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  1. 5 StR 89/11
  2. BUNDESGERICHTSHOF
  3. BESCHLUSS
  4. vom 11. April 2011
  5. in der Strafsache
  6. gegen
  7. 1.
  8. 2.
  9. wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls u.a.
  10. -2-
  11. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. April 2011
  12. beschlossen:
  13. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des
  14. Landgerichts Hamburg vom 20. Oktober 2010 gemäß § 349
  15. Abs. 4 StPO in den gesamten Rechtsfolgenaussprüchen mit
  16. den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
  17. Ihre weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2
  18. StPO als unbegründet verworfen.
  19. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  20. G r ü n d e
  21. 1
  22. Das Landgericht hat den Angeklagten O.
  23. wegen besonders
  24. schweren räuberischen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren,
  25. den Angeklagten K.
  26. wegen besonders schweren räuberischen Dieb-
  27. stahls, Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, Diebstahls
  28. mit Waffen und wegen vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen zu einer
  29. Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung sachlichen Rechts
  30. rügen, haben im Umfang der Beschlussformel Erfolg. Im Übrigen sind sie
  31. unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
  32. -3-
  33. 1. Das Urteil hat im Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand. Das
  34. 2
  35. Landgericht hat es in rechtsfehlerhafter Weise unterlassen, die Frage einer
  36. Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) zu
  37. prüfen.
  38. a) Nach den Feststellungen konsumieren die beiden 1987 bzw. 1988
  39. 3
  40. geborenen Angeklagten seit dem 13. Lebensjahr regelmäßig Cannabis. Der
  41. Angeklagte O.
  42. begann mit 15 Jahren auch Kokain zu nehmen und trank
  43. häufig – gelegentlich exzessiv – alkoholische Getränke. Der Angeklagte
  44. K.
  45. , bei dem bereits als Kind ADHS festgestellt und mit Ritalin behandelt
  46. wurde, begann ebenfalls schon in seiner Jugend zusätzlich Aufputschmittel
  47. und Kokain zu nehmen. Zwei stationäre Entzüge und eine ambulante Therapie zeigten bei ihm keinen nachhaltigen Erfolg. In den Monaten vor der Tat
  48. lebte der Angeklagte K.
  49. in den Tag hinein, trank regelmäßig Alkohol und
  50. konsumierte häufig Cannabis und Kokain. Vor dem gemeinsam begangenen
  51. besonders schweren räuberischen Diebstahl hatten die Angeklagten Alkohol
  52. und Kokain konsumiert, weshalb die Strafkammer ohne Hinzuziehung eines
  53. Sachverständigen meinte, die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht ausschließen zu können. Der Angeklagte O.
  54. Angeklagten K.
  55. beabsichtigte in Kenntnis des
  56. , das entwendete Mobiltelefon zu veräußern, um davon
  57. Kokain zum gemeinsamen Konsum zu kaufen.
  58. 4
  59. Der Angeklagte K.
  60. beging darüber hinaus auch die Taten 2 und 4
  61. bis 6 unter Drogen- und Alkoholeinfluss, wobei die Tat 2 (Raub in Tateinheit
  62. mit vorsätzlicher Körperverletzung) gleichfalls dazu diente, mit dem erbeuteten Geld Alkohol und Drogen zu kaufen. Auch bei diesen Taten geht die
  63. Strafkammer zu Gunsten des Angeklagten K.
  64. von einer Verminderung
  65. seiner Steuerungsfähigkeit wegen seines vorausgegangen Drogen- und Alkoholkonsums in Verbindung mit der bei ihm bestehenden ADHS-Erkrankung
  66. aus. Schließlich liegt auch bei der Tat 3, bei der die Strafkammer keine entsprechenden Feststellungen trifft, eine Begehung zur Finanzierung des
  67. -4-
  68. Rauschmittelkonsums durch den Angeklagten K.
  69. angeklagten Mittäter O.
  70. 5
  71. und den insoweit nicht
  72. nicht fern.
  73. b) Diese Feststellungen drängten zu der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hinsichtlich beider
  74. Angeklagter gegeben sind. Über die Anordnung der Maßregel nach § 64
  75. StGB muss deshalb – unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a
  76. StPO) – neu verhandelt und entschieden werden. Es ist nicht ohne weiteres
  77. ersichtlich, dass eine Suchtbehandlung im Rahmen des Maßregelvollzugs
  78. bei den Angeklagten keine hinreichend konkrete Aussicht auf Erfolg im Sinne
  79. des § 64 Satz 2 StGB bietet. Das Urteil enthält darüber hinaus auch keine
  80. Anhaltspunkte dafür, dass das Tatgericht nach seinem Ermessen ausnahmsweise von einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64
  81. StGB hätte absehen können. Insoweit muss das Tatgericht sein Ermessen
  82. tatsächlich ausüben und die Ermessensentscheidung für das Revisionsgericht nachprüfbar machen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2007
  83. – 3 StR 452/07, NStZ-RR 2008, 73).
  84. 6
  85. c) Dass nur die Angeklagten Revision eingelegt haben, hindert die
  86. Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (BGH, Urteil vom 10. April 1990 – 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5). Die Beschwerdeführer haben die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von ihren Rechtsmittelangriffen ausgenommen.
  87. 7
  88. 2. Der Senat hebt den gesamten Rechtsfolgenausspruch auf, da er
  89. nicht sicher ausschließen kann, dass das Landgericht bei Anordnung der
  90. Unterbringung eine geringere Strafe verhängt hätte, wobei die Strafaussprüche für sich nicht überhöht erscheinen. Sie enthalten indes die in der Stellungnahme des Generalbundesanwalts vom 11. März 2011 aufgezeigten
  91. Rechtsfehler. Mit Hilfe des Sachverständigen wird zudem auch die Frage des
  92. Vorliegens der Voraussetzungen des § 21 StGB neu zu prüfen sein, wenngleich die bisher erfolgte Beurteilung die Angeklagten nicht beschwert und
  93. -5-
  94. die Strafen selbst für den Fall einer Verneinung der Voraussetzungen nicht
  95. zu ihrem Nachteil abgeändert werden dürften. Dass das neue Tatgericht mit
  96. Hilfe des Sachverständigen in einem der Fälle zur Annahme der Voraussetzungen des § 20 StGB gelangen könnte, schließt der Senat aus.
  97. Basdorf
  98. Brause
  99. Schneider
  100. Schaal
  101. König