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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. 3 StR 465/03
  5. vom
  6. 8. April 2004
  7. in der Strafsache
  8. gegen
  9. wegen Betrugs
  10. -2-
  11. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. April 2004,
  12. an der teilgenommen haben:
  13. Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
  14. Prof. Dr. Tolksdorf,
  15. die Richter am Bundesgerichtshof
  16. Winkler,
  17. Pfister,
  18. von Lienen,
  19. Hubert
  20. als beisitzende Richter,
  21. Staatsanwalt
  22. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  23. Justizamtsinspektor
  24. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
  25. für Recht erkannt:
  26. -3-
  27. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
  28. Itzehoe vom 10. September 2003 wird verworfen.
  29. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
  30. tragen.
  31. Von Rechts wegen
  32. Gründe:
  33. Das Landgericht hat den Angeklagten, der als Sachbearbeiter beim Arbeitsamt durch fingierte "Rückzahlungen an Arbeitgeber" entsprechende Überweisungen der Bundesanstalt mit einem Gesamtbetrag von 540.249 € auf sein
  34. eigenes Konto bewirkt hatte, wegen Betrugs in 81 Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
  35. Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler
  36. zum Nachteil des Angeklagten ergeben, auch der Strafausspruch hält entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts einer rechtlichen Prüfung
  37. stand.
  38. 1. Insbesondere gefährdet es den Bestand des Urteils nicht, daß das
  39. Landgericht jeweils den wegen der Spielsucht des Angeklagten nach §§ 21, 49
  40. Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB zugrunde gelegt
  41. hat, ohne ausdrücklich zu erörtern, ob im Hinblick auf die allgemeinen Milderungsgründe und den vertypten Strafmilderungsgrund des § 21 StGB eine Verneinung der Regelwirkung und damit die Anwendung des Strafrahmens des
  42. Grundtatbestandes nach § 263 Abs. 1 StGB geboten gewesen wäre. Der Fall
  43. -4-
  44. wird nicht nur dadurch geprägt, daß der Angeklagte zwei Regelbeispiele des
  45. § 263 Abs. 3 StGB, nämlich gewerbsmäßiges Handeln nach Nr. 1 und Mißbrauch der Befugnisse eines Amtsträgers nach Nr. 4, verwirklicht hat. Maßgeblich kommt hinzu, daß seine Straftaten in eine umfangreiche, langandauernde
  46. Serie eingebettet waren und einen hohen Gesamtschaden verursacht hatten.
  47. Angesichts dieser Umstände lag die Verneinung der Regelwirkung des § 263
  48. Abs. 3 StGB in einem solchen Maße fern, daß das Fehlen einer ausdrücklichen
  49. Erörterung keinen Rechtsfehler darstellt.
  50. 2. Es stellt letztlich auch keinen zur Aufhebung des Strafausspruchs führenden Rechtsfehler dar, daß das Landgericht in 80 Fällen Einzelstrafen zwischen drei und fünf Monaten Freiheitsstrafe verhängt hat, ohne - wie in § 267
  51. Abs. 3 Satz 2 StPO vorgeschrieben - ausdrücklich zu erörtern, ob die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 StGB gegeben sind. Die Verhängung einer kurzen
  52. Freiheitsstrafe hat regelmäßig nur Bestand, wenn sie sich aufgrund einer Gesamtwürdigung aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände als
  53. unverzichtbar erweist und dies in den Urteilsgründen dargestellt wird (BGHR
  54. StGB § 47 Abs. 1 Umstände 6). Die Voraussetzungen des § 47 StGB ergeben
  55. sich hier jedoch auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe (vgl.
  56. BGHR StGB § 47 Abs. 1 Umstände 7). Bei der eng zusammenhängenden umfangreichen Serie von Vermögensdelikten, die ein Bedürfnis nach Einwirkung
  57. auf den Täter deutlich zutage treten läßt (vgl. BGHR StGB § 47 Abs. 1 Umstände 8), drängt sich die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen nach § 47
  58. StGB in einem solchen Maße auf, daß ein Beruhen des Urteils auf der fehlenden ausdrücklichen Erörterung ausgeschlossen werden kann.
  59. 3. Schließlich mußte das Landgericht nicht strafmildernd berücksichtigen, daß sich die beim Arbeitsamt vorhandenen Kontrollmechanismen aufgrund des unter den Mitarbeitern herrschenden Vertrauensverhältnisses nicht
  60. -5-
  61. ausgewirkt hatten und durch den Wegfall von Kontrollmaßnahmen ab dem Jahr
  62. 2000 die Taten noch leichter hatten begangen werden können. Dabei hat die
  63. Strafkammer zu Recht darauf hingewiesen, daß eine gewisse Taterleichterung
  64. durch den erschwerend zu berücksichtigenden Vertrauensmißbrauch gegenüber den Arbeitskollegen kompensiert wird (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 297,
  65. 298). Bei dieser Sachlage kommt es auf die weitere Frage, ob der durch wirtschaftliche Erwägungen gebotene Personalabbau und die damit verbundene
  66. Reduzierung der Kontrollmöglichkeiten überhaupt als "Mitverschulden" bewertet werden können, nicht mehr an.
  67. Tolksdorf
  68. Winkler
  69. von Lienen
  70. Pfister
  71. Hubert