtlichen Eigenbedarf (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) von Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betreffenden Grundsatzurteil
  447. (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2016 - VIII ZR 232/15, ZIP 2017, 122, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) hervorgehoben, dass eine (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (lediglich) eine teilrechtsfähige Personengesellschaft darstellt, der nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (grundlegend BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341,
  448. 343 ff.) zwar eine nach außen hin bestehende beschränkte Rechtsfähigkeit zukommt, diese Teilrechtsfähigkeit sie aber, anders als dies bei juristischen Personen der Fall ist, nicht zu einem gegenüber ihren Gesellschaftern völlig verselbständigten Rechtssubjekt macht. Der grundlegende Unterschied zur juristischen Person besteht deshalb darin, dass durch die Teilrechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine vollständige Abkopplung der Gesellschaft
  449. von ihren Mitgliedern nicht vollzogen worden ist (BGH, Urteil vom 14. Dezember
  450. 2016 - VIII ZR 232/15, aaO Rn. 17-19 mwN).
  451. 39
  452. Bei der Partnerschaftsgesellschaft indes hat der Gesetzgeber eine solche Abkopplung weitgehend vorgenommen. Er hat sie, wie oben bereits erwähnt, als eine "Schwesterfigur" der - anders als die Gesellschaft bürgerlichen
  453. Rechts nicht nur teilrechtsfähigen - Offenen Handelsgesellschaft angesehen
  454. und hat demgemäß die gesetzlichen Regelungen des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes in wesentlichen Punkten an den für die Offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften ausgerichtet. Dabei hat der Gesetzgeber die
  455. - 21 -
  456. Partnerschaftsgesellschaft insoweit als einer juristischen Person weitgehend
  457. angenähert angesehen (siehe oben I 2 a aa).
  458. 40
  459. (bb) Die Klägerin verkennt zudem, dass die von ihr befürwortete Beteiligung einer Partnerschaftsgesellschaft an einer Rechtsanwaltsgesellschaft auch
  460. insoweit nicht dem Sinn und Zweck des § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO entspricht,
  461. als der Gesetzgeber damit das Ziel verfolgt hat, auch bei dieser Form der beruflichen Zusammenarbeit dem stark personenbezogenen Charakter der freiberuflichen Tätigkeit Rechnung zu tragen und die Transparenz der Strukturen gemeinsamer Berufsausübung zu gewährleisten.
  462. 41
  463. Durch die Einführung der gesetzlichen Regelungen über die Rechtsanwaltsgesellschaft (siehe oben unter I 2 a bb) wollte der Gesetzgeber
  464. - ebenso wie bereits mit der Einführung der Bestimmungen über die Partnerschaftsgesellschaft (siehe oben unter I 2 a aa) - die Möglichkeiten der Angehörigen Freier Berufe zur beruflichen Zusammenarbeit mit Rücksicht auf die insoweit erfolgte Entwicklung der rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen (vgl. hierzu BT-Drucks. 12/6152, S. 1, 7 f.; 13/9820, S. 11 f.) erweitern, ohne dass hiermit Einschränkungen hinsichtlich des für diese Berufe unverzichtbaren persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen dem jeweiligen Berufsangehörigen und seinem Auftraggeber (vgl. hierzu nur BVerfGE 141, 82 Rn. 52)
  465. oder Einschränkungen bezüglich der für den Auftraggeber und den Rechtsverkehr notwendigen Transparenz der Strukturen der gemeinsamen Berufsausübung verbunden sein sollten (vgl. BT-Drucks. 12/6152, S. 7-9; 13/9820,
  466. S. 11 f., 14). Dieser Zielsetzung entsprechend hat der Gesetzgeber den Kreis
  467. der zulässigen Gesellschafter in § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO im Grundsatz auf
  468. natürliche Personen beschränkt und die Rechtsanwaltsgesellschaft gemäß
  469. § 59e Abs. 1 Satz 2 BRAO als eine Berufsausübungsgesellschaft gestaltet.
  470. - 22 -
  471. 42
  472. Diese gesetzlichen Schranken in § 59e Abs. 1 Satz 1 und 2 BRAO
  473. dienen mithin - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht etwa vornehmlich
  474. nur dazu, Einflüsse berufsfremder Dritter auf die Rechtsanwaltsgesellschaft zu
  475. verhindern, welche im vorliegenden Fall, wie die Klägerin insoweit zutreffend
  476. geltend macht, zumindest bei der derzeitigen Zusammensetzung der Alleingesellschafterin der Klägerin nicht zu besorgen sein dürften. Vielmehr ging es dem
  477. Gesetzgeber, wie erwähnt, bei der Schaffung des § 59e Abs. 1 BRAO maßgeblich auch um die Sicherung des persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen
  478. dem Berufsangehörigen, insbesondere dem Rechtsanwalt als Organ der
  479. Rechtspflege, und dessen Auftraggeber (Mandanten) sowie um die Aufrechterhaltung der auch insoweit notwendigen Transparenz, die er bei "mehrstöckigen
  480. Gesellschaften" - wie hier - als grundsätzlich gefährdet ansieht (vgl. BT-Drucks.,
  481. 13/9820, S. 12 f.; vgl. auch Bormann in Gaier/Wolf/Göcken, aaO, § 59e BRAO
  482. Rn. 8).
  483. 43
  484. Anders als die Klägerin meint, wird einer solchen Gefährdung, insbesondere soweit es um das vorgenannte persönliche Vertrauensverhältnis zwischen
  485. dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten geht, angesichts der vorbezeichneten Zielsetzung des Gesetzgebers nicht bereits dadurch in ausreichendem
  486. Maße entgegengewirkt, dass der Mandant - wenn der Briefbogen ihm, wovon
  487. offenbar auch die Klägerin ausgeht, mit Blick auf die in § 10 Abs. 2 Satz 1
  488. BORA enthaltene Regelung keinen näheren Aufschluss über die Zusammensetzung einer als Gesellschafterin an einer Rechtsanwaltsgesellschaft beteiligten Partnerschaftsgesellschaft geben sollte - selbst aktiv werden und sich diese
  489. Informationen durch Einsichtnahme in das Partnerschaftsregister (§§ 4, 5
  490. PartGG) verschaffen kann (vgl. in diesem Sinne auch BVerfG, NJW 2009, 2587
  491. Rn. 15).
  492. - 23 -
  493. 44
  494. (e) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die von ihr erstrebte Erweiterung des Kreises zulässiger Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft auf die Partnerschaftsgesellschaft auch nicht aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1
  495. und Art. 12 Abs. 1 GG hergeleitet werden. Die verfassungskonforme Auslegung
  496. findet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ihre Grenze
  497. dort, wo sie zum Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers
  498. in Widerspruch treten würde (vgl. nur BVerfGE 138, 296 Rn. 132 mwN; ebenso
  499. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2015 - XII ZB 89/15, FamRZ 2015, 1484 Rn. 35;
  500. Urteile vom 11. Januar 2016 - AnwZ (Brfg) 49/14, BRAK-Mitt. 2016, 139 Rn. 10;
  501. vom 29. September 2016 - I ZR 11/15, juris Rn. 33; vgl. auch BGH, Urteil vom
  502. 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 43; jeweils mwN).
  503. 45
  504. So liegt der Fall hier angesichts des insoweit in § 59e Abs. 1 Satz 1
  505. BRAO - wie oben im Einzelnen ausgeführt - klar erkennbar zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willens des Gesetzgebers.
  506. 46
  507. b) § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO verstößt, soweit demgemäß eine Partnerschaftsgesellschaft nicht Gesellschafterin einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein
  508. kann, auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 oder Art. 3 Abs. 1 GG. Einer Vorlage an
  509. das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG bedarf es daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht.
  510. 47
  511. aa) Das Grundrecht der Berufsfreiheit wird durch Art. 12 Abs. 1 GG umfassend geschützt (vgl. nur BVerfGE 135, 90 Rn. 52 mwN). Gemäß Art. 19
  512. Abs. 3 GG gilt dieses Grundrecht auch für die Klägerin als Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung, da Art. 12 Abs. 1 GG seinem Wesen nach
  513. auf juristische Personen des Privatrechts anwendbar ist (vgl. nur BVerfGE 135,
  514. 90 Rn. 53; BGH, Urteil vom 15. Mai 2014 - I ZR 137/12, WM 2014, 1775 Rn. 20;
  515. Gaier in Gaier/Wolf/Göcken, aaO, Art. 12 GG Rn. 14; jeweils mwN).
  516. - 24 -
  517. 48
  518. Der durch die Beklagte ausgesprochene Zulassungswiderruf und die diesem zugrundeliegende gesetzliche Vorschrift des § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO
  519. greifen in die Berufsfreiheit der Klägerin ein. Denn sie versagen ihr eine Berufsausübung in der gegenwärtigen Organisationsform (vgl. BVerfGE 135, 90
  520. Rn. 55). Dieser Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist jedoch (auch) verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
  521. 49
  522. In das durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte einheitliche Grundrecht der
  523. Berufsfreiheit darf nur auf gesetzlicher Grundlage und unter Beachtung des
  524. Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingegriffen werden (vgl. nur BVerfGE
  525. 135, 90 Rn. 57; 141, 82 Rn. 47; jeweils mwN).
  526. 50
  527. (1) Eine ausreichende gesetzliche Grundlage ist hier mit der in § 59e
  528. Abs. 1 Satz 1 BRAO vorgenommenen Einschränkung des Kreises zulässiger
  529. Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft gegeben.
  530. 51
  531. (2) Die dadurch erfolgte Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit,
  532. hier in Gestalt der Unzulässigkeit einer Beteiligung einer Partnerschaftsgesellschaft als Gesellschafterin an einer Rechtsanwaltsgesellschaft, entspricht auch
  533. dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Dabei sind an eine - hier gegebene - Einschränkung der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) geringere Anforderungen zu stellen als an eine Einschränkung der Berufswahl (vgl. nur Gaier in
  534. Gaier/Wolf/Göcken, aaO, Art. 12 GG Rn. 3, 43 ff. mwN). Um den Eingriff in die
  535. Berufsausübungsfreiheit rechtfertigen zu können, genügt es, wenn die vom Gesetzgeber verfolgten Gemeinwohlziele auf vernünftigen Erwägungen beruhen
  536. und das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und
  537. erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere
  538. des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der
  539. Zumutbarkeit noch gewahrt ist, der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit den
  540. Berufstätigen mithin nicht übermäßig oder unzumutbar trifft (vgl. BVerfGE 103,
  541. - 25 -
  542. 1, 10; 141, 82 Rn. 52 ff.; BGH, Urteil vom 15. Mai 2014 - I ZR 137/12, aaO
  543. Rn. 21; Beschluss vom 27. Januar 2016 - I ZR 67/14, GRUR 2016, 523 Rn. 21;
  544. Gaier in Gaier/Wolf/Göcken, aaO Rn. 46 ff.; jeweils mwN).
  545. 52
  546. Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt § 59e Abs. 1
  547. Satz 1 BRAO. Dem Gesetzgeber ging es - wie oben (unter I 2 a cc (5) (b)) bereits dargestellt - namentlich im Interesse der Rechtspflege, der Unabhängigkeit
  548. der Berufsangehörigen und des persönlichen Vertrauensverhältnisses zum Auftraggeber (vgl. hierzu nur BVerfGE 141, 82 Rn. 52) darum, die Rechtsanwaltsgesellschaft als eine (aus natürlichen Personen bestehende) Berufsausübungsgesellschaft mit einer möglichst transparenten Struktur zu schaffen und die Einrichtung "mehrstöckiger Gesellschaften" zu vermeiden. An der Vernünftigkeit
  549. dieser Erwägungen besteht kein Zweifel. Die durch den Gesetzgeber in § 59e
  550. Abs. 1 Satz 1 BRAO vorgenommene Beschränkung der als Gesellschafter einer
  551. Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassenen Personen ist zur Erreichung des vorgenannten Zwecks auch geeignet. Sie ist zudem auch erforderlich, da insbesondere zur Vermeidung "mehrstöckiger Gesellschaften" ein milderes Mittel als
  552. der Ausschluss von - rechtlich völlig verselbständigten - Gesellschaften aus
  553. dem Kreis der zulässigen Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft nicht
  554. zu erkennen ist.
  555. 53
  556. Schließlich ist dieser Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Rechtsanwaltsgesellschaft bei einer Gesamtabwägung für diese auch zumutbar. Dem
  557. Rechtsanwalt steht es frei, seinen Beruf in einer Vielzahl von Rechtsformen
  558. - etwa als Einzelanwalt, Sozietät, Partnerschaftsgesellschaft, Gesellschaft mit
  559. beschränkter Haftung und Aktiengesellschaft - auszuüben (vgl. Senatsurteil
  560. vom 18. Juli 2011 - AnwZ (Brfg) 18/10, NJW 2011, 3036 Rn. 14), wobei ihm
  561. auch mehrere Möglichkeiten einer Haftungsbeschränkung zur Verfügung stehen. Die aufgrund der Regelung des § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO fehlende Mög-
  562. - 26 -
  563. lichkeit, sich als Rechtsanwalt mittels einer Partnerschaftsgesellschaft an einer
  564. Rechtsanwaltsgesellschaft zu beteiligen, stellt bereits deshalb keine unzumutbare Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit dar.
  565. 54
  566. Die Klägerin hat auch keine überwiegenden, grundrechtlich geschützten
  567. Interessen aufzuzeigen vermocht, die gerade die von ihr gewählte Beteiligungsform für sie zwingend erforderlich machten. Solche die oben genannten Gemeinwohlziele des Gesetzgebers überwiegenden Interessen sind - insbesondere angesichts der bereits erwähnten Vielgestaltigkeit der vom Gesetzgeber für
  568. die anwaltliche Berufsausübung zur Verfügung gestellten Rechtsformen - auch
  569. sonst nicht ersichtlich.
  570. 55
  571. bb) Die Nichtzulassung der Partnerschaftsgesellschaft als Gesellschafterin einer Rechtsanwaltsgesellschaft verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
  572. Ein solcher Verstoß ergibt sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass
  573. nach der Auslegung des § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO durch den Bundesgerichtshof eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter den oben genannten
  574. engen Voraussetzungen als eine solche Gesellschafterin in Betracht kommt.
  575. 56
  576. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 verlangt, wesentlich
  577. Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. nur
  578. BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 2016 - 1 BvR 713/13, juris Rn. 18 mwN).
  579. Wie oben im Einzelnen dargestellt, unterscheidet sich die Partnerschaftsgesellschaft in mehrfacher Hinsicht - namentlich durch ihre bereits gesetzlich in § 1
  580. Abs. 1 Satz 1 PartGG festgelegte Eigenschaft als Berufsausübungsgesellschaft
  581. und durch den höheren Grad ihrer Verselbständigung gegenüber den Gesellschaftern - wesentlich von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren alleiniger Gegenstand das Halten von Gesellschaftsanteilen der an ihr beteiligten
  582. Berufsangehörigen an einer von diesen ausgeübten Anwaltsgesellschaft ist.
  583. - 27 -
  584. 57
  585. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG folgt auch nicht etwa aus dem vorgenannten Umstand, dass § 1 Abs. 1 Satz 1 PartGG die Partnerschaftsgesellschaft als reine Berufsausübungsgesellschaft ausgestaltet hat und ihr Gesellschaftszweck demgemäß - anders als bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts
  586. - nicht darauf beschränkt werden kann, ausschließlich Anteile an einer Rechtsanwaltsgesellschaft zu halten. Mit dieser Entscheidung des Gesetzgebers ist
  587. eine unverhältnismäßige Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit für
  588. Rechtsanwälte bereits deshalb nicht verbunden, weil letzteren - wie oben unter I
  589. 2 b aa (2) bereits erwähnt - vielfältige andere, auch haftungsbeschränkte, Organisationsformen zum Zwecke der gemeinsamen Berufsausübung zur Verfügung stehen und der Gesetzgeber nicht etwa verfassungsrechtlich im Hinblick
  590. auf Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet ist, das Konzept der Partnerschaftsgesellschaft
  591. als reine Berufsausübungsgesellschaft aufzugeben, um insbesondere Rechtsanwälten die Möglichkeit zu geben, sich nicht nur in Form einer Gesellschaft
  592. bürgerlichen Rechts, sondern auch mittels einer Partnerschaftsgesellschaft als
  593. Holdinggesellschaft an einer Rechtsanwaltsgesellschaft zu beteiligen.
  594. 58
  595. c) Da der Widerruf der Zulassung der Klägerin als Rechtsanwaltsgesellschaft schon deshalb rechtmäßig ist, weil sie die Voraussetzungen des § 59e
  596. Abs. 1 Satz 1 BRAO nicht mehr erfüllt, kommt es nicht darauf an, ob zusätzlich
  597. - wie von der Beklagten im Widerrufsbescheid angenommen - auch der Widerrufsgrund des § 59e Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 59h Abs. 3 Satz 1 BRAO
  598. gegeben
  599. ist,
  600. weil
  601. eine
  602. (unmittelbare)
  603. berufliche
  604. Tätigkeit
  605. der
  606. G.-Partnerschaftsgesellschaft beziehungsweise der Partner in der klagenden
  607. Rechtsanwaltsgesellschaft fehle.
  608. 59
  609. d) Ebenso kann, da gemäß § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO eine Partnerschaftsgesellschaft schon grundsätzlich nicht als Gesellschafterin einer Rechtsanwaltsgesellschaft in Betracht kommt, offen bleiben, ob der Anwaltsgerichtshof
  610. - 28 -
  611. die Rechtmäßigkeit des Zulassungswiderrufs (auch) auf den Inhalt der Satzung
  612. der Klägerin stützen durfte, oder ob dem, wie die Klägerin mit der Berufung
  613. rügt, bereits entgegensteht, dass die Beklagte diesen - von der Klägerin selbst
  614. allerdings im Rahmen des dem Widerruf vorausgegangenen Schriftwechsels
  615. mit der Beklagten angeführten - Gesichtspunkt im Rahmen der Anhörung der
  616. Klägerin nach § 59h Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 BRAO nicht ausdrücklich als möglichen (weiteren) Grund für einen Widerruf der Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft bezeichnet hat.
  617. II.
  618. 60
  619. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112 c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154
  620. Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 BRAO.
  621. Limperg
  622. Bünger
  623. Kau
  624. Remmert
  625. Merk
  626. Vorinstanz:
  627. AGH Stuttgart, Entscheidung vom 01.06.2016 - AGH 18/15 II -