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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 227/11
Verkündet am:
3. Juli 2012
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
- 2 -
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Juli 2012 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll und
Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 7. Juli 2011 wird auf Kosten der Beklagten
zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen einer Kapitalanlage.
2
Nach Eingang der Klage am 16. März 2009 hat der Vorsitzende der mit
der Sache befassten Zivilkammer des Landgerichts in Zusammenhang mit der
Zustellung nach § 183 ZPO durch Verfügung vom 20. April 2009 angeordnet,
dass der Beklagten im Hinblick auf das angeordnete schriftliche Vorverfahren
eine Notfrist von zwei Wochen zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft gesetzt werde und dass sie innerhalb von zwei Wochen gemäß § 184 Abs. 1
Satz 1 ZPO einen im Inland ansässigen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen habe. Auf die anderenfalls eintretenden rechtlichen Folgen der Zustellung
von Schriftstücken durch Aufgabe zur Post unter der Anschrift der Beklagten
hat der Vorsitzende hingewiesen. Diese Verfügung und die Klageschrift sind der
- 3 -
Beklagten am 19. Oktober 2009 nach Maßgabe des Haager Übereinkommens
über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 15. November 1965 (BGBl. 1977 II
S. 1452, 1453; im Folgenden HZÜ) zugestellt worden. Am 7. Januar 2010 hat
das Landgericht die Beklagte durch Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren
antragsgemäß verurteilt und die Einspruchsfrist auf zwei Wochen festgesetzt.
Das Urteil ist nach dem auf den 8. Januar 2010 datierten Vermerk der Urkundsbeamtin an diesem Tag unter der Anschrift der Beklagten zur Post aufgegeben
worden. Auf Antrag des Klägers ist das Versäumnisurteil am 28. Januar 2011
der Beklagten erneut förmlich auf diplomatischem Weg zugestellt worden. Am
10. Februar 2011 hat die Beklagte Einspruch dagegen eingelegt. Mit Urteil vom
16. März 2011 hat das Landgericht den Einspruch als unzulässig verworfen. Die
dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die
Beklagte, das Berufungsurteil und das Urteil des Landgerichts vom 16. März
2011 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe:
I.
3
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Landgericht habe den Einspruch gegen das Versäumnisurteil zu Recht gemäß § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO
als unzulässig verworfen, weil er nicht rechtzeitig eingelegt worden sei.
4
Nach § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO gelte das Versäumnisurteil zwei Wochen
nach der am 8. Januar 2010 erfolgten Aufgabe zur Post, mithin am 23. Januar
2010, als zugestellt. Daher sei die auf drei Wochen festgesetzte Einspruchsfrist
- 4 -
bereits im Februar 2010 abgelaufen. Die Regelungen in § 184 ZPO seien weder
verfassungswidrig noch verletze ihre Anwendung das HZÜ. Sowohl die Klageschrift als auch die vom Vorsitzenden getroffene Anordnung zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten nach § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO seien ordnungsgemäß zugestellt worden. Die Beklagte habe danach mit Zustellungen
durch Aufgabe zur Post im weiteren Verfahren rechnen müssen. Sie hätte eine
rechtzeitige Kenntnisnahme von beschwerenden Entscheidungen und Rechtsbehelfsmöglichkeiten sicherstellen können.
5
Die Anordnung nach § 184 ZPO erfordere nicht zwingend die Form eines
Gerichtsbeschlusses. Es genüge die Anordnung des Vorsitzenden. Das Zustellungsreformgesetz vom 25. Juni 2001 (BGBl. I S. 1206), durch das § 184 ZPO
an die Stelle des § 174 Abs. 1 ZPO a.F. getreten ist, habe lediglich die in § 20
Nr. 7 RPflG vorgesehene Zuständigkeitsübertragung auf den Rechtspfleger
aufgehoben; ein Wille des Gesetzgebers, den gesamten Spruchkörper mit der
Entscheidung zu befassen, lasse die Gesetzesbegründung hingegen nicht erkennen. Da der Vorsitzende auch sonst Zustellungen alleine anordne, sei nicht
ersichtlich, warum gerade in Fällen des § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Spruchkörper entscheiden müsse. Auch wenn die Anordnung mangels einer Begründung der Ermessensausübung fehlerhaft wäre, sei sie deswegen jedenfalls
nicht nichtig.
6
Aus der Verfügung der Geschäftsstelle vom 7. Januar 2010, dem Vermerk des Justizwachtmeisters vom 8. Januar 2010 und der nachgeholten
schriftlichen Bestätigung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ergebe sich,
dass das Versäumnisurteil zwecks Übersendung an die Beklagte am 8. Januar
2010 zur Post aufgegeben worden sei. Der unter dem Datum des 8. Januar
2010 nachgeholte Vermerk nach § 184 Abs. 2 Satz 4 ZPO heile den zunächst
bestehenden Mangel der Beurkundung, der von der Beklagten gerügt worden
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sei. Dass die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den Vermerk unter dem Datum der Aufgabe zur Post aufgenommen habe, obwohl dieser erst nach Einlegung der Berufung durch das Berufungsgericht veranlasst worden sei, mache
die Beurkundung nicht unwirksam. Erkenntnisgrundlage für die Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle sei der Aktenvermerk des Leiters der Wachtmeisterei über
die Übergabe des Schriftstückes an das zuständige Postunternehmen. Der Urkundsbeamte müsse nicht selbst das Schriftstück an die Post übergeben. Er
dürfe sich angesichts des Massengeschäfts der Zustellung durch Aufgabe zur
Post auf die Erklärung des zuständigen Justizwachtmeisters in Form eines Aktenvermerks genauso verlassen wie auf eigene Wahrnehmungen. Bis zur Zustellung durch Aufgabe zur Post habe sich weder ein inländischer Zustellungsbevollmächtigter noch ein Prozessbevollmächtigter für die Beklagte bestellt.
7
Die auf Antrag des Klägers erfolgte nochmalige Zustellung des Versäumnisurteils am 28. Januar 2011 habe die bereits verstrichene Einspruchsfrist nicht erneut in Lauf setzen können. Durch eine wiederholte Zustellung könne ein bereits rechtskräftiges Urteil seine formelle Rechtskraft nicht verlieren.
Daran ändere die Rechtsmittelbelehrung nichts, mit der das Versäumnisurteil
bei der förmlichen Zustellung versehen gewesen sei. Eine Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand komme nicht in Betracht, weil bei der Frage des Verschuldens zu berücksichtigen sei, dass die Beklagte aufgrund der Zustellung der
Klageschrift und der Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, Kenntnis davon gehabt habe, dass Zustellungen künftig zu erwarten seien.
8
Der unzulässige Einspruch nach § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO sei ohne
Sachprüfung und ohne Prüfung des ordnungsgemäßen Zustandekommens des
mit dem Einspruch angefochtenen Versäumnisurteils zu verwerfen. Auf die von
der Beklagten erhobene Rüge der fehlenden internationalen Zuständigkeit
komme es nicht weiter an.
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II.
9
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
10
1. Das Landgericht hatte auf den Einspruch der Beklagten gegen das
Versäumnisurteil gemäß § 341 Abs. 1 Satz 1 ZPO zunächst nur zu prüfen, ob
der Einspruch an sich statthaft und in der ordnungsgemäßen Form und Frist
eingelegt worden ist. Da die Beklagte die Einspruchsfrist nicht gewahrt hat,
musste der Einspruch gemäß § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO ohne Sachprüfung und
ohne Rücksicht auf das ordnungsgemäße Zustandekommen des Versäumnisurteils verworfen werden (BGH, Beschluss vom 5. März 2007 - II ZB 4/06,
NJW-RR 2007, 1363 Rn. 9 ff.; Saenger/Pukall, ZPO, 4. Aufl., § 341 Rn. 1).
11
Entgegen der Auffassung der Revision schmälert der beschränkte Prüfungsumfang nicht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör und auf
wirkungsvollen Rechtsschutz in rechtswidriger Weise (vgl. zur Einspruchsfrist in
Verfahren vor dem Arbeitsgericht BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 1974
- 2 BvL 9/73, BVerfGE 36, 298, 301 ff.). Er beruht auf dem die rechtliche Ausgestaltung des Versäumnisverfahrens prägenden Gedanken, im Interesse der
Prozessbeschleunigung eine - auch durch ein fehlerhaftes - Versäumnisurteil
gewarnte Partei zu besonders sorgfältiger Prozessführung anzuhalten. Der Anspruch auf rechtliches Gehör der Partei, gegen die ein Versäumnisurteil ergangen ist, ist im Interesse an einem zügigen Verfahrensfortgang auf den fristgebundenen Einspruch beschränkt. Wegen der Verletzung der prozessualen Mitwirkungspflichten sind der säumigen Partei die Rechtsnachteile durch ein vorläufig vollstreckbares Versäumnisurteil zuzumuten (vgl. Saenger/Pukall, ZPO,
4. Aufl., vor § 330 Rn. 1). Sie unterliegt im Einspruchsverfahren einer verschärften Prozessförderungspflicht (vgl. Grunsky in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 340
Rn. 6). Der fristgemäße Einspruch genügt dem Anspruch auf rechtliches Gehör
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des Säumigen, denn er versetzt den Prozess in die Lage, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand (§ 342 ZPO).
12
Die mit dem Einspruchsverfahren verbundenen allgemeinen Erschwernisse für die Inanspruchnahme des rechtlichen Gehörs, die sich aus der Einhaltung der Einspruchsfrist ergeben, treffen die im Ausland ansässige Partei - wie
die Beklagte - grundsätzlich nicht schärfer als die im Inland ansässige Partei.
Auch die inländische Partei ist an die Einspruchsfrist gebunden und kann bei
Verfristung des Einspruchs nicht mehr geltend machen, ihr sei die Ladung zur
mündlichen Verhandlung oder auch ein anderes das Verfahren betreffende
Schriftstück nicht oder nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Ist - wie hier die Klageschrift als verfahrenseinleitendes Schriftstück der beklagten Partei
ordnungsgemäß zugestellt und die in § 184 Abs. 2 Satz 3 ZPO vorgesehene
Belehrung erteilt worden, erfordert die Situation der im Ausland ansässigen Beklagten keinen weitergehenden Rechtsschutz. Das mit der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks entstehende Prozessrechtsverhältnis begründet eine Prozessförderungspflicht auch des Prozessgegners, die es im Interesse der klagenden Partei an einem effektiven Rechtsschutz rechtfertigt, der im
Ausland ansässigen Partei aufzuerlegen, eine inländische Zustellungsmöglichkeit zu schaffen. Die Wirksamkeit der Verpflichtung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, hängt allerdings von der wirksamen Zustellung des
verfahrenseinleitenden Schriftstücks ab (vgl. Senatsurteil vom 10. November
1998 - VI ZR 243/97, VersR 1999, 510, 511; OLG Stuttgart, Urteil vom 26. September 2011 - 5 U 166/10, juris Rn. 31; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 183
Rn. 81). Im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes wird durch eine Inlandszustellung durch Aufgabe zur Post der Verfahrensverzögerung infolge den Verfahrensgang hemmender Zustellungen im Ausland entgegengesteuert. Aufgrund des Hinweises auf die Folgen der Nichtbenennung eines Zustellungsbevollmächtigten ist der Adressat, dem Schriftstücke gemäß § 184 Abs. 1 Satz 2
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ZPO durch Aufgabe zur Post zugestellt werden, hinreichend über die rechtlichen Folgen unterrichtet. Bei einem verspäteten Einspruch bedarf es danach
auch unter Berücksichtigung des Anspruchs der im Ausland ansässigen Partei
auf ein faires Verfahren und auf rechtliches Gehör keines über § 341 Abs. 1
ZPO hinausgehenden Prüfungsumfangs. Dem gemäß § 184 Abs. 2 Satz 3 ZPO
belehrten Adressaten im Ausland bleibt es unbenommen, mit Hilfe des Antrags
auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei einer unverschuldeten Versäumnis der Einspruchsfrist, seine Rechte zu wahren.
13
2. Die Regelung des § 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO, die eine Zustellung durch
Aufgabe zur Post unter der Anschrift des außerhalb des Bundesgebiets und
außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten ("Zustellung von Schriftstücken") und zur
Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 (ABl. 2007 L 327, S. 79; im
Folgenden: EuZVO) ansässigen Zustellungsadressaten erlaubt, ist im Streitfall
weder durch völkerrechtliche Vereinbarungen ausgeschlossen noch verletzt sie
Verfahrensgrundrechte der Beklagten oder verstößt gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK.
14
a) Die Beklagte ist in der Türkei und damit im Ausland außerhalb des
Anwendungsbereichs der EuZVO (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 EuZVO) ansässig. Deshalb ist die in § 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgesehene Zustellung durch Aufgabe
zur Post nicht durch die vorrangigen Regelungen der EuZVO (vgl. § 183 Abs. 5
Satz 1 ZPO) ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR
190/10, BGHZ 188, 164 Rn. 17 ff. mit zustimmender Anmerkung Grohmann/
Gruschinske, DZWIR 2011, 441 ff.; a.A. Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 183
Rn. 79a). Entgegen der Auffassung der Revision kann daraus nicht hergeleitet
werden, dass auch die Regelungen des HZÜ den Zustellungsvorschriften in
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§§ 183, 184 ZPO vorgingen. Der nationale Gesetzgeber hat nur die von den
europäischen Zustellungsvorschriften erfassten grenzüberschreitenden Zustellungen nicht in die zur Durchführung von Auslandszustellungen aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen getroffenen Regelungen des § 183 ZPO integriert (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 190/10, aaO mwN). Die
von der Revision in den Blick genommene Anwendung über den Wortlaut hinaus widerspräche dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach der Ausnahmecharakter einer Regelung einer vom Wortlaut nicht mehr gedeckten Anwendung
widerspricht.
15
b) Die Regelung des § 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur Zustellung durch Aufgabe zur Post verletzt weder den Anspruch der ausländischen Partei auf rechtliches Gehör noch ihr Recht auf ein faires Verfahren (vgl. zu §§ 174, 175 ZPO
a.F., wonach es nicht einmal einer Belehrung über die Folgen der Unterlassung
der Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten bedurfte: Senatsurteil vom
10. November 1998 - VI ZR 243/97, VersR 1999, 510, 513 und BVerfG, Beschluss vom 19. Februar 1997 - 1 BvR 1353/95, NJW 1997, 1772). Den berechtigten Interessen beider Parteien eines Rechtsstreits auf effektiven Rechtsschutz wird im Einzelfall hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass die Zustellung durch Aufgabe zur Post nicht obligatorisch, sondern aufgrund einer im
pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehenden Anordnung erfolgt. Die nach
§ 184 Abs. 2 Satz 3 ZPO bestehende Pflicht, über die Zustellungsfiktion zu belehren, stellt außerdem sicher, dass die im Ausland ansässige Partei sich der
drohenden Rechtsnachteile bewusst wird und diese durch Benennung eines
Zustellungsbevollmächtigten vermeiden kann.
16
c) Auch Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährt der Beklagten keine weitergehende
Rechtsposition. Die Europäische Kommission für Menschenrechte hat es für
Ausländer als zumutbar erachtet, Anstrengungen zu unternehmen, um sich
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über den Inhalt ihnen zugestellter amtlicher Schriftstücke Gewissheit zu verschaffen. Dementsprechend muss ein im Ausland lebender Rechtsmittelführer
selbst für die Einhaltung der Einlegungs- und Begründungsfristen sorgen. Ganz
allgemein gilt, dass die prozessrechtliche Ausgestaltung des Fair-trial-Grundsatzes weitgehend den einzelnen Vertragsstaaten überlassen bleibt. Hierbei
bestehen weite Gestaltungsspielräume (vgl. Senatsurteil vom 10. November
1998 - VI ZR 243/97, VersR 1999, 510, 513 f. mwN). Allerdings sind auch sogenannte versteckte Diskriminierungen verboten, nämlich Regelungen, die die
benachteiligende Rechtswirkung zwar nicht ausdrücklich an die Ausländereigenschaft anknüpfen, deren Voraussetzungen jedoch typischerweise nur bei
Ausländern gegeben sind. Eine offene oder versteckte Diskriminierung enthält
§ 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht. Eine solche scheidet schon deshalb aus, weil
die Obliegenheit zur Bestellung von Zustellungsbevollmächtigten unter den Voraussetzungen von § 184 Abs. 1 ZPO auch Inländer trifft (siehe auch Roth,
IPRax 1990, 90, 93). Abgesehen davon kann nur dann eine Diskriminierung
vorliegen, wenn die vorgenommene Differenzierung nicht sachlichen Unterschieden des zu regelnden Sachverhalts Rechnung trägt (EuGH, Urteil vom
10. Februar 1994 - Rs. C - 398/92, NJW 1994, 1271 f.). Denn Art. 6 Abs. 1
EMRK ist eine Ausprägung des Gleichheitssatzes, wonach Gleiches gleich,
Ungleiches seiner Eigenart nach verschieden zu behandeln ist. Die in § 184
Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgesehene Anknüpfung der Pflicht zur Benennung eines
Zustellungsbevollmächtigten an den Umstand, dass keine inländische Zustellungsmöglichkeit besteht, trägt einem sachlichen Unterschied Rechnung. Dieser
besteht in der Gefahr der ständigen Verzögerung eines Verfahrens, an dem
eine im Ausland ansässige Partei beteiligt ist, wenn für jede gerichtliche Zustellung im Laufe des Verfahrens der gegenüber dem innerstaatlichen Zustellungsverfahren umständliche und langwierige Weg der internationalen Rechtshilfe
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beschritten werden muss (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Februar 1999 - VIII ZB
35/98, NJW 1999, 1871, 1872).
17
d) Die Zustellung gemäß § 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO verstößt auch nicht
gegen völkerrechtliche Vereinbarungen, die mit der Türkei hinsichtlich der Zustellung von Schriftstücken bestehen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom
28. April 2011 - 5 U 26/11, BeckRS 2011, 26882; OLG Hamm, Urteile vom
10. August 2011 - I-8 U 3/11, juris Rn. 20 ff. und - 8 U 31/11, NJW-RR 2012, 62,
63). Die Zustellung durch Aufgabe zur Post ist keine Auslandszustellung, sondern eine fingierte Form der Zustellung im Inland (vgl. Senatsurteil vom 10. November 1998 - VI ZR 243/97, VersR 1999, 510, 511; Senatsbeschluss vom
13. November 2001 - VI ZB 9/01, VersR 2003, 345, 346; BGH, Urteil vom
2. Februar 2011 - VIII ZR 190/10, BGHZ 188, 164 Rn. 10; OLG Stuttgart, Urteil
vom 26. September 2011 - 5 U 166/10, juris Rn. 55; Heiderhoff, EuZW 2006,
235, 236; a.A. Häublein in Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 184
Rn. 2). Das HZÜ steht der Anwendbarkeit des § 184 ZPO danach schon deshalb nicht entgegen, weil dort nur die Modalitäten einer Auslandszustellung geregelt sind (vgl. Art. 1 Abs. 1 HZÜ), nicht aber die Frage, ob überhaupt eine
förmliche Zustellung im Ausland vorzunehmen ist. Letzteres ist vielmehr durch
das nationale Recht autonom zu beantworten (vgl. Senatsurteil vom 10. November 1998 - VI ZR 243/97, VersR 1999, 510, 511).
18
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, durch den Vorsitzenden der zuständigen
Zivilkammer des Landgerichts für wirksam erachtet. Dass die Anordnung nach
§ 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom Vorsitzenden alleine und nicht vom entsprechenden Spruchkörper getroffen worden ist, berührt jedenfalls nicht deren Wirksamkeit.
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a) Die Frage der Kompetenz für die Anordnung ist in Rechtsprechung
und Literatur umstritten. Einigkeit besteht zunächst insoweit, dass in originären
Einzelrichtersachen (§ 348 Abs. 1 Satz 1 ZPO) die Anordnung nach § 184
Abs. 1 Satz 1 ZPO der Einzelrichter trifft, der als Prozessgericht vollständig an
die Stelle des Kollegiums tritt (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 28. April 2011
- 5 U 26/11, BeckRS 2011, 26882; OLG Hamm, Urteil vom 10. August 2011
- 8 U 31/11, NJW-RR 2012, 62, 64). Ist für den Rechtsstreit ein Kollegialgericht
zuständig, sieht eine Auffassung die Anordnung durch den für Verfahren und
Entscheidung zuständigen Spruchkörper als Wirksamkeitsvoraussetzung an
(vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16. März 2009 - 14 W 27/09,
NJW-RR 2010, 285; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl.,
§ 184 Rn. 8; Saenger/Eichele, ZPO, 4. Aufl., § 184 Rn. 2; Zimmermann, ZPO,
9. Aufl., § 184 Rn. 1; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 184 Rn. 3). Die Gegenauffassung hält auch dann den Vorsitzenden für zuständig (Hüßtege in Thomas/
Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 184 Rn. 3; MünchKommZPO/Häublein, 3. Aufl., § 184
Rn. 7; Rohe in Wieczorek/Schütze, 3. Aufl., § 184 Rn. 43; Roth in Stein/Jonas,
ZPO, 22. Aufl., § 184 Rn. 5; Kessen in Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 184
Rn. 2), zumindest sei die von ihm allein getroffene Anordnung wirksam (OLG
Köln, Urteil vom 16. Dezember 2010 - 18 U 55/10, MDR 2011, 1068, 1069). Die
zuletzt genannte Auffassung trifft zu.
20
aa) Zwar erfolgt nach dem Wortlaut des § 183 Abs. 1 Satz 2 ZPO die
Auslandszustellung auf Ersuchen des "Vorsitzenden des Prozessgerichts", wohingegen § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, dem "Gericht" überträgt. Hieraus folgt jedoch noch
nicht zwingend, dass in letzterem Fall nur ein vom zuständigen Spruchkörper
gefasster Beschluss die Zustellung wirksam anordnet. Beide Regelungen gehen auf Vorschriften zurück, die früher nicht in einem unmittelbaren Zusam-
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menhang standen. So geht die Formulierung des geltenden § 183 Abs. 1 Satz 2
ZPO, wonach der "Vorsitzende des Prozessgerichts" handelt, auf § 183 Abs. 1
Nr. 2 ZPO in der Fassung des Zustellungsreformgesetzes vom 25. Juni 2001
zurück. Die dortige Formulierung entspricht inhaltlich § 199 ZPO in seiner bis
zum Inkrafttreten des Zustellungsreformgesetzes geltenden Fassung (vgl. BTDrucks. 14/4554, S. 23). Nach dieser Vorschrift erfolgte eine im Ausland zu bewirkende Zustellung mittels Ersuchens der zuständigen Behörde des fremden
Staates oder des in diesem Staat residierenden Konsuls oder Gesandten des
Bundes; dass der "Vorsitzende des Prozessgerichts" das Ersuchen verfasst,
war damals also noch nicht ausdrücklich geregelt.
21
Was die Zuständigkeit des "Gerichts" in § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO für die
Anordnung der Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten betrifft, orientierte sich der Gesetzgeber an § 174 ZPO in der bis zum Inkrafttreten des Zustellungsreformgesetzes geltenden Fassung. In dieser Vorschrift, die weitgehend
auf der Regelung des § 160 ZPO in der Fassung vom 30. Januar 1877 (RGBl.
1877, S. 83) beruhte, war von einer Zuständigkeit des "Gerichts" die Rede. Allein der Wortlaut des § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach das "Gericht" anordnen
kann, dass die im Ausland ansässige Partei einen Zustellungsbevollmächtigten
zu benennen hat, steht mithin noch nicht der Wirksamkeit der Anordnung des
Vorsitzenden entgegen.
22
bb) Dass unter dem vom Gesetzeswortlaut vorgegebenen Begriff "Gericht" nicht immer alle Mitglieder eines Spruchkörpers zu verstehen sind, sondern auch eine Wahrnehmung der Aufgabe durch den Vorsitzenden gemeint
sein kann, ergibt sich aus den Regelungen zur Zuständigkeit der für die Vorbereitung der mündlichen Verhandlung zu treffenden Maßnahmen nach § 273
ZPO. Nach § 273 Abs. 1 ZPO veranlasst diese das "Gericht". Aus § 273 Abs. 2
ZPO folgt aber, dass der "Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied
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des Prozessgerichts" die Maßnahmen ergreift. Typischerweise ist der Vorsitzende für die die mündliche Verhandlung vorbereitenden Maßnahmen zuständig. Dazu passt nicht, dass die Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten
zu benennen, die häufig in die vorbereitende Phase des Prozesses fallen wird,
ausschließlich in die funktionelle Zuständigkeit des Spruchkörpers fallen soll.
Für eine ausschließliche Zuständigkeit des Kollegialgerichts spricht auch nicht
entscheidend, dass das Zustellungsrecht für bestimmte Aufgaben die Zuständigkeitsverteilung zwischen Vorsitzendem und Spruchkörper ausdrücklich regelt. So weist § 168 Abs. 2 ZPO die Befugnis, einen Gerichtsvollzieher oder
eine andere Behörde mit einer Zustellung zu beauftragen, ausdrücklich dem
"Vorsitzenden des Prozessgerichts oder einem von ihm bestimmten Mitglied"
zu. Andere Normen regeln die funktionelle Zuständigkeit wiederum nicht ausdrücklich. Beispielsweise sieht § 166 Abs. 2 ZPO die Möglichkeit vor, dass das
„Gericht“ die Zustellung solcher Dokumente anordnet, deren Zustellung nicht
von Gesetzes wegen erforderlich ist. § 270 Satz 1 ZPO schreibt die formlose
Mitteilung von Schriftsätzen, die keine Sachanträge enthalten, vor, wenn nicht
das „Gericht“ die Zustellung anordnet. In den beiden letztgenannten Fällen entscheidet aber regelmäßig der Vorsitzende durch eine Verfügung (vgl. Roth in
Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 166 Rn. 4; Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO,
3. Aufl., § 166 Rn. 52).
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cc) Der Gesetzgeber des am 1. Juli 2002 in Kraft getretenen Zustellungsreformgesetzes vom 25. Juni 2001 (BGBl. I S. 1206) hat sich mit der hier in Rede stehenden Frage der funktionellen Zuständigkeit des Vorsitzenden oder aller
Mitglieder des Prozessgerichts nicht befasst. Er hat die in § 20 Nr. 7 RPflG a.F.
vorgesehene Übertragung der Aufgabe auf den Rechtspfleger gestrichen, weil
die Anordnung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten (für im Inland
ansässige Parteien) entfallen sei, und die Zuständigkeit des Gerichts für die
- bei im Ausland ansässigen Parteien nunmehr im Ermessen stehende - Ent-
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scheidung, ob die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten angeordnet
wird, begründet (vgl. BT-Drucks. 14/4554, S. 27). Im Hinblick auf das Schweigen der Gesetzesbegründung zur Frage der funktionellen Zuständigkeit spricht
viel dafür, dass sich der Gesetzgeber damit nicht auseinandergesetzt hat, wer
in funktioneller Hinsicht anstelle des bisher zuständigen Rechtspflegers die in
§ 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgesehene Anordnung treffen soll und ob dies auch
durch eine Verfügung geschehen kann (vgl. OLG Köln, Urteil vom 16. Dezember 2010 - 18 U 55/10, MDR 2011, 1068, 1069).
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Nach den vorstehenden Ausführungen ist rechtlich nicht zu beanstanden,
dass die Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, durch
den Vorsitzenden getroffen worden ist. Im Übrigen wäre die Verletzung der
funktionellen Zuständigkeit kein so schwerwiegender Fehler, dass dadurch die
Zustellung der Klageschrift und die Anordnung der Zustellung durch Aufgabe
zur Post gegenüber der Beklagten unwirksam würden.
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dd) Zwar sind an die Einhaltung der Vorschriften über das Zustellungsverfahren insbesondere im Hinblick auf die von § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO ausgelöste Fiktion und die Bedeutung, die der Zustellung für den Beginn der
Rechtsmittelfristen zukommt, strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Senatsurteil vom 10. November 1998 - VI ZR 243/97, VersR 1999, 510, 512; BGH, Urteil
vom 8. März 1979 - IX ZR 92/74, BGHZ 73, 388, 390). Wird eine Vorschrift über
das Verfahren bei Zustellungen verletzt, ist die Zustellung dennoch nur dann
unwirksam, wenn der Zweck der verletzten Verfahrensvorschrift dies erfordert.
Bei Verletzung der hier in Rede stehenden funktionellen Zuständigkeit innerhalb
des Spruchkörpers ist dies nicht der Fall.
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Die Vorschriften über die Zustellung gewährleisten den Anspruch des
Zustellungsadressaten auf rechtliches Gehör, indem sie sicherstellen, dass der
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Betroffene Kenntnis von dem zuzustellenden Dokument nehmen und seine
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung darauf einrichten kann (vgl. BVerfG,
Beschluss vom 11. Juli 1984 - 1 BvR 1269/83, BVerfGE 67, 208, 211). Wird die
Aufforderung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, von einem funktionell nicht zuständigen Richter getroffen, wird dadurch die Möglichkeit des
Zustellungsadressaten, von Dokumenten, die den Rechtsstreit betreffen,
Kenntnis zu erlangen und rechtliches Gehör in Anspruch zu nehmen, in keiner
Weise erschwert. Auch nach Anordnung durch den Vorsitzenden des Gerichts
erhält der Zustellungsadressat das verfahrenseinleitende Schriftstück, die Aufforderung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, und die Belehrung
über die Möglichkeit der Zustellung durch Aufgabe zur Post für den Fall, dass
kein Zustellungsbevollmächtigter benannt wird. Er wird unabhängig davon, wer
die Anordnung getroffen hat, jedenfalls über den Inhalt des Rechtsstreits informiert. Ihm wird verdeutlicht, dass er durch Bestellung eines Prozessbevollmächtigten oder durch Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten die Möglichkeit der Kenntnisnahme von weiteren den Rechtsstreit betreffenden Dokumenten zuverlässig sicherstellen soll und zur Wahrung seiner Rechte tätig werden muss. Die fehlende funktionelle Zuständigkeit des anordnenden Richters
beeinträchtigt die prozessuale Rechtsposition der im Ausland ansässigen Partei
mithin in keiner Weise. Sie berührt deshalb auch nicht die Wirksamkeit der Anordnung.
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b) Die Anordnung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie nicht mit
Gründen versehen worden ist. Allein der Mangel der Begründung führt nicht zur
Nichtigkeit der Anordnung, zumal diese unanfechtbar ist (MünchKommZPO/Häublein, 3. Aufl., § 184 Rn. 7; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 184
Rn. 5). Aus dem zulässigen Unterlassen einer Begründung kann auch nicht auf
einen Ermessensfehler des im Übrigen nicht an die Anregung der Partei gebundenen Richters geschlossen werden.
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4. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass das Versäumnisurteil gemäß § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO als am 23. Januar 2010 zugestellt gilt.
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Die für den Eintritt der Zustellungsfiktion erforderliche Aufgabe zur Post
unter der Anschrift der Partei ist durch den Zustellungsvermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bewiesen. Der Zustellungsvermerk nach § 184 Abs. 2
Satz 4 ZPO, in dem die Zeit und die Anschrift, unter der das Schriftstück zur
Post gegeben wurde, zu vermerken ist, ersetzt die Zustellungsurkunde gemäß
§ 182 ZPO (BGH, Beschluss vom 13. Juni 2001 - V ZB 20/01, VersR 2003,
345). Ebenso wie die Zustellungsurkunde (vgl. BT-Drucks. 14/4554, S. 15) ist
der Vermerk aber keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zustellung, sondern
dient lediglich deren Nachweis (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 26. September
2011 - 5 U 166/10, juris Rn. 54; Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl.,
§ 184 Rn. 45; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 184 Rn. 17; Zöller/Stöber,
ZPO, 29. Aufl., § 184 Rn. 9). Der Urkundsbeamte muss das Schriftstück nicht
selbst zur Post aufgeben; es reicht aus, wenn er aufgrund einer Erklärung des
Justizwachtmeisters oder eines sonstigen Gehilfen, der das Schriftstück zur
Post aufgegeben hat, das Datum der Aufgabe und die Anschrift des Empfängers des Schriftstücks beurkundet (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1953
- IV ZR 180/52, BGHZ 8, 314, 315; Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl.,
§ 184 Rn. 47; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 184 Rn. 18). Er darf den
Vermerk nachträglich anfertigen, sofern er die Verantwortung für die Richtigkeit
übernimmt. Unerheblich ist, ob zwischenzeitlich ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, dessen Erfolg durch den Vermerk berührt wird (vgl. BGH, Beschlüsse
vom 14. Oktober 1982 - III ZB 23/82, VersR 1983, 60; vom 24. Juli 2000 - II ZB
20/99, VersR 2001, 1050; MünchKommZPO/Häublein, 3. Aufl., § 184 Rn. 14;
Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 184 Rn. 49; Roth in Stein/Jonas,
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ZPO, 22. Aufl., § 184 Rn. 18; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 184 Rn. 12). Auch
der Ablauf einer Fünf-Monatsfrist setzt der Nachholung entgegen der Auffassung der Revision keine zeitliche Grenze (vgl. zu Unterschriftsnachholung des
Richters: BGH, Urteil vom 27. Januar 2006 - V ZR 243/04, NJW 2006, 1861).
Der Fall der Anfertigung eines Vermerks, für dessen Inhalt sich der Urkundsbeamte auf aktenmäßig niedergelegte tatsächliche Umstände stützt, ist nicht vergleichbar mit dem durch die richterliche Unterschrift gedeckten Inhalt von Urteilsgründen.
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Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall die Tatsache der Aufgabe zur
Post, an welche die Zustellungsfiktion geknüpft ist, durch den nachgeholten
Vermerk der Urkundsbeamtin erwiesen. Die Nachholung der Beurkundung der
Zustellung durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist unter den gegebenen Umständen rechtlich unbedenklich. Diese hat durch schriftliche Verfügung
vom 7. Januar 2010 die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils an den/die Leiter/in der Wachtmeisterei zum Zwecke der Zustellung durch Aufgabe zur Post
zugeleitet. Der beauftragte Justizwachtmeister hat am 8. Januar 2010 die Sendung bei dem zuständigen Postunternehmen zum Zwecke der Zustellung aufgegeben und diesen Umstand in einem schriftlichen Vermerk vom gleichen Tag
bestätigt. Er hat allerdings irrigerweise an Stelle der hierfür zuständigen Urkundsbeamtin auch den Beurkundungsvermerk vom 8. Januar 2010 unterzeichnet. Auf der Grundlage der aktenmäßigen Niederlegung des Gangs der
Zustellung konnte die Urkundsbeamtin den Beurkundungsvermerk nachholen.
Dass die Urkundsbeamtin den Vermerk unter dem Datum des 8. Januar 2010
nachgeholt hat, berührt dessen Beweiskraft nicht, weil der Vermerk nicht datiert
zu sein braucht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 1982 - III ZB 23/82,
VersR 1983, 60; Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 184 Rn. 46; Roth
in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 184 Rn. 18). Mit der Beurkundung hat die Urkundsbeamtin die Verantwortung für die Erklärung übernommen, dass eine
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Ausfertigung des Versäumnisurteils am 8. Januar 2010 unter der Anschrift der
Beklagten zur Post aufgegeben worden ist. Ein grundsätzlich möglicher Gegenbeweis (vgl. § 182 Abs. 1 Satz 2, § 418 Abs. 2 ZPO) ist nicht geführt worden.
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5. Die erneute förmliche Zustellung am 28. Januar 2011 vermag die bereits im Februar 2010 eingetretene Rechtskraft des Versäumnisurteils nicht zu
durchbrechen. Eine erneute Zustellung und eine fehlerhafte Belehrung über
eine nicht bestehende Möglichkeit eines Rechtsbehelfs setzen eine Frist nicht
nochmals in Lauf (BGH, Beschlüsse vom 20. Oktober 2005 - IX ZB 147/01,
NJW-RR 2006, 563, 564; vom 20. November 2006 - NotZ 35/06, juris Rn. 7;
Urteil vom 15. Dezember 2010 - XII ZR 27/09, NJW 2011, 522 Rn. 20; OLG
Stuttgart, Beschluss vom 11. Mai 2011 - 5 W 8/11, NJW-RR 2011, 1631, 1632;
OLG Hamm, Urteile vom 10. August 2011 - I-8 U 3/11, juris Rn. 40 und - 8 U
31/11, NJW-RR 2012, 62, 64). Allein die Belehrung über die nicht eröffnete Einspruchsmöglichkeit vermochte schon wegen der Widersprüchlichkeit zum Inhalt
der im Januar 2010 erfolgten Belehrung über den möglichen Einspruch und die
Folgen der Untätigkeit, deren Empfang von der Beklagten nicht in Frage gestellt
worden ist, kein berechtigtes Vertrauen der Beklagten zu begründen.
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6. Der Beklagten ist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gemäß § 233 ZPO zu gewähren. Sie hat keine die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen vorgetragen. Solche sind auch nicht in der Weise offenkundig, dass von Amts wegen Wiedereinsetzung gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO gewährt werden müsste (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember
2010 - XII ZB 334/10, NJW-RR 2011, 568 Rn. 6 f.).
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Zwar kann grundsätzlich ein die Wiedereinsetzung hinderndes Verschulden nicht bereits aus dem Verstoß gegen die Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, hergeleitet werden (BGH, Beschluss vom
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24. Juli 2000 - II ZB 20/99, VersR 2001, 1050). Mit dem im Rechtsstaatsgebot
wurzelnden Grundsatz des fairen Verfahrens wäre es unvereinbar, einer im
Ausland wohnenden Partei, die ein nach § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO als zugestellt
geltendes Versäumnisurteil wegen Verlustes auf dem Postweg überhaupt nicht
erhält, den Rechtsbehelf des Einspruchs endgültig allein deshalb abzuschneiden, weil sie keinen Zustellungsbevollmächtigten benannt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2000 - II ZB 20/99, aaO; Gerken in Wieczorek/Schütze,
ZPO, 3. Aufl., § 233 Rn. 40). So liegt der Fall allerdings hier nicht.
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Die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheidet
zum Einen mangels eines Wiedereinsetzungsantrags aus, weil der Prozessbevollmächtigte der Beklagten stets die Auffassung vertreten hat, die Zustellung
durch Aufgabe zur Post sei aus Rechtsgründen unwirksam und der Einspruch
rechtzeitig eingelegt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. September 1952 - III ZB
13/52 , BGHZ 7, 194, 198). Die Regelung in § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO erfordert
außerdem, dass alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung
erforderlich sind, innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorzutragen sind (Senatsbeschlüsse vom 29. Januar 2002 - VI ZB 28/01, juris Rn. 4; vom
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13. November 2007 - VI ZB 19/07, juris Rn. 6; BGH, Beschluss vom 19. April
2011 - XI ZB 4/10, NJW-RR 2011, 1284 Rn. 7). Solchen Vortrag zeigt die Revision nicht auf.
Galke
Zoll
Diederichsen
Wellner
Stöhr
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 16.03.2011 - 22 O 171/09 OLG Köln, Entscheidung vom 07.07.2011 - 18 U 119/11 -