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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 245/18
vom
24. Juli 2018
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:240718B3STR245.18.0
-2-
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 24. Juli
2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1b StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 30. Januar 2018 im Ausspruch über die
Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung nach den §§ 460, 462
StPO, auch über die Kosten des Rechtsmittels, zu treffen ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Körperverletzung
in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Strafe
aus dem Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 9. September 2014 sowie Auflösung der durch Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 25. Januar 2016
gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und
sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachbeschwerde den
aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler
zu seinem Nachteil ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
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1. Der Gesamtstrafenausspruch hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
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a) Nach den Feststellungen beging der Angeklagte die abgeurteilte Tat
am 4. März 2014. Nachfolgend verurteilte ihn das Amtsgericht Osnabrück mit
Urteil vom 9. September 2014 wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von zwei
Jahren und vier Monaten; diese Tat hatte er am 15. November 2013 ausgeführt.
Sodann sprach ihn das Amtsgericht Bielefeld mit Urteil vom 30. Juli 2015 zweier
Fälle des Diebstahls schuldig, datierend auf den 17. und 24. Oktober 2014, und
erkannte hierfür auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung. Anschließend führte das Amtsgericht Osnabrück
mit Beschluss vom 25. Januar 2016 die (Einzel-)Strafen aus diesen beiden Vorverurteilungen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten zurück.
4
b) Die Urteilsgründe zur Gesamtstrafenbildung leiden an einem Darstellungsmangel bereits deshalb, weil sie sich nicht zum Eintritt der Rechtskraft der
vorausgegangenen Urteile vom 9. September 2014 und vom 30. Juli 2015 verhalten.
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Zwar lässt sich dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch hinreichend sicher entnehmen, dass die Vorverurteilungen zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung im hiesigen Verfahren rechtskräftig waren. Das ergibt sich insbesondere auch daraus, dass anderenfalls das Amtsgericht Osnabrück keinen
Gesamtstrafenbeschluss hätte erlassen dürfen.
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Das Urteil teilt aber die Rechtskraftdaten der beiden Vorverurteilungen
nicht mit; seinen Gründen lässt sich nicht entnehmen, dass diese strafrechtlichen Erkenntnisse zeitnah in Rechtskraft erwachsen sind. Anderenfalls bestünde die Möglichkeit, dass in den jeweiligen Verfahren den benannten Entscheidungen der Amtsgerichte Osnabrück und Bielefeld zeitlich folgend noch weitere
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tatrichterliche Urteile verkündet wurden; auch dies wäre darzulegen gewesen
(s. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2002 - 3 StR 448/01, juris Rn. 5; Schäfer/
Sander/van Gemmeren, Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1475).
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Nach § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB kommt es für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung auf dasjenige Urteil in dem früheren Verfahren an, in dem die
zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten. Das ist jede Entscheidung zur Schuld- und Straffrage, namentlich auch ein
Berufungsurteil, wenn wenigstens noch über einen Teil des Strafausspruchs zu
befinden war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. September 2009 - 3 StR 178/09,
NStZ-RR 2010, 41; vom 3. Mai 2016 - 3 StR 101/16, juris Rn. 2; vom 8. Juni
2016 - 4 StR 73/16, NStZ-RR 2016, 275, 276; Sander, NStZ 2016, 584, 586
mwN).
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Insbesondere für die Vorverurteilung durch das Amtsgericht Osnabrück
am 9. September 2014 kommt hier in Betracht, dass in dem betreffenden Verfahren nach Verkündung dieses Urteils eine weitere Sachentscheidung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 2 StPO getroffen wurde. Denn der Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 25. Januar 2016 wäre auf der Grundlage der Feststellungen zu den Vorstrafen nur dann frei von Rechtsfehlern,
wenn eine solche Entscheidung nach dem 24. Oktober 2014 - der Tatzeit der
zweiten der beiden vom Amtsgericht Bielefeld abgeurteilten Diebstahlstaten ergangen wäre. Dies hätte für die hiesige Gesamtstrafenbildung zur Folge, dass
nicht nur die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Osnabrück, sondern auch
die vom Amtsgericht Bielefeld festgesetzten Einzelstrafen mit einzubeziehen
wären. Die Strafkammer hat demgegenüber von deren Einbeziehung abgesehen und ist somit ohne nähere Erörterung von der Rechtswidrigkeit des Gesamtstrafenbeschlusses vom 25. Januar 2016 ausgegangen.
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2. Über die Gesamtstrafe ist nach alledem nochmals zu entscheiden,
wobei der Senat von der § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht, die Entscheidung dem Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO
zuzuweisen. Dabei wird die hierzu berufene Strafkammer zu beachten haben,
dass insoweit der Vollstreckungsstand des gegen den Angeklagten ergangenen
Gesamtstrafenbeschlusses zum Zeitpunkt der Verkündung des angefochtenen
Urteils (30. Januar 2018) maßgebend ist (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 5. Juli
2011 - 3 StR 188/11, juris Rn. 5; vom 6. März 2018 - 3 StR 530/17, StV 2018,
489, 490) und im Fall einer vom Ersturteil abweichenden Gesamtstrafenbildung
auch Augenmerk auf das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1
StPO zu richten sein wird (s. etwa BGH, Beschluss vom 8. Juni 2016 - 4 StR
73/16, NStZ-RR 2016, 275, 276).
Becker
Gericke
Berg
Tiemann
Hoch