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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
XII ZR 28/99
URTEIL
in dem Rechtsstreit
Verkündet am:
29. Mai 2002
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
-2-
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Mai 2002 durch die Richter Gerber, Sprick, Weber-Monecke, Dr. Ahlt
und Dr. Vézina
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. Dezember
1998 (nicht: 11. Dezember 1998) im Kostenpunkt und insoweit
aufgehoben, als die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 3 abgewiesen wurde. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die ausscheidbaren außergerichtlichen Kosten
der Beklagten zu 2; diese trägt keine Kosten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt aus abgetretenem Recht Schadensersatz wegen
nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen und wegen Beschädigungen einer
Villa in B. N.
worben hat.
, die er mit notariellem Kaufvertrag vom 19. April 1996 er-
-3-
Die Voreigentümerin A. hatte das Hausgrundstück mit Mietvertrag vom
17. April 1991 für die Zeit bis zum 14. April 1996 an den Beklagten zu 1 und
- nach Ansicht des Klägers - zugleich auch an die Beklagte zu 2 zu einem
Mietzins von zunächst 3.000 DM und später 3.750 DM monatlich zur Unterbringung jüdischer Aussiedler aus der ehemaligen UdSSR vermietet. Mit Untermietvertrag vom 10. Juni 1991 hatte der Beklagte zu 1 das Hausgrundstück zu
einem monatlichen Mietzins von 5.000 DM zur Unterbringung von Obdachlosen
an die Beklagte zu 3 untervermietet, die das Objekt am 16. April 1996 geräumt
hat.
Der notarielle Kaufvertrag enthält die nachstehende Erklärung der Abtretung von Ansprüchen der Verkäuferin gegen die Beklagten zu 1 und 3 auf
Schadensersatz wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen sowie wegen Beschädigungen, die nach der Behauptung des Klägers während der
Mietzeit der Beklagten zu 3 entstanden sind:
"Dem Käufer ist der derzeitige renovierungsbedürftige Zustand des Hauses bekannt. Der Verkäufer tritt dem Käufer sämtliche ihm gegenüber
dem Mieter, Herrn M. M., sowie der Stadt N. zustehenden Ansprüche,
mit Ausnahme des Anspruchs auf Zahlung der Miete, das heißt insbesondere die Ansprüche auf Durchführung von Renovierungsarbeiten,
Schadensersatz usw. an den Mieter mit sofortiger Wirkung ab. Dieser
nimmt die Abtretung an."
Mit privatschriftlicher Abtretungserklärung vom 1./18. Oktober 1996 erweiterten die Voreigentümerin A. und der Kläger diese Abtretung auch auf Ansprüche gegen die Beklagte zu 2. Eingangs dieser Urkunde heißt es unter Bezugnahme auf den Kaufvertrag:
"Dabei wurde vereinbart, daß sämtliche aus Mietvertrag und Eigentum
und sonstigem Rechtsgrund herrührenden Ansprüche gegen die Mieter
-4-
und die Stadt B. N. als Untermieterin mit Ausnahme des Anspruchs auf
Zahlung der Miete auf Dr. B., Käufer, übergehen sollen.
Bei Abfassung der Abtretungserklärung wurde übersehen, daß auch die
J.
G.
B.
N.
Mieterin ist. Zur Klarstellung bestätigen und
bekräftigen die Kaufvertragsparteien ihre Erklärungen wie folgt: ..."
Der Beklagte zu 1 trat seinerseits die ihm aus dem Untermietvertrag gegen die Beklagte zu 2 zustehenden Ansprüche an den Kläger ab.
Die Klage hatte im ersten Rechtszug Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten änderte das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts ab und
wies die Klage ab. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er
die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet, soweit die Klage gegen die Beklagte zu 2
abgewiesen wurde. Im übrigen führt sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I.
1. Das Berufungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen,
Ansprüche gegen die Beklagte zu 2 seien schon deshalb nicht entstanden, weil
die Auslegung des Mietvertrages vom 17. April 1991 ergebe, daß sie nicht neben dem Beklagten zu 1 Vertragspartei geworden sei. Im übrigen hat es dahinstehen lassen, ob und in welchem Umfang die Voreigentümerin Schadenser-
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satz von den Beklagten zu 1 und 3 habe verlangen können, weil derartige Ansprüche jedenfalls mit der Veräußerung des Grundstücks erloschen seien.
Denn wenn der Eigentümer sein beschädigtes Hausgrundstück veräußere, bevor er den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag erhalten habe, werde die
Herstellung mit der Folge unmöglich, daß der Anspruch aus § 249 Satz 2 BGB
erlösche (BGHZ 81, 385, 390 ff; und Urteil vom 5. März 1993 - V ZR 87/91 NJW 1993, 1793, 1794). Für den Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Schönheitsreparaturen könne nichts anderes gelten.
Das hält der rechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.
2. Mit der gegebenen Begründung kann die Abweisung der Klage gegen
die Beklagten zu 1 und 3 keinen Bestand haben. Denn die Rechtsprechung
des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (zuletzt: Nichtannahmebeschluß
vom 10. Juni 1998 - V ZR 324/97 - NJW 1998, 2905), auf die das Berufungsgericht seine Auffassung stützt, etwa bestehende Schadensersatzansprüche seien hier mit der Veräußerung des Grundstücks erloschen, hat sich nach Erlaß
der angefochtenen Entscheidung geändert. Zumindest für den hier vorliegenden Fall, daß ein Anspruch auf Zahlung des zur Herstellung erforderlichen
Geldbetrages spätestens mit dem Wirksamwerden der Übertragung des Eigentums an dem Grundstück an den Erwerber abgetreten wird, geht der
V. Zivilsenat nunmehr vom Fortbestand dieses Anspruchs aus (vgl. Urteil vom
4. Mai 2001 - V ZR 435/99 - ZIP 2001, 1205, 1206 f. m. Anm. Vogel, EWiR
§ 249 2/01).
Dies entspricht auch der Auffassung des erkennenden Senats. Selbst
wenn man mit dem V. Zivilsenat davon ausgeht, daß der Fortbestand des Anspruchs aus § 249 Satz 2 BGB davon abhängig ist, daß die Herstellung des
ursprünglichen Zustandes noch möglich wäre, ist diese Voraussetzung jeden-
-6-
falls auch dann noch gegeben, wenn das Eigentum an dem Grundstück und
der Herstellungsanspruch (in der Ausgestaltung des § 249 Satz 1 oder 2 BGB)
in einer Hand verbleiben. Es ist auch nicht einzusehen, warum der Anspruch
des Grundstückseigentümers aus § 249 Satz 2 BGB, der im Falle der Gesamtrechtsnachfolge, zum Beispiel im Erbfall, auf den Rechtsnachfolger übergeht,
im Fall der umfassenden Einzelrechtsnachfolge durch Eigentumsübertragung
und Forderungsabtretung erlöschen soll.
Der Senat kann indes nicht abschließend entscheiden, weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Voreigentümerin und dem
Beklagten zu 1 die an den Kläger abgetretenen Schadensersatzansprüche zustanden. Ebenso folgerichtig hat es sich auch nicht mit den Behauptungen der
Beklagten auseinandergesetzt, die Schäden durch Gewalteinwirkung seien erst
nach Rückgabe des Mietobjekts an die Voreigentümerin entstanden, die das
Haus unverschlossen dem Zugriff Dritter preisgegeben habe, und ein weiterer
Teil der Schäden sei bereits bei Mietbeginn vorhanden gewesen.
3. Hingegen hält die Abweisung der gegen die Beklagte zu 2 gerichteten
Klage der rechtlichen Prüfung stand. Die vom Berufungsgericht vorgenommene
Auslegung des Hauptmietvertrages dahin, daß allein der Beklagte zu 1 Mieter
sein sollte, ist möglich und revisionsrechtlich unbedenklich; Auslegungsfehler
vermag die Revision nicht aufzuzeigen.
Entgegen der Auffassung der Revision liegt insbesondere kein Geständnis der Beklagten zu 2 im Sinne des § 288 ZPO dahingehend vor, sie sei
ebenfalls auf Mieterseite Vertragspartei geworden.
-7-
Richtig ist zwar, daß die Beklagte zu 2 im ersten Rechtszug vorgetragen
hatte, der "ursprünglich abgeschlossene Mietvertrag mit der j.
G.
"
sei niemals vollzogen worden, und diese sei von der Rechtsvorgängerin des
Klägers "einverständlich aus dem ursprünglichen Mietvertrag entlassen worden". Richtig ist ferner, daß über diesen Vortrag mündlich verhandelt worden
ist und die Wirksamkeit eines Geständnisses nicht von dessen in § 160 Abs. 3
Nr. 3 ZPO vorgesehenen Protokollierung abhängt (vgl. Zöller/Greger, ZPO
23. Aufl. § 288 Rdn. 5).
Das Revisionsgericht kann aber selbst und auch erstmalig prüfen, ob die
Prozeßhandlung einer Partei die Voraussetzungen eines Geständnisses erfüllt
(vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1994 - IX ZR 115/93 - NJW 1994, 3109 m.N.). Das
ist hier nicht der Fall.
Gegenstand eines Geständnisses können nur Tatsachen sein; diese allerdings auch in ihrer juristischen Einkleidung als einfacher Rechtsbegriff (vgl.
BGH, Urteil vom 2. Februar 1990 - V ZR 245/88 - BGHR ZPO § 288 Abs. 1
Rechtsbegriff 3). Zur Auslegung eines Vertrages heranzuziehende Umstände
sind auch dann, wenn es sich um innere Vorgänge wie die Willensrichtung des
Erklärenden handelt, dem Beweis und damit auch einem Geständnis zugängliche Tatsachen (vgl. BGH, Urteile vom 10. Dezember 1986 - IVa ZR 169/85 NJW 1987, 901 m.N. und vom 26. März 1981 - IVa ZR 141/80 - NJW 1981,
1562, 1563). So kann auch die Tatsache, daß eine Person (auch) im Namen
eines Dritten aufgetreten ist, Gegenstand eines Geständnisses sein (vgl. BGH,
Urteil vom 7. Februar 1996 - IV ZR 335/94 - BGHR ZPO § 288 Geständniswille 5).
Von dem Sachverhalt, der der zuletzt genannten Entscheidung zugrunde
lag, unterscheidet sich der vorliegende Fall aber dadurch, daß die Beklagte
-8-
zu 2 zu keinem Zeitpunkt vorgetragen oder zugestanden hat, der Beklagte zu 1
sei auch in ihrem Namen aufgetreten. Sie hat darüber hinaus auch weder zugestanden, daß der Beklagte zu 1 alleinvertretungsberechtigt oder von ihr zum
Abschluß des Mietvertrages bevollmächtigt gewesen sei, noch daß sie im
Nachhinein die Erklärungen des Beklagten zu 1 genehmigt oder eine anderweitige Mieteintrittsvereinbarung geschlossen habe. Ihre Erklärung, der ursprünglich (auch) mit ihr zustande gekommene Mietvertrag sei niemals vollzogen worden und die ursprüngliche Vermieterin habe sie aus dem Mietvertrag
entlassen, erweist sich daher als bloße Rechtsansicht, an die sie - anders als
an ein Geständnis - ebensowenig gebunden war wie das Gericht.
Zwar mag die Erklärung, Mieter geworden zu sein, im Einzelfall als Tatsachenerklärung gewertet werden können, da es sich insoweit um einen einfachen, auch Nichtjuristen geläufigen Rechtsbegriff handelt. Dies setzt aber voraus, daß für die Art und Weise, in der dieses Mietverhältnis im konkreten Fall
zustande gekommen sein soll, ersichtlich nur ein ganz bestimmtes tatsächliches Geschehen in Betracht kommt. Denn nicht das Rechtsverhältnis als solches, sondern nur die Tatsachen, aus denen sich dieses Rechtsverhältnis ergeben soll, können bestritten oder aber zugestanden werden (vgl. BGH, Urteil
vom 17. September 1986 - IVa ZR 13/85 - BGHR ZPO § 288 Abs. 1 Rechtsbegriff 2).
Ist ein an sich einfacher Begriff hingegen im konkreten Fall zweifelhaft,
scheidet ein Geständnis im Sinne des § 288 ZPO aus (vgl. Musielak, ZPO
2. Aufl. § 288 Rdn. 4 m.N.). Als Geständnis einer Tatsache kann die einen solchen Begriff verwendende Erklärung aber auch dann nicht angesehen werden,
wenn - wie hier - schon der Mietvertrag selbst hinsichtlich der Frage, ob neben
der auf Mieterseite unterzeichnenden Naturalperson auch eine juristische Per-
-9-
son Mitmieterin sein sollte, der Auslegung bedarf und mehrere, einander zum
Teil ausschließende tatsächliche Vorgänge in Betracht kommen, infolge derer
die juristische Person ebenfalls Partei dieses Vertrages geworden sein könnte.
Denn der Erklärung der Beklagten zu 2 ist hier lediglich zu entnehmen, daß sie
einer bestimmten Vertragsauslegung (zunächst) nicht entgegentreten will, nicht
aber, daß damit zugleich eine von mehreren in Betracht kommenden tatsächlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen des Vertrages auch mit ihr
unstreitig gestellt werden solle.
Gerber
Sprick
Ahlt
Weber-Monecke
Vézina