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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 3 StR 240/01
  4. vom
  5. 25. Juli 2001
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.
  9. -2-
  10. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
  11. 25. Juli 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
  12. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 2. Januar 2001
  13. a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte wegen
  14. sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexueller Nötigung und wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen verurteilt wird,
  15. b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen
  16. Feststellungen aufgehoben.
  17. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  18. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
  19. Gründe:
  20. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen in
  21. zwei Fällen, in einem Fall zusätzlich in Tateinheit mit sexueller Nötigung unter
  22. Einbeziehung weiterer Strafen aus drei amtsgerichtlichen Urteilen zu einer Ge-
  23. -3-
  24. samtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten und dazu verurteilt, an
  25. die Nebenklägerin ein Schmerzensgeld von 10.000 DM zu zahlen. Der Angeklagte wendet sich mit Verfahrens- und Sachrügen gegen seine Verurteilung.
  26. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
  27. 1. Die Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge, mit der die
  28. Beweiswürdigung angegriffen wird, haben zum Schuldspruch aus den Gründen
  29. der Antragsschrift des Generalbundesanwalts überwiegend keinen Erfolg.
  30. Zutreffend weist der Generalbundesanwalt darauf hin, daß im Fall 1 des
  31. Urteils die Tat nicht mehr als sexueller Mißbrauch von Schutzbefohlenen verfolgt werden kann, weil insoweit Verjährung eingetreten ist. Deshalb war der
  32. Schuldspruch entsprechend zu ändern. Da die Einzelstrafe aus den unten genannten Gründen in diesem Fall ohnehin aufgehoben werden muß, hat der
  33. neue Tatrichter im Rahmen der Strafzumessung auch darüber zu entscheiden,
  34. ob der Unrechtsgehalt hier wegen der teilweisen Verjährung milder zu beurteilen ist (vgl. BGHSt 41, 305, 309).
  35. 2. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs.
  36. a) Die strafschärfende Berücksichtigung, daß der Angeklagte im ersten
  37. Fall Gewalt angewandt und das Opfer bedroht hat, verstößt gegen § 46 Abs. 3
  38. StGB. Denn zur Verwirklichung des Tatbestandes des von der Strafkammer in
  39. diesem Fall der Verurteilung zugrunde gelegten § 178 Abs. 1 StGB a.F. gehören Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben des
  40. Opfers.
  41. -4-
  42. b) Die Begründung, mit der der Tatrichter eine alkoholbedingte erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten verneint hat, begegnet in beiden der Verurteilung zugrunde liegenden Fällen durchgreifenden
  43. Bedenken. Bei den 1992 und 1995 stattgefundenen Taten durfte das insoweit
  44. sachverständig beratene Landgericht nicht nur die allgemeinen Angaben des
  45. Angeklagten über seine damaligen Trinkgewohnheiten bei Gaststättenbesuchen der Prüfung des § 21 StGB zugrunde legen. Die anhand dieser allgemeinen Angaben abstrakt berechnete mögliche Alkoholisierung des Angeklagten
  46. besagt nichts über die wirklich vorliegende alkoholische Beeinflussung, da
  47. nicht feststeht, ob der Angeklagte diese - üblichen - Mengen auch an den beiden Tattagen zu sich genommen hat. Außerdem mußte es erkennbar in seine
  48. Überlegungen das vom Tatopfer geschilderte ungewöhnliche Verhalten des
  49. Angeklagten, der auf dieses stark betrunken wirkte, mit einbeziehen. Danach
  50. setzte sich der Angeklagte nach dem erzwungenen Oralverkehr auf das Bett
  51. und hat dort "in Denkerpose verharrt", bis er plötzlich umgefallen und eingeschlafen ist. Am nächsten Morgen hat sich Erbrochenes vor dem Bett befunden. Dem wird die knappe, nicht nachvollziehbare Einschätzung des Tatrichters nicht gerecht, daß die Zeugin den Angeklagten zwar als stark betrunken,
  52. als "stockbesoffen" erlebt habe, dies "aber auf eine falsche Deutung seines
  53. ungehemmten und aggressiven Verhaltens" (UA S. 12) zurückzuführen sei.
  54. 3. Auch die Entscheidung über das der Nebenklägerin im Adhäsionsverfahren zugesprochene Schmerzensgeld war aufzuheben. Der Senat kann
  55. nicht ausschließen, daß das neue Tatgericht beiden Taten - etwa weil es die
  56. Voraussetzungen des § 21 StGB bejaht - eine geringere Schuld des Angeklagten zugrunde legt.
  57. -5-
  58. 4. Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe könnte auch schon
  59. deshalb keinen Bestand haben, weil die Einbeziehung der weiteren Strafen aus
  60. drei amtsgerichtlichen Urteilen nicht frei von Rechtsfehlern ist. So wird nicht
  61. mitgeteilt, welche Einzelstrafen dem Urteil des Amtsgerichts Langen vom
  62. 14. August 1997 zugrunde lagen. Auch kann der Senat anhand des Urteils
  63. nicht nachprüfen, ob nicht eine der Vorverurteilungen gemäß § 55 StGB Zäsurwirkung entfaltet mit der Folge, daß möglicherweise zwei Gesamtstrafen
  64. hätten gebildet werden müssen.
  65. Rissing-van Saan
  66. Miebach
  67. von Lienen
  68. Pfister
  69. Becker