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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 283/07
  4. vom
  5. 9. August 2007
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen schwerer räuberischer Erpressung
  9. -2-
  10. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 9. August 2007 gemäß §§ 349
  11. Abs. 2 und 4, 354 a StPO beschlossen:
  12. 1.
  13. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
  14. Landgerichts Halle vom 16. Februar 2007, soweit es den
  15. Angeklagten betrifft, aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Vollstreckungsreihenfolge gemäß § 67
  16. Abs. 2 StGB n.F. unterblieben ist.
  17. 2.
  18. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
  19. Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  20. 3.
  21. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
  22. Gründe:
  23. 1
  24. Das Landgericht hat den Angeklagten der schweren räuberischen Erpressung für schuldig befunden und ihn zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren
  25. und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten
  26. in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der
  27. Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein die Verletzung sachlichen
  28. Rechts rügt.
  29. 2
  30. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat
  31. zum Schuld- und zum Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
  32. Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Auch der Maßregelausspruch hält
  33. -3-
  34. der rechtlichen Nachprüfung stand. Zwar könnte die Formulierung im angefochtenen Urteil, "ein Erfolg der Unterbringung (sei) nicht ausgeschlossen", darauf
  35. hindeuten, dass das Landgericht einen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 91, 1) unzutreffenden Maßstab angelegt und verkannt hat, dass die Anordnung danach eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht voraussetzt, wie dies nunmehr auch § 64 Abs. 1 Satz 2 StGB i.d.F. des
  36. Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327) bestimmt. Doch gefährdet dies hier den Maßregelausspruch nicht. Denn die von
  37. dem gehörten Sachverständigen herausgestellten "positive(n) Prädiktoren"
  38. (UA 17 a.E.), wonach dem Angeklagten die negativen Folgen seiner Drogensucht bewusst sind, er auch bereits in Freiheit einen Entwöhnungsversuch gewagt hat und er ersichtlich bislang wegen seiner Sucht noch nicht behandelt
  39. worden ist, rechtfertigen ohne Weiteres die Annahme, dass für den Angeklagten eine hinreichend konkrete Aussicht des Behandlungserfolges besteht (vgl.
  40. BGH, Beschlüsse vom 30. Juli 2003 - 2 StR 245/03 - und vom 1. August 2003
  41. - 2 StR 257/03).
  42. 3
  43. Die Sache ist indes an das Landgericht zurückzuverweisen, weil nach
  44. § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB i.d.F. des vorgenannten Gesetzes vom 16. Juli 2007
  45. das Gericht bei der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
  46. neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen soll, dass
  47. ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Eine solche Entscheidung
  48. über eine Änderung der gesetzlichen Vollstreckungsreihenfolge gemäß § 67
  49. Abs. 2 StGB bisheriger Fassung war für die Strafkammer nicht veranlasst. Der
  50. Senat hat jedoch gemäß § 354 a StPO die am 20. Juli 2007 in Kraft getretene
  51. neue Regelung seiner Entscheidung zu Grunde zulegen. Dies führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, das nunmehr Ge-
  52. -4-
  53. legenheit haben muss, eine ausdrückliche Entscheidung zur Vollstreckungsreihenfolge zu treffen.
  54. Der Angeklagte ist durch eine solche nachträgliche Entscheidung unter
  55. 4
  56. keinen Umständen beschwert. Denn im Zusammenhang mit der gleichzeitig
  57. erfolgten Änderung von § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB gemäß Artikel 1 Nr. 2
  58. Buchst. d) des Gesetzes ist gewährleistet, dass auch bei dem Vorwegvollzug
  59. eines Teils der Freiheitsstrafe eine Aussetzung des Strafrestes nach Verbüßung der Hälfte möglich ist. Darauf ist nach § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB n.F. bei
  60. der Berechnung des vorweg zu vollziehenden Teils der Strafe Bedacht zu nehmen (vgl. BTDrucks. 16/1110 S. 14). Im Übrigen hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB n.F. als "Soll-Vorschrift" ausgestaltet, um
  61. dem Gericht im Einzelfall, namentlich bei aktuell dringender Therapiebedürftigkeit des Betreffenden, die Möglichkeit zu eröffnen, es beim Vorwegvollzug der
  62. Maßregel nach § 67 Abs. 1 StGB zu belassen (vgl. BTDrucks. aaO). Schließlich
  63. wird dem Gericht hierdurch ermöglicht, bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, dass die Neuregelung nach dem gesetzgeberischen Willen nicht zu einer
  64. Verlängerung der Gesamtdauer des Freiheitsentzuges führen darf und das Gericht
  65. deshalb,
  66. wenn
  67. eine
  68. solche
  69. Verlängerung
  70. im
  71. Einzelfall
  72. zu
  73. -5-
  74. befürchten wäre, im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens auf die Umkehr
  75. der Vollstreckungsreihenfolge zu verzichten haben wird (BTDrucks. 16/5137 IV
  76. 2 zu Artikel 1 zu Nummer 2 Buchst. a), S. 25 der elektronischen VorabFassung).
  77. Tepperwien
  78. Maatz
  79. Kuckein
  80. RiBGH Dr. Ernemann
  81. ist infolge Urlaubs gehindert
  82. zu unterschreiben
  83. Tepperwien
  84. Sost-Scheible