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- 5 StR 89/11
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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- vom 11. April 2011
- in der Strafsache
- gegen
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- 1.
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- 2.
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- wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls u.a.
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- Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. April 2011
- beschlossen:
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- Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des
- Landgerichts Hamburg vom 20. Oktober 2010 gemäß § 349
- Abs. 4 StPO in den gesamten Rechtsfolgenaussprüchen mit
- den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
- Ihre weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2
- StPO als unbegründet verworfen.
- Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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- G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den Angeklagten O.
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- wegen besonders
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- schweren räuberischen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren,
- den Angeklagten K.
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- wegen besonders schweren räuberischen Dieb-
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- stahls, Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, Diebstahls
- mit Waffen und wegen vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen zu einer
- Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung sachlichen Rechts
- rügen, haben im Umfang der Beschlussformel Erfolg. Im Übrigen sind sie
- unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Das Urteil hat im Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand. Das
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- Landgericht hat es in rechtsfehlerhafter Weise unterlassen, die Frage einer
- Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) zu
- prüfen.
- a) Nach den Feststellungen konsumieren die beiden 1987 bzw. 1988
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- geborenen Angeklagten seit dem 13. Lebensjahr regelmäßig Cannabis. Der
- Angeklagte O.
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- begann mit 15 Jahren auch Kokain zu nehmen und trank
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- häufig – gelegentlich exzessiv – alkoholische Getränke. Der Angeklagte
- K.
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- , bei dem bereits als Kind ADHS festgestellt und mit Ritalin behandelt
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- wurde, begann ebenfalls schon in seiner Jugend zusätzlich Aufputschmittel
- und Kokain zu nehmen. Zwei stationäre Entzüge und eine ambulante Therapie zeigten bei ihm keinen nachhaltigen Erfolg. In den Monaten vor der Tat
- lebte der Angeklagte K.
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- in den Tag hinein, trank regelmäßig Alkohol und
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- konsumierte häufig Cannabis und Kokain. Vor dem gemeinsam begangenen
- besonders schweren räuberischen Diebstahl hatten die Angeklagten Alkohol
- und Kokain konsumiert, weshalb die Strafkammer ohne Hinzuziehung eines
- Sachverständigen meinte, die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht ausschließen zu können. Der Angeklagte O.
- Angeklagten K.
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- beabsichtigte in Kenntnis des
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- , das entwendete Mobiltelefon zu veräußern, um davon
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- Kokain zum gemeinsamen Konsum zu kaufen.
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- Der Angeklagte K.
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- beging darüber hinaus auch die Taten 2 und 4
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- bis 6 unter Drogen- und Alkoholeinfluss, wobei die Tat 2 (Raub in Tateinheit
- mit vorsätzlicher Körperverletzung) gleichfalls dazu diente, mit dem erbeuteten Geld Alkohol und Drogen zu kaufen. Auch bei diesen Taten geht die
- Strafkammer zu Gunsten des Angeklagten K.
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- von einer Verminderung
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- seiner Steuerungsfähigkeit wegen seines vorausgegangen Drogen- und Alkoholkonsums in Verbindung mit der bei ihm bestehenden ADHS-Erkrankung
- aus. Schließlich liegt auch bei der Tat 3, bei der die Strafkammer keine entsprechenden Feststellungen trifft, eine Begehung zur Finanzierung des
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- Rauschmittelkonsums durch den Angeklagten K.
- angeklagten Mittäter O.
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- und den insoweit nicht
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- nicht fern.
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- b) Diese Feststellungen drängten zu der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hinsichtlich beider
- Angeklagter gegeben sind. Über die Anordnung der Maßregel nach § 64
- StGB muss deshalb – unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a
- StPO) – neu verhandelt und entschieden werden. Es ist nicht ohne weiteres
- ersichtlich, dass eine Suchtbehandlung im Rahmen des Maßregelvollzugs
- bei den Angeklagten keine hinreichend konkrete Aussicht auf Erfolg im Sinne
- des § 64 Satz 2 StGB bietet. Das Urteil enthält darüber hinaus auch keine
- Anhaltspunkte dafür, dass das Tatgericht nach seinem Ermessen ausnahmsweise von einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64
- StGB hätte absehen können. Insoweit muss das Tatgericht sein Ermessen
- tatsächlich ausüben und die Ermessensentscheidung für das Revisionsgericht nachprüfbar machen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2007
- – 3 StR 452/07, NStZ-RR 2008, 73).
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- c) Dass nur die Angeklagten Revision eingelegt haben, hindert die
- Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (BGH, Urteil vom 10. April 1990 – 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5). Die Beschwerdeführer haben die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von ihren Rechtsmittelangriffen ausgenommen.
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- 2. Der Senat hebt den gesamten Rechtsfolgenausspruch auf, da er
- nicht sicher ausschließen kann, dass das Landgericht bei Anordnung der
- Unterbringung eine geringere Strafe verhängt hätte, wobei die Strafaussprüche für sich nicht überhöht erscheinen. Sie enthalten indes die in der Stellungnahme des Generalbundesanwalts vom 11. März 2011 aufgezeigten
- Rechtsfehler. Mit Hilfe des Sachverständigen wird zudem auch die Frage des
- Vorliegens der Voraussetzungen des § 21 StGB neu zu prüfen sein, wenngleich die bisher erfolgte Beurteilung die Angeklagten nicht beschwert und
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- die Strafen selbst für den Fall einer Verneinung der Voraussetzungen nicht
- zu ihrem Nachteil abgeändert werden dürften. Dass das neue Tatgericht mit
- Hilfe des Sachverständigen in einem der Fälle zur Annahme der Voraussetzungen des § 20 StGB gelangen könnte, schließt der Senat aus.
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- Basdorf
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- Brause
- Schneider
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- Schaal
- König
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