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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 3 StR 224/10
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- vom
- 6. Juli 2010
- in der Strafsache
- gegen
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- alias:
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- wegen Totschlags
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- -2Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 6. Juli 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
- Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 4. Februar 2010 mit den Feststellungen aufgehoben.
- Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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- Gründe:
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu der Freiheitsstrafe
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- von zehn Jahren verurteilt. Seine hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung
- materiellen Rechts gestützte Revision hat Erfolg. Die Feststellungen tragen nicht die
- Verurteilung des Angeklagten wegen (vollendeten) Totschlags.
- 1. Der Angeklagte geriet mit seiner Lebensgefährtin, der später getöteten
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- L.
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- , wegen deren Trennungsabsichten in Streit. Um sich vor Tät-
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- lichkeiten der alkoholisierten Frau L.
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- zu schützen, ergriff er sie an dem
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- von ihr getragenen Halstuch und hielt sie so zunächst mit ausgestrecktem rechtem
- Arm auf Abstand. Sodann entschloss er sich, sie zu drosseln. Hierzu zog er, nun hinter ihr stehend, mit einer kräftigen Drehbewegung der rechten Faust das Halstuch zu.
- Frau L.
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- bekam Atemnot; im weiteren Verlauf verfärbte sich ihre Gesichts-
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- haut rötlich-violett, Stauungsblutungen im Kopf- und Halsbereich traten ein. Schließlich wurde Frau L.
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- bewusstlos, so dass ihre Beine wegsackten. Gleich-
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- wohl lockerte der Angeklagte seinen Griff nicht, sondern setzte die Drosselung fort.
- "Spätestens ab diesem Zeitpunkt" vertraute er nicht mehr ernsthaft darauf, dass Frau
- L.
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- dies überleben würde, und nahm ihren Tod billigend in Kauf. Insgesamt
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- hielt der Angeklagte die Drosselung über einen Zeitraum von zwei bis drei Minuten
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- -3aufrecht. Frau L.
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- verstarb an zentralem Atem- und Kreislaufregulations-
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- versagen infolge Sauerstoffmangels.
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- 2. Geht der Täter während seines Handelns vom Körperverletzungs- zum Tötungsvorsatz über, so kann er wegen vollendeten Totschlags nur dann verurteilt werden, wenn er die zum Tode führenden - gegebenenfalls den Todeseintritt beschleunigenden - Handlungen mit Tötungsvorsatz ausgeführt hat. Steht dagegen fest oder
- ist nicht auszuschließen, dass für den Todeseintritt bereits solche Handlungen ursächlich waren, die der Täter noch mit Körperverletzungsvorsatz vorgenommen hat,
- so kommt nur eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge und versuchten Totschlags in Betracht (BGH, NStZ 2009, 266; 1992, 277, 278; NJW 1989,
- 596, 597).
- Ob der für das zentrale Regulationsversagen ursächliche Sauerstoffmangel
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- erst dadurch hervorgerufen wurde, dass der Angeklagte sein Opfer noch über den
- erkannten Eintritt der Bewusstlosigkeit hinaus strangulierte, gegebenenfalls, ob dies
- ein bereits in Gang befindliches, zum Tode führendes körperliches Geschehen weiter
- beschleunigte, ist den Feststellungen indes nicht zu entnehmen. Der neue Tatrichter
- wird Gelegenheit haben, zum Tatgeschehen insgesamt neue Feststellungen zu treffen.
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- Becker
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- von Lienen
- Schäfer
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- Sost-Scheible
- Mayer
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