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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 1 StR 315/15
  4. vom
  5. 18. Juli 2016
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen Steuerhinterziehung u.a.
  9. ECLI:DE:BGH:2016:180716B1STR315.15.0
  10. -2-
  11. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 18. Juli 2016 gemäß § 349 Abs. 4
  12. StPO beschlossen:
  13. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30. Oktober 2014, soweit es
  14. ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
  15. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
  16. auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
  17. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  18. Gründe:
  19. 1
  20. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in
  21. 29 Fällen in Tatmehrheit mit Betrug in fünf Fällen in Tatmehrheit mit versuchtem Betrug in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung
  22. formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat
  23. Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
  24. 2
  25. 1. Die Revision dringt mit einer Verfahrensrüge durch. Dies führt zur gesamten Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrundeliegenden
  26. Feststellungen.
  27. -3-
  28. 3
  29. a) Die Revision rügt die Verletzung der Mitteilungs- und Dokumentationspflicht gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO. Der
  30. Vorsitzende der Strafkammer habe über den Inhalt eines am 15. Juli 2014
  31. außerhalb der Hauptverhandlung geführten Verständigungsgesprächs in öffentlicher Hauptverhandlung nur unvollständig berichtet und die Mitteilung über dieses Gespräch entsprechend unvollständig ins Protokoll aufgenommen.
  32. 4
  33. b) Die Verfahrensrüge ist zulässig erhoben. Jedenfalls die von Rechtsanwältin G.
  34. erhobene Verfahrensrüge genügt den Anforde-
  35. rungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.
  36. 5
  37. c) Der Beanstandung liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
  38. 6
  39. Die am 7. Oktober 2013 gegen den Angeklagten und vier Mitangeklagte
  40. begonnene Hauptverhandlung endete am 30. Oktober 2014, dem 44. Hauptverhandlungstag. Bereits am dritten Hauptverhandlungstag, dem 28. Oktober
  41. 2013, verlas der Vorsitzende der Strafkammer einen Verständigungsvorschlag
  42. des Gerichts im Sinne von § 257c StPO. Alle Angeklagten wurden gemäß
  43. § 257c Abs. 5 StPO belehrt. Der Verständigungsvorschlag hatte hinsichtlich
  44. des Angeklagten den Inhalt, das Landgericht werde für den Fall, dass der Angeklagte ein qualifiziertes und damit selbstbelastendes und konkretes Geständnis abgebe, das kein bloßes inhaltsleeres Formalgeständnis sei, eine Gesamtfreiheitsstrafe zwischen sechs Jahren und sechs Jahren und neun Monaten verhängen. Eine Verständigung bezüglich des Angeklagten konnte nicht
  45. erzielt werden.
  46. 7
  47. In seiner Einlassung bestritt der Angeklagte die Tatvorwürfe der Steuerhinterziehung insgesamt (UA S. 101 ff.); demgegenüber legte er auch ohne
  48. -4-
  49. Verständigung gemäß § 257c StPO hinsichtlich der ihm zur Last liegenden Betrugstaten ein weitgehendes, wenngleich nicht vollumfängliches Geständnis ab
  50. (UA S. 143 f., 154).
  51. 8
  52. Auf Anregung der Verteidiger des Angeklagten fand am 34. Hauptverhandlungstag, dem 15. Juli 2014, außerhalb der Hauptverhandlung ein weiteres Verständigungsgespräch statt. An den Erörterungen nahmen neben den
  53. Berufsrichtern und den Schöffen ein Vertreter der Staatsanwaltschaft sowie die
  54. Verteidiger des Angeklagten und der Mitangeklagten teil. Bei dem Gespräch
  55. fragte der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt A.
  56. , an, ob von Seiten
  57. der Strafkammer im Falle eines Geständnisses eine Straferwartung zwischen
  58. vier und fünf Jahren als realistisch betrachtet werden würde. Der Vorsitzende
  59. nahm Stellung zum Stand der Beweisaufnahme und teilte mit, dass die Strafkammer davon ausgehe, dass der Steuerschaden deutlich niedriger liegen dürfte als in der Anklage angenommen und sich die Vorgehensweise der Angeklagten eher dilettantisch darstelle (vgl. die dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden vom 15. Juli 2015). Dennoch wolle die Strafkammer die in dem Verständigungsangebot vom dritten Hauptverhandlungstag in Aussicht gestellten
  60. Grenzen für die zu verhängende Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren als
  61. Untergrenze und sechs Jahren und neun Monaten als Obergrenze beibehalten.
  62. Das Verständigungsgespräch endete ohne Ergebnis, da die Vorstellung der
  63. Verteidiger des Angeklagten mit einem Rahmen von vier bis fünf Jahren Freiheitsstrafe von der Strafkammer als nicht zustimmungsfähig erachtet wurde.
  64. 9
  65. Am 16. Juli 2014, dem 35. Hauptverhandlungstag, berichtete der Vorsitzende der Strafkammer in öffentlicher Hauptverhandlung über den Inhalt des
  66. Verständigungsgesprächs und nahm folgende Mitteilung ins Protokoll auf:
  67. -5-
  68. „Der Vorsitzende gab bekannt, dass sich in dem von den Verteidigern des Angeklagten angeregten Gespräch eine Verständigung
  69. nicht erzielen ließ, wobei das Gericht im Rahmen dieses Gesprächs in Aussicht gestellt hat, sich angesichts des bisherigen
  70. Ergebnisses der Beweisaufnahme und des persönlichen Eindrucks vom Angeklagten am ursprünglichen Verständigungsvorschlag festhalten zu lassen für den Fall eines qualifizierten und
  71. selbstbelastenden Geständnisses.“
  72. 10
  73. Die protokollierte Mitteilung gab seine mündlichen Ausführungen zutreffend wieder.
  74. 11
  75. Nach dem ergebnislosen Verständigungsgespräch vom 15. Juli 2014
  76. machte der Angeklagte in der Hauptverhandlung keine weiteren Angaben
  77. mehr. In Anknüpfung an dieses Verständigungsgespräch stellte die Staatsanwaltschaft am 37. Verhandlungstag noch fünf Beweisanträge, die jeweils an
  78. dem Inhalt des Verständigungsgesprächs vom 15. Juli 2014 anknüpften.
  79. 12
  80. d) Die Verfahrensrüge ist begründet. Das Landgericht hat seine Informationspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO im Hinblick auf das am 15. Juli 2014
  81. erfolgte Verständigungsgespräch verletzt.
  82. 13
  83. aa) Allerdings liegt, soweit die Revision mit Blick auf dieses Verständigungsgespräch eine Verletzung der Protokollierungspflicht aus § 273 Abs. 1a
  84. Satz 2 i.V.m. § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO rügt, ein Rechtsfehler bereits nach ihrem Vortrag nicht vor. Nach § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO muss das Protokoll u.a.
  85. die Beachtung der in § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Mitteilungen
  86. wiedergeben. Wird entgegen § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO eine Erörterung nicht
  87. vollständig bekannt gemacht und damit die Informationspflicht nicht beachtet,
  88. ergibt sich aus der Wiedergabe der unvollständigen Mitteilung im Protokoll kein
  89. zusätzlicher Rechtsfehler; vielmehr gibt dieses den Gang der Hauptverhand-
  90. -6-
  91. lung gerade zutreffend wieder (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. April 2015
  92. – 1 StR 235/14, Rn. 20; vom 15. Januar 2015 – 1 StR 315/14, Rn. 12, NStZ-RR
  93. 2015, 223 mwN, insoweit in BGHSt 60, 150 nicht abgedruckt und vom 15. April
  94. 2014 – 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418). So liegt es hier. § 273 Abs. 1a Satz 2
  95. StPO kann deshalb nicht verletzt sein.
  96. 14
  97. bb) Verletzt ist aber § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO. Nach § 243 Abs. 4 Satz 1
  98. StPO teilt der Vorsitzende des Gerichts mit, ob Erörterungen nach den
  99. §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der
  100. Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.
  101. 15
  102. (1) Das Transparenzgebot soll sicherstellen, dass derartige Erörterungen
  103. stets in öffentlicher Hauptverhandlung zur Sprache kommen, so dass für informelles und unkontrollierbares Verhalten unter Umgehung der strafprozessualen Grundsätze kein Raum verbleibt (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März
  104. 2013 – 2 BvR 2628/10, 2883/10, 2155/11, BVerfGE 133, 168 ff.; BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 1 StR 315/14, BGHSt 60, 150, 152; Urteil vom
  105. 5. Juni 2014 – 2 StR 381/13, NStZ 2014, 601, 602; Beschlüsse vom 5. Oktober
  106. 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72, 73; vom 8. Oktober 2013 – 4 StR 272/13,
  107. StV 2014, 67; vom 3. Dezember 2013 – 2 StR 410/13, NStZ 2014, 219; vom
  108. 15. April 2014 – 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418 und vom 22. Juli 2014 – 1 StR
  109. 210/14, NStZ 2015, 48). Die Pflicht zur Mitteilung der mit dem Ziel einer Verständigung über den Verfahrensausgang geführten Gespräche erstreckt sich
  110. deshalb auch auf die Darlegung, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde, welche Standpunkte gegebenenfalls vertreten wur-
  111. -7-
  112. den und auf welche Resonanz dies bei den anderen am Gespräch Beteiligten
  113. jeweils gestoßen ist (vgl. BVerfG aaO, BVerfGE 133, 168, 215 f.; BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 1 StR 315/14, BGHSt 60, 150, 152; Urteil vom
  114. 5. Juni 2014 – 2 StR 381/13, NStZ 2014, 601, 602; Beschlüsse vom 5. Oktober
  115. 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72, 73; vom 3. Dezember 2013 – 2 StR
  116. 410/13, NStZ 2014, 219 und vom 9. April 2014 – 1 StR 612/13, NStZ 2014,
  117. 416, 417). Dementsprechend hat der Vorsitzende Verlauf und Inhalt der Gespräche in das Protokoll der Hauptverhandlung aufzunehmen. Nur so wird eine
  118. effektive Kontrolle in der Revisionsinstanz ermöglicht.
  119. 16
  120. (2) Nach Maßgabe dessen erweist sich die in öffentlicher Hauptverhandlung vorgenommene Mitteilung des Vorsitzenden über das am 15. Juli 2014
  121. geführte Verständigungsgespräch als unzureichend. Denn wesentliche Informationen, die Ablauf und Inhalt des Gesprächs offen gelegt hätten, teilte der Vorsitzende in der Hauptverhandlung nicht mit. Es blieb offen, welche Standpunkte
  122. von den Teilnehmern des Gesprächs, insbesondere von der Verteidigung und
  123. der Staatsanwaltschaft, vertreten wurden und ob sie bei den anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen sind. Auch fehlte der Hinweis darauf, dass der Vorsitzende bei dem Verständigungsgespräch
  124. davon ausgegangen ist, der Angeklagte habe sich eher dilettantisch verhalten
  125. und der Steuerschaden habe sich gegenüber der Anklage deutlich verringert.
  126. Schließlich enthielt die Mitteilung des Vorsitzenden auch keine Angaben zur
  127. Reaktion der Staatsanwaltschaft auf den Verständigungsvorschlag des Gerichts und ggf. ihre Vorstellung über das Strafmaß und ihre Erwartungen an das
  128. Prozessverhalten des Angeklagten. Die Erwartungen der Verfahrensbeteiligten
  129. an den weiteren Prozessverlauf sind danach unklar geblieben; das aus § 243
  130. Abs. 4 StPO folgende Transparenzgebot ist dadurch verletzt.
  131. -8-
  132. 17
  133. cc) Unter den gegebenen Umständen kann der Senat nicht ausschließen, dass das Urteil auf diesem Rechtsverstoß beruht.
  134. 18
  135. (1) Von einem Beruhen des Urteils auf der Verletzung der Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 StPO ist auszugehen, wenn sich nicht ausschließen
  136. lässt, dass das Gericht bei gesetzmäßigem Vorgehen zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
  137. 19
  138. Der Gesetzgeber hat Verstöße gegen die verfahrensrechtlichen Sicherungen der Verständigung, zu denen auch die Transparenz- und Dokumentationspflichten gehören, nicht als absolute Revisionsgründe eingestuft (vgl.
  139. BVerfG aaO, BVerfGE 133, 168, 223, Rn. 97; BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 878/14, Rn. 29, NStZ 2015, 170, 172). Die Revisionsgerichte haben daher in jedem Einzelfall zu prüfen, ob das Urteil auf dem Transparenzverstoß beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Das gesetzliche Schutzkonzept der
  140. §§ 243 Abs. 4, 273 Abs. 1a, 257c StPO darf hierbei jedoch nicht unterlaufen
  141. werden, so dass das Beruhen des Urteils auf einem Verstoß nur ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann, wenn eine Beeinträchtigung dieses Schutzkonzepts nicht droht (BVerfG aaO, BVerfGE 133, 168, 223, Rn. 97; BVerfG,
  142. Beschluss vom 26. August 2014 – 2 BvR 2172/13, NStZ 2014, 592, 594). In
  143. besonders gelagerten Einzelfällen ist dies denkbar, wenn etwa feststeht, dass
  144. es tatsächlich keine Verständigungsgespräche gegeben hat oder der Prozessverlauf trotz stattgefundener Gespräche nicht beeinflusst worden ist (vgl. BGH,
  145. Beschluss vom 15. Januar 2015 – 1 StR 315/14, BGHSt 60, 150, 153 f. mwN).
  146. Bei der Prüfung durch die Revisionsgerichte sind auch Art und Schwere des
  147. Verstoßes in den Blick zu nehmen (BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2015
  148. – 2 BvR 878/14, Rn. 29, NStZ 2015, 170, 172).
  149. -9-
  150. 20
  151. (2) Auch wenn hier auszuschließen ist, dass der Transparenzverstoß auf
  152. die Verschleierung gesetzwidriger „informeller“ Verständigungsbemühungen
  153. gerichtet war, kann der Senat gleichwohl nicht ausschließen, dass das Urteil
  154. auf dem Transparenzverstoß beruht.
  155. 21
  156. (a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der Verurteilung des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 29 Fällen.
  157. 22
  158. Der Verstoß gegen die Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO
  159. hatte insoweit erhebliches Gewicht, weil in der Mitteilung die Neubewertung der
  160. Beweislage und des Hinterziehungsumfangs durch die Strafkammer fehlte, die
  161. für das Verteidigungsverhalten des Angeklagten von großer Bedeutung sein
  162. konnte, nämlich dass der Steuerschaden deutlich niedriger liegen dürfte als in
  163. der Anklage angenommen und sich die Vorgehensweise des Angeklagten als
  164. eher dilettantisch darstellte. Der Angeklagte hatte diese Tatvorwürfe insgesamt
  165. bestritten und äußerte sich nach der Mitteilung über das Verständigungsgespräch vom 15. Juli 2014 nicht mehr. Der Senat kann nicht ausschließen, dass
  166. sich der Angeklagte nunmehr eingelassen und anders als bisher verteidigt hätte, wenn ihm vom Vorsitzenden die neue Einschätzung der Strafkammer zur
  167. Beweissituation mitgeteilt worden wäre. Ebenso wenig kann der Senat ausschließen, dass der Angeklagte nach einer solchen Mitteilung noch ein Geständnis abgelegt hätte, um eine Strafe in dem vom Gericht genannten Rahmen zu erhalten. Die Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren, zu welcher der
  168. Angeklagte verurteilt worden ist, liegt oberhalb dieses Rahmens.
  169. 23
  170. (b) Für Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges in fünf Fällen und
  171. versuchten Betruges kann im Ergebnis nichts anderes gelten.
  172. - 10 -
  173. 24
  174. Zwar hatte der Angeklagte die Tatvorwürfe des Betruges und versuchten
  175. Betruges bereits nach dem Verständigungsvorschlag des Gerichts vom dritten
  176. Hauptverhandlungstag – mithin ohne die Absicherung durch eine Verständigung – im Wesentlichen gestanden (UA S. 143 f., 149 ff.). Aufgrund der Mitteilung des Vorsitzenden über das Verständigungsgespräch vom 15. Juli 2014
  177. erfuhr er, dass die Strafkammer an ihrem Verständigungsvorschlag festhalten
  178. wolle. Angesichts des bereits vorher abgegebenen Geständnisses liegt es nahe, dass sich der Angeklagte hinsichtlich dieser Tatvorwürfe nicht anders eingelassen hätte, wenn der Vorsitzende ihn – der Mitteilungspflicht aus § 243
  179. Abs. 4 Satz 2 StPO entsprechend – darüber informiert hätte, welche Standpunkte die einzelnen Gesprächsteilnehmer bei dem Verständigungsgespräch
  180. vertraten und wie die Strafkammer die Beweissituation einschätzte.
  181. 25
  182. Letztlich kann der Senat gleichwohl nicht ausschließen, dass auch die
  183. Verurteilung wegen der Betrugstaten auf dem Verfahrensverstoß beruht. Denn
  184. das Geständnis des Angeklagten enthielt Einschränkungen zu seiner Beteiligung an bandenmäßig begangenen Betrugstaten. Das Landgericht hat den Angeklagten, auch wenn dies nur in den Urteilsgründen und nicht im Tenor zum
  185. Ausdruck kommt, jeweils wegen des Qualifikationstatbestandes des (versuchten) banden- und gewerbsmäßigen Betruges (§ 263 Abs. 5 StGB) verurteilt.
  186. Der Senat kann daher letztlich nicht ausschließen, dass sich der Angeklagte
  187. gerade zu seiner Bandenmitgliedschaft nach einer vollständigen Mitteilung des
  188. Vorsitzenden über das Verständigungsgespräch vom 15. Juli 2014 anders als
  189. zuvor eingelassen hätte.
  190. 26
  191. 2. Angesichts der vollständigen Aufhebung des Urteils, soweit es den
  192. Angeklagten betrifft, bedarf es keines Eingehens auf die Verfahrensrüge, mit
  193. der die Revision die Annahme der Unerreichbarkeit des Zeugen D.
  194. im
  195. - 11 -
  196. Sinne von § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO beanstandet hat. Allerdings weist der Senat darauf hin, dass das Tatgericht, sofern es vom Ablehnungsgrund des § 244
  197. Abs. 5 Satz 2 StPO keinen Gebrauch macht, nur bei Vorliegen besonderer Umstände von einer von einem Auslandszeugen angebotenen audiovisuellen Vernehmung absehen und den Zeugen als unerreichbar ansehen darf (vgl. dazu
  198. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 – 3 StR 274/09, BGHSt 55, 11; Rose,
  199. NStZ 2012, 18, 20).
  200. Raum
  201. Graf
  202. Radtke
  203. Jäger
  204. Fischer