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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 43/10
Verkündet am:
22. Oktober 2010
Lesniak,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB §§ 902 Abs. 1 Satz 1, 1004 Abs. 1, 1027
Der Anspruch des Berechtigten einer Grunddienstbarkeit auf Beseitigung oder Unterlassung der Beeinträchtigung des Rechts unterliegt nicht der Verjährung, wenn es
um die Verwirklichung des Rechts selbst, und nicht nur um eine Störung in der Ausübung geht.
BGH, Urteil vom 22. Oktober 2010 - V ZR 43/10 - LG Magdeburg
AG Schönebeck (Elbe)
-2-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Oktober 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin
Dr. Brückner
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 9. Februar 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Kläger sind Eigentümer in Erbengemeinschaft des Flurstücks
Nr. 852/58. Der Beklagten gehört das westlich angrenzende Grundstück mit der
Flurstücksnummer 853/58. Zu dessen Lasten ist seit August 1980 im Grundbuch eine Grunddienstbarkeit (Wegerecht) zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 852/58 eingetragen.
2
Ursprünglich nahmen die Berechtigten nur einen kleinen, nahe der östlichen Grenze befindlichen Teil des belasteten Grundstücks in Anspruch, zu welchem sie über das Grundstück eines Dritten gelangten. Nachdem sie diese Zuwegung nicht mehr benutzen durften, gelangten sie von dem den Klägern
-3-
ebenfalls gehörenden Flurstück Nr. 54/1, welches südlich an das belastete
Grundstück angrenzt, wiederum unter Inanspruchnahme eines einem Dritten
gehörenden Grundstücks auf das belastete Grundstück etwa in der Mitte seiner
west-östlichen Ausdehnung und von dort entlang der südlichen Grenze zu ihrem Flurstück Nr. 852/58. Diese Möglichkeit der Zuwegung endete im Jahr
2002.
3
Da die Beklagte die Inanspruchnahme ihres Grundstücks in der gesamten west-östlichen Ausdehnung verweigert, haben die Kläger die Verurteilung
der Beklagten zur Duldung des Betretens und Befahrens des belasteten Grundstücks zum Zweck der Bewirtschaftung ihres Flurstücks in der Weise, dass die
Zuwegung von der westlich des belasteten Grundstücks verlaufenden öffentlichen Straße in einer Breite von ca. 3 m an der südlichen Grundstücksgrenze
verläuft, beantragt. Das Amtsgericht hat - soweit hier von Bedeutung - der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die Beklagte - unter Abweisung der weitergehenden Klage - zur Duldung des Betretens und Befahrens des belasteten
Grundstücks verurteilt.
4
Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, will die Beklagte die vollständige Abweisung der
Klage erreichen.
Entscheidungsgründe:
I.
5
Nach Ansicht des Berufungsgerichts können die Kläger aufgrund der
Grunddienstbarkeit verlangen, dass die Beklagte ihnen und ihren Rechtsnachfolgern die Zuwegung zu ihrem Flurstück über die gesamte west-östliche Aus-
-4-
dehnung des belasteten Grundstücks - also ohne Benutzung des ihnen ebenfalls gehörenden Flurstücks Nr. 54/1 - gestattet. Die Dienstbarkeit sei nicht deshalb erloschen, weil die Kläger die Beseitigung von die gewünschte Zuwegung
beeinträchtigenden Bäumen, welche die Beklagte gepflanzt habe, wegen Verjährung nicht mehr verlangen könnten; denn das belastete Grundstück biete
trotz der vorhandenen Aufbauten und Anpflanzungen genügend Platz für die
Einräumung eines 3 m breiten Weges. Den Gestattungsanspruch hält das Berufungsgericht für nicht verjährt und nicht verwirkt. Einen bestimmten Verlauf der
Zuwegung könnten die Kläger mangels Vereinbarung bei der Wegerechtsbestellung und mangels längerer tatsächlicher Ausübung jedoch nicht verlangen.
Die Beklagte könne den Verlauf bestimmen.
II.
6
Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Duldungsanspruch der Kläger bejaht. Dieser hat seine Grundlage in
§§ 1027, 1004 Abs. 1 BGB.
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1. Entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Ansicht ist die von dem
Berufungsgericht ausgesprochene Verurteilung hinreichend bestimmt. Mangels
Vorliegens einer bestimmten Störung wird der Beklagten zu Recht allgemein
aufgegeben, das Betreten und Befahren des mit der Grunddienstbarkeit belasteten Flurstücks zu dulden.
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2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Ansicht "der Instanzgerichte", die Beklagte müsse den Klägern die Ausübung des Wegerechts über
die gesamte west-östliche Länge ihres Grundstücks ermöglichen. Eine örtliche
Ausübungsbeschränkung haben die Dienstbarkeitsberechtigten und -verpflichteten nämlich nicht gewollt.
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9
a) Das Berufungsgericht hat die an der westlichen Grenze des belasteten
Grundstücks seit den Jahren 1991/1992 geschaffenen Verhältnisse (Anpflanzung von 22 Bäumen) nicht übersehen. Es hat diesen Umstand berücksichtigt
und mit tatbestandlicher Wirkung festgestellt, dass das belastete Grundstück
trotz der Aufbauten und Anpflanzungen genügend Platz für die Einräumung eines 3 m breiten Weges bietet. Dies hat der Senat seiner Beurteilung zugrunde
zu legen, weil die Beklagte es versäumt hat, in der Berufungsinstanz der jetzt
von ihr als unrichtig angesehenen Feststellung mit einem Berichtigungsantrag
nach § 320 ZPO entgegenzutreten; mit einer Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3
Satz 1 Nr. 2 ZPO, welche die Revision erhebt, kann die Berichtigung nicht
nachgeholt werden (siehe nur BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04,
NJW-RR 2007, 1434, 1435 mwN).
10
b) Auch der Umstand, dass die Beklagte im Dezember 1999 eine Fläche
von ca. 50 m² des an der westlichen Seite zu ihrem Grundstück führenden öffentlichen Weges gepachtet hat, steht der Inanspruchnahme ihres gesamten
Grundstücks für das Wegerecht nicht entgegen. Nach der in dem Berufungsurteil in Bezug genommenen Feststellung des Amtsgerichts erstreckt sich der
Pachtvertrag, den die Beklagte mit der Gemeinde abgeschlossen hat, nicht
über den gesamten sogenannten Gemeindeweg, sondern nur auf den hinteren
Teil. Bis dorthin kann jedermann zu dem belasteten Flurstück gelangen.
11
c) Ebenfalls nicht übersehen hat das Berufungsgericht den Umstand,
dass die Kläger bislang das Wegerecht nur unter Inanspruchnahme eines Teils
der west-östlichen Ausdehnung des belasteten Grundstücks ausgeübt haben.
Im Hinblick hierauf ist es zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass diese tatsächliche Handhabung die Beklagte nicht berechtigt, den Klägern die Zuwegung über den bisher nicht in Anspruch genommenen Grundstücksteil zu verwehren. Denn zum einen dürfen sie seit mehreren Jahren das anfangs benutzte
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Flurstück 55/3 nicht mehr überqueren. Zum anderen müssen sie nicht das ihnen gehörende Flurstück 54/1 als Zuwegung zu dem belasteten Grundstück
nutzen. Aus der Grundbucheintragung lässt sich - was der Senat selbst feststellen kann (siehe nur Senat, Urteil vom 3. Mai 2002 - V ZR 17/01, NJW 2002,
3021, 3022 mwN) - nicht entnehmen, dass die Ausübung der Dienstbarkeit auf
einen bestimmten Bereich des belasteten Grundstücks beschränkt sein soll.
Aus der über viele Jahre praktizierten tatsächlichen Handhabung der Ausübung
der Dienstbarkeit, die für die Feststellung einer von den Berechtigten und den
Verpflichteten gewollten örtlichen Ausübungsbeschränkung Bedeutung haben
kann (Senat, Urteil vom 3. Mai 2002 - V ZR 17/01, NJW 2002, 3021, 3022; Urteil vom 7. Oktober 2005 - V ZR 140/04, NJW-RR 2006, 237, 238), ergibt sich
nichts anderes. Zumindest die Kläger und ihre Rechtsvorgängerin wollten die
Ausübung ihres Rechts nicht auf Dauer auf den in Anspruch genommenen Teil
des belasteten Flurstücks beschränken. Sie hatten und haben kein Interesse
daran, dass das Wegerecht sie lediglich zur Benutzung eines kleinen Teils und
später der ca. hälftigen west-östlichen Ausdehnung des belasteten Grundstücks
berechtigt. Denn bei einem Verkauf des herrschenden Grundstücks, den die
Kläger nunmehr beabsichtigen, hat dessen Eigentümer bei einem derart örtlich
beschränkten Wegerecht keine Möglichkeit, über das Grundstück der Beklagten
zu einer öffentlichen Straße zu gelangen.
12
d) Ob das von der Beklagten gewünschte Ergebnis (örtliche Ausübungsbeschränkung) aus den in Nr. 8 a und Nr. 8 b des Kaufvertrags vom 23. Juni
1980 enthaltenen Vereinbarungen folgt, wie die Revision meint, ist unerheblich.
Da im Grundbuch auf die in dem Kaufvertrag enthaltene Bewilligung der Dienstbarkeit nicht Bezug genommen wird, dürfen die genannten Vereinbarungen
nicht zu der Ermittlung des von den Vertragsschließenden gewollten Verlaufs
des Weges herangezogen werden (vgl. Senat, Urteil vom 3. Mai 2002 - V ZR
17/01, aaO).
-7-
13
3. Nach den vorstehenden Ausführungen gehen die Erwägungen, mit
denen die Revision die Beschränkung der Inanspruchnahme des belasteten
Grundstücks aufgrund der Vorschriften der §§ 242, 1023 BGB erreichen will, ins
Leere. Denn sie setzen etwas voraus, woran es hier fehlt, nämlich schon die
bisherige Beschränkung der Ausübung der Dienstbarkeit auf einen Teil des belasteten Grundstücks.
14
4. Auch der Gedanke einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift
des § 1023 BGB verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Selbst wenn der Dienstbarkeitsverpflichtete die Verlegung der Ausübungsstelle des Wegerechts auf
ein anderes in seinem Eigentum stehendes Grundstück verlangen könnte und
dem Berechtigten die Befugnis zur Verlegung des Rechts auf ein anderes herrschendes Grundstück zustünde (so MünchKomm-BGB/Joost, 5. Aufl., § 1023
Rn. 6 f.), lässt sich daraus nicht ableiten, dass der Verpflichtete die Verlegung
auf ein Grundstück des Berechtigten verlangen könnte. Denn das hätte die teilweise Aufhebung der Dienstbarkeit zur Folge.
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5. Auf das von dem Senat in ständiger Rechtsprechung anerkannte Institut des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses (siehe nur Urteil vom
31. Januar 2003 - V ZR 143/02, NJW 2003, 1392 m.umfangr.Nachw.) kann sich
die Revision nicht mit Erfolg stützen. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines
zwingenden Ausnahmefalls im Sinne der Senatsrechtsprechung sind weder
festgestellt noch ersichtlich. Das Bestandsschutzinteresse der Beklagten muss
deshalb hinter das Interesse der Kläger an der Möglichkeit der Ausnutzung des
Wegerechts auf der gesamten west-östlichen Ausdehnung des belasteten
Grundstücks zurücktreten. Die Vorschrift des § 1020 BGB, nach welcher der
Berechtigte die Dienstbarkeit nur unter Schonung des Interesses des Verpflichteten ausüben darf, wahrt die berechtigten Interessen der Beklagten ausreichend.
-8-
16
6. Ohne Erfolg rügt die Revision eine Verletzung der Art. 3 Abs. 1, 103
Abs. 1 GG. Die Richtigkeit der als unzutreffend angesehenen Feststellung des
Berufungsgerichts, dass auf dem belasteten Grundstück trotz der Aufbauten
und Anpflanzungen noch genügend Platz für eine ca. 3 m breite Zuwegung zu
dem Grundstück der Kläger ist, kann die Beklagte mit den Verfahrensrügen
nicht mehr zu Fall bringen; denn sie hat es versäumt, im Berufungsverfahren
einen Berichtigungsantrag nach § 320 ZPO zu stellen (vgl. vorstehend unter
1. a)). Auch erweist sich das Berufungsurteil insoweit weder als überraschend
noch als willkürlich. Das Berufungsgericht hat seine Feststellung "ausweislich
der mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder" getroffen.
17
7. Mit Recht hat das Berufungsgericht - von der Revision nicht angegriffen, obwohl es für die Beklagte nachteilig ist - angenommen, dass der Klageanspruch nicht verjährt ist.
18
a) Wird eine Grunddienstbarkeit beeinträchtigt, stehen dem Berechtigten
die in § 1004 BGB bestimmten Rechte zu (§ 1027 BGB). Beeinträchtigung in
diesem Sinn ist jede Störung oder Behinderung der rechtmäßigen Ausübung
der Dienstbarkeit. Dazu gehört auch die Vorenthaltung des Grundstücks, auf
dem die Dienstbarkeit lastet. Der Dienstbarkeitsberechtigte kann die Beseitigung bzw. die Unterlassung einer solchen Beeinträchtigung verlangen (§ 1004
Abs. 1 BGB). Dieser Anspruch ergibt sich unmittelbar aus der Grunddienstbarkeit. Er dient der Verwirklichung des Rechts, das sich aus dem Grundbuch ergibt. Nach § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB unterliegt er dann nicht der Verjährung.
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b) Etwas anderes ist, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts, der
Entscheidung des Senats vom 23. Februar 1973 (V ZR 109/71, BGHZ 60,
235 ff.) nicht zu entnehmen. Zwar heißt es dort in dem ersten Leitsatz, dass der
Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB kein Anspruch aus einem eingetrage-
-9-
nen Recht im Sinne des § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB ist. Aber aus den Entscheidungsgründen ergibt sich, dass der Senat diese Aussage für den dem Grundstückseigentümer zustehenden Anspruch auf Beseitigung einer konkreten Eigentumsstörung nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB getroffen hat (BGHZ 60, 235,
239; vgl. auch Urteil vom 22. Juni 1990 - V ZR 3/89, NJW 90, 2555, 2556). Das
ist sowohl auf Zustimmung als auch auf Ablehnung gestoßen (siehe die umfangreichen Nachweise bei Staudinger/Gursky, BGB [2008], § 902 Rdn. 9). Der
Meinungsstreit braucht hier jedoch nicht entschieden zu werden. Denn der Anspruch des Berechtigten einer Grunddienstbarkeit auf Beseitigung bzw. Unterlassung der Beeinträchtigung des Rechts nach § 1004 Abs. 1 BGB, der aus der
Vorschrift des § 1027 BGB folgt, verjährt jedenfalls dann nicht, wenn es um die
Verwirklichung des Rechts selbst, und nicht nur um eine Störung in der Ausübung geht (OLG Hamburg, ZMR 2003, 485; Bamberger/Roth/Kössinger, BGB
2. Aufl., § 902 Rn. 4; Erman/Grziwotz, BGB, 12. Aufl., § 1027 Rn. 4; juris PKBGB/Toussaint, 4. Aufl., § 902 Rn. 13; MünchKomm-BGB/Kohler, 5. Aufl.,
§ 902 Rn. 5; NK-BGB/Otto, 2. Aufl., § 1028 Rn. 5; Planck/Strecker, BGB,
5. Aufl., § 1027 Anm. 1 f; Staudinger/Gursky, BGB [2008], § 902 Rn. 9; aA
BGB-RGRK/Rothe, 12. Aufl., § 1028 Rn. 1; MünchKomm-BGB/Joost, 5. Aufl.,
§ 1027 Rn. 7; Palandt/Bassenge, BGB, 69. Aufl., § 1028 Rn. 1). Auf ihn treffen
die Erwägungen, mit denen der Senat die Anwendung der Vorschrift des § 902
Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Anspruch des Grundstückseigentümers auf Beseitigung einer Störung des Eigentums verneint hat, nicht zu.
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aa) Die Regelung in § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine Ausnahme von
dem in § 194 Abs. 1 BGB enthaltenen allgemeinen Grundsatz, dass Ansprüche
der Verjährung unterliegen. Sie ergibt sich aus dem Zweck des Grundbuchs.
Seine Verlautbarungen sollen Rechtssicherheit schaffen. Um diesen Zweck zu
erreichen, wird vermutet, dass demjenigen, für den ein Recht im Grundbuch
eingetragen ist, dieses Recht zusteht, und dass ein im Grundbuch gelöschtes
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Recht nicht besteht (§ 891 BGB); darauf aufbauend wird die Richtigkeit und
Vollständigkeit des Grundbuchs zugunsten eines gutgläubigen Erwerbers fingiert (§ 892 BGB). Auch das Rechtsinstitut der Verjährung dient der Rechtssicherheit; es schützt den Schuldner vor Ansprüchen, deren Bestehen infolge
langer Dauer ihrer Nichtgeltendmachung zweifelhaft und ungewiss erscheint.
Dieses Schutzes bedarf es für Ansprüche aus einem im Grundbuch eingetragenen Recht nicht, wenn sich der Inhalt des Rechts aus dem Grundbuch ergibt.
Denn es besteht eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des
Rechts, wie es im Grundbuch eingetragen ist, und damit auch der Ansprüche,
die es dem Berechtigten gewährt.
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bb) Das gesetzliche Regel-Ausnahme-Verhältnis wird nach § 902 Abs. 1
Satz 2 BGB durchbrochen, wenn die Ansprüche aus einem im Grundbuch eingetragenen Recht auf Rückstände wiederkehrender Leistungen oder auf Schadensersatz gerichtet sind. Diese Regelung hat ihren Grund darin, dass von der
Befriedigung solcher Ansprüche die weitere Ausübung des Rechts nicht abhängt und das Grundbuch über die eingetragenen Rechte insoweit, als es die
genannten Ansprüche betrifft, keine Auskunft gibt (Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band III, S. 140). Beides mag für den
Anspruch des Eigentümers auf Beseitigung einer konkreten Beeinträchtigung
des Eigentums nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zutreffen (so Senat, Urteil vom
23. Februar 1973 - V ZR 109/71, BGHZ 60, 235, 239 für den letztgenannten
Gesichtspunkt). Bei dem hier geltend gemachten Anspruch des aus der Grunddienstbarkeit Berechtigten ist es jedoch anders. Er hat die Verwirklichung des
eingetragenen Rechts selbst und nicht lediglich die Abwehr einer bestimmten
Störung zum Ziel. Versagte man ihn aufgrund zwischenzeitlich eingetretener
Verjährung, wäre die Ausübung des Rechts insgesamt ausgeschlossen oder
beschränkt. Die Grundbucheintragung erwiese sich als bloße rechtliche Hülse,
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die nicht mit Leben gefüllt werden könnte. Das entspricht nicht dem Zweck der
Vorschrift des § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. Mugdan, aaO).
22
cc) Dass sich der Anspruch nicht aus der Grundbucheintragung selbst
ergibt, schadet nicht. Auch der Herausgabeanspruch des Grundstückseigentümers nach § 985 BGB lässt sich nicht dem Grundbuch entnehmen; gleichwohl
unterliegt er nach § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht der Verjährung (siehe nur Senat, Urteil vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, NJW 2007, 2183). Der Sache
nach ähnelt der von dem Kläger geltend gemachte Duldungsanspruch diesem
Herausgabeanspruch. Hier wie dort geht es um die Durchsetzung des im
Grundbuch eingetragenen Rechts in dem Sinn, dem Rechtsinhaber die ihm zustehende Rechtsmacht (§§ 903, 1018 BGB) zu verschaffen.
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c) Die Richtigkeit dieses Ergebnisses wird durch die Vorschrift des
§ 1028 BGB bestätigt. Danach unterliegt der Anspruch des Berechtigten einer
Grunddienstbarkeit auf Beseitigung einer Beeinträchtigung des Rechts, die
durch eine Anlage auf dem belasteten Grundstück verursacht wird, der Verjährung auch dann, wenn die Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist;
mit der Verjährung des Anspruchs erlischt das Recht, soweit der Bestand der
Anlage mit ihm in Widerspruch steht. Diese Regelung weicht von dem in § 902
Abs. 1 Satz 1 BGB enthaltenen Grundsatz der Unverjährbarkeit ab, allerdings
nur in einem besonderen Fall. Sie hat damit Ausnahmecharakter (vgl. Senat,
Urteil vom 9. Januar 1963 - V ZR 125/61, BGHZ 39, 5, 11). Der Vorschrift bedürfte es indes nicht, wenn jeder Anspruch des Berechtigten einer Grunddienstbarkeit verjähren könnte.
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8. Schließlich hat das Berufungsgericht ebenfalls mit Recht angenommen, dass - unabhängig von der Antwort auf die Frage, ob unverjährbare Ansprüche verwirkt werden können - der Klageanspruch nicht verwirkt ist. Es ist
weder festgestellt noch ersichtlich, dass sich die Beklagte mit Rücksicht auf das
- 12 -
Verhalten der Kläger und ihrer Rechtsvorgängerin darauf eingerichtet hat, dass
diese das Wegerecht nicht mehr geltend machen würden, dass es mit Treu und
Glauben nicht zu vereinbaren ist, dass die Kläger doch noch ihr Recht durchsetzen, und dass unter diesem Gesichtspunkt die Duldung der Ausübung des
Wegerechts auf dem gesamten belasteten Flurstück für die Beklagte unzumutbar ist (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, NJW 2007,
2183 f.).
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger
Lemke
Roth
Schmidt-Räntsch
Brückner
Vorinstanzen:
AG Schönebeck (Elbe), Entscheidung vom 04.06.2009 - 4 C 544/08 LG Magdeburg, Entscheidung vom 09.02.2010 - 2 S 214/09 -