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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 279/99
Verkündet am:
23. Mai 2001
Mayer,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Mai 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter
Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Dr. Leimert und Dr. Frellesen
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Celle vom 28. Oktober 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin kaufte von der Beklagten zu deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen fabrikneuen Pkw Volvo 855 TDI Combi mit Zusatzausstattung zum Preis von 75.785 DM. Der Kaufpreis wurde von der Leasinggesellschaft V.
-GmbH & Co. KG, E. , finanziert. Am 16. Dezember 1996
wurde das Fahrzeug an die Klägerin ausgeliefert.
Die Klägerin begehrt die Wandelung des Kaufvertrages. Sie hat vorgetragen, im Prospekt sei die Zuladung des Fahrzeuges mit 500 kg angegeben,
tatsächlich sei aber nur eine Zuladung von 375 kg möglich. Ihr sei es auf die
Zuladung von 500 kg angekommen, weil sie mit dem Fahrzeug kleine schwere
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Lasten habe transportieren wollen. Darauf habe sie bei dem Kauf ausdrücklich
hingewiesen. Die Klägerin hat sich als Nutzungsentschädigung 11.678,48 DM
angerechnet und Zahlung von 70.201,80 DM an die Leasinggesellschaft verlangt Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges Volvo 855 TDI Combi. Die
Beklagte hat geltend gemacht, bei den Vertragsverhandlungen habe nicht der
veraltete Prospekt vorgelegen, den die Klägerin zu den Akten gereicht habe. In
Anlehnung an die geltenden EG-Richtlinien habe der für den Vertrag maßgebliche Prospekt die Angaben enthalten, daß das Leergewicht einschließlich des
Gewichts des Fahrers von 75 kg und einer durchschnittlichen Tankbefüllung
von 53,5 kg insgesamt 1.645 kg betrage, so daß sich eine Zuladungslast von
375 kg zu dem zulässigen Gesamtgewicht von 2.020 kg ergebe. Im Wege der
Widerklage hat die Beklagte Zahlung von Inspektions- und Reparaturkosten in
Höhe von 598,25 DM verlangt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Mit der Berufung hat die Klägerin nur noch ihren Klageanspruch geltend gemacht, und zwar in Höhe von 61.618,50 DM. Das Berufungsgericht hat
das Rechtsmittel der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die
Klägerin ihren zuletzt gestellten Antrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch
auf Wandelung des Kaufvertrages wegen eines Mangels oder einer fehlenden
Eigenschaft des Pkw oder wegen falscher Zusicherung durch die Beklagte
nicht zu. Es könne offenbleiben, ob auch der zur Zeit der Verkaufsverhandlun-
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gen gültige Prospekt der Herstellerfirma ein Leergewicht des Fahrzeugs von
1.500 kg und ein Zuladegewicht von 500 kg ausgewiesen habe und ob der
Verkäufer der Beklagten diese Daten als richtig zugesichert habe. Die Angabe
des Leergewichtes mit 1.500 kg und des Zuladegewichts mit 500 kg sei für die
Klägerin auch zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und der Übergabe des
Fahrzeugs vernünftigerweise nur dahingehend zu verstehen gewesen, daß der
Wagen so, wie er angeboten worden sei, ein Leergewicht von 1.500 kg gehabt
habe und eine Zuladung von 500 kg möglich gewesen sei, daß mithin jede
Veränderung und jede Zuladung das Leergewicht erhöhe und das Zuladegewicht vermindere. Es liege auf der Hand, daß das Zuladegewicht zunächst
durch das Gewicht des Fahrers und der Tankfüllung, dann aber auch durch
dasjenige der Zusatzausrüstung vermindert werde. Werde ein mittleres Gewicht des Fahrers von 75 kg und das Gewicht einer mittleren Tankfüllung von
70 kg zugrunde gelegt, betrage das Zuladegewicht nur noch 355 kg. Der Klägerin hätte sich zudem aufdrängen müssen, daß das Gewicht der einzelnen
Teile der Zusatzausrüstung, das insgesamt 49,17 kg betragen habe, das zulässige Zuladegewicht herabsetze. Wenn jedoch die Ausrüstung des Wagens
mit Zusatzteilen der Natur der Sache nach das Leergewicht des Fahrzeugs
erhöht und das Zuladegewicht verringert habe - hier auf 305,83 kg -, hätte die
Beklagte die Klägerin darauf nicht von sich aus hinzuweisen brauchen. Die
Klägerin habe nicht dargetan, welche Angaben sie bei den Verhandlungen bezüglich der zu befördernden Teile gemacht habe.
II. Das Berufungsurteil hält der Rüge der Revision nicht stand, das Berufungsgericht habe entscheidungserhebliches, unter Beweis gestelltes Vorbringen der Klägerin übergangen (§ 286 ZPO).
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1. Die Klägerin hat in der Berufungsbegründung vorgetragen, ihr Geschäftsführer habe bei den Verkaufsverhandlungen den Mitarbeiter T.
der
Beklagten ausdrücklich gefragt, ob sich das Leergewicht von 1.500 kg, das in
dem ihr vorliegenden Prospekt genannt worden sei, einschließlich Fahrer und
Tankfüllung verstehe, was der Mitarbeiter bejaht habe. Die Revision beanstandet zu Recht, daß das Berufungsgericht dieses durch Vernehmung des Zeugen
T.
unter Beweis gestellte Vorbringen unberücksichtigt gelassen hat. Wenn
das Verkaufsgespräch, das dem Vertragsschluß unmittelbar vorausging, den
von der Klägerin behaupteten Inhalt hatte und der Zeuge T.
dem Geschäfts-
führer der Klägerin erklärte, die Zuladung von 500 kg komme zu dem Gewicht
des Fahrzeugs einschließlich Fahrer und Tankfüllung hinzu, ist der Vertrag
über das verkaufte Fahrzeug mit dieser Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne
des § 459 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1990 - V ZR 91/89,
NJW 1991, 912 unter II, 2) zustande gekommen. Die Abweichung des zulässigen Zuladegewichts, die dann auch unter Berücksichtigung des Gewichts der
Zusatzausrüstung von 49,17 kg noch erheblich ist, von diesen Angaben des
Zeugen mindert die Tauglichkeit des Combi-Fahrzeugs zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch. Bei Zugrundelegung dieses Verkaufsgesprächs sind die allgemeinen Erwägungen des Berufungsgerichts zu der Frage
unerheblich, wie die Prospektangaben und mit diesen übereinstimmende Erklärungen oder Zusicherungen der Beklagten oder ihres Verkaufspersonals vernünftigerweise hätten verstanden werden können.
2. An die Erklärungen, die der Zeuge T.
nach dem revisionsrechtlich
zu unterstellenden Vorbringen der Klägerin bei dem Verkaufsgespräch abgegeben hat, ist die Beklagte gebunden. Zwar heißt es in dem vorgedruckten
Text des für den Vertragsschluß verwandten Formulars, sämtliche Vereinbarungen seien schriftlich niederzulegen, dies gelte auch für Nebenabreden und
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Zusicherungen sowie für nachträgliche Vertragsänderungen. Die genannte
Klausel steht der Wirksamkeit des mündlich zwischen den Verhandlungspartnern Besprochenen jedoch nicht entgegen. Aus dem Grundsatz des Vorranges
einer Individualabrede gemäß § 4 AGBG und aus der Freiheit der Vertragschließenden, die im Formularvertrag vorgesehene Schriftformklausel insoweit
außer Kraft zu setzen, folgt, daß das mündlich Vereinbarte wirksam zustande
gekommen ist (BGHZ 104, 392, 396). Die hierfür erforderliche Vertretungsmacht des Zeugen T.
(vgl. BGH, Urteil vom 26. März 1986 - VIII ZR 85/85,
NJW 1986, 1809 unter III, 2 b bb) ergibt sich aus § 54 Abs. 1 HGB.
Die Gültigkeit der behaupteten mündlichen Beschaffenheitsvereinbarung
wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Beklagte ausweislich ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur ein Fahrzeug schuldete, das dem Stand
der Technik für vergleichbare Fahrzeuge des Typs des Kaufgegenstandes bei
Auslieferung entsprach (Abschn. VII 1 der AGB). Auch gegenüber dieser formularvertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung hat die abweichende Individualabsprache Vorrang (§ 4 AGBG).
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III. Das Berufungsurteil muß daher aufgehoben werden. Die Sache ist an
das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen zum Inhalt des Verkaufsgesprächs zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und dem Zeugen T.
getroffen werden können.
Dr. Deppert
Dr. Hübsch
Dr. Leimert
Dr. Beyer
Dr. Frellesen