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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 2 StR 586/12
  4. vom
  5. 13. März 2013
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
  9. -2-
  10. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. März 2013 gemäß § 349
  11. Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
  12. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 19. Juli 2012, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
  13. a) in den Fällen 1 bis 6 und 14 der Urteilsgründe,
  14. b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
  15. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtmittels,
  16. an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  17. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
  18. Gründe:
  19. 1
  20. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Bandendiebstahl in sechs Fällen (Fälle 1 bis 6 der Urteilsgründe), schweren Bandendiebstahls in vier Fällen (Fälle 7 bis 10), vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit
  21. mit Nötigung (Fall 15), gewerbsmäßiger Hehlerei (Fall 14) sowie Diebstahls
  22. (Fall 16) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und fünf Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Die Revision des
  23. -3-
  24. Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen
  25. Teilerfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
  26. 2
  27. 1. Die Feststellungen tragen in den Fällen 1 bis 6 der Urteilsgründe die
  28. Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum Bandendiebstahl in sechs
  29. Fällen nicht.
  30. 3
  31. a) Nach den Feststellungen des Landgerichts schlossen sich der Angeklagte K.
  32. und die nicht revidierenden Mitangeklagten L.
  33. und G.
  34. spätestens Anfang Juni 2011 mit dem gesondert Verfolgten T.
  35. zu-
  36. sammen, um in Thüringen hochwertige "Radio-Navigationsgeräte" aus Kraftfahrzeugen zu entwenden und anschließend gewinnbringend zu veräußern.
  37. L.
  38. und der Angeklagte waren für die eigentliche Tatausführung sowie das
  39. anschließende Verpacken und Versenden der Navigationsgeräte nach Litauen
  40. an G.
  41. zuständig. T.
  42. koordinierte die Tätigkeit und leitete L.
  43. und den Angeklagten an. Zwischen dem 8. und dem 11. Juli 2011 brach "zumindest" L.
  44. in Erfurt sechs Fahrzeuge der Marke VW bzw. Audi auf, indem
  45. er jeweils die rechte vordere Seitenscheibe zertrümmerte. Anschließend entwendete er die herstellerseits eingebauten Navigationssysteme und brachte sie
  46. in eine von ihm und dem Angeklagten benutzte Wohnung in Jena. Dort wurden
  47. sie mit Hilfe des Angeklagten am 19. Juli 2011 in zwei an G.
  48. Pakete verpackt, die L.
  49. adressierte
  50. anschließend unter Angabe eines falschen Absen-
  51. ders bei einem Paketdienst aufgab. Die Pakete und die in ihnen enthaltenen
  52. Navigationsgeräte konnten auf Grund eines anonymen Hinweises vor dem Versand nach Litauen sichergestellt werden.
  53. -4-
  54. 4
  55. b) Damit ist nicht in ausreichender Weise belegt, dass sich der Angeklagte in sechs Fällen der Beihilfe zum Bandendiebstahl schuldig gemacht hat.
  56. 5
  57. aa) Das Landgericht sieht die maßgebliche Beihilfehandlung des Angeklagten darin, das er in der Wohnung in Jena beim Verpacken der entwendeten
  58. Navigationsgeräte behilflich war (vgl. UA S. 21, 27). Dabei hat es übersehen,
  59. dass zu diesem Zeitpunkt der Gewahrsam an den Geräten bereits gesichert,
  60. die Taten mithin bereits beendet waren (vgl. BGHSt 8, 390, 391; Fischer, StGB,
  61. 60. Aufl., § 242 Rn. 54 mwN). Nach Beendigung der Haupttat ist eine Beihilfe
  62. aber ausgeschlossen (vgl. Fischer aaO § 27 Rn. 6 mwN).
  63. 6
  64. bb) Hinzu kommt Folgendes: Nach ständiger Rechtsprechung ist die
  65. Frage der Handlungseinheit oder -mehrheit nach dem individuellen Tatbeitrag
  66. eines jeden Beteiligten zu beurteilen. Fördert deshalb der Gehilfe durch ein und
  67. dasselbe Tun - wie hier der Angeklagte durch das Verpacken der Navigationsgeräte - mehrere rechtlich selbständige Taten des Haupttäters, so ist nur eine
  68. Beihilfe im Rechtssinne gegeben (vgl. BGHSt 49, 306, 316; Fischer aaO § 27
  69. Rn. 31, jeweils mwN). Auch unter diesem Gesichtspunkt tragen die Feststellungen daher eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Bandendiebstahl in sechs Fällen, für die das Landgericht jeweils eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr
  70. und drei Monaten verhängt hat, nicht.
  71. 7
  72. cc) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kann nach den
  73. bisherigen Feststellungen auch nicht in einer möglichen Zusage des Angeklagten vor Tatbegehung, bei dem Verpacken und Versenden der Navigationsgeräte behilflich sein zu wollen, eine taugliche Beihilfehandlung gesehen werden.
  74. Denn es fehlen jegliche Feststellungen dazu, inwieweit eine solche Zusage, die
  75. -5-
  76. allein der Bandenabrede zu entnehmen sein könnte, die übrigen Beteiligten in
  77. ihrem Tatentschluss bestärkt oder in sonstiger Weise eine die Taten 1 bis 6
  78. fördernde Funktion entfaltet und der Angeklagte dies - im Sinne eines doppelten Gehilfenvorsatzes - gewollt haben könnte. Das versteht sich angesichts der
  79. Zusage einer für sich genommen sichtlich unbedeutenden Hilfeleistung auch
  80. nicht von selbst.
  81. 8
  82. c) Dies führt zur Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen 1 bis 6 der
  83. Urteilsgründe mit sämtlichen dazu gehörenden Feststellungen und damit auch,
  84. soweit die Strafkammer von einer Beteiligung des Angeklagten an der Bande
  85. schon im Juni 2011 (und nicht erst im Juli 2011) ausgegangen ist. Das gibt dem
  86. neuen Tatrichter Gelegenheit zu in sich widerspruchsfreier und schlüssiger
  87. Sachverhaltsfeststellung, anhand derer zu prüfen ist, ob sich der Angeklagte
  88. wegen Beteiligung an den Diebstahlstaten oder womöglich wegen Begünstigung oder Geldwäsche strafbar gemacht hat.
  89. 9
  90. 2. Auch die Verurteilung des Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei im Fall 14 der Urteilsgründe hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht
  91. stand.
  92. 10
  93. a) Insoweit hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte ein Navigationsgerät, welches zwischen dem 23. September 2011, 23.00 Uhr und
  94. dem 24. September 2011, 09.00 Uhr in Jena "mit einiger Wahrscheinlichkeit"
  95. durch L.
  96. aus einem VW-Passat entwendet worden war, "in Kenntnis der
  97. deliktischen Herkunft" dem gesondert Verfolgten G.
  98. sollte das Gerät dem gesondert Verfolgten K.
  99. verkaufen. Als K.
  100. "überließ". Dieser
  101. für 300,- bis 400,- Euro
  102. den Ankauf ablehnte, überließ ihm G.
  103. das Na-
  104. -6-
  105. vigationsgerät als Pfand, wofür er darlehensweise 100,- Euro erhielt. Das Darlehen wurde nie zurückgezahlt, das Gerät später bei K.
  106. 11
  107. sichergestellt.
  108. b) Eine (gewerbsmäßige) Hehlerei ist durch diese Feststellungen nicht
  109. hinreichend belegt. Die Hehlerei setzt in all ihren Begehungsformen ein einverständliches Zusammenwirken mit dem Vortäter voraus (vgl. nur BGHSt 42, 196,
  110. 197f. mwN). Es bleibt indes unklar, ob und inwieweit der Angeklagte im Einverständnis mit dem Vortäter des Diebstahls handelte. Das Landgericht hat weder
  111. zur Person des Vortäters noch zu etwaigen, gegebenenfalls auch konkludenten, Absprachen mit diesem konkrete Feststellungen getroffen. Soweit das
  112. Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung (UA S. 23) pauschal ausführt,
  113. L.
  114. und der Angeklagte K.
  115. hätten durch den Verkauf des Geräts
  116. dauerhaft Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts erzielen wollen, lässt
  117. sich daraus zwar ein übereinstimmender Willen des L.
  118. und des Angeklag-
  119. ten hinsichtlich der angestrebten Veräußerung des Geräts entnehmen. Indes
  120. hat die Strafkammer eine Täterschaft des L.
  121. gerade nicht festgestellt, son-
  122. dern bezeichnet eine solche lediglich als naheliegend und schließt sie im Ergebnis nicht aus.
  123. 12
  124. c) Auch insoweit bedarf die Sache daher neuer Verhandlung und Entscheidung, zumal angesichts der lückenhaften Feststellungen auch nicht nachvollziehbar ist, welche Tatmodalität der Hehlerei das Landgericht seiner Verurteilung zu Grunde gelegt hat.
  125. -7-
  126. 13
  127. 3. Durch die Aufhebung der Verurteilungen in den Fällen 1 bis 6 und 14
  128. und dem Wegfall der damit verbundenen sieben Einzelstrafen wird auch dem
  129. Gesamtstrafenausspruch die Grundlage entzogen.
  130. Becker
  131. Fischer
  132. RiBGH Dr. Berger befindet
  133. sich im Urlaub und ist daher
  134. gehindert zu unterschreiben.
  135. Becker
  136. Appl
  137. Krehl