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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 226/10
vom
19. August 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
hier: Revision des Angeklagten K.
-2-
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
19. August 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 10. September 2009 - auch soweit es
den Mitangeklagten U.
betrifft - mit den zugehörigen Fest-
stellungen aufgehoben,
a) soweit die Angeklagten im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge verurteilt worden sind;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
-3-
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-
1
bungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die auf die allgemeine
Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Fall
2
II. 1. der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen des Landgerichts "bestückten" der Angeklagte und der Mitangeklagte
U.
"für den gesondert verfolgten
H.
bei B.
einen
Erdbunker mit 100 Gramm Heroin. Dieses Heroin holte der gesondert verfolgte
H.
3
dort vereinbarungsgemäß später ab."
Diese "Feststellungen" sind untauglich, den Schuldspruch wegen Han-
deltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu belegen. Auch
dem Gesamtzusammenhang des Urteils kann nicht entnommen werden, dass
der Angeklagte und U.
sich eigennützig um ein eigenes Betäubungsmittel-
geschäft bemühten. Dass der Angeklagte seine Taten eingeräumt hat, ist insoweit ebenso wenig von Bedeutung wie der Umstand, dass dem Urteil eine Verständigung vorausgegangen ist (was entgegen § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO im
Urteil nicht angegeben worden, dem Senat aber durch die Verfahrensrüge eines Mitangeklagten bekannt ist). Allein die Bereitschaft eines Angeklagten, wegen eines bestimmten Sachverhalts eine Strafe hinzunehmen, die das gerichtlich zugesagte Höchstmaß nicht überschreitet, entbindet das Gericht nicht von
der Pflicht zur Aufklärung und Darlegung des Sachverhalts, soweit dies für den
Tatbestand der dem Angeklagten vorgeworfenen Gesetzesverletzung erforderlich ist (BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2009 - 5 StR 171/09, StV 2010, 60).
-4-
Auch in einem solchen Fall bedarf es eines Mindestmaßes an Sorgfalt bei der
Abfassung der Urteilsgründe (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 StR
222/10).
4
Unerheblich ist zuletzt auch, dass die Anklageschrift, die der Senat im
Revisionsverfahren von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmen hatte, dem Angeklagten bandenmäßiges und gewerbsmäßiges Handeltreiben zur Last legt und
dazu weitergehende, den Tatbestand erfüllende Tatsachen vorträgt. Das Revisionsgericht ist nicht berechtigt, die im Urteil fehlenden Feststellungen unter
Rückgriff auf die Anklageschrift oder die übrigen Aktenbestandteile zu ergänzen. Das gilt auch, wenn - wie hier - die Feststellungen durch "Einrücken" eines
Teils des Anklagesatzes in die Urteilsgründe aufgenommen worden sind. Eine
solche Verfahrensweise des "Einrückens" birgt die Gefahr, auf die richterliche
Prüfung zu verzichten, ob die den objektiven und subjektiven Tatbestand erfüllenden Tatsachen in der Hauptverhandlung vollständig festgestellt worden sind.
Sie gefährdet den Bestand des Urteils jedenfalls dann, wenn dem Anklagesatz
nicht alle diese Tatsachen zu entnehmen sind oder wenn die Anklage nicht vollständig "eingerückt" wird.
5
Der mit der Aufhebung des Schuldspruchs verbundene Wegfall der Einzelstrafe führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe.
-5-
6
2. Die Aufhebung wegen dieser Gesetzesverletzung bei der Anwendung
des Strafgesetzes ist nach § 357 StPO auf den Mitangeklagten U.
, der
selbst nicht Revision eingelegt hat, zu erstrecken.
Becker
Pfister
Hubert
von Lienen
Mayer