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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 237/04
Verkündet am:
25. Mai 2005
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. April 2005 durch die Richter Dr. Beyer, Ball, Dr. Leimert, Wiechers und
Dr. Wolst
für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivilkammer
des Landgerichts Potsdam vom 22. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen.
Die Klägerin ist ein Versicherungsunternehmen. Der Beklagte war aufgrund eines Agentur-Vertrages vom 15. Dezember 1999 bis zum 31. Oktober 2001 für
die Klägerin als Versicherungsvertreter tätig. Nach dem Agentur-Vertrag und
den ihm beigefügten Provisionsbestimmungen sind Abschlußprovisionen erst
verdient, wenn der Versicherungsnehmer bei Kranken- und Lebensversicherungen die erste Jahresprämie, bei Sachversicherungen zwei Jahresprämien in
voller Höhe entrichtet hat. Die dem Vertreter vorschußweise gezahlte Ab-
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schlußprovision für Lebensversicherungsverträge ist ferner zurückzuzahlen,
solange und soweit sie 50 % der gezahlten Beiträge übersteigt.
Nach dem Ausscheiden des Beklagten forderte die Klägerin Abschlußprovisionen aus Versicherungsverträgen zurück, die von dem Beklagten vermittelt worden waren und nach der Darstellung der Klägerin storniert wurden, bevor die Prämienzahlungen die für die endgültige Entstehung des Provisionsanspruchs erforderliche Höhe erreicht hatten.
Die Klägerin hat den Rückzahlungsanspruch unter Einbeziehung von
Verwaltungsprovisionen und nach Verrechnung mit Gegenforderungen des Beklagten auf 1.037,48 € beziffert. Das Amtsgericht hat ihr 357,52 € zuerkannt
und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage
auch hinsichtlich der restlichen 679,96 € stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, der die Klägerin entgegentritt, erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg. Sie ist daher zurückzuweisen.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
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Die Klägerin könne in dem mit der Klage geltend gemachten Umfang Abschlußprovisionen zurückfordern. Die betreffenden, von dem Beklagten vermittelten Versicherungsverträge seien nicht ausgeführt worden, ohne daß die Klägerin dies zu vertreten habe. Nach den von ihr vorgelegten Computerauszügen
habe die Klägerin in allen Fällen, in denen sie Provisionsvorschüsse zurückfordere, die nach der Rechtsprechung erforderlichen Maßnahmen getroffen, um
die Nichtausführung der Verträge abzuwenden. Eine darüber hinausgehende
Verpflichtung, dem Versicherungsvertreter durch Übersendung von Stornogefahrmitteilungen Gelegenheit zu geben, die notleidend gewordenen Verträge
selbst nachzubearbeiten, habe gegenüber dem Beklagten nicht bestanden, da
dieser inzwischen aus ihren Diensten ausgeschieden sei.
Auch der Höhe nach sei die Klage in vollem Umfang begründet. Die Klägerin habe für jeden einzelnen Versicherungsvertrag, für den sie Provisionsvorschüsse zurückfordere, dargelegt, daß der Vertrag storniert worden sei und daß
die Prämienzahlungen nicht die für die endgültige Entstehung des Provisionsanspruchs erforderliche Höhe erreicht hätten. Diese Angaben habe der Beklagte nicht bestritten.
II.
Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, das Provisionsrückzahlungsbegehren der Klägerin scheitere nicht daran, daß die Klägerin dem Beklagten
keine Stornogefahrmitteilungen habe zukommen lassen, ist frei von Rechtsfehlern.
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a) Nach § 92 Abs. 4 HGB hat der Versicherungsvertreter – abweichend
von § 87a Abs. 1 HGB – erst dann Anspruch auf Provision, wenn der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Versicherungsvertretervertrag berechnet. Dem entspricht die in dem AgenturVertrag der Parteien getroffene Provisionsregelung, gegen deren Wirksamkeit –
auch aus der Sicht der Revision – keine Bedenken bestehen. Nach der Vorschrift des § 87a Abs. 3 HGB, die auch für den Versicherungsvertreter gilt
(BGH, Urteil vom 19. November 1982 - I ZR 125/80, VersR 1983, 371 unter I
2 a; Senatsurteil vom 21. März 2001 - VIII ZR 149/99, VersR 2001, 760 unter II
2 c; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene, § 92 Rdnr. 25 m.w.Nachw.), besteht allerdings auch dann Anspruch auf Provision, wenn feststeht, daß der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es
abgeschlossen worden ist; der Anspruch auf Provision entfällt im Falle der
Nichtausführung aber, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die der
Unternehmer nicht zu vertreten hat (Senatsurteil vom 21. März 2001 aaO
m.Nachw.).
b) Mit Rücksicht auf Besonderheiten, die sich aus der Natur des Versicherungsverhältnisses ergeben, ist anerkannt, daß das Versicherungsunternehmen im Regelfall nicht gehalten ist, im Klagewege gegen säumige Versicherungsnehmer vorzugehen, wenn außergerichtliche Maßnahmen erfolglos geblieben sind (von Hoyningen-Huene aaO, § 92 Rdnr. 31; Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 92 Rdnr. 24; Bonvie, VersR 1986, 119, 121, je
m.w.Nachw.). Die Nichtausführung (Stornierung) des Vertrages ist vielmehr
schon dann von dem Versicherungsunternehmen nicht zu vertreten (§ 87a
Abs. 3 Satz 2 HGB), wenn es notleidende Verträge in dem gebotenen Umfang
"nachbearbeitet" hat (BGH, Urteil vom 19. November 1982 aaO unter I 2 b; Urteil vom 12. November 1987 - I ZR 3/86, NJW-RR 1988, 546 unter II 1; vgl.
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auch Senatsurteil vom 21. März 2001 aaO; von Hoyningen-Huene aaO, § 92
Rdnr. 28; Löwisch aaO, § 92 Rdnr. 17, jew. m.w.Nachw.).
c) Ob zu den Maßnahmen, die das Versicherungsunternehmen hiernach
zur Stornoabwehr zu ergreifen hat, in jedem Fall auch Stornogefahrmitteilungen
an den Versicherungsvertreter zählen, wird in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und im Schrifttum unterschiedlich beurteilt.
Für die Zeit bis zur Beendigung des Versicherungsvertreterverhältnisses
werden solche Mitteilungen überwiegend für erforderlich gehalten (OLG
Schleswig MDR 1984, 760; OLG Frankfurt am Main, VersR 1991, 1135; OLG
Saarbrücken, VersR 2000, 1017, 1018 f.; Küstner in Küstner/Thume, Handbuch
des gesamten Außendienstrechts, Bd. 1, 3. Aufl., Rdnrn. 1230 ff.; von Hoyningen-Huene aaO § 92 Rdnr. 32; Brüggemann in Großkommentar zum HGB,
4. Aufl., § 92 Rdnr. 16; Hopt, Handelsvertreterrecht, 3. Aufl., § 87a HGB
Rdnr. 27). Umstritten ist demgegenüber, ob das Versicherungsunternehmen
einem Versicherungsvertreter auch dann Stornogefahrmitteilungen zukommen
lassen muß, wenn dieser inzwischen aus seinen Diensten ausgeschieden ist
(so LG Mainz, NJW-RR 2000, 915, 916; wohl auch OLG Köln, NJW 1978, 327,
328; Löwisch aaO § 92 Rdnr. 21; von Hoyningen-Huene aaO § 92 Rdnr. 32;
Hopt aaO § 87a Rdnr. 27; aA OLG Schleswig, OLG Frankfurt am Main, OLG
Saarbrücken, jew. aaO; OLG Karlsruhe VersR 1984, 935, 936; Küstner aaO
Rdnr. 1235 ff.; wohl auch Brüggemann aaO).
d) Nach der Rechtsprechung des seinerzeit für das Handelsvertreterrecht
zuständigen I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs bestimmen sich Art und Umfang der dem Versicherungsunternehmen obliegenden Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge nach den Umständen des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 19. November 1982 aaO unter I 2 b; Urteil vom 12. November 1987
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aaO unter II 1). Nach dieser Auffassung, die der erkennende Senat teilt, kann
das Versicherungsunternehmen entweder eigene Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen, die dann freilich nach Art und Umfang ausreichend sein müssen, was im Streitfall von ihm darzulegen und zu beweisen ist, oder sich darauf
beschränken, dem Versicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmitteilung
Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag selbst nachzubearbeiten (BGH, Urteil vom 12. November 1987 aaO). Sind Stornogefahrmitteilungen somit nur eines von mehreren zur Stornoabwehr in Betracht kommenden
Mitteln, unter denen das Versicherungsunternehmen die Wahl hat, und besteht
demzufolge auch gegenüber einem noch in den Diensten des Versicherungsunternehmens stehenden Vertreter weder eine Pflicht noch auch nur eine Obliegenheit zu Stornogefahrmitteilungen, kann im Verhältnis zu einem – wie hier –
aus den Diensten des Versicherers ausgeschiedenen Vertreter nichts anderes
gelten.
2. Die Klägerin kann daher die an den Beklagten geleisteten Provisionsvorschüsse zurückfordern, soweit von diesem vermittelte Versicherungsverträge storniert worden sind, bevor die Prämienzahlungen die für die endgültige
Entstehung des Provisionsanspruchs erforderliche Höhe erreichten, und soweit
die von der Klägerin ergriffenen Maßnahmen zur Stornoabwehr als ausreichend
anzusehen sind. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht diese Voraussetzungen hinsichtlich eines der Klageforderung entsprechenden Gesamtbetrages als erfüllt angesehen hat, sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin für
jeden der nach ihren Angaben stornierten Verträge durch Computerauszüge
dargelegt, welche Prämienzahlungen der Versicherungsnehmer geleistet hat
und daß der Vertrag storniert worden ist, nachdem trotz Mahnung keine weitere
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Zahlung erfolgt war. Die Verfahrensrügen, mit denen die Revision diese Feststellungen angreift, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet
(§ 564 ZPO).
b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin für
alle Versicherungsverträge, für die sie Provisionen zurückfordert, durch die Vorlage von Computerauszügen dargelegt, daß die säumigen Versicherungsnehmer gemahnt worden sind. Daß jeweils solche Mahnschreiben versandt worden
sind, hat der Beklagte nicht bestritten. Die aus den vorgelegten Computerauszügen ersichtlichen Maßnahmen zur Stornoabwehr hat das Berufungsgericht zu
Recht für nach Art und Umfang ausreichend erachtet. Nach dem Inhalt der maschinell erstellten Mahnschreiben für die verschiedenen Versicherungssparten
sind die Versicherungsnehmer nach Einstellung der Prämienzahlungen jeweils
im Rahmen eines automatisierten Mahnverfahrens durch drei aufeinanderfolgende Mahnschreiben unter Hinweis auf die Rechtsfolgen, die sich aus der Einstellung der Prämienzahlung ergeben, und teilweise unter Androhung gerichtlicher Maßnahmen zur Wiederaufnahme der Zahlungen aufgefordert worden.
Versicherungsnehmern, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind, hat die
Klägerin darüber hinaus schriftlich ein Gesprächsangebot unterbreitet und ihre
Bereitschaft zu einem Entgegenkommen bekundet. Weitergehender Maßnahmen bedurfte es jedenfalls in Anbetracht der geringen Höhe der gefährdeten
Provisionsansprüche des Beklagten – die mit der Klage zurückgeforderten Provisionen belaufen sich auf Beträge zwischen 26,65 € und 467,90 € - nicht.
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3. Der Höhe nach hat der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die die Revision insoweit nicht angreift, die von der Klägerin errechneten Rückzahlungsansprüche nicht bestritten.
Dr. Beyer
Ball
Wiechers
Dr. Leimert
Dr. Wolst